Biwi 6-Zusammenfassung (komplettes Buch Hesse Latzko) PDF

Title Biwi 6-Zusammenfassung (komplettes Buch Hesse Latzko)
Author Stefanie Kieselstein
Course Diagnostik, Förderung, Beratung
Institution Universität Leipzig
Pages 46
File Size 890 KB
File Type PDF
Total Downloads 76
Total Views 140

Summary

Diagnostik, Förderung, Beratung für Lehrkräfte...


Description

Hesse/Latzko: Diagnostik für Lehrkräfte – Zusammenfassung Teil I: Renaissance der pädagogisch-psychologischen Diagnostik im Lehrerberuf oder Warum brauchen Lehrkräfte diagnostische Kompetenzen? 1.1 Situation nach PISA und die schulpolitischen Schlussfolgerungen  



        

Marginales Ergebnis in der PISA-Studie Im Ergebnis wurden knapp 90% der SuS an Hauptschulen, deren PISA-Testergebnis noch unter Kompetenzstufe 1 lag, nicht als schwache Leser durch Lehrkräfte identifiziert  Frage nach Professionalität der Lehrerurteile Hattie-Studie („What works best?“) zeigt, o dass flexibles, theoriegeleitetes und evidenzbasiertes Lehrerhandeln für den Lernerfolg der SuS relevant ist o dass professionelle und sachgemäße Diagnostik für Erreichen kontinuierlicher Lernfortschritte im Unterricht und für gezielte und effiziente Förderung unverzichtbar ist KMK beschloss ein Maßnahmepaket zur Weiterentwicklung und Optimierung des deutschen Bildungssystems Umsetzung auf zwei Ebenen: Entwicklung von Instrumenten der Leistungsdiagnose; Optimierung der Lehreraus- und Fortbildung Fokus bei Optimierung der Professionalität der Lehrkräfte liegt auf Weiterentwicklung ihrer methodischen und diagnostischen Kompetenzen Bereits 1970 gelangte der Deutsche Bildungsrat zu ähnlicher Einschätzung der diagnostischen Qualifikationen von Lehrkräften wie KMK In den ersten Jahren konnte systematisches Bemühen um eine Verbesserung der diagnostischen Kompetenzen von Lehrkräften aufgezeigt werden Nach 1975 hat sich Situation verschlechtert Seit PISA-Schock ist Renaissance der Diagnostik in vollem Gange Ergebnisse der PISA-Erhebung 2003 zeigen deutliche Fortschritte in Deutschland vor allem in der Förderung leistungsschwächerer SuS Außerdem Leistungsanstieg der Leistungsschwachen zwischen 2003 und 2009

Definition „pädagogische Diagnostik“ (Ingenkamp 1991): „...umfasst alle diagnostischen Tätigkeiten, durch die Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr-Lernprozesse ermittelt, analysiert und Lernprozesse und Lernergebnisse festgestellt werden, um individuellen Lernen zu optimieren. Zur pädagogischen Diagnostik gehören ferner die diagnostischen Tätigkeiten, die die Zuweisung zu Lerngruppen oder zu individuellen Förderprogrammen ermöglichen sowie den Besuch weiterer Bildungswege oder die vom Bildungswesen zu erteilenden Berechtigungen für Berufsausübungen zum Ziel haben. Unter diagnostischer Tätigkeit wird dabei ein Vorgehen verstanden, in dem unter Beachtung wissenschaftlicher Gütekriterien beobachtet und befragt wird, die Beobachtungsund Befragungsergebnisse interpretiert und mitgeteilt werden, um ein Verhalten zu beschreiben und/oder Gründe für dieses Verhalten zu erläutern und/oder künftiges Verhalten vorherzusagen.“

1.2 Optimierung der Lehrerbildung durch zentrale Standards 1.2.1 Standards für die Diagnostikausbildung 

 

