8.+9. Die Empirische Erziehungswissenschaft PDF

Title 8.+9. Die Empirische Erziehungswissenschaft
Author Alicia Scheuermann
Course Einführung in die Erziehungswissenschaft
Institution Technische Universität Dortmund
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Die Empirische Erziehungswissenschaft

Historische Einordnung und methodologische Grundlagen

Historischer Hintergrund Zur Pädagogik im Nationalsozialismus  

Zur Zeit der Machtergreifung durch Nationalsozialisten waren viele Vertreter geisteswissenschaftlicher Pädagogik Universitätsprofessoren Von 1933 bis 1945 herrschte an deutschen Universitäten ein ideologisches Verständnis von Pädagogik vor

Im angelsächsischen Bereich macht die empirisch-pädagogische Forschung in dieser Zeit große Fortschritte - Mit Bezug auf Soziologie und Psychologie  Die Pädagogik in Deutschland verlor den Anschluss an diese Entwicklung  Erst nach dem Krieg und besonderes seit den 1960er Jahren wurde (wieder) an internationale Forschungen angeknüpft



Gesellschaftliche Debatten in der BRD: -

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,,Sputnik-Schock‘‘ (1957) Westen und Osten kämpften um Macht/Rang + ,,Weltraum‘‘  russische Rakete ,,Deutsche Bildungskatastrophe‘‘ (George Picht 1964) dieses Buch ist stark eingeschlagen, führt erstmals Zahlen + Rechnungen ein in Bezug auf Bildung  Bildungskatastrophe Hinweise auf Bildungsbenachteiligung: Schlagwort vom ,,Katholischen Arbeitermädchen vom Lande‘‘  Politische Forderung nach Verbesserung des Bildungswesens Seit ca. 1960er Jahren Kritik an Geisteswissenschaftlicher Pädagogik  Es wurde die ,,realistische Wendung in der pädagogischen Forschung‘‘ ausgerufen (Heinrich Roth 1963)

Empirische Bildungsforschung: Institutionen    

1951: Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung (1964 umbenannt in „DIPF“ - Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung) 1963: Max‐Planck‐Institut für Bildungsforschung 1965: Deutscher Bildungsrat 1973: „Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung“ an der damaligen Pädagogischen Hochschule Dortmund (heute Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU Dortmund)

Erziehungswissenschaft als Sozialwissenschaft   

Erziehungswissenschaft wird hier als empirische Sozialwissenschaft entworfen. Orientierung an der Naturwissenschaft: Naturwissenschaft: Erforschung von natürlichen Gesetzmäßigkeiten; Sozialwissenschaft: Erforschung von sozialen Regelhaftigkeiten (→ probabilistische Aussagen). Grundgedanke: Erkenntnis geht von der Erfahrung des sinnlich Gegebenen aus („Empirie“ von griech. empeiria= Erfahrung, erfahrungsgemäß.)

Ansätze in den Sozialwissenschaften:   

Grundlegend werden zwei verschiedene methodische Ansätze unterschieden: Quantitative Forschung (v.a. statistisch, an der Überprüfung von Hypothesen interessiert) Qualitative Forschung (v.a. deskriptiv, an der Generierung neuer Hypothesen interessiert). In der Erziehungswissenschaft wurde zunächst der quantitative Ansatz aufgenommen Der qualitative Ansatz erhielt erst ab den 1980er Jahren vermehrte Aufmerksamkeit

Definition der empirischen Bildungsforschung

 Es geht nicht um das Verstehen des ,,Geistes‘‘ von Texten (wie in der Geisteswissenschaftliche Pädagogik), sondern um Aussagen über pädagogische ,,Realität‘‘  Ziel: ,,Verbesserung des Bildungswesens‘‘ (ebd.) (insbesondere in Hinsicht auf Chancengleichheit)

Erziehungswissenschaftliches Wissen nach Brezinka

 Erziehungswissenschaftliches Wissen hat die Form von Hypothesen über die pädagogische Wirklichkeit.  Aufgaben dieses Wissens: - Erklärungen - Prognosen - Technologische Lösungen

Die Methode zur Hervorbringung von erziehungswissenschaftlichem Wissen umfasst zwei Schritte: 1. Die Aufstellung von Hypothesen; (Dafür können auch hermeneutische Verfahren geeignet sein) 2. Die empirische Überprüfung der Hypothesen (Dies geht nur mit empirischen Verfahren: z.B. Fragebögen, Beobachtungen, Experimente, Tests etc.)  „Falsifikation“: Widerlegung der Hypothese  „Verifikation“: vorläufige Bestätigung der Hypothese (Kritischer Rationalismus nach Karl Popper: Hypothesen können nicht endgültig verifiziert werden)

