6. Das Selbst Selbstkonzept Selbstwahrnehmung PDF

Title 6. Das Selbst Selbstkonzept Selbstwahrnehmung
Author Christin Lorenz
Course Sozialpsychologie
Institution Technische Universität Dresden
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Das Selbst Selbstkonzept („kognitiv“; Selbst als Objekt der Erkenntnis)    

Antworten auf die Frage: „Wer bin ich?“ ein Bild von uns selbst machen/ Eindruck von uns selbst besteht aus einer Vielzahl von Selbstkonstrukten Beispiel: Frau ist… o Mutter: liebevoll und ungeduldig o Schauspielerin: kreativ o Schwester o mag Frankreich usw.

Gesamtheit der Selbstkonstrukte (Selbstkonzept) vs. Arbeitsselbst 

Selbstkonzept stellt eine umfassende Gedächtnisstruktur da, die Vielzahl von Infos über sich selbst beinhaltet (Erinnerungen, Meinungen über eigenes Verhalten)



Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird eine bestimmte Teilmenge dieser Infos abgerufen, die als Arbeitsselbst bewusst wird  immer nur ein oder wenige Selbstkonstrukte aktiviert



Da in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Teilmengen aus dem Selbstkonzept abgerufen werden, verändert sich das Arbeitsselbst je nach Situation in dynamischer Weise  Konfiguration der aktivierten Selbstkonstrukte = Arbeitsselbst



Durch den sozialen Kontext (Betreuung Kinder vs. Geschäftsfrau), d.h. die konkrete Situation werden unterschiedliche Selbstkonstrukte in das Arbeitsselbst geladen



Arbeitsselbst = Teile des Selbstkonzepts, die in bestimmten Kontexten aktiviert sind, um Verhalten zu regulieren



Welche Selbstkonstrukte gelangen ins Arbeitsselbst?: Zugänglichkeit! entscheidend (=Leichtigkeit mit der auf einen bestimmten Aspekt aus dem Gedächtnis zugegriffen werden kann) o

Chronische Zugänglichkeit: Selbstschemata (bezogen z.B. auf Extraversion, Ängstlichkeit; z.B. „Ich bin leistungsorientiert.“)

o

Situative Zugänglichkeit: Kontext, soziale Rolle etc.

Wahrnehmung von Konsistenz 

Bei den meisten Menschen gibt es Selbstkonstrukte die nicht zueinander passen (z.B. herzliche Mutter; knallharte Managerin im Nadelstreifenanzug)



Dennoch sehen sich die meisten Menschen nicht als Chamäleon, sondern als ein „beständiges, konsistentes und integriertes Ganzes“ (Ich)



3 Erklärungen: o

Einige Selbstkonstrukte so stabil, dass sie über Kontexte hinweg invariant sind (sogenannte Selbst-Schemata; z.B. ökologisches Verhalten)

o

Innerhalb eines „Arbeitsselbst“ (working self) sind die Selbstkonstrukte meist konsistent zueinander (z.B. entweder Mutter oder Managerin)

o

Selektive Erinnerung, die ein konsistentes Selbst konstruiert

Kulturelle Unterschiede (im Selbstkonzept) 1. Independent: 

Selbstdefinition, die sich stärker auf Unabhängigkeit von Anderen stützt; eigenständige Einheit; einzigartig



Betonung der eigenen Leistung



Zustimmung zu Items, wie: „Die einzige Person auf die sie zählen können, sind sie selbst.“



Individualistische Kulturen („Westen“): o Wahrnehmung von Menschen als eigenständig, internal motiviert und für sich selbst verantwortlich o

Fokus auf Einzigartigkeit, Herausstechen, Unabhängigkeit

o

Besonders individualistische Länder: USA, Australien, Niederlande

o

Rolle der Anderen: Vergleichsstandards bei sozialen Vergleichen

2. interdependent 

Selbstdefinition, die sich stärker auf das Miteinander mit anderen stützt



Betonung der Leistung der Gruppe



Zustimmung zu Items wie: „Ich bin teilweise schuld, wenn eines meiner Familienmitglieder versagt.“



Kollektivistische Kulturen („Osten“): o Wahrnehmung von Menschen als stark in ihr soziales Gefüge eingebunden und durch dieses motiviert o

Fokus auf gegenseitige Abhängigkeit, Teil des Ganzen sein, soziale Einheit

o

Besonders kollektivistische Länder: Venezuela, Taiwan, China

o

Rolle der Anderen: wichtiger Bestandteil des Selbst

3. Entstehung kulturelle Unterschiede 

Modernisierungsthese: Je reicher, gebildeter und kapitalistischer eine Gesellschaft, desto individualistischer  JEDOCH: Warum ist Japan kollektivistischer als Portugal oder Griechenland?



