8 Bezugsnorm- und Zielorientierung PDF

Title 8 Bezugsnorm- und Zielorientierung
Course Grundlagen der Diagnostik in pädagogischen Handlungsfeldern
Institution Technische Universität Dortmund
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Summary

SS 2019/ Dies ist eine Zusammenfassung der achten Sitzung der Vorlesung. Es sind die Folien sowie Mitschriften zusammengefasst....


Description

Bezugsnorm- und Zielorientierung Achte Vorlesung

Bezugsnormorientierung 1. Was versteht man unter Bezugsnormen + Bezugsnormorientierung? Beurteilung schulischer Leistung (immer wichtig für Leistungsbeurteilung) -

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Feststellung des Lernergebnisses (Ergebnis des Lernens wird erhoben z.B. im Rahmen einer Klassenarbeit (Fehleranzahl im Diktat, Anzahl der gelösten Aufgaben in Mathematikarbeit)) Bewertung des Lernergebnisses (Lernergebnis wird hinsichtlich seiner Qualität – anhand von Bezugsnormen bewertet)

Beurteilung eigener und fremder Leistungen: Bezugsnormen Bezugsnorm = Standard, mit dem ein Leistungsergebnis verglichen wird, um es zu bewerten „Schüler X hat 27 Punkte erreicht“ ist als Information nicht hilfreich, weil sie keinerlei Hinweise auf die Güte der Leistung gibt, solange diese nicht in ein Bezugssystem eingebettet ist Beispielaufgabe, Tabelle (3 Testergebnisse von 9 SuS. Subjektive Verbesserung/Verschlechterung in Note einfließen lassen oder nicht? Bezugsnormen Soziale Bezugsnorm: Vergleich der Leistung von Schüler X mit Leistungen anderer SuS deren Leistungsstand man kennt (interindividueller Vergleich) Individuelle Bezugsnorm: Vergleich der Leistung von Schüler X mit früheren Leistungen von Schüler X (intraindividueller, temporaler Vergleich) Sachliche/Kriterienorientierte Bezugsnorm: Vergleich mit einem inhaltlich begründeten oder vorher festgelegten Standard (z.B. richtiges Lösen einer Aufgabe) Bewertung der Beispielaufgabe: Beurteilung nach individueller Bezugsnorm: Bewertungsdiskrepanz zwischen SuS mit gleichen Punktwerten im letzten Test, aber unterschiedl. Zeitlichen Trends Beurteilung nach der sozialen Bezugsnorm: Ausmaß der Bewertungsdiskrepanz zwischen SuS mit gleichen zeitlichen Trends, aber unterschiedlichen Punktwerten in dem letzten Test  Kennwerte i.d.R. mittel bis stark negativ korreliert (r = -.50)

Lösung soziale Bezugsnorm: Verhaltensbeurteilung nach der individuellen Bezugsnorm Rückmeldung auf Grundlage früherer Leistungen derselben Personen. Diese Bewertung gibt Aufschluss über Lernfortschritte/rückschritte. „Der Schüler konnte seine Englischkenntnisse verbessern.“ „Der Schüler hat sein Leistungsniveau in Sport nicht erreicht.“

Lösung individuelle Bezugsnorm:

Verhaltensbeurteilung nach kriterialer Bezugsnorm „Der Schüler schafft es nicht, pünktlich zu sein.“ „Der Schüler ist in der Lage, sich selbst eine Praktikumsstelle zu besorgen.“ Diese Verhaltensbeurteilungen basieren auf einem Vergleich des aktuellen Verhaltens der SuS mit einem Verhaltenskriterium.

2. Erläutern Sie die Probleme der einzelnen Bezugsnormen.

Probleme sozialer Bezugsnormen: - Beruht häufig auf den Leistungen der SuS einer Klasse (klasseninterner Bezugsrahmen führt zu Fehlurteilen) -> Problem für Selektionsfunktion der Noten - Lernzuwachs von allen SuS wird nicht wahrgenommen - Veränderungen (+ auch hier interindividuelle Unterschiede) im Lernzuwachs werden nicht wahrgenommen

