Übersicht: Erzähltextanalyse - Zeit, Modus, Stimme PDF

Title Übersicht: Erzähltextanalyse - Zeit, Modus, Stimme
Author Alexandra Pfeiffer
Course Einführung in die neuere deutsche Literaturwissenschaft
Institution Universität zu Köln
Pages 4
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(Online-)Sommersemester 2020...


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Lernzettel - Erzähltextanalyse

SS 2020

Erzähltextanalyse: Worum geht es? • um einen wissenschaftlichen Blick auf literarische Texte! • um eine formale Analyse von Erzähltexten! • darum, alle Details in den Blick zu nehmen bzw. zumindest in den Blick nehmen zu können, • also auch darum, verschiedene Kategorien für literarische Phänomene zu entwickeln und anzuwenden • und darum, durch diese Kategorien einen geschärften Blick für mögliche Besonderheiten eines Textes zu bekommen • darum, die Merkmale eines Textes im ersten Schritt zu benennen, sie im zweiten Schritt aber auch in ihrer Wirkung zu betrachten und zu interpretieren • Jede Geschichte lässt sich auf verschiedene Weisen erzählen – wir analysieren also, welchen Effekt und welche Bedeutung die Entscheidung gerade für die vorliegende Art und Weise der Erzählung hat!: „Jede Geschichte lässt sich auf verschiedene Weisen erzählen.“ (Martínez/Scheffel 2016., 29) • Dem „Wie“ einer Erzählung, der Frage, wie eine Erzählung erzählt wird, widmet sich die Erzähltextanalyse. Narratologie = Erzähltheorie • = Erzählforschung, Erzähltheorie, die einen „Werkzeugkasten“ für die Erzähltextanalyse entwirft • Grundlegend strukturalistisch (mit späteren Weiterentwicklungen): es wird auf alle StrukturDetails des Textes geachtet (nicht nur auf das, was auf den ersten Blick auffällig oder interpretationsbedürftig erscheint) • Einflussreich: u.a. Gérard Genette („Die Erzählung“) • Zusammenfassung bei Matías Martínez und Michael Scheffel: Discours vs. histoire • Unterscheidung analog zu signifiant und signifié (Saussure), also: Bezeichnendes und Bezeichnetes • Discours als die formale Seite der Erzählung, also der reine Text: wie wird erzählt? • Histoire als die inhaltliche Seite der Erzählung, also die Handlung: was wird erzählt? Erzähltextanalyse. Überblick • Strukturanalyse von Erzähltexten: grundsätzliche Unterscheidung von Discours vs. Histoire • Analyse von drei Hauptaspekten von Erzähltexten: • Zeit • Modus • Stimme

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Grundkategorien „Zeit“: a) Reihenfolge: In welcher Reihenfolge? Es wird nicht immer chronologisch erzählt. Wir müssen also fragen:  Chronologie  oder Anachronie: o Rückwendung (Analepse) oder o Vorausdeutung (Prolepse); auch zu betrachten: o Reichweite (zeitlicher Abstand) des Einschubs o Umfang des Einschubs (Dauer der eingeschobenen Geschichte) des Einschubs, o intern oder extern? o Vorausdeutung: zukunftsgewiss oder zukunftsungewiss b) Dauer: Wie lange?  zeitdeckendes Erzählen/szenisches Erzählen (Übereinstimmung von erzählter Zeit und Erzählzeit, z.B. bei Figurendialogen) oder  andere Variationen (meistens der Fall): o zeitraffendes/summarisches Erzählen o Zeitsprung/Ellipse (explizit oder implizit) o zeitdehnendes Erzählen („Zeitlupe“) o Pause  narrativer Grundrhythmus häufig als Wechsel aus szenischem und raffendem Erzählen; szenische Passagen stechen dass als besondere Begebenheiten heraus c) Frequenz: Wie oft?  Grundsätzliche Möglichkeiten: einmaliges Ereignis wird einmal oder wiederholt erzählt, ein wiederholtes Ereignis wird einmal oder wiederholt erzählt: o singulativ (eins zu eins) o repetitiv (wiederholt erzählen, was sich einmal ereignet hat) o iterativ (einmal erzählen, was sich wiederholt ereignet hat) Grundkategorie „Modus“: a) Distanz  Modus; es geht um die Distanz zum Erzählen; wie mittelbar wird das Erzählte präsentiert, Frage nach Nähe und Abstand  Grundsätzlich:  Narrativer Modus = mit Abstand erzählt (berichtend) DISTANZIERT  Dramatischer Modus = (scheinbar) unmittelbar erzählt (szenisch) NAH  Erzählung von Worten/Gedanken vs. Erzählung von Ereignissen o Nichtsprachliches wird in Sprachliches umgesetzt, wie beurteilt man also die Mittelbarkeit oder Unmittelbarkeit? o z.B. Abstand vom Geschehen durch Raffungen, o Nähe durch viele Details der Figurenwahrnehmung, langsames Erzähltempo, wenige Reflexionen/Einmischungen der Erzählinstanz; „Realitätseffekt“  Darstellung von Worten: o Zitiert: autonome direkte Figurenrede, direkte Figurenrede (dramatisch) o Transponiert: Erlebte Rede, Indirekte Rede o Erzählt: Raffende Erzählung mit Inhalt/ohne Inhalt (narrativ)  Darstellung von Gedanken: o Zitiert: Bewusstseinsstrom, autonomer innerer Monolog, zitierter innerer Monolog (dramatisch) o Transponiert: erlebte (Gedanken-)Rede, indirekte (Gedanken-)Rede o erzählt: Bewusstseinsbericht (narrativ)