Reisanbau-Weizenanbau-Tierzucht-These: Je mehr der Lebensunterhalt von Kooperation abhängt, desto kollektivistischer die Gesellschaft



Talhelm und Kollegen (2014): Betrachten Chinesische Provinzen entlang der Reis-Weizen-Grenze o

Ergebnis: Mehr Interdependenz in den Provinzen mit mehr Reisanbau

o

Reisanbau erfordert mehr Kooperation (z.B. Bewässerungsanlagen) unter den Menschen; Weizenanbau eher weniger Kooperation

o

Man muss nicht selbst Reis anbauen, um den kulturellen Hintergrund zu erben

Selbstwahrnehmung: 

Das Selbstkonzept wird gelernt; Menschen kommen nicht auf die Welt und halten sich für z.B. humorvoll, schön oder gewissenlos



Entwicklung einer Vorstellung über die eigene Person/ Das Selbst erfahren durch (=Selbstwahrnehmung) o

Introspektion „Das Nach-innen-schauen“

o

Beobachtung eigenen Verhaltens

o

Reaktionen anderer

o

Sozialen Vergleich

1. Introspektion 

Warum wissen wir mehr über uns als Andere? Antwort: Weil wir Zugang zu unseren eigenen Gedanken und Gefühlen haben



JEDOCH: Zugang zu unseren wirklichen Motiven und Antrieben ist begrenzt; die Fähigkeit zur Introspektion viel geringer, als allgemein angenommen



Evidenz von Nisbett & Wilson (1977): „Mehr erzählen, als wir wissen.“ o

Beispiel: Display mit vier identischen Paar Nylonsocken in einem Geschäft

o

Einkäufer wurden gebeten, die Socken zu begutachten, das beste Paar auszuwählen u. ihre Entscheidung zu begründen

o

Ergebnisse: 

Das Paar ganz rechts wurde vier Mal häufiger als das Paar ganz links gewählt



Alle Einkäufer konnten begründen (führten verschiedenste Argumente auf), warum das von ihnen gewählte Paar das Beste ist



Keiner der Einkäufer hat die Position/Platzierung als Grund für die Wahl genannt  „wahre“ Grund für Verhalten nicht bewusst

2. Beobachtung des eigenen Verhaltens 

Selbstwahrnehmungstheorie (Bem, 1972): Sich selbst verstehen, indem man sich wie ein externer Beobachter verhält, d.h. das eigene Verhalten beobachtet



Beispiel: Ein Essen in Rekordzeit zu sich nehmen – und daraus schließen, dass man hungrig war





Randbedingungen: o

Besonders wenn das eigene Erleben mehrdeutig ist  Einstellungen/Gefühle vieldeutig und schwer definierbar (bei starken eindeutigen Reaktionen ist keine Beobachtung „von aussen“ notwendig; z.B. wenn ich schon immer wusste, dass ich klassische Musik mag)

o

Nur wenn das Verhalten aus freien Stücken gezeigt wurde (Wahl)  bringt Verhalten tatsächlich Gefühle zum Ausdruck, kein situationsbedingter Druck (z.B. Keiner hat mich dazu gedrängt, den Sender für klassische Musik einzuschalten.)

Evidenz zu Mehrdeutigkeit (Chaiken und Baldwin, 1981): „Ökoverhalten“ o

UV1: Pbn mit festem vs. variablen Selbstkonzept zu ökologischem Verhalten (prä)

o

UV2: Pbn geben an, wie oft sie sich ökologisch vs. unökologisch verhalten haben

o

AV: Selbsteinschätzung als „Öko“ (Post)

o

Ergebnisse: 

Pbn mit variablen Selbstkonzept „Ökoverhalten“ (d.h. mehrdeutiges Erleben, unsicherer Einstellung) schätzen sich mit Blick auf ökologisches Verhalten als Öko ein und mit Blick auf unökologisches Verhalten, weniger als „Öko“



Einschätzung Öko variiert je nachdem, welches Verhalten „beobachtet“ wird

3. Reaktion anderer 

Andere Menschen dienen uns als Spiegel, in dem wir uns selbst sehen  looking-glass self



