(4) - (7) Erziehung und Bildung bei Immanuel Kant PDF

Title (4) - (7) Erziehung und Bildung bei Immanuel Kant
Course Einführung in die Erziehungswissenschaft und ihre Theoriegeschichte
Institution Technische Universität Dortmund
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Lernzettel (4)-(7) Erziehung und Bildung bei Immanuel Kant
Wintersemester 2021/2022, 1. Semester, Prof. Dr. Mattig...


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Erziehung und Bildung bei Immanuel Kant Teil 1: Was ist Aufklärung? Immanuel Kant (1724 – 1804)  



Einer der bedeutendsten Philosophen des 18. Jahrhunderts Vertreter der Aufklärung (= Streben, die Menschen zur Vernunft zu bringen)  Menschen sollen sich nicht mehr an Traditionen oder Autoritäten orientieren, sondern selbst denken  Gegen Bevormundung (z.B. durch Kirche und Staat = „Vormünder“)  Gesellschaftliches Ziel: der „ewige Frieden“ (Kosmopolitismus) Hat als Professor der Philosophie an der Universität in Königsburg gewirkt und dabei auch Vorlesungen über andere Themen gehalten (z.B. Anthropologie. Geographie, Pädagogik)

Kants Bestimmung von Aufklärung „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ (Kant 1784)

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 Nicht gemeint: Menschen, die nicht selbst denken können, sondern: Menschen, die denken könnten aber es aus Angst o.ä. nicht tun  Unmündigkeit = Sich von Autoritäten bevormunden lassen, ohne eigene Meinung Wahlspruch der Aufklärung: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Vom Denken soll „öffentlicher Gebrauch“ gemacht werden (Teilnahme an öffentlichen Debatten /Diskussionen) (Politische) Forderung nach Meinungsfreiheit (vom Gesetz her: Freiheit für eigene Meinung) Mündigkeit als grundlegendes Erziehungsziel (Mut machen, eigene Gedanken auszusprechen, etc.)

Anthropologische Grundlage von Kants Pädagogik „Ein Thier ist schon alles durch seinen Instinkt; eine fremde Vernunft hat bereits Alles für dasselbe besorgt. Der Mensch aber braucht eigene Vernunft. Er hat keinen Instinkt, und muss sich selbst den Plan seines Verhaltens machen. Weil er aber nicht sogleich imstande ist, dieses zu thun, sondern roh auf die Welt kommt: so müssen es Andere für ihn tun“ (Kant 1803)    

Der Mensch unterscheidet sich durch fehlenden Instinkt und „eigene Vernunft“ vom Tier Diese „eigene Vernunft“ hat der Mensch aber nicht von Geburt an Deshalb ist der Mensch als Heranwachsender auf andere angewiesen  Nicht sofort im Stande nachzudenken, Mangel an Verstand Mensch ≠ Tier  Verhalten der Tiere bestimmt von Instinkten, müssen nicht über Handeln nachdenken  Mensch müssen selbst überlegen, welches Verhalten „sinnvoll“ ist

Teil 2: Erziehung als intergenerationales Handeln Erziehung als intergenerationales Handeln bei Kant „Es ist zu bemerken, daß der Mensch nur durch Menschen erzogen wird, durch Menschen, die ebenfalls erzogen sind.“ „Eine Generation erzieht die andere“ (Kant 1803) 

Die jeweils ältere Generation, bei denen der Verstand bereits entfaltet ist, erzieht die jeweils jüngere  Erziehung ist an das Generationenverhältnis gebunden

Wie soll erzogen werden? Auch hierfür hat der Mensch keinen „Instinkt“  Die richtige Erziehung muss mit Hilfe der „Vernunft“ gefunden werden  Kein festgelegtes Verhaltensprogramm  „Vernunft“ = Nachdenken über richtige Methode der Erziehung (Reflexion) & durch praktische „Versuche“ erforschen



Familienerziehung und schulische Erziehung 

Erziehung in der Familie als primäre Erziehung (natürliche Institution)  Jede Familie hat Grenzen, keine „optimale“ Erziehung möglich = Ergänzung wird benötigt



Schulische Erziehung als notwendige Ergänzung der familialen Erziehung  Soll das kompensieren, was Familie nicht leisten kann



Familienerziehung und Schulerziehung sollen ineinandergreifen

„Der Zweck aller öffentlichen Institute ist; die Vervollkommnung der häuslichen Erziehung“ (Kant 1803).

