Fall 4 Lösungsskizze PDF

Title Fall 4 Lösungsskizze
Course Rechtswissenschaften
Institution Universität Greifswald
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Deliktsrecht...


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Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 2017/ 2018

Fall 4: Der verdrehte Kilometerstand

Lösungsskizze

FRAGE 1

A. Mängelbeseitigungsanspruch (Anspruch auf Nachbesserung) des K gegen V aus §§ 437 I Nr. 1, 434 I 1, 439 I, 1. Alt. BGB K könnte gegen V einen Mängelbeseitigungsanspruch aus§ 437 I Nr. 1, 434 I 1, 439 I, 1. Alt. BGB haben.

Hinweis: Nach dem Sachverhaltverlangen die Eltern des K in dessen Namen ausdrücklich „Rückgängigmachung des Vertrags“. Damit wollen sie sich auf jeden Fall vom Vertrag lösen. Dieses Rechtsziel wäre jedoch mit einer Nacherfüllung (Nachbesserung bzw. Nachlieferung) nicht zu erreichen, weshalb diese Ansprüche in einer Klausur mit diesem Sachverhalt nicht zu prüfen wären. Angebracht wäre dort allenfalls ein kurzer Hinweis, warum diese Ansprüche nicht geprüft werden. Aus Wiederholungsund Vertiefungszwecken ist die Prüfung dieser Ansprüche gleichwohl in der vorliegenden Lösungsskizze enthalten.

I. Kaufvertrag

1. Einigung Dann müsste zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen sein. Das setzt voraus, dass Kund V diesbezüglich übereinstimmende Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB) abgegeben haben. Aus dem Sachverhalt lässt sich nicht schließen, wer von beiden das Angebot und wer die Annahme erklärt hat. K und V haben sich aber dennoch über die Kaufsache und den Kaufpreis geeinigt. Sie wussten auch, dass der jeweils andere Vertragspartner werden sollte. Damit sind die essentialia negotii geregelt, V und K haben einen Kaufvertrag abgeschlossen.

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2. Wirksamkeit des Kaufvertrags Fraglich ist jedoch, ob das Rechtsgeschäft wirksam ist.

a. Wirksamer Vertragsschluss ohne Einwilligung der Eltern K ist nach den §§ 2, 106 BGB in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Gem. § 107 BGB braucht er zur Abgabe einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. K konnte den Kaufvertrag demnach nur dann ohne Einwilligung der Eltern abschließen, wenn der Vertrag für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft war. Im Rahmen des§ 107 BGB ist die wirtschaftliche Bewertung des Rechtsgeschäfts unbeachtlich, so dass es nicht darauf ankommt, ob K einen günstigen Kauf getätigt hat. Entscheidend ist allein, ob K durch das Geschäft rechtlich belastet wird, ob er also eine Verpflichtung übernimmt oder einen Rechtsverlust erleidet. Durch den Abschluss eines Kaufvertrags erwirbt der Käufer zwar eine Forderung gegen den Verkäufer, er wird aber auch seinerseits zu einer Leistung verpflichtet. K wäre hier durch einen wirksamen Kaufvertrag zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet worden. Der eigenen Forderung stünde also eine Forderung des Vertragspartners gegenüber. K hat aus diesem Grund nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil aus dem Rechtsgeschäft. Demnach konnte K den Kaufvertrag ohne die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters nicht wirksam abschließen.

b. Wirksamer Vertragsschluss mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters K könnte den Kaufvertrag mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters wirksam abgeschlossen haben. Gesetzliche Vertreter des K sind gem. §§ 1626 I, 1629 I BGB seine Eltern. Eine Einwilligung ist nach der Legaldefinition des § 183 S. 1 BGB bei vorheriger Zustimmung gegeben. Die Eltern des K haben dem Kauf des Mofa vor Abschluss des Kaufvertrags nicht zugestimmt. Demnach ist ein wirksamer Kaufvertrag nicht mit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des K zu Stande gekommen.