Was meine Ex-Frau (Teufel), meine Kinder (Held), meine Kollegen (cooler Typ) oder meine Eltern (Engel) über mich denken



Wir verstehen uns selbst durch:



o

direkte Eigenschaftszuschreibung anderer z.B. „Du bist faul.“

o

indirekte Eigenschaftzuschreibungen anderer (Inferenzen/Schlussfolgerungen aus den Reaktionen und dem Verhalten anderer, z.B. Lachen – Humor

o

antizipierte (d.h. nicht reale) direkte und indirekte Eigenschaftszuschreibungen, z.B. „Was würde mein Vater denken?“, „Wie würde Tante Agathe reagieren?“

Häufig stimmen SK mit dem überein, was wir glauben, dass Andere über uns denken  JEDOCH nicht unbedingt mit dem, was andere tatsächlich denken

4. Sozialer vergleich



Zur Bewertung der eigenen Fähigkeiten und Meinungen orientieren sich Menschen an anderen



Z.B. Eignungstest bei Bewerbungsverfahren



Wahrnehmung des Selbst durch Vergleich mit Anderen hinsichtlich:









o

Fähigkeiten, z.B. sportlich  Einschätzung der eigenen Leistung stark von Vergleichsinformationen abhängig, die von anderen Personen zur Verfügung gestellt werden

o

Eigenschaften und

o

Meinungen

Theorie sozialer Vergleichsprozesse (Festinger, 1954): Ausgangspostulate/Ausgangspunkte: o

Fehlerhaftes Realitätsverständnis kann massive negative Konsequenzen haben

o

Daher Bedürfnis nach Bewertungen der eigenen Fähigkeiten und Meinungen

In welchen Situationen sozialer Vergleich wahrscheinlich? o

Präferenz „physische Realität“ (objektiv) über „soziale Realität“

o

Rückgriff auf sozialen Vergleich bei Unsicherheit über „physische Realität“ bzw. wenn objektive Kriterien fehlen  wir nehmen soziale Vergleiche vor, wenn kein objektiver Maßstab existiert

o

Beispiel: Auf Arbeitsstelle wird Spendenplan neu eingeführt. 

von Gehalt beliebige Summe monatlich spenden für wohltätige Zwecke



Welcher Betrag ist großzügig? Es existieren bisher keine Richtlinien  Vergleich mit anderen Spendern/Kollegen

Mit wem wird verglichen? o

Soziale Realität: Vergleich mit relevanten Vergleichspersonen

o

Relevant: Ähnlichkeiten in Fähigkeiten und Meinungen  Vergleich mit Menschen, die im fraglichen Bereich ähnlichen Hintergrund aufweisen/ Personen, die einem ähnlich sind

o

Beispiel: Erster Spanisch-Unterricht an Uni 

Frage mich, wie ist es um meine Fähigkeiten bestellt



Vergleich mit Studentin, die zwei Jahre in Spanien gelebt hat oder mit Studentin, die vorher noch nie Spanisch gelernt hat

Evidenz Morse & Gergen (1970): Selbstkonzept bei Jobinterview o

Pbn: Bewerber für eine sehr attraktive Aushilfsstelle in „Personality Research“

o

AV t1: Als Teil der Bewerbungsunterlagen Messung des Selbstkonzepts

o

Anschließend: Ausfüllen weiterer Unterlagen in Anwesenheit eines Mitbewerbers

o

UV: Mitbewerber ist Mr. Clean (Verhalten ist sozial erwünscht) oder Mr. Dirty (Verhalten ist sozial unerwünscht)

o

AV t2: Messung des Selbstkonzepts

o

Ergebnisse: 

Pbn die Mr. Dirty als Mitbewerber hatten, hatten danach viel positiveres Selbstkonzept



Pbn die Mr. Clean als Mitbewerber hatten, hatten niederes Selbstkonzept als vorher

Fragen: 1. Definieren Sie Begriffe Selbstkonzept und Arbeitsselbst 2. Warum nehmen sich Individuen als „konsistentes Ganzes“ wahr, selbst wenn einzelne Selbstkonstrukte inkonsistent? 3. Was versteht man unter einem independenten, was unter einem interdependenten Selbstkonzept? 4. Erklären Sie drei Wege der Selbstwahrnehmung und illustrieren Sie diese je an einem Beispiel (bestehenden Daten oder eigenes Beispiel)....


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