Zur Sprache in der Erziehungswissenschaft  

Nach Brezinka ist die Verwendung einer präzisen Sprache für die klare Formulierung von wissenschaftlichen Fragen sowie für die Prüfung von Hypothesen notwendig Sprache kann drei Funktionen haben: 1. informativ, 2. präskriptiv (normativ) und 3. emotiv

Präskriptiv = Sollens-Aussagen ,,Kinder sollen..‘‘ emotiv = Aussagen die Emotionen ansprechen z.B. Freudenschrei

Brezinkas Vorwurf gegenüber der „Geisteswissenschaftlichen Pädagogik“ Ihre Sprache vermischt oft die drei Funktionen So arbeitet sie z.B. auch mit normativen pädagogischen Schlagworten wie: - „Erziehung vom Kinde aus“ - „Erziehung zur Kreativität“  Viele Worte haben zudem einen emotiven Charakter, z.B.: - „Autorität“ - „Leistung“ - „Humanität“ - „Persönlichkeit“, etc.  Brezinka: Die erziehungswissenschaftliche Sprache muss von präskriptiven und emotiven Gehalten befreit werden  

Prinzipien der Begriffsbildung 

Darstellung der Logik klassischer Begriffsbildung:

Regeln zur Definition von wissenschaftlichen Begriffen 1. Begriffe einer Art dürfen sich nicht überschneiden (so müssen z.B. „Erziehung“ und „Politik“ klar voneinander abgegrenzt sein) 2. Begriffsdefinitionen dürfen nicht zirkulär sein („Erziehung“ sollte z.B. nicht als „planmäßige Tätigkeit, durch welche Erwachsene das Seelenleben von Heranwachsenden zu bilden suchen“ (Dilthey 1961) erklärt werden) 3. Die Begriffe, durch die ein Terminus erklärt werden soll, dürfen nicht unklarer sein als der zu definierende Terminus (z.B. sollte „Erziehung“ nicht als „die Freigabe des Menschen auf seine Menschlichkeit“ (Theodor Ballauf1962) definiert werden) 4. Eine Definition sollte möglichst keine negativen Termini haben („Mündigkeit“ darf z.B. nicht als „Freisein von Unmündigkeit“ definiert werden)

,,Erziehung‘‘ nach Brenzika 

Brenzikas Begriff der Erziehung muss vor dem genannten Hintergrund verstanden werden:

 Deskriptiver Erziehungsbegriff - dient zur empirischen Beschreibung und Untersuchung erzieherischer Handlungen - verzichtet auf präskriptive/normative Elemente - verzichtet auf emotive Elemente

Aktuelle Beispielstudien aus dem Kontext der empirischen Erziehungswissenschaft  

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PISA‐Studie (seit 2000) – Kompetenzen 15-jähriger werden international vergleichend erfasst PIRLS bzw. IGLU-Studie (,,Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung‘‘) International vergleichende Untersuchung des Leseverständnisses von Schülern der vierten Jahrgangsstufe TIMSS-Studie (Trends in International Mathematics and Science Study) (seit 1995) in Mathematik und Naturwissenschaft in Grundschule, Sek I und Sek II VERA (VERgleichsArbeiten) (seit 2004) Lernstandserhebung in Klasse 3 und 8 in allen Bundesländern

Der Begriff der Kompetenz bei PISA PISA in der gesellschaftlichen Diskussion  



Die PISA-Studie hat in der Öffentlichkeit hohe Bekanntschaft erreicht 2001: erste Veröffentlichung der Ergebnisse (,,PISA 2000‘‘)  ,,PISA-Schock‘‘ o Bei vielen deutschen Schülerinnen und Schülern wurden relativ schwache Leistungen festgestellt o In der Politik sorgt dies für Debatten über die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungswesen o Auch in der Erziehungswissenschaft wurden durch PISA lebhafte Kontroversen ausgelöst Im Folgenden: Einblick in das Forschungskonzept und einige Ergebnisse von PISA 2000