c. Wirksamer Kaufvertrag gem. § 110 BGB K könnte den Kaufvertrag gem. § 110 BGB ohne die konkrete Einwilligung seiner Eltern wirksam abgeschlossen haben. Das setzt voraus, dass er die ihm obliegende Leistung, die Kaufpreiszahlung, bereits bewirkt hat und dass er dazu Mittel benutzt hat, die ihm sein gesetzlicher Vertreter zur freien Verfügung überlassen hat. K hat den Kaufpreis bereits in voller Hö-

3 he bezahlt. Fraglich ist, ob ihm seine Eltern die Mittel dazu zur freien Verfügung überlassen haben. Das Geld für den Mofakauf stammte aus dem Lottogewinn, den die Eltern nach dem Sachverhalt dem K grundsätzlich zur freien Verfügung überließen. Allerdings wusste K, dass seine Eltern generell gegen die Anschaffung eines Mofa waren. Dieser entgegenstehende Wille der Eltern ist möglicherweise zu berücksichtigen. aa. Nach der h.M. durchbricht § 110 BGB den Grundsatz der Einwilligungsbedürftigkeit des § 107 BGB nicht, sondern stellt lediglich einen Sonderfall der Einwilligung dar. Der einem bestimmten Rechtsgeschäft entgegenstehende Wille des gesetzlichen Vertreters ist also beachtlich. Nach dieser Ansicht ist die Erklärung der Eltern, K könne über das Geld frei verfügen, insoweit eingeschränkt, als der missbilligte Kauf eines Mofa nicht von der Einwilligung gedeckt ist. bb. Nach einer Mindermeinung bewirkt die Überlassung von Mitteln an einen Minderjährigen, dass dessen Geschäftsfähigkeit wie in den §§ 112, 113 BGB erweitert wird. Der einem bestimmten Kauf entgegenstehende Wille des gesetzlichen Vertreters ist nach dieser Ansicht irrelevant. Nach dieser Ansicht konnte K den Kaufvertrag gem. § 110 BGB wirksam abschließen.

cc. Gegen die zuletzt genannte Ansicht spricht, dass nach dem Wortlaut des § 110 BGB im Gegensatz zu den §§ 112, 113 BGB von unbeschränkter Geschäftsfähigkeit nicht die Rede ist. Außerdem bliebe dem gesetzlichen Vertreter bei dieser Auslegung des § 110 BGB nur die Wahl, den Minderjährigen durch zweckgebundenes Taschengeld zugängeln oder ihm durch Mittel zur freien Verfügung völlig freie Hand zu lassen. Deshalb ist der zuerst genannten Ansicht zu folgen. K konnte demnach den ihm überlassenen Gewinn nicht beliebig ausgeben. Der Kauf des Mofa ist mangels Einverständnis seiner Eltern zu einem solchen Kauf nicht gem. § 110 BGB wirksam.

d. Wirksamer Kaufvertrag gem. § 108 I BGB Der Kaufvertrag zwischen K und V könnte durch die Genehmigung der Eltern des K wirksam geworden sein. Die Genehmigung ist nach der Legaldefinition in § 184 I BGB die nachträgliche Zustimmung zum Rechtsgeschäft. Die Eltern haben ihre Zustimmung auch fristgerecht erteilt. Gemäß § 108 II 2 BGB muss die Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach dem

4 Empfange der Aufforderung erteilt werden. Hier haben die Eltern schon nach acht Tagen genehmigt. Mit Erteilung der Genehmigung wird der Kaufvertrag, der bis dahin schwebendunwirksam war, voll wirksam.