Fokus auf Präzisierung von Handlungsfeldern bzw. strategischen Zielen für allgemeinbildende Schulen (z.B. Förderprogramme für lernschwache Kinder, konstruktiver Umgang mit Heterogenität etc.) Von KMK Standards für Lehrerbildung formuliert und präzisiert und Anforderungen an die Professionalität von LuL definiert Hierfür der dritte Standard von Bedeutung: „LuL üben ihre Beurteilungs- und Beratungsaufgabe im Unterricht und bei der Vergabe von Berechtigungen für Ausbildungs- und Berufswege kompetent, gerecht und verantwortungsbewusst aus. Dafür sind hohe pädagogisch-psychologische und diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften erforderlich.“

1.2.2 Was ist das Besondere an der Vorgabe von Standards für die Lehrerbildung durch die KMK? 

  

Verbindliche Orientierungsgrundlage für Curricula und Studienordnungen innerhalb der Fachdisziplinen der Bildungswissenschaften an den Universitäten und Hochschulen Zentrale Festlegung, was zukünftige LuL schulformübergreifend nach ihrer Ausbildung wissen und können sollen Ermöglichen eines systematischen, vernetzenden Lernens Formulierte Standards sind „outcome“ orientiert, d.h. sie beschreiben, sagen aber nichts über die Gestaltung der Lehrveranstaltungen

1.2.3 Umsetzung der Standards am Beispiel des Modells von Oser   

  

Im Ansatz von Oser wird konkreter Weg aufgezeigt, wie die Standards der KMK umgesetzt werden können Vier Aspekte, die die Qualität der Standards bestimmen Dabei handelt es sich um „Fähigkeiten, die theoretisch fundiert sind, hinsichtlich derer es Grundlagenforschung gibt, die kriteriell evaluierbar sind und die auf einer gelebten Praxis beruhen“ Fehlt einer dieser vier Aspekte spricht Oser von defizitärem Wissen, das den Anforderungen an ein verantwortliches Lehrerhandelns nicht gerecht wird Insgesamt 88 Standards in zwölf verschiedenen Standardgruppen Exemplarisch für Erklärungszusammenhang der Ausbildung diagnostischer Kompetenzen sind zwei Standardgruppen:

Schüler unterstützende Beobachtung (Diagnose) und Schüler unterstützendes Handeln (Intervention) o Leistungsmessung Vorteil der von Oser beschriebenen Standards: o auch Erfassung wichtiger Kompetenzbereiche für erfolgreiche Berufstätigkeit o detaillierte und konkretisierte Operationalisierbarkeit o im Vergleich zu Standards der KMK wurden die von Oser auf ihre Relevanz und Wirksamkeit in der Schweizer Lehrerausbildung empirisch geprüft o



1.3 Das Konstrukt der diagnostischen Kompetenz – Wie genau und gut können oder sollten Lehrkräfte diagnostizieren? 1.3.1 Zum Begriff der diagnostischen Kompetenz 









 

„...die Fähigkeit eines Urteilers, Personen zutreffend zu beurteilen. Sie ist damit Grundlage für die Genauigkeit diagnostischer Urteile oder Diagnosen.“ (Schrader 2010) Solche Diagnosen repräsentieren explizite Aussagen über Zustände, Prozesse und Merkmale von Personen, die in einem reflektierten und methodisch kontrollierten diagnostischen Prozess gewonnen werden Bei Lehrkräften und Eltern meist „implizite subjektive Urteile, Einschätzungen und Erwartungen, die eher beiläufig und unsystematisch im Rahmen des alltäglichen erzieherischen Handelns gewonnen werden“ (Schrader 2010) Zweistufiges diagnostisches Vorgehen (Weinert, Schrader 1986): o Subjektive, pädagogisch fruchtbare, handlungsleitende Lehrerdiagnosen o Objektive, auf Ergebnissen standardisierter Verfahren beruhende, erkenntnisleitende Urteile Diagnostische Expertise „beinhaltet sowohl methodisches und prozedurales Wissen als auch konzeptuellen Wissen und darüber hinaus noch ein hohes Niveau an zutreffender Orientiertheit“ (Helmke 2007) Lehrerexpertiseforschung verdeutlicht keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Merkmalen der Berufserfahrung und der Diagnosekompetenz von Lehrern Solide diagnostische Kompetenz oder Expertise setzt systematischen und angeleiteten Erwerb sowohl diagnostischen Wissens und Könnens als auch pädagogisch-psychologischen Wissens über das Lehren und Lernen voraus

