Fall 6 Lösungsskizze PDF

Title Fall 6 Lösungsskizze
Course Rechtswissenschaften
Institution Universität Greifswald
Pages 11
File Size 290.2 KB
File Type PDF
Total Downloads 33
Total Views 137

Summary

Deliktsrecht...


Description

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin M Wintersemester 2017/ 2018 Lösungsskizze Fall 8: Der zahlungsunwillige Schlossherr

1. Frage

Anspruch B gegen A auf Vergütung gemäß § 631 I 2.HS BGB B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung gemäß § 631 I 2.HS BGB haben.

A. Anspruch entstanden A und B haben sich über die Erbringung von Werkleistungen geeinigt. B schuldet die Erbringung eines konkreten Erfolgs, nämlich die Wiederherstellung des Daches. Möglicherweise liegt daher ein Werklieferungsvertrag gemäß § 651 BGB vor: Dazu müsste eine neu hergestellte bewegliche Sache geliefert worden sein. Zwar wurde für die Dachkonstruktion zu beschaffendes Holz eingesetzt. Allerdings war nicht die Lieferung des Holzes oder anderer Baustoffe geschuldet, sondern die gesamte Dachkonstruktion. Daher kommt es nicht auf die Lieferung irgendwelcher Einzelteile an. Das fertige Dach konnte nicht geliefert werden, sondern entstand erst am Schloss des A (vgl. auch §§ 946, 93, 94 II BGB). Daher liegt ein reiner Werkvertrag nach § 631 BGB vor. Der Anspruch auf Vergütung ist damit entstanden.

B. Anspruch untergegangen Der Anspruch könnte jedoch untergegangen sein.

Anmerkung: Die §§ 644 f. BGB stellen besondere Gefahrtragungsregeln für den Werkvertrag auf. Die Gefahrtragung ist relevant, wenn das Werk vor der Vertragserfüllung sich verschlechtert oder untergeht. Dann muss geklärt werden, ob der Werkunternehmer weiterhin zur (Neu)Herstellung verpflichtet ist (Leistungsgefahr), oder ob er die vereinbarte Vergütung verlangen

kann

(Gegenleistungsgefahr).

Die

§§

644f.

BGB

regeln

nur

die

Gegenleistungsgefahr, nicht aber die Leistungsgefahr. Gemäß § 644 I 1BGB trägt grundsätzlich der Werkunternehmer die Gegenleistungsgefahr. Das bedeutet, dass nach der Abnahme, § 640 BGB, die Gegenleistungsgefahr auf den Besteller übergeht. 1

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin M r Wintersemester 2017/ 2018 Die Leistungsgefahr richtet sich nach § 275 BGB. Der Besteller trägt die Leistungsgefahr, wenn die Gegenleistungsgefahr auf ihn übergegangen ist.

Beachte, dass § 644 BGB nur für die Gefahrtragung bei zufälliger Verschlechterung oder Untergang des geschuldeten Werkes regelt. Die Bestimmung ist nicht anwendbar, wenn das Werk infolge des Verschuldens einer der Vertragsparteien verschlechtert oder gar zerstört wird. Dann gelten die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, insbesondere § 326 BGB.

I. § 644 I 1 BGB § 644 f. BGB regeln die Rechtsfolgen des zufälligen Untergangs bzw. der zufälligen Verschlechterung des vom Unternehmer ganz oder teilweise hergestellten Werkes und knüpft den Gefahrübergang grundsätzlich an die Abnahme. Bis zur Abnahme trägt der Werkunternehmer die Gegenleistungsgefahr. D.h. er kann keine Vergütung verlangen, falls sich das Werk vor Abnahme verschlechtert oder untergeht und dieser Umstand auch von keiner Seite, insbesondere vom Besteller, zu verantworten ist. Abnahme im Sinne von § 640 I BGB ist die körperliche Hinnahme des Werkes im Wege der Besitzübertragung verbunden mit der Erklärung des Bestellers, dass er das Werk als vertragsmäßig anerkennt. Bei einem Dach ist die körperliche Hinnahme nicht möglich, deshalb reicht hier eine Abnahmeerklärung in Form einer bloßen Anerkennung nach Vollendung des Werks aus (vgl. auch Palandt/Sprau, § 640 Rn. 3). An einer solchen Erklärung fehlt es hier indessen. Auch eine Abnahmefiktion (§§ 640 I 3 BGB) kommt hier nicht in Betracht, da das Werk nicht vollendet ist.