3. Ergebnis Zwischen K und V ist ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen.

II. Mangelhaftigkeit des Mofas Das Mofa müsste mangelhaft i.S.d. § 434 I BGB sein. Im vorliegenden Fall könnte ein Sachmangel im Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs liegen, § 434 I 1 BGB. K und V haben die vermeintliche Laufleistung des Mofa in den Kaufvertrag aufgenommen und sie damit zu einem vereinbarten Beschaffenheitsmerkmal gemacht. Diese vereinbarte Beschaffenheit hatte das Mofa tatsächlich nicht. Sie fehlte bereits bei der Übergabe des Mofa an K und damit bei Gefahrübergang, § 446 S. 1 BGB. Das Mofa ist somit mangelhaft i.S.d. § 434 I 1 BGB.

III. Möglichkeit der Nacherfüllung Die Nacherfüllung könnte unmöglich sein, so dass der Anspruch auf die Nacherfüllung gem. § 275 I BGB ausgeschlossen ist. Bei dem Rechtsgeschäft zwischen V und K handelt es sich um einen Stückkauf, so dass als Nachbesserung nur die Beseitigung des Mangels, nicht aber eine Ersatzlieferung in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall liegt der Mangel des Mofa darin, dass die Laufleistung höher ist als angenommen. Zwar ließe sich daran denken, im Zuge einer eventuellen Nachbesserung den Motor gegen einen anderen auszuwechseln, der nur die vertraglich vereinbarten 4.000 km gelaufen ist. Das genügt aber einer Mängelbeseitigung nicht, da von der Laufleistung alle Teile des Fahrzeugs erfasst sind und dementsprechende Abnutzung aufweisen. Letztlich müssten alle Teile ausgewechselt werden, was einer Ersatzlieferung gleichkommt. Diese ist aber gerade wegen des hier vorliegenden Stückkaufs ausgeschlossen. Mithin lässt sich der Mangel nicht beseitigen. Der Anspruch des K auf Mängelbeseitigung ist somit gem. § 275 I BGB ausgeschlossen.

IV. Ergebnis K hat gegen V keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung gemäß §§ 437 Nr. 1, 434 I 1, 439 I, 1. Alt. BGB.

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B. Nacherfüllungsanspruch (Anspruch auf Nachlieferung) des K gegen V aus §§ 437 I Nr. 1, 434 I 1, 439 I, 2. Alt. BGB Die Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs (Kaufvertrag, mangelhafte Kaufsache) liegen zwar vor, nach dem zuvor gesagten kommt eine Nachlieferung aber wegen des hier vereinbarten Stückkaufs nicht in Betracht. Die Erfüllung des Anspruchs ist nicht möglich. C. Anspruch des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 437 Nr. 2, 1. Alt., 326 V, 323, 346 I BGB

I. Gegenseitiger Vertrag, Kaufvertrag (+)

II. Rücktrittsrecht gem. den §§ 326 V, 323 BGB K müsste ein Rücktrittsrecht gem. §§ 326 V, 323 BGB zustehen. Das ist insoweit fraglich, da der in § 437 Nr. 1 BGB gewährte Nacherfüllungsanspruch grundsätzlich vorrangig gegenüber den in Nr. 2 und 3 dieser Vorschriftgenannten Rechten ist. Die Möglichkeit des Käufers, vom Vertrag zurückzutreten eröffnet sich ihm demnach erst dann, wenn der Nacherfüllungsanspruch im Wege einer Fristsetzung und des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist gescheitert ist.

Dieses Erfordernis kann indes nicht gelten, wenn die Erbringung der Nacherfüllungspflicht für den Verkäufer, wie hier, unmöglich ist. Denn von niemandem kann die Erfüllung einer Pflicht verlangt werden, deren Erbringung nicht möglich ist. Das findet seinen Ausdruck in § 275 I BGB, der den Schuldner im Falle der Unmöglichkeit der Leistung von deren Erbringung befreit. Nach alledem steht der Vorrang der Nacherfüllungspflicht dem Rücktrittsrecht des K nicht entgegen, § 326 V BGB.