1.3.2 Ebenen diagnostischer Anforderungen an Lehrkräfte

  

Funktion des Diagnostizierens von Lehrkräften besteht im permanenten Gewinn von diagnostischen Informationen Ohne permanente Informationssammlung könnte Lehrkraft nicht pädagogisch handeln Langfeldt klassifiziert pädagogische Situationen, in denen diagnostische Kompetenzen notwendig sind, auf drei Ebenen: o Individuelle Ebene  LuL sollen beurteilen, ob Schwierigkeitsgrad von Aufgaben den Leistungsmöglichkeiten eines Schülers entspricht, wie viel Zeit dieser braucht oder wie ein S reagiert, wenn er zur Leistungskontrolle vor die Klasse gerufen wird  LuL müssen individuelle Lernvoraussetzungen von SuS beurteilen können, um die entsprechend und angemessen fördern und fordern zu können o Klassenebene  LuL müssen in der Lage sein, interindividuelle Unterschiede der SuS zu erkennen, um z.B. für ein effizientes kooperatives Lernen funktionale Gruppen zusammenzustellen und Lehrmethoden dem Niveau der Klasse anpassen zu können o Institutionelle Ebene  LuL müssen fähig sein, faire und objektive Zeugnisse und Leistungsberichte zu erstellen, möglichst fehlerfreie Bildungsempfehlungen zu erteilen und Kurswahlen oder Förderkursbeteiligungen von SuS optimal zu steuern

1.3.3 Dimensionen diagnostischer Urteile (nach Helmke) 



 



Personenmerkmale vs. Aufgabenmerkmale o Diagnostik von Schüler- und Personenmerkmalen umfasst solche lern- und leistungsrelevanten Merkmale wie Intelligenz, spezielle Begabungen, Vorwissen, Fähigkeitsselbstkonzept, Lernmotivation, Interesse u.a. o Diagnostik der Aufgabenmerkmale bezieht sich auf Einschätzungen von Schwierigkeitsgraden bestimmter Aufgabenbatterien und auf die Feststellung typischer Fehler besonderer Fehlermuster bei der Aufgabenlösung Fachlicher vs. überfachlicher Bezug o Fachlich: Diagnose von Lernergebnissen bei bereichsspezifischen Kompetenzen (Lesekompetenz, Rechenkompetenz etc.) o Überfachlich: Erfassung bereichsübergreifender Kompetenzen bzw. Schlüsselqualifikationen (Problemlösestrategien, Verfügbarkeit allgemeiner Lernstrategien etc.) Individuum vs. Klasse Status vs. Potenzial o Diagnose des Status zur adaptiven Gestaltung von Unterricht o Diagnose des Leistungspotenzials als entscheidende Voraussetzung, um Lern- und Entwicklungsfortschritte gewährleisten zu können Bezugsnorm des diagnostischen Urteils o Lehrerurteile sollen nicht nur genau, sondern pädagogisch förderlich sein o Bestimmung des Lernfortschritts eines Schülers oder sein Rangplatz in Bezug auf eine Vergleichsgruppe oder Ausprägungsgrad von Lernzielen

