Fall 1 - Lösungsskizze PDF

Title Fall 1 - Lösungsskizze
Course Rechtswissenschaften
Institution Universität Greifswald
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Öffentliches Recht (Anfänger)...


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Vorlesungsbegleitendes Kolloquium zur Vorlesung „Grundrechte“

Mitarbeiter der Lehrstühle für Öffentliches Recht Universität Greifswald, Wintersemester 2016/2017

Lösungsskizze zu Fall 1: „Verbotene Spontandemonstration“ A. Verletzung von Art. 8 I GG (+) wenn § 14 I VersG ohne verfassungsrechtl. Rechtfertigung in den Schutzbereich eingreift I. Schutzbereich 1. Persönlicher Schutzbereich „alle Deutschen“  lt. SV (+): D ist Deutsche (außerdem Legaldefinition Art. 116 I GG) 2. Sachlicher Schutzbereich a) Versammlung = aus mehreren bestehende Gruppe, die durch ihr Zusammentreffen gemeinsamen Zweck verfolgt, der sie innerlich verbindet aa) Zusammenkunft von Personenmehrheit Mindestanzahl (str.)  teilweise 2, 3 oder sogar 7 hier: 2000 Personen  Personenmehrheit (+), Streit kann offen bleiben bb) Gemeinsame Zweckverfolgung (str.) e.A.: jeder gemeinsamer Zweck genügt, sog. weiter Versammlungsbegriff  innere Verbundenheit reicht

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium zur Vorlesung „Grundrechte“

Mitarbeiter der Lehrstühle für Öffentliches Recht Universität Greifswald, Wintersemester 2016/2017

a.A.: gemeinsame Meinungsbildung und -äußerung erforderlich, aber auch in privater Angelegenheit ausreichend, sog. erweiterter VersBegriff a.A.: gemeinsame Meinungsbildung und -äußerung, in öffentlicher Angelegenheit, sog. enger VersBegriff (Rspr.) hier: Diskussion über Konflikt in Syrien und Irak nach allen Ansichten (+) b) Friedlich und ohne Waffen aa) Friedlich = kein gewalttätiger od. aufrührerischer Verlauf hier: zwar Gruppe von Randalierern, entscheidend ist aber der Gesamteindruck – Mehrzahl friedlich bb) Ohne Waffen = neben Waffen i.S.d. WaffG auch gefährliche Werkzeuge, wenn zum Zwecke des Einsatzes mitgeführt (str.) hier: Schutzschilde ≠ Waffen 3. ZE Schutzbereich eröffnet II. Eingriff = jede Beeinträchtigung des Schutzbereichs eines Grundrechts durch staatliches Handeln (weiter Eingriffsbegriff) hier: gesetzliches Anmeldegebot von 48 h

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium zur Vorlesung „Grundrechte“

Mitarbeiter der Lehrstühle für Öffentliches Recht Universität Greifswald, Wintersemester 2016/2017

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Eingriff nur verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn § 14 I VersG den Schrankenanforderungen gerecht wird. 1. Einschränkbarkeit des Grundrechts Versammlung im Freien od. in geschlossenen Räumen? hier: im Freien  Art. 8 II GG  einfacher Gesetzesvorbehalt liegt (formelles) Gesetz vor? = jeder Beschluss, der vom jeweiligen Gesetzgebungsorgan (Bundestag / Landtag) im von der Verfassung vorgeschriebenen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde hier: § 14 I VersG ist ein formelles Gesetz 2. formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes lt. SV (+) 3. materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes a )Verhältnismäßigkeit aa) Zweck Präventive Gefahrenabwehr (Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufs) bb) Geeignetheit = Ein Mittel ist geeignet, wenn es den Zweck zumindest irgendwie fördern kann. cc) Erforderlichkeit

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium zur Vorlesung „Grundrechte“

Mitarbeiter der Lehrstühle für Öffentliches Recht Universität Greifswald, Wintersemester 2016/2017

= Ein Mittel ist erforderlich, wenn es kein gleich geeignetes, milderes Mittel gibt. dd) Angemessenheit = Ein Mittel ist angemessen, wenn die Schwere des Grundrechtseingriffs und der mit dem Eingriff verfolgte Zweck in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen hier: unvorsätzliche Nichtanmeldung wegen Zeitmangel, sog. Spontanversammlung eigentlich unangemessen M.M.: verfassungswidrig h.M.: verfassungskonforme Auslegung  i.E. verfassungsgemäß ee) ZE: Verhältnismäßigkeit § 14 I VersG (+) b) verfassungsgemäß i.Ü.: Zitiergebot, Art. 19 I 2 GG – § 20 VersG IV. Ergebnis Eingriff in den Schutzbereich verfassungsrechtlich ge rechtfertigt  keine Verletzung der Versammlungsfreiheit des D durch Anmeldegebot B. Verletzung von Art. 5 I 1 Var. 1 GG grds. können beide Grundrechte parallel zur Anwendung kommen (Anwendungskonkurrenz)

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium zur Vorlesung „Grundrechte“

Mitarbeiter der Lehrstühle für Öffentliches Recht Universität Greifswald, Wintersemester 2016/2017

aber hier richtet sich Anmeldepflicht nicht gegen bestimmte Meinungsäußerung, sondern gegen Versammlung an sich  Art. 8 I GG als spezielleres Grundrecht Vorrang (Spezialität im Einzelfall) C. Verletzung von Art. 2 I GG Subsidiarität? (lex specialis derogat legi generali) Schutzbereich von Art. 8 I GG ist eröffnet; Art. 2 I GG tritt als subsidiär zurück und ist nicht mehr zu prüfen...


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