III. Ausschluss des Rücktrittsrechts

1. §§ 326 V, 323 V 2 BGB Der Rücktritt könnte gem. §§ 326 V, 323 V 2 BGB ausgeschlossen sein. Dann müsste die Pflichtverletzung des V unerheblich sein. Maßgeblich ist, ob das Leistungsinteresse des Gläu-

6 bigers erheblich gestört ist oder nicht. Durch die erhöhte Laufleistung des Mofa ist sein Wert erheblich gemindert und damit das Leistungsinteresse des K erheblich gestört. Demnach ist der Rücktritt nicht gem. §§ 326 V, 323 V 2 BGB ausgeschlossen.

2. §§ 326 V, 323 VI BGB Der Rücktritt wäre gem. §§ 326 V, 323 VI BGB ferner ausgeschlossen, wenn K für den zum Rücktritt berechtigenden Umstand allein oder weitgehendverantwortlich wäre oder der Umstand von V nicht zu vertreten wäre und während des Annahmeverzugs des K eingetreten wäre. Diese Ausschlussgründe sind hier nach dem Sachverhalt aber nicht gegeben.

IV. Rücktrittserklärung Die Eltern des K haben gegenüber dem V erklärt, den Vertrag rückgängig machen zu wollen. Damit haben sie den Rücktritt vom Vertrag als gesetzliche Vertreter des K erklärt.

V. Rechtsfolge des erklärten Rücktritts Die Rechtsfolgen eines ausgeübten Rücktritts ergeben sich aus § 346 I BGB. Danach sind die Parteien verpflichtet, die empfangenen Leistungen einander zurück zu gewähren. K kann also von V die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen.

VI. Ergebnis K hat gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäߧ§ 437 Nr. 2, 326 V, 323, 346 I BGB.

D. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 1. Alt., 311 a II 1 BGB K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 1. Alt., 311 a II 1 BGB haben.

I. Mangelhaftigkeit des Mofas Das Mofa ist mangelhaft i.S.d. § 434 I 1 BGB (siehe oben).

7 II. Vorrang der Nacherfüllungspflicht Wie bereits ausgeführt ist die nach § 439 I BGB vorrangig zu erfüllende Pflicht der Nacherfüllung unmöglich und deshalb der Verkäufer hiervon nach § 275 I BGB befreit. K kann somit sofort Schadensersatzansprüche geltend machen.

III. Anfängliche Unmöglichkeit der Nacherfüllungspflicht Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs aus § 311 a II 1 BGB ist das Vorliegen einer anfänglichen Unmöglichkeit. Anderenfalls wäre § 280 I BGB als zentrale Anspruchsgrundlage für Schadensersatz die richtige Anspruchsgrundlage. Diese Unterscheidung hat der Gesetzgeber getroffen, da § 280 I BGB die Pflichtverletzung aus seinem Schuldverhältnis voraussetzt. Tritt die Unmöglichkeit indes schon vor Vertragsschluss auf, so kann darin keine Pflichtverletzung eines schon bestehenden Schuldverhältnisses gesehen werden. Der Anspruch des K gegen V auf Lieferung einer mangelfreien Kaufsache nach § 433 I 2 BGB ist nicht möglich. Ebenso der Nacherfüllungsanspruch aus § 439 I BGB (siehe hierzu schon oben). Diese durch den erhöhten Kilometerstand bedingte Unmöglichkeit bestand auch schon vor Vertragsschluss.

IV. Ausschluss des Anspruchs gem. § 311 a II 2 BGB Der Schadensersatzanspruch wäre gem. § 311 a II 2 BGB ausgeschlossen, wenn V das Leistungshindernis – den Mangel des Mofas – bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis nicht zu vertreten hatte. V wusste jedoch von der gegenüber der Kilometerstandsanzeige höheren Laufleistung des Mofas, so dass ein Haftungsausschluss nach§ 311 a II 2 BGB nicht eintritt.