Anmerkung: § 640 I 1 a.E. BGB bezieht sich auf Werke, die nicht abnahmefähig sind, auch nicht im Wege der Anerkennung, z.B. weil die bloße Anerkennung als vertragsgemäße Leistung wegen der Beschaffenheit des Werkes nach der Verkehrssitte unüblich, weil sinnlos ist; z.B. Verkehrsbeförderung, Theateraufführung, Zeitungsanzeige (Palandt/Sprau, § 640, Rn. 4). Hier tritt an die Stelle der Abnahme die Vollendung gem. § 646 BGB. Der Dachstuhl des B ist in Flammen aufgegangen, damit ist das Werk untergegangen. Die Voraussetzungen des § 644 I 1 BGB liegen vor. Käme es nur auf diese Vorschrift an, wäre der Anspruch untergegangen und B hätte keinen Anspruch auf Vergütung. 2

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 2017/ 2018 II. § 645 I 1 BGB Etwas anderes könnte sich jedoch aus § 645 I 1 BGB ergeben. Auch ohne Abnahme des Werkes hat der Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 645 I BGB einen Anspruch auf Teilvergütung für die bereits geleistete Arbeit und Ersatz der Auslagen. § 645 I BGB beruht auf der objektiven Verantwortlichkeit des Bestellers für den Eintritt des Schadens, der sich aus einer von ihm herbeigeführten Risikolage (mangelhaftes Material bzw. Anweisungen, die zum Untergang des Werkes führen) ergibt. Auf ein Verschulden des Bestellers (wie bei § 326 II BGB) kommt es nicht an, siehe auch § 645 II BGB.

1. Voraussetzungen des § 645 I BGB Nach § 645 I BGB kann der Unternehmer einen der erbrachten Leistung entsprechenden Teil der Vergütung verlangen, wenn das Werk vor Abnahme untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden ist und dies auf einem Mangel eines vom Besteller gelieferten Stoffs oder auf einer von dem Besteller erteilten Anweisung beruht. Die Ausführung des Werks ist hier vor Abnahme unmöglich geworden, s.o. Fraglich ist, ob die Zerstörung des Dachstuhls auf dem Mangel eines vom Besteller gelieferten Stoffes beruht. Der Begriff des Stoffes ist weit auszulegen, er umfasst aber nur gelieferte Gegenstände, mit denen der Unternehmer das Werk errichten soll. Der mangelhaft arbeitende D fällt somit nicht darunter. Die Unmöglichkeit könnte aber auf einer „vom Besteller erteilten Anweisung“ beruhen: Dies könnte allenfalls die Anweisung an D sein, die Elektrikarbeiten auszuführen. Diese Variante des § 645 I BGB erfasst jedoch nur Anweisungen, die dem Unternehmer gegenüber erteilt worden sind, nicht Anweisungen an Dritte.

2. Zwischenergebnis § 645 I BGB ist hier zumindest direkt nicht anwendbar.

III. § 645 I 1 BGB analog? § 645 I 1 Var.2 BGB wäre aber analog anzuwenden, wenn eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage vorliegen. Eine Regelungslücke in Bezug auf die Berücksichtigung des Verschuldens Dritter liegt vor, man kann auch davon ausgehen, dass der Gesetzgeber sie nicht gesehen hat. 3