1.3.4 Qualität diagnostischer Urteile (vier Gütemerkmale nach Weinert und Schrader):

(1) Urteile brauchen nicht besonders genau zu sein, wenn Lehrkräfte dafür sensibel bleiben und gewisse Vorsichtigkeit walten lassen, dass ihre Urteile ebenso ungenau, vorläufig und revisionsbedürftig sind. (2) Wichtig ist bei ungefährer Diagnose, dass die Lehrkraft im Verlauf des Unterrichts diese permanent überprüft, damit ihr nicht entgeht, wenn sich das Verhalten, das Wissen oder die Aufmerksamkeit der Schüler erwartungswidrig verändern und sie dann angemessen daraus reagieren kann. (3) Lehrerdiagnosen müssen verschiedene Maßstäbe berücksichtigen. Neben sozialnormorientierten (d.h. im Kontext Schule vorwiegend schulklassenbezogen) sowie kriterien- bzw. lernzielorientierten Bezugssystemen hat sich die Verwendung eines individuumszentrierten Maßstabs als pädagogisch fruchtbar erwiesen. Der Lehrer registriert und bewertet hier die Leistungen eines Schülers auf Grundlage der früher erzielten Lernergebnisse und der durch erkennbaren Leistungsveränderung. (4) Lehrerdiagnosen im Unterricht werden nicht immer durch neutrale Objektivität, sondern häufig auch durch eine pädagogisch günstige Voreingenommenheit getragen. 1.4 Empirische Befunde zur diagnostischen Kompetenz von Lehrkräften 1.4.1 Genauigkeit von Lehrerurteilen bezogen auf die Leistungen von Schülern 

 

forschungsdiagnostisches Vorgehen: Lehrkräfte sagen Leistungen der Schüler in einem Test vorher; Schüler führen Test durch; Lehrerurteile und tatsächliche Schülerleistung werden hinsichtlich der Übereinstimmung geprüft in neueren Arbeiten wird Urteilsgenauigkeit der Schülerleistungen differenzierter fachund inhaltsbezogen untersucht Lorenz und Artelt zeigen, dass Urteilsgenauigkeit dieser Lehrer bezogen auf ausgewählte Aspekte der Deutsch- und Mathematikkompetenz stark fachbezogen und weniger fachübergreifend ausfallen

1.4.2 Zusammenhang zwischen Urteilsgenauigkeit als Qualität diagnostischer Kompetenz und leistungssteigernden Effekten von Strukturierungshilfen  



Schrader und Helmke (1987) zeigen, dass Genauigkeit der Leistungseinschätzung durch Lehrer die Wirksamkeit bestimmter Unterrichtsverhaltensweisen moderiert es konnten Zusammenhänge zwischen der Qualität der diagnostischen Kompetenz von Lehrkräften und leistungssteigernden Effekten von Strukturierungshilfen im Unterricht nachgewiesen werden o ist diagnostische Kompetenz hoch und werden viele Strukturierungshilfen gegeben, ist das für Lernerfolg optimal o dagegen ist Kopplung von Strukturierungshilfen mit unterdurchschnittlicher diagnostischer Kompetenz ungünstig o fatal, wenn trotz vorhandener diagnostischer Kompetenz keine didaktischen Förder- und Strukturierungsmaßnahmen ergriffen wurden Fazit: es besteht keine lineare Beziehung zwischen der Güte der diagnostischen Kompetenz der Lehrkräfte und den Lernerfolgen der Schüler

1.4.3 Güte des Lehrerurteils bei der Feststellung von Intelligenz und Begabung der Schüler





forschungsmethodisches Vorgehen: Lehrkräfte sollen Intelligenz oder Begabung der Schüler beurteilen; Lehrerurteile werden mit Intelligenztestwerten der Schüler verglichen Ergebnisse stimmen mit Auffassung überein, dass Lehrkräfte in erster Linie Leistungsdiagnostiker sind, die intellektuelle Begabung nur grob und im Rahmen der Auswirkungen auf die Schulleistungen beurteilen können (Schrader 2001)

1.4.4 Zusammenhang der Genauigkeit der Intelligenzbeurteilung durch Lehrkräfte in Abhängigkeit der Kontextvariable Klassengröße  