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b)    

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Fokalisierung Grundsätzlich: Blickwinkel der Erzählung, Frage nach dem Standpunkt, aus dem das Erzählte vermittelt wird; Unterscheidung zwischen Wahrnehmung (wer sieht?) und Erzählen (Wer spricht? vgl. Stimme) Fokalisierung: Aus welcher Sicht wird erzählt? (Also: Wer sieht?) 1. Nullfokalisierung; Erzähler weiß/sieht mehr als die Figure(en) = Übersicht (auktorial) 2. interne Fokalisierung; Erzähler weiß/sieht etwa so viel wie die Figur = Mitsicht; entweder fixiert oder variabel oder multipel 3. externe Fokalisierung; Erzähler weiß/sieht weniger als die Figur = Außensicht (neutral) • multiperspektivisches Erzählen: variable und multiple interne Fokalisierungen •

Fokalisierungstypen können innerhalb einer Erzählung wechseln.

Grundkategorie „Stimme“:  Zeitpunkt des Erzählens o Es geht um das Verhältnis zwischen dem Zeitpunkt des Erzählens und dem des Erzählten o Späteres Erzählen (Regelfall; meist Präteritum als nicht genauer datierte Vergangenheit) o Gleichzeitiges Erzählen (Koinzidenz von Erzähltem und Erzählen) o Früheres Erzählen (prophezeite Erzählung) o Eingeschobenes Erzählen (Typen des Erzählens mischen sich)  Ort des Erzählens o Ort des Erzählens – Auf welcher Ebene wird erzählt? o Extradiegetisch o Intradiegetisch o Metadiegetisch o metametadiegetisch usw. o Art der Verknüpfung der Binnen- und Rahmenerzählung (additiv? korrelativ? kausal? o Metalepse? (wenn Grenze zwischen Ebenen/‘Welten‘ überschritten wird, z.B. Tintenherz)  Stellung des Erzählers zum erzählten Geschehen o Stellung des Erzählers zum erzählten Geschehen – in welchem Maße ist der Erzähler am Geschehen beteiligt? o als Figur beteiligt: homodiegetisch (in verschiedenen Abstufungen; als Hauptfigur: autodiegetisch) o nicht als Figur beteiligt: heterodiegetisch o fiktionale Texte: Nichtidentität von Autor und Erzähler! (faktuale Texte: Autor und Erzähler können übereinstimmen, z.B. Autobiographie)  Subjekt und Adressat des Erzählens o Subjekt und Adressat des Erzählens – Wer erzählt wem? o hier ist zu unterscheiden zwischen intradiegetischem und extradiegetischem Erzählen: o intradiegetisches Erzählen: Erzählsituation ist Teil der Geschichte, muss also konkret gestaltet werden o extradiegetisches Erzählen: imaginäre Kommunikationssituation; Position des Sprechers und des Hörers der Erzählrede können sehr differenziert gestaltet werden oder sehr unbestimmt bleiben o Wird das Erzählen/die Erzählsituation thematisiert oder reflektiert? o Wird ein Adressat entworfen? Wird ein Leser angesprochen?

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