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin her Wintersemester 2017/ 2018 Es müsste auch eine vergleichbare Interessenlage zu den gesetzlich geregelten Fällen vorliegen. Hinter § 645 I BGB steht der sog. „Sphärengedanke“: Sinn der Regelung ist es, entgegen der Gefahrtragungsregel des § 644 BGB dem Besteller des Werkes (hier A), die Nachteile der Verwirklichung solcher Risiken aufzubürden, die aus seiner eigenen „Sphäre“ stammen, auch wenn er subjektiv nicht dafür verantwortlich ist. Es wird vertreten, diesen Sphärengedanken auszuweiten und den Besteller grundsätzlich für alle Umstände und Ereignisse das Risiko tragen zu lassen, die aus seiner Sphäre rühren. Die Anweisung an D Elektrikarbeiten durchzuführen, die dann wiederum zur Zerstörung des Dachstuhls und des Schlosses führten, stammte aus der „Sphäre“ des A. Nach dieser Ansicht bliebe B sein Anspruch auf Vergütung über die analoge Anwendung von § 645 I 1 Var.1 BGB erhalten. Gegen eine derartige Ausweitung des Sphärengedanken spricht jedoch, dass dann die Regelung des § 644 BGB weitestgehend leer laufen würde. Sie wird daher von h.L. und Rspr. abgelehnt. Nach h.M. ist § 645 I BGB deshalb nur dann zu bejahen, wenn die Leistung des Unternehmers aus Gründen unterbleibt, die nicht nur aus der Sphäre des Bestellers stammen, sondern zudem auch in der Person des Bestellers liegen oder auf eine gefahrbegründende oder -erhöhende Handlung des Bestellers zurückgehen (BGH NJW 1998, 456, 457; BGHZ 78, 352; Dies hat die Rechtsprechung z.B. in Fällen bejaht, in denen der Besteller trockenes Heu in eine Scheune eingebracht hatte, welches dann Feuer fing und zum Abbrennen der Scheune führte, BGHZ 40, 71.) Aus diesen Gründen kann in Fällen wie dem vorliegenden eine Anwendung des § 645 I BGB nicht schon deshalb bejaht werden, weil die Leistungsstörung von einem anderen Unternehmer verursacht wird, der ebenfalls von dem Besteller beauftragt wurde. So hat auch der BGH in einem ähnlichen Fall, in dem der teilweise hergestellte Bau ohne besondere, dem Besteller zuzurechnende Risikolage durch Auslösung eines Brandes durch einen anderen Handwerker untergeht, eine analoge Anwendung des § 645 I BGB und damit einen Vergütungsanspruch des Unternehmers abgelehnt (BGHZ 78, 352). Eine solche besondere Risikolage ist im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erkennbar. Die gesetzliche Wertung des § 644 BGB muss deshalb hier einer analogen Anwendung des § 645 I BGB vorgehen. 4

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin r Wintersemester 2017/ 2018 IV. § 326 II 1 Var.1 BGB Zwar greift § 645 I BGB weder direkt noch analog ein. § 645 II BGB eröffnet aber die Möglichkeit, allgemeine Vorschriften anzuwenden, die dem Besteller A eine über § 644 f. BGB hinaus gehende Gefahrtragung auferlegen. Eine solche ist § 326 II BGB. Wäre A als Gläubiger des Werkes für den vorzeitigen Untergang des herzustellenden Werkes allein oder weit überwiegend verantwortlich, würde B über § 326 II 1 Var.1 BGB seinen Anspruch auf Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen behalten.

1. Eigene Verantwortlichkeit des A Eine eigene Verantwortlichkeit, insbesondere ein eigenes Vertretenmüssen des A gemäß § 276 BGB ist nicht ersichtlich.

2. Zuzurechnendes Verschulden gemäß § 278 BGB Er müsste sich aber eventuell das fahrlässige Handeln des D gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, falls er sich des D als Gehilfen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber B bedient hat. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis als Hilfsperson tätig wird. Das setzt zweierlei voraus: Zum einen müsste D zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des A gegenüber B tätig geworden sein; zum anderen müsste dies mit Wissen und Wollen des A geschehen sein. Hier hat der A dem D jedoch nicht die Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem Werkvertrag mit B übertragen. Die den D treffenden Verpflichtungen betreffen hier vielmehr allein sein Vertragsverhältnis gegenüber A. D war folglich im Verhältnis von A zu B kein Erfüllungsgehilfe des A, eine Verschuldenszurechnung über § 278 BGB scheidet daher ebenfalls aus.

V. Zwischenergebnis Es bleibt damit bei der Gefahrtragungsregelung des § 644 I 1 BGB, dass B vor der Abnahme die Gegenleistungsgefahr trägt. Also ist der Anspruch auf die Vergütung untergegangen.

C. Ergebnis B hat gegen A keinen Anspruch auf die Vergütung gemäß § 631 I 1 BGB.

5

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin r Wintersemester 2017/ 2018 Frage 2

A. Anspruch B gegen D auf Schadensersatz gemäß § 280 I BGB B könnte gegen D einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 I BGB wegen Verletzung einer gesellschaftsvertraglichen Pflicht haben. Dann müssten B und D eine GbR gemäß § 705 BGB bilden – immerhin verfolgen beide den gleichen Zweck (Sanierung des Schlosses). Voraussetzung für eine GbR ist jedoch, dass beide einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Das ist vorliegend zu verneinen. Sie wollen jeweils individuell ihre einzelvertraglichen Pflichten gegenüber A erfüllen wollen. Es liegen zwei separat voneinander zu beurteilende Werkverträge mit A vor, aber kein Gesellschaftsverhältnis zwischen B und D. B hat daher gegen D keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 I BGB.