Wild und Rost zeigen, dass Genauigkeit der individuellen Beurteilung nicht von Klassengröße abhängt da untersuchte Schülerstichproben und die damit korrespondierenden Lehrerstichproben sehr groß sind, kann von Unabhängigkeit von Klassengröße und Beurteilungsgenauigkeit ausgegangen werden

1.4.5 Urteilsgenauigkeit der Lehrkräfte bei nicht kognitiven Persönlichkeitsmerkmalen der Schüler  

forschungsmethodisches Vorgehen: Lehrkräfte sollen betreffende Schülermerkmale beurteilen; Lehrerbeurteilung wird mit Selbstauskünften der Schüler verglichen Befunde offenbaren nur schwache Zusammenhänge zwischen Lehrerurteilen und Selbsteinschätzung der Schüler

1.4.6 Urteilsgenauigkeit von Mathematiklehrern bezüglich ausgewählter Schüler- und Aufgabenmerkmale nach gehaltenem Unterricht     

  

   

Schulstudie SALVE: Untersuchung der unterrichtlichen und individuellen Bedingungen der Lern- und Motivationsentwicklung bei Schülern der 5. und 6. Klasse SALVE = systematische Analyse des Lernverhaltens und des Verständnisses in Mathematik: Entwicklungstrends und Fördermöglichkeiten Studie umfasst 654 Schüler aus 30 fünften Klassen unterschiedlicher Schularten Lehrerstichproben aus 27 Lehrkräften, die relativ gleich auf einzelne Schulformen verteilt sind konkrete Fragestellung von SALVE (Hosenfeld et al., 2002): Wie gut sind die Lehrkräfte über das Vorwissen, die Freude an Mathematik, das Verständnis, die Aufmerksamkeit und die Unter- bzw. Überforderung der Schüler ihrer Klasse im Bilde bzw. wie genau stimmen ihre Einschätzungen mit den Schülerangaben bzw. -leistungen überein? Methode: Mathematiktests, Schüler- und Lehrerfragebogen und Videografieren von Mathematikstunden Ergebnisse zeigen, dass Urteile von Lehrkräften und Schülern nicht immer übereinstimmen Einschätzung der Aufgabenschwierigkeit beim eingesetzten Mathematiktest zeigt, dass Lehrkräfte bei 58,7% ihrer Schüler davon ausgehen, dass diese die 12 zu beurteilenden Aufgaben lösen können empirische Lösungshäufigkeit der Klassen liegt unter den Schätzungen der Lehrkräfte im Durchschnitt überschätzen Lehrkräfte ihre Klassen um 18% bezüglich der Aufgabenlösung (Maximum bei 45,5%) Untersuchung macht deutlich, dass Lehrkräfte die Aufmerksamkeit ihrer Schüler unterschätzen bezogen auf Verständnis des Stoffs im Unterricht unterschätzen Lehrkräfte ihre Schüler ebenfalls



Befunde machen deutlich, dass Lehrer die Lösungspotenzen der Schüler bei Testaufgaben relativ gut vorhersagen können bzw. überschätzen, jedoch Aufmerksamkeit, situatives Interesse und Verständnis der Schüler im Unterricht im Vergleich zu den Selbstauskünften der Schüler unterschätzen

1.4.7 Urteilsgenauigkeit von Grundschullehrern bei lern- und leistungsrelevanten Schülermerkmalen  

 