Problem für Motivation der SuS

Probleme individueller Bezugsnormen: - Überdauernde Leistungsunterschiede zwischen SuS werden ausgeblendet, sodass eine realistische Selbsteinschätzung nicht möglich ist - Alleinige ind. Bzgn würden die Funktionen von Noten „ad absurdum“ führen, z.B. Berechtigungen -> ind. Bzgn. sollten nur innerhalb eines Ausbildungsabschnittes verwendet werden Verhaltensbeurteilung nach sozialer Bezugsnorm Der Einschätzung des Verhaltens von SuS liegt häufig eine soziale Bzgn zugrunde. „Der Schüler kann sich besser als andere konzentrieren.“ „Der Schüler kann sich sprachlich überdurchschnittlich gut ausdrücken.“ Beurteilungen im Alltag basieren häufig auf einem impliziten Vergleich mit Gleichaltrigen (Refernzgruppe)

Probleme kriterialer Bezugsnormen: - Festlegung konkreter Kriterien für eine bestimmte Note für jedes Fach, Klassenstufe + Schulform -> sehr aufwändig - Zu viel Festlegung schränkt Flexibilität + Freiheitsgrade des Unterrichtens ein - Rückmeldung erfolgt nur in Bezug auf den erfassten Bereich -> realistische Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten nicht möglich, weil man nicht weiß, ob Fertigkeiten auch besondere Fähigkeiten widerspiegeln Leistungsbeurteilung in der Praxis  Lehrer ziehen verschiedene Bezugsnormen heran Bei formalen Leistungsfeststellungen (Klassenarbeiten, Abschlusszeugnisse): häufig eine soziale/klasseninterne Bezugsnorm Bei informellen Leistungsrückmeldungen (Kommentaren zu Klassenarbeiten, Rückmeldungen zu Hausaufgaben): eher individuelle Bezugsnorm Auswirkung der sozialen BZN auf die Übergangsempfehlung + Noten -

Mittlere Testleistung der Klasse hat fast ebenso hohen negativen Effekt auf Note wie die ind. Leistungsfähigkeit Erklärung durch Referenzrahmeneffekts Notenvergabe wird stark durch durchschnittl. Leistungsfähigkeit der Klasse beeinflusst

Bezugsnormorientierung (BZNO) -

Überdauernde Bevorzugung einer best. Bzgn. wird BZNO genannt (Rheinberg, 1980) Interind. Unterschiede bei L’innen bzgl. der Handhabung v. Bezugsnormen BZNO korreliert mit motivationalen Lern-/Leistungsvoraussetzungen von Lernenden V.a. für Berufsgruppe der L’innen liegen umfangreiche Studien zur BZNO vor Verfahren: Fragebogen zur Erfassung von Bezugsnorm-Orientierung (FEBO)

3. Mit welchen Unterrichts-, Lehrer- und Schülermerkmalen gehen unterschiedliche Bezugsnormorientierungen einher? Unterschiede zwischen Lehrer*innen mit SBNO / IBNO Dominierende soziale BZNO steht in Zsmh. mit - Wahrnehmung eines stabilen Leistungsbildes innerhalb der Klasse (je heterogener die Leistungen der Sus, desto mehr) - Ursachenzuschreibungen für Schülerleistungen, die zeitlich stabil sind (Fähigkeit, Intelligenz, Begabung) - Lob + Missbilligung in Abh. von über-/unterdurchschnittlichen Leistungen - Angebotsgleichheit des Unterrichts (sodass Leistungen im sozialen Vergleich bewertbar werden) -> Praxis: Anforderungen orientieren sich am mittleren Leistungsniveau  Leistungsschwache SuS könnten überfordert / Leistungsstarke SuS unterfordert werden

Dominierende individuelle BZNO steht in Zsmh. mit -

Wahrnehmung ind. Lernfortschritte

Ursachenzuschreibungen für Schülerleistungen, die über die Zeit variabel sind (Anstrengung, Interesse, eigener Unterricht) - Lob + Missbilligung in Abh. von individueller Entwicklung der Schülerleistungen - Verstärkte Tendenz zum Lob, da ind. Lernfortschritte häufig wahrgenommen werden - Individualisierung der Anforderungen an SuS  Individualisierung der Leistungsfeststellung setzt voraus, dass die Lehrkraft das ind. Leistungsniveau + die ind. Lernvoraussetzungen der Lernenden kennt -

Zsmhe. Von BZN-Orientierungen mit Schülermerkmalen Mittelfristige Einflüsse von BZN-Orientierung auf SuS, vor allem im motivationalen Bereich - Zsmhe. Zwischen BZN-Orientierungen und Schülermerkmalen jedoch geringer als zu Unterrichtsmerkmalen  Schülermerkmale hängen von vielen Faktoren ab -