V. Ausschluss des Anspruchs gem. §§ 311 a II 3, 281 I 3 BGB Der Schadensersatzanspruch (statt der ganzen Leistung, dieser Ausschluss betrifft nicht den sog. kleinen Schadenersatzanspruch) wäre nach §§ 311 a II 3, 281 I 3 BGB ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des V nur unerheblich wäre. Das ist, wie bereits ausgeführt nicht der Fall, so dass der Schadensersatzanspruch nicht gem.§§ 311 a II 3, 281 I 3 BGB ausgeschlossen ist.

8 VI. Höhe des Schadensersatzanspruchs Schadensersatz statt der Leistung kann in Form des großen und in Form des kleinen Schadensersatzes geltend gemacht werden. Großer Schadensersatz bedeutet, dass K das Mofa an V zurückgibt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangt. Kleiner Schadensersatz bedeutet, dass K das Mofa behält und lediglich den Minderwert von V ersetzt verlangt. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs richtet sich danach, ob K sich für den großen oder kleinen Schadensersatz entscheidet. Wählt er den kleinen Schadensersatz erhält er die Differenz zwischen dem Wert des vertraglich vereinbarten Kaufgegenstands (3.000,- Euro) und dem tatsächlichen Wert (2.000,- Euro), nämlich 1.000,- Euro und behält das Mofa. Beim großen Schadensersatz erhält er 3.000,- Euro, muss aber das Mofa zurückgeben.

VII. Ergebnis K hat gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 1. Alt, 311 a II 1 BGB. Der Anspruch beträgt 1.000,- oder 3.000,- Euro, je nachdem, ob K den kleinen oder den großen Schadensersatzanspruch geltend macht.

Nota Bene: Da der Sachverhalt davon ausgeht, dass die Eltern den Rücktritt erklärt haben, ist neben dem Rücktritt der kleine Schadensersatz (Leistungsminderwert in Höhe von 1.000,- Euro) ausgeschlossen. Dies liegt darin, dass im Rahmen des § 346 I BGB das Mofa zurückzugewähren wäre. Im Rahmen des § 325 BGB bleibt jedoch die Möglichkeit des großen Schadensersatzes bestehen. Im Ergebnis erhält K (im Fall des Rücktritts) den Kaufpreis i.H.v. 2.000,- Euro (Zug um Zug gegen Rückübereignung des Mofas) zurück, der große Schadensersatz liegt dann bei 1.000,- Euro.

FRAGE 2

A. Anfechtung gem. § 119 II BGB (Eigenschaftsirrtum) - Anwendbarkeit - Eigenschaftsirrtum= Erklärender irrt nicht über Erklärungshandlung oder -inhalt, sondern über Eigenschaften des Geschäftsgegenstands (ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum) - Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften= Eigenschaften einer Person oder Sache sind neben den auf der natürlichen Beschaffenheit beruhenden Merkmalen auch tatsächlich oder

9 rechtlich Verhältnisse und Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung oder Verwendbarkeit von Bedeutung sind.  Laufleistung= verkehrwesentliche Eigenschaft, aber auch Mangel i.S.d § 434 I S. 1 BGB - Problem: Verhältnis § 119 II BGB / §§ 437, 434 BGB (Konkurrenz) - §§ 437 ff. BGB sind Spezialvorschriften: Eine Anfechtung gem. § 119 II BGB scheidet aus, soweit die §§ 437 ff. BGB einschlägig sind (nach Gefahrübergang) - kaufrechtliche Verjährungsvorschriften (§ 438 I Nr. 3 BGB  2 Jahre) werden ansonsten unterlaufen; bei gleichzeitiger Annahme einer Anfechtung nach § 119 II BGB ist eine Frist von bis zu 10 Jahren möglich - Umgangen wäre ebenso das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers

B. Anfechtung gem. § 123 I, Alt. 1 BGB (arglistige Täuschung)

I. Anfechtungsgrund K könnte durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 I, 1. Alt. BGB die Nichtigkeit des Kaufvertrags mit V herbeiführen. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wird nicht durch die§§ 437 ff. BGB verdrängt (Getäuschte muss besonders geschützt werden).