Die Bestandteile der Erziehung „Wartung“

„Disziplin“

„Unterweisung“

„Unter Wartung versteht man die Vorsorge der Eltern, daß die Kinder keinen schädlichen Gebrauch von ihren Kräften machen.“ „Disziplin unterwirft den Menschen den Gesetzen der Menschheit, und fängt an, ihn den Zwang der Gesetze fühlen zu lassen.“

Nahrung, Aufpassen, sorgen,…

„Sie ist die Verschaffung der Geschicklichkeit.“

Jegliche Fähigkeiten, wie z.B. Lesen, Schreiben, Musizieren, …

Soziales Leben und dessen Regel & Gesetze

„Bildung“ bzw. „Moralisierung“

„[E]s kommt vorzüglich darauf an, daß Kinder denken lernen.“  Bildung = Bestandteil der Erziehung!

Geistige Fähigkeiten

„Bildung“ bzw. „Moralisierung“ „Der Mensch soll nicht bloß zu allerlei Zwecken geschickt sein, sondern auch die Gesinnung bekommen, daß er nur lauter gute Zwecke erwähle. Gute Zwecke sind diejenigen, die notwendigerweise von jedermann gebilligt werden; und die auch zu gleicher Zeit jedermanns Zwecke sein können“ (Kant 1803)  

Bezug auf den „kategorischen Imperativ“ Kants („Handle steht so, dass dein eignes Handeln ein allgemeines Gesetz sein könnte.“) Der Zögling soll die Angemessenheit moralischer Prinzipien durch Einsicht erkennen  Nicht blind Autoritäten folgen  Denken lernen (über Regeln / Gesetze nachdenken, Gründe für Handeln erforschen)

Zum Verständnis von „Bildung“ und „Erziehung“ Bildung „(…) ist Erziehung zur Persönlichkeit, Erziehung eines frey handelnden Wesens, das sich selbst erhalten, und in der Gesellschaft ein Glied ausmachen, für sich selbst aber einen inneren Werth haben kann.“ (Kant 1803) 

Nicht jede Art der Erziehung ist auch Bildung!  Erziehung = jede Umgang von Erwachsenen mit Kindern, bei der die Kinder etwas lernen (positiv und negativ)  Bildende Erziehung = Kinder lernen selbst das Denken

Pädagogik und Vervollkommnung der Menschheit „Vielleicht, daß die Erziehung immer besser werden, und daß jede Generation einen Schritt näher thun wird zur Vervollkommnung der Menschheit; denn hinter der Education steckt das große Geheimniß der Vervollkommenheit der menschlichen Natur (…). Dies eröffnet uns den Prospekt zu einem künftigen glücklichen Menschengeschlechte“ (Kant 1803)  Jede weitere Generation wird mehr vernünftig = Menschheit insgesamt wird vernünftiger  Hoffnung auf „glückliches Menschengeschlecht“  Optimistische Fortschrittserwartung der Aufklärung: „Daher ist die Erziehung das größeste Problem, und das schwerste, was dem Menschen kann aufgegeben werden. Denn Einsicht hängt von der Erziehung, und Erziehung hängt von der Einsicht ab.“ (Kant 1803)

Teil 3: Kosmopolitismus als pädagogisches Ziel Über verschiedene Intentionen der Erziehung „Eltern erziehen gemeiniglich ihre Kinder nur so, daß sie in die gegenwärtige Welt, sey sie auch verderbt, passen. Sie sollten sie aber besser erziehen, damit ein zukünftiger besserer Zustand dadurch hervorgebracht werde“ (Kant 1803)



 Jede Art von Erziehung (positiv und negativ) aber Bildungsziel verfehlt die „negativer Erziehung“  Erziehung als intentionale Einwirkung der Älteren auf die Jüngeren Es kann aber unterschiedliche Erziehungsziele geben:  Erziehung als normativer Begriff

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Die Norm der Erziehung ist offenbar umstritten  Unterschiedliche Vorstellungen über Erziehungsziele (verschiedene Normen) Erziehung soll besseren Zustand der Welt hervorrufen (moralisch höher entwickelte Gesellschaft)  Kant´s Vorstellung von Erziehung ≠ Kant´s Beobachtungen von Erziehung

Kosmopolitismus als Ziel der Weltgeschichte bei Kant  

Ziel: ein „Völkerbund“, der den „ewigen Frieden“ gewährleistet  Verträge: politische Aufgabe Pädagogische Forderung (= Ziel: das „Weltbeste“)  Muss dafür sorgen, dass neue Generationen befähigt werden, kosmopolitisch zu leben (um „Völkerbund“ nutzen zu können) -> Werte vermitteln (Erziehung von Toleranz: Weg von Rassismus, etc.); Fähigkeiten entwickeln (Interesse an fremden Kulturen, Sprachen, o.ä.)