Dominierende individuelle BZNO von L*innen steht bei SuS in Zsmh. mit -

Verstärkt wahrgenommenem Zsmh. zw. Anstrengung und Leistung Der verstärkten Rückführung von Leistungsergebnissen auf eigene Anstrengung Optimistischeren Einschätzungen eigener Fähigkeiten + zukünftigen Leistungen Realistischeren Zielsetzungen (Ziele eigeninitiativ erreichbar formulieren)

Auswirkungen einer dominierenden sozialen BZNO der L*innen hängen stark vom jeweiligen Leistungsstand der SuS ab. -

Besonders auf schwächere SuS wirkt sich die Verwendung sozialer Vergleiche negativ aus Insgesamt in emp. Studien: diff. Effekte unterschiedl. BZN treten bei leistungsschwachen SuS am deutlichsten auf

Warnung vor pauschaler Beurteilung sozialer Bezugsnormen Alle BZN sind problematisch SBZN werden von Eltern, Arbeitgebern usw eingefordert (vgl. Funktionen von Noten) Soziale Vergleiche werden von zahlreichen SuS gewünscht + aktiv aufgesucht (Wunsch nach umfassender, realistischer Selbsteinschätzung) -> ohne würde eine künstliche Situation entstehen - Soziale Vergleiche können sehr motivierend sein (z.B. sportliche Wettbewerbe) und gerade leistungsstarke SuS zu Höchstleistungen motivieren - Eine Leistungsbewertung, die alle BZN berücksichtigt, vermittelt das gesamte Bild + erlaubt realistische Fähigkeitseinschätzungen -> leistungs- und motivationsförderlich  Flexibler Gebrauch aller Bezugsnormen  Durch die verstärkte Nutzung ind. und kriterialer Vergleiche soll ein Gegengewicht zu den in der Schule vorherrschenden sozialen BZN geschaffen werden -

4. Welche Empfehlung für den Unterricht lassen sich aus den Erkenntnissen über Bezugsnormen ableiten? „naturwüchsiges Motivtraining“ = Unterricht von L’innen, die flexibel mit BZN umgehen Vorteile:

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Kann während des regulären Unterrichts praktiziert werden (benötigt keine Sondersituation mit anschließender Transferproblematik; keine/wenig zusätzliche zeitliche Belastung) SuS erleben keine „Sonderbehandlung“ L’innen sind selber Initiatoren + Vermittler (können somit ihren Unterricht langfristig darauf abstimmen und verändern)

Unterricht sollte klar abgegrenzte Phasen des Lernens und der Überprüfung des Gelernten aufweisen  In Phasen des Lernens sollten soziale Vergleichsmaßstäbe vermieden werden, um ein Klima der Lernzielorientierung zu erzeugen Bei der Leistungsbeurteilung anhand von Noten sollten die Kriterien transparent gemacht werden  Prinzipiell haben alle SuS die Möglichkeit, (sehr) gute Noten zu erzielen  Konkurrenz der Sus unnötig, da es keine Quotierung der guten Noten gibt Bewertung einer schriftlichen Arbeit durch Ziffernoten und idealerweise einem Kommentar a) Dem Ist-Stand der Kenntnisse/Kompetenzen b) Den individuellen Lernfortschritten seit der letzten Beurteilung c) Weitere Verbesserungsmöglichkeiten d) Mittel und Wege zu Verbesserungen

5. Was sind Zielorientierungen? = Ziele, an denen sich Personen in sozialen Lernkontexten orientieren - Forschungen zu Zielorientierungen basieren auf Theorien der Leistungsmotivation (Atkinson, McClelland) - ZO beeinflussen das Verhalten und Erleben in Lern-/Leistungssituationen Arten Lernzielorientierung / Aufgabenorientierung: Streben nach Kompetenzzuwachs bestimmt das Verhalten während des Lernprozesses Leistungszielorientierung / Ich-Orientierung: Demonstration der eigenen Kompetenzen regulieren das Lern-/Leistungsverhalten  Dichotome ZO