B. Anspruch B gegen D auf Schadensersatz gemäß §§ 280 I, 241 II BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter (VSD) B könnte gegen D einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 I, 241 II BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter (VSD) wegen Verletzung einer Sorgfaltspflicht des D gegenüber B haben. Ein derartiger Schadensersatzanspruch des B kommt in Betracht, wenn die Schutz- und Obhutspflichten (§ 241 II BGB) des D aus dem Vertrag mit A auch Wirkung zugunsten von B entfalten. Dass es denkbar ist, dass an einem Vertrag nicht beteiligte Dritte Ansprüche aus einem anderen Vertrag herleiten können, zeigt § 328 BGB. Allerdings erfasst diese Vorschrift nur den Fall, dass dem Dritten selbst der Anspruch auf die vertragliche Leistung eingeräumt wurde. Es ist jedoch in Rspr. u. Lit. anerkannt, dass die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten einen Ersatzanspruch des an diesem Vertrag nicht beteiligten Dritten (hier B) auslösen, wenn der Werkvertrag D - A Schutzwirkung zugunsten des B hätte. Ein solcher Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte hat zur Folge, dass der Dritte zwar keinen eigenen Primäranspruch, wohl aber eigene Sekundäransprüche erlangt (hier evtl. also einen SEA). Anmerkung: Die Herleitung der Anspruchsgrundlage ist umstritten. Sie wird teilweise in § 328 BGB analog (frühere Rspr), ergänzender Vertragsauslegung (Palandt/Grüneberg, § 328 Rn. 14) oder richterlicher Rechtsfortbildung (so die Lit., z.B. MüKo-BGB/Gottwald, 6

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 2017/ 2018 § 328 Rn. 110) angenommen. Heute wird die gesetzliche Verankerung z.T. auch in § 311 III 1 BGB gesehen. Ausführungen in der Klausur bedarf es dazu nicht.

I. Wirksamer Werkvertrag zwischen A und D, § 631 BGB (+) A und D haben einen Werkvertrag, § 631 BGB, über die Elektrikarbeiten geschlossen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist dieser Vertrag auch wirksam.

II. Schutzwirkung des Werkvertrags zwischen D und A zugunsten des B Dieser Werkvertrag müsste Schutzwirkungen zugunsten des B entfalten. Um ein gewisses Maß an Rechtssicherheit beizubehalten und Sekundäransprüche aus Verträgen nicht völlig unbeteiligten Dritten zukommen zu lassen, müssen kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Leistungsnähe Der Dritte (B) muss bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung (Werkleistung des D) in Berührung kommen und deren Gefahren ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger (A) selbst.

2. Einbeziehungsinteresse des Gläubigers Der Gläubiger (A) muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten (B) in den Vertrag haben. Das ist zumindest dann gegeben, wenn das Verhältnis zwischen A und B einen personenrechtlichen Einschlag hat, aufgrund dessen A für „Wohl und Wehe“ des B verantwortlich ist (Fürsorgepflicht, z.B. zwischen Eltern und Kind gemäß § 1626 I 1 BGB, zwischen Eheleuten gemäß § 1353 I 2 HS 2 BGB).

3. Erkennbarkeit für den Schuldner: Der Schuldner des Vertrags (D) wird dadurch geschützt, dass die Einbeziehung des Dritten (B) und die damit verbundene Haftungserweiterung für ihn erkennbar sein müssen. Dies richtet sich nach dem Maßstab der §§ 133, 157 BGB und soll eine Ausuferung der Haftung des Schuldners verhindern.