Studie von Spinath (2005) bei Beschreibung der Genauigkeit der diagnostischen Urteile greift Spinath auf Unterscheidung von drei unabhängigen Komponenten nach Schrader und Helmke zurück: Niveaukomponente, Streuungskomponente, Rangordnungs- oder Korrelationskomponente als lern- und leistungsrelevante Schülermerkmale werden Intelligenz, Fähigkeitsselbstwahrnehmung, Lernmotivation und Leistungsängstlichkeit untersucht Ergebnisse der Studie: o bei Niveaukomponente zeigte sich für Einschätzung des Fähigkeitsselbstkonzeptes und Lernmotivation eine durchschnittliche Tendenz zur Unterschätzung dieser Schülermerkmale o Leistungsängstlichkeit wurde überschätzt o Werte der Differenzierungskomponente (Streuungskomponente) zeigen, dass Lehrkräfte im Durchschnitt dazu neigen, die Streuung des Intelligenzquotienten und der Leistungsängstlichkeit zu unterschätzen, während Streuung des Fähigkeitsselbstkonzepts und der Lernmotivation überschätzt wurde  Lehrkräfte sind besser in der Lage eine differenzierte Abstufung unter ihren Schülern bezüglich der intellektuellen Fähigkeiten und der Fähigkeitsselbstwahrnehmung vorzunehmen, als sie das bezogen auf Lernmotivation und Ängstlichkeit vermögen

1.5 Systematische Beeinflussungstendenzen im Lehrerurteil: Urteilstendenzen, Urteilsvoreingenommenheit, Urteilsfehler 1.5.1 Konstrukte als Beurteilungsbegriffe  

 



im Prozess der Beobachtung von Schülerverhalten benutzen Lehrkräfte zur Reduktion der Informationen oft psychologische Konstrukte Konstrukte sind in Psychologie angenommene, meist theoretisch modellierte (Erklärungs-)Konstruktionen von nicht direkt erfassbaren Merkmalen, die zur Erklärung bestimmter Verhaltensweisen herangezogen werden ein äußerst plausibles theoretisches Rahmenmodell für Erklärung von Urteilsfehlern bzw. reduzierter Urteilsgenauigkeit ist das „Linsenmodell“ von Brunswik (1956) Brunswik beschreibt Beurteilungsvorgang als doppelt konvexe Linse, bei der einerseits das distale (ferne) Merkmal (Konstrukt) und andererseits die BeobachterBeurteiler-Instanz angeordnet ist

Erklärung: o je theorierelevanter die kognitive Strukturierung des psychologischen Wissens einer Lehrkraft, desto eher wird sie proximale Merkmale, die Grundlage der

o

o

Beobachtung sind und die zur Beurteilung des distalen Merkmales verwendet wird, bewusst reflektieren können  möglicher Theoriebezug und explizite Reflexion lassen Urteil valider ausfallen je geringer kognitive Strukturierung der psychologischen Kompetenz, desto häufiger greift Lehrkraft unreflektiert auf implizite Persönlichkeitstheorien zurück  Lehrkraft urteil intuitiv je weniger valide die Glieder einer proximalen Merkmals-Linse, desto weniger richtig ist ein Urteil über das betreffende Konstrukt

Abbildung einfügen!



Fazit: Lehrkräfte brauchen für Beurteilung von Schülermerkmalen, -leistungen und -verhalten nicht nur diagnostische Kompetenzen, sondern vor allem eine solide theoretische Wissensbasis in pädagogischer Psychologie, damit die Ausrichtung ihrer Beurteilungs-Linse durch adäquate und valide Glieder der proximalen Merkmale gesichert wird

1.5.2 Implizite Persönlichkeitstheorien von Lehrkräften Hofer (1986) gliedert vier allgemeine Dimensionen, wonach Lehrkräfte die Beurteilung von Schülern strukturieren:    

intellektuelle Ausstattung des Schülers, seine rechnerische, sprachliche und praktische Begabung Motivation (Fleiß, Ehrgeiz, Interesse) soziales Verhalten (Geselligkeit, Benehmen, Dominanz) emotionale Stabilität/Labilität (Ängstlichkeit, Verschlossenheit)

1.5.3 Erwartungen von Lehrkräften: Pygmalioneffekt im Klassenzimmer 





 

  

spezifische Erwartungen von Lehrkräften wirken als handlungsleitende Kognitionen häufig unreflektiert und beeinflussen dennoch damit Urteile und Verhalten entscheidend Pygmalioneffekt stellt bereichsspezifische Variante „der sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ dar, d.h. eine Erwartung, die ihr Eintreten selbs...


Similar Free PDFs