6. Welche Modelle unterscheidet man bei den Zielorientierungen? Ausdifferenzierung der Leistungszielorientierung in Annäherungsleistungsziele (Demonstration eigener Kompetenzen) und Vermeidungsziele (Verstecken eigener Inkompetenzen) (Elliot & Church, 1997)  Trichotomes Modell 2 x 2 Zieltheorie (Elliot & McGregor, 2001) Annäherung Vermeidung

Lernziel Annäherungs-Lernziele Vermeidungs-Lernziele

Leistungsziel Annäherungs-Leistungsziele Vermeidungs-Leistungsziele

Annäherungs-Lernziele: Bestreben, intrapersonelle Standards zu erreichen mit der Absicht, eigene Kompetenzen zu erweitern Vermeidungs-Lernziele: P. will bereits Gelerntes nicht vergessen Annäherungs-Leistungsziele: P. konzentrieren sich auf das Erreichen von interpersonellen Standards. Erfolg zu haben bedeutet hier, besser als die soziale Vergleichsgruppe zu sein Vermeidungs-Leistungsziele: P. will Misserfolg vermeiden und im Vergleich mit anderen nicht schlecht abzuschneiden 3 x 2 Zieltheorie (Elliot et al., 2011) Annäherungs- und Vermeidungsaufgabenziele Selbstbezogene Annäherungs- und Vermeidungsziele Sozialvergleichende Annäherungs- und Vermeidungsziele  Empirie steht in Studien noch aus 7. Wie erfasst man Zielorientierungen? Skalen zur Erfassung von Lern-Leistungsmotivation (SELLMO) Spinath et al., 2002 -

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Lernziele „In der Schule geht es mir darum, neue Ideen zu bekommen.“ (8 Items, Cronbachs α = .81) Annäherungsziele „In der Schule geht es mir darum zu zeigen, dass ich bei einer Sache gut bin.“ (7 Items, Cronbachs α = .78) Vermeidungsziele „In der Schule geht es mir darum, dass andere SuS nicht denken, ich sei dumm.“ (8 Items, Cronbachs α = .79) Arbeitsvermeidung „In der Schule geht es mir darum, nicht so schwer zu arbeiten.“ (8 Items, Cronbachs α = .83)

Entwicklung von Zielorientierungen Zentrale Annahme: mit zunehmendem Alter ändert sich das ind. FSK - (Klein-)Kinder trennen nicht zwischen Anstrengung und Fähigkeit - Leistungen werden an früheren Leistungen gemessen (ind. BZN) - Vordergrund der Handlungen: Wunsch nach Kompetenzzuwachs  Aufgaben-/Lernzielorientierung Jugendalter: vermehrt Unterscheidung von Anstrengung und Fähigkeit - Eigene Begabungen werden mehr über soziale Vergleiche eingeschätzt - Leistungssituationen dienen vermehrt der Demonstration von Fähigkeiten  Ich-Orientierung/Leistungszielorientierung

8. -

Wie hängen Zielorientierungen mit akad. Leistung zusammen? Lernziele = (schwachen bis mittleren) positiven Zusammenhang mit SL Annäherungsleistungsziele korrelieren (schwach) positiv mit SL Vermeidungsleistungsziele stehen häufig in einem negativen oder keinem Zsmh. mit SL - LZO sind positiv assoziiert mit bewältigenden Lern-/Leistungsstrategien oder lernförderlicher Motivation (z.B. intrinsische) – Leistungsziele weniger  Lernziele sind besonders bedeutsam für die Entwicklung von SL und intrinsischer Motivation 9. Mit welchen lernförderlichen Variablen hängen Zielorientierungen noch zusammen?

10. Wie ist der Zsmh. zw. Zielorientierungen und Bezugsnormorientierungen? - Theoretisch denkbar und empirisch nachgewiesen - Pos. Zsmh. zwischen sozialer BZNO + Annäherungsleistungszielen - Pos. Zsmh. zwischen ind. BZNO und Lernzielen

11. Wie sind die Zsmhe. von Zielorientierungen auf Individual- und Klassenebene mit Leistungsangst, Kontrollerleben und schulischem Wohlbefinden?

FAZIT - ZO bieten viele Erklärungen für lern-/leistungsthematisches Verhalten an - Trotzdem einige offene Fragen  Endgültige Struktur  Lernziele + Lernleistungsziele sind nicht unabh. voneinander -> Was sind Effekte unterschiedlicher Kombinationen von Zielorientierungen?  Unter welchen Bedingungen sind welche Lern-/Leistungsziele förderlich?...


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