7

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 2017/ 2018 4. Schutzbedürfnis des Dritten: Der Dritte (B) wird dann nicht einbezogen, wenn er nicht schutzbedürftig ist. Das Schutzbedürfnis fehlt in der Regel, wenn dem Dritten (B) eigene Sekundäransprüche zustehen. Da das Schuldverhältnis mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu einer Risikovergrößerung beim Schuldner führt, müssen diese Voraussetzungen als Ausnahme gehandhabt werden. Vorliegend ist schon zweifelhaft, ob eine Leistungsnähe gegeben ist: Zwar zeigt der Fall, dass ein Handwerker u.U. auch die Fehler eines Kollegen zu spüren bekommt, dies lässt sich aber nicht annähernd mit der Gefährdung vergleichen, die beim Besteller selbst vorliegt. Auf jeden Fall ist aber das Einbeziehungsinteresse des Gläubigers A zu verneinen. Hierfür wäre eine gesteigerte Sorgfaltspflicht des A dem Dritten (B) gegenüber erforderlich oder zumindest ein Wille des A, eine Schutzpflicht zugunsten B zu begründen (vgl. BGH NJW 1984, 355). Dafür sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass eine Einbeziehung/Schutzbedürftigkeit des B für D erkennbar gewesen wäre. Der Werkvertrag zwischen A und D entfaltet demnach keine Schutzwirkungen zugunsten des B.

III. Ergebnis B hat gegen D keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§, 280 I, 241 II BGB i.V.m. VSD.

C. Schadenersatzanspruch B gegen D aus § 823 I BGB B könnte gegen D jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 I BGB haben. Als verletztes Rechtsgut des B kommt hier allenfalls dessen Eigentum oder Besitz an den bereits verbauten und nun zerstörten Materialien in Betracht. Das Eigentum an diesen Materialien ist aber durch Verbindung gemäß §§ 946, 93, 94 II BGB bereits vor dem Brand auf A übergegangen. Auch der Besitz wurde gemäß § 854 I BGB bereits auf A übertragen. Mangels Rechtsgutverletzung besteht auch kein Anspruch des B gegen D aus § 823 I BGB.

D. Schadenersatzanspruch B gegen D aus § 823 II BGB i.V.m. § 306d StGB Möglicherweise hat D eine fahrlässige Brandstiftung, § 306d StGB begangen. § 306d StGB ist auch ein Schutzgesetz, da er die Interessen einzelner schützen soll. In den Schutzbereich 8

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 2017/ 2018 dieser Norm fällt allerdings nur der Eigentümer bzw. dinglich Berechtigte der betreffenden Sache, dies war hier als Eigentümer der A (s.o.). B fällt vorliegend nicht in den Schutzbereich des § 306 d StGB. Also hat B gegen D auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 II BGB i.V.m. § 306d StGB.

Endergebnis zu Frage 2: Es bestehen keine Ansprüche des B gegen D.

Frage 3

A. Anspruch B gegen A gemäß § 831 I 1 BGB Ein solcher Schadensersatzanspruch scheitert daran, dass der selbständige Unternehmer D nicht als Verrichtungsgehilfe des Bauherren A anzusehen ist. Selbstständige Unternehmer (independent contractors) fallen aus dem Anwendungsbereich des § 831 BGB heraus, denn sie sind für ihr Verhalten selbst verantwortlich, und ihr Vertragspartner - der vermeintliche Geschäftsherr - darf sich in den Grenzen des Vertrauensgrundsatzes darauf verlassen, dass sie ihren deliktischen Sorgfaltspflichten nachkommen werden. So hat beispielsweise der Bauherr nicht für den von ihm beauftragten Generalunternehmer und ein Bauunternehmer nicht für die Fehler eines von ihm hinzugezogenen Subunternehmers einzustehen (MüKo-Wagner, § 831 BGB Rn. 16).

B. Anspruch B gegen A auf Abtretung der dem A gegen D zustehenden Ersatzansprüche nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation (DSL) analog § 285 BGB Im Fall einer DSL hat der Inhaber eines Schadenersatzanspruchs keinen Schaden, er kann aber den Schaden eines Dritten (der selbst keinen Anspruch hat) liquidieren (“der Schaden wird zum Anspruch gezogen“) bzw. ist dem Dritten gegenüber verpflichtet, ihm den Ersatzanspruch abzutreten. Die Pflicht zu dieser Abtretung ergibt sich aus § 285 BGB analog oder aus nichtleistungsbezogener vertraglicher (Neben-)Pflicht.

Anmerkung: Eine Konstellation der Drittschadensliquidation ist in § 421 I 2 HGB gesetzlich geregelt, vgl.: Bei einem Frachtvertrag (vgl. §§ 407, 345 BGB) werden oft Sachen eines Dritten befördert, sodass der Absender zwar einen vertraglichen Sekundäranspruch, aber 9

Vorlesungsbegleitendes Kolloquium Grundkurs Privatrecht III – Schuldvertragsrecht/ Deliktsrecht Wissenschaftliche Mitarbeiterin Wintersemester 20...


Similar Free PDFs