V müsste K getäuscht und ihn so zum Kauf des Mofas bewegt haben. V hat bei K falsche Vorstellungen über die Laufleistung des Mofas aufrechterhalten und ihn so getäuscht. Hätte K von der höheren Laufleistung gewusst, hätte er das Mofa nicht oder nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft. Die Täuschung war demnach auch für die Willenserklärung des K ursächlich.

V müsste arglistig gehandelt haben. Er täuschte K vorsätzlich und damit arglistig über die Laufleistung des Pkw. Die Täuschung war auch rechtswidrig.

II. Anfechtungsgegner Die Anfechtung hat nach § 143 I BGB gegenüber V zu erfolgen.

III. Anfechtungserklärung Als Anfechtungserklärung genügt der irgendwie nach außen gebrachte Wille, nicht mehr am Vertragfesthalten zu wollen. Das Wort „Anfechtung“ braucht dabei nicht ausdrücklich ge-

10 braucht zu werden (evtl. laienkonforme Auslegung). Hier haben die Eltern des K gegenüber V erklärt, dass sie die Rückgängigmachung des Vertrags fordern. Damit haben sie die Anfechtung erklärt.

IV. Anfechtungsfrist Die Anfechtung ist innerhalb der Frist des § 124 I BGB erfolgt.

V. Ergebnis K kann sich auch durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach§ 123 I, 1. Alt. BGB vom Kaufvertrag mit V lösen.

C. Anspruch auf Vertragsaufhebung aus §§ 311 II, 241 II, 280 I, 249ff. BGB (c.i.c.) Dem K könnte auch ein Anspruch auf Vertragsaufhebung wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung des V zustehen. Hierzu ist zunächst zu klären, ob das Institut der c.i.c. neben den kaufvertraglichen Gewährleistungsregeln anwendbar ist (Konkurrenzproblem).

I. Anwendbarkeit der c.i.c. Für das alte Schuldrecht nahm der BGH in ständiger Rechtsprechung an, dass das Sachmangelgewährleistungsrecht die c.i.c. verdränge. Eine Ausnahme hiervon wurde nur bei arglistigem Handeln des Verkäufers gemacht. Die Literatur stimmte dem überwiegend zu (vgl. dazu Bamberger/Roth, § 437 BGB Rn. 177 m.w.N.). Für das neue Schuldrecht wird überwiegend angenommen, dass dieselben Prinzipien gelten sollen (etwa Palandt-Heinrichs, § 311 BGB Rn. 25, § 437 BGB Rn. 51). Z.T. wird darüber hinaus sogar eine generelle Anwendbarkeit der c.i.c. neben dem Gewährleistungsrecht vertreten (so Bamberger/Roth, § 437 BGB Rn. 181). Letzteres ist aber bedenklich, da im Rahmen der c.i.c. eine dreijährige Verjährung gilt (§ 195 BGB), während für die kaufrechtliche Gewährleistung eigentlich eine zweijährige Frist vorgesehen ist (§ 438 BGB), und im Übrigen hierbei der Vorrang der Nacherfüllung unterlaufen würde. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass der arglistig handelnde Verkäufer nichtschutzwürdig ist, und daher auch nach den Regeln der c.i.c. haften soll.

11 Da V vorliegend den wahren Kilometerstand arglistig verschwiegen hat (s.o.), ist die c.i.c. grundsätzlich anwendbar.

II. Schuldhafte vorvertragliche Pflichtverletzung des V Zu den vorvertraglichen Pflichten eines Verkäufers aus § 241 II BGB gehört es insbesondere auch, den Käufer über solche Umstände aufzuklären, die dem Verkäufer bekannt sind und die für die Kaufentscheidung des Käufers ersichtlich von entscheidender B...


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