Grundlegendes zur PISA-Studie     

,,PISA‘‘ = ,,Programme for International Student Assessment‘‘ PISA wird von der OECD durchgeführt und von allen OECD-Mitgliedstaaten verantwortet PISA wird von nationalen Forschungsgruppen durchgeführt PISA erfasst die Leistungen (,,Kompetenzen‘‘) von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern Die Leistungsmessung erfolgt zyklisch alle drei Jahre

 Stärken und Schwächen von schulischen Systemen sollen regelmäßig erfasst und Verbesserungsbedarf soll aufgezeigt werden

Das Konzept der zyklischen Forschung 

Die Kompetenzen werden durch PISA zyklisch erfasst: Alle 3 Jahre eine neue Erhebung mit wechselnden Schwerpunkten

Pisa als internationale und nationale Studie 

,,PISA‘‘ internationale Vergleichsstudie - 32 Staaten nahmen im Jahr 2000 teil - ca. 180.000 Schülerinnen und Schüler weltweit - aus jedem Staat eine repräsentative Stichprobe - Deutschland: ca. 5.000 Schülerinnen und Schüler an 219 Schulen



,,PISA-E‘‘: Nationale Zusatzstudie in Deutschland - ca. 50.000 Schülerinnen und Schüler aus 1.466 Schulen  vergleichende Aussagen über die Bundesländer und Schulformen

Zur Erhebung  

Hauptuntersuchung: Frühsommer 2000: zwei Testtage mit Erhebungen von ca. 3 Stunden Erhebungsinstrumente: Testaufgaben, Schülerfragebogen, Elternfragebogen, Schulfragebogen

 Auf diese Weise sollen Zusammenhänge hergestellt werden zwischen o Den Leistungen der Jugendlichen o Und Merkmale der Jugendlichen und der Schulen

Der Kompetenzbegriff und seine Operationalisierung

Kompetenzen als Untersuchungsgegenstand von PISA:    

Lesekompetenz (Reading Literacy) Mathematische Grundbildung (Mathematical Literacy) Naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) Fachübergreifende Kompetenzen (Cross-Curricular Competencies)

 Theoretische Grundlage: Angelsächsisches Literacy-Konzept: Anwendung erworbener Fähigkeiten in authentischen Situationen (funktionales Verständnis)

Der Begriff der Lesekompetenz in PISA 2000: 

Definition:

Lesekompetenz wird für die Leistungsmessung in drei Aspekte differenziert: - ,,Informationen ermitteln‘‘ - ,,Textbezogenes interpretieren‘‘ - ,,Reflektieren und Bewerten‘‘  Drei ,,Subskalen‘‘: für jeden einzelnen Aspekt wird der Leistungsstand der 15-Jährigen erhoben 

Kompetenzstufen: 

Um Leistungsverschiedenheiten zwischen den Schülerinnen und Schülern differenzieren zu können, werden fünf Kompetenzstufen unterschieden:

 Es wurden Testaufgaben entwickelt, deren Schwierigkeitsgrad den Kompetenzstufen zuzuordnen sind  Gleichzeitig sollen mit den Aufgaben die drei Subskalen getestet werden  Testaufgaben: 11 Units mit insgesamt 46 Unterfragen

Ergebnisse  

Desto höher die Kompetenzstufe, umso niedriger die Anzahl an Schülern, die die Aufgabe lösen konnten Nicht nur Schüler mit Migrationshintergrund gehören zur Risikogruppe

Risiko Schülerinnen und -Schüler im Lesen 

Ausgangspunkt: in Deutschland erreichen fast 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht die Kompetenzstufe I:

 „Risikogruppe“  Frage: welche Merkmale kennzeichnen die Schülerinnen und Schüler aus der Risikogruppe?

Zusammenfassung und Fazit  





Die Erkenntnisse der empirischen Bildungsforschung werden - wie bei PISA – oft mit Zahlen, Tabellen, Diagrammen etc. präsentiert Zur Entwicklung der PISA-Ergebnisse: - Lesekompetenz: deutsche Schülerinnen und Schüler haben sich stetig verbessert, liegen seit 2012 über dem OECD-Mittelwert - Mathematische und Naturwissenschaftliche Kompetenzen: ebenfalls deutliche Steigerung der Leistungen über die Jahre Veränderungen an Schulen seit PISA 2000 (Beispiele): - massiver Ausbau der schulischen Ganztagsbetreuung - veränderter Umgang mit standardisierten Leistungstests

Kritische Frage: Wird im Kompetenzbegriff das Bildungsverständnis verengt?...


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