„(…) Die Eltern (…) sorgen gemeiniglich nur dafür, daß ihre Kinder gut in der Welt forkommen, und (…) die Fürsten sorgen für das Haus, Fürsten für den Staat. Beide haben nicht das Weltbeste (…) zum Endzwecke. Die Anlage zu einem Erziehungsplane muß aber kosmopolitisch gemacht werden.“ (XII, S. 704) 

Wer ist als Erzieher*in geeignet?

„Bloß durch die Bemühung der Personen von extendierten (= erweitern/ausweiten) Neigungen, die Anteil an dem Weltbesten nehmen, und der Idee eines zukünftigen bessern Zustandes fähig sind, ist die allmähliche Annäherung der menschlichen Natur zu ihrem Zwecke möglich“ (XII, S. 706)  Ungeeignet: rassistische Personen, o.ä. (nicht kosmopolitisch)  Geeignet: kosmopolitische Einstellung: sollten Anteil am „Weltbesten“ nehmen; bessere Welt erzielen (danach handeln; darüber nachdenken)

Teil 4: Das Grundproblem der Erziehung: Freiheit und Zwang  Häufig in demokratischen Gesellschaften  Kinder müssen dahin geführt werden (Zwang), damit sie ihre „Freiheit“ nutzen können (=Widerspruch)

Das Problem von Freiheit und Zwang Die vier Bestandteile Kants Erziehung: Wartung, Disziplinierung, Unterweisung, Moralisierung  „Disziplin“ (Zwang) und „Bildung“ bzw. „Moralisierung“ (freies Denken und Handeln) stehen in einem Widerspruch:  Disziplinierung: Die Heranwachsenden sollen lernen, ihr Handeln an Geboten und Verboten zu orientieren (=Zwang der Gesetze)  Moralisierung: Die Heranwachsenden sollen lernen, aus selbstständiger moralischer Einsicht heraus zu handeln (=Selbständigkeit, frei zu handeln)

Größtes Problem der Erziehung Maximen der Erziehung vor dem Hintergrund von Zwang und Freiheit 1. Die Einschränkung der Freiheit des Kindes ist notwendig, wenn das Kind sich sonst Schaden zufügen könnte (z.B. rote Ampeln, Steckdosen) 2. Die Einschränkung der Freiheit des Kindes ist auch dann notwendig, wenn es anderenfalls die Freiheit anderer Menschen einschränken würde (z.B. ältere Geschwister „erziehen“ jüngere; Verbote und Grenzen des Verhaltens, um die Freiheit aller zu bewahren)

3. Die Einschränkung der Freiheit des Kindes ist nur insofern legitim, als dadurch seine zukünftige Freiheit ermöglicht werden soll (z.B. Schulpflicht, um später Teil der Gesellschaft sein zu können)  Zwang verändert sich je nach Alter des Kindes: Je älter, desto mehr Freiheit, weil mehr Moralverständnis, etc. vorhanden ist

Fehlformen pädagogischer Praxis     

Zu viel Zwang (z.B.: Diktaturen, fundamentalistische religiöse Erziehung) Zu viel Freiheit (z.B. antiautoritäre Erziehung) Richtiges Verhältnis notwendig ( Wie weit ist das Kind? Was versteht es, was nicht?) Es gibt keine „Formel“, kein „Rezept“, womit dieses Problem ein für allemal zu lösen wäre Der Umgang mit dem Problem muss immer wieder neu reflektiert werden

Bildung und Verfassung Das Problem von Freiheit und Zwang lässt sich nur in einer freiheitlichen Gesellschaft bearbeiten  Es bedarf einer Verfassung, die den BrügerInnen Freiheiten garantiert  Um eine freiheitliche Verfassung zu „stiften“ und zu „erhalten“, bedaf es der Bildung  Ziel: eine freiheitlich verfasste „Weltbürgergesellschaft“

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