Gedichtsvergleich “Aufbruch der Jugend” und “An der Front” PDF

Title Gedichtsvergleich “Aufbruch der Jugend” und “An der Front”
Course Deutsch
Institution Gymnasium (Deutschland)
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Gedichtsvergleich “Aufbruch der Jugend” und “An der Front” Im Folgenden werde ich die beiden Gedichte “Aufbruch der Jugend” und “An der Front” analysieren und anschließend miteinander vergleichen. Das Gedicht “Aufbruch der Jugend” wurde im Jahre 1913 von Ernst Wilhelm Lotz verfasst. In diesem schildert er die euphorische Auflehnung der Jugend gegen alte Systeme und Bräuche. Der Sprecher in dem Gedicht ist ein lyrisches “Wir”. Der Sprecher bezieht sich also selber mit ein und sieht sich als Teil der “Jugend”, unterstützt somit auch ihre Ziele und Vorstellungen. Die erste Strophe beginnt mit der Schilderung eines Sommerabends, in der zweiten wird die Aufbruchsstimmung beschrieben und die erwartungsvolle Haltung der jungen Menschen. In der dritten, vierten und fünften Strophe findet der “Aufbruch” statt und das “Alte” wird zerstört, mit hilfe von Gewalt und Verbündeten. In der letzten Strophe wird schließlich die Hoffnung der Jugend auf einen Neuanfang beschrieben, eine “neue Phase” wird eingeläutet, in der die jungen Menschen die Verantwortung und Machtpositionen übernehmen. Das Gedicht ist in sechs Strophen à vier Verse gegliedert. Es ist im Kreuzreim verfasst, mit abwechselnd weiblichen und männlichen Kadenzen. Das Metrum ist ein fünf- bis siebenhebiger Daktylus. Insgesamt ist die Sprache kämpferisch und aggressiv, und soll mitreißend wirken (z.B. V. 3: “verwüsteten Nächten”, V. 19: “von roten Tribünen lodert erzürntes Entzücken”). Zudem werden viele Adjektive benutzt, die ein lebendiges und dynamisches Bild entwerfen (z.B. V.9: “Grell wehen die Fahnen, wir haben uns heftig entschlossen”). Auffällig bezüglich des Tempus ist, dass die erste Strophe im Präteritum verfasst ist, im Gegensatz zum Rest des Gedichtes, der im Präsens geschrieben ist. Damit wird deutlich gemacht, dass der in der ersten Strophe beschriebene Zustand sich in der Vergangenheit befindet, beziehungsweise nun verändert wird. Dieser Zustand wird als Sommerabend beschrieben, mit dunklen Wolken (vgl. V. 1f.). Es ist insgesamt eine unruhige und angespannte Stimmung (z.B. V.1: “flammenden Gärten” und “Winde”). Es wird von “Müdigkeiten” und “verwüsteten Nächten” gesprochen (V.3), welche erahnen lassen, dass in der Vergangenheit schlimme Dinge passiert sind. Eine weitere Metapher bzw. ein Vergleich kann so gedeutet werden, dass die Jugend von dem “Alten” erdrückt und gebrochen wurde (vgl. V.4), wodurch eine mögliche Begründung der Auflehnung der jungen Menschen geliefert wird. Die Jugend empfindet diesen Aufstand als aufregend, sie sind erwartungsvoll und euphorisch (vgl. V.5ff). Sie werden als kraftvoll und stark beschrieben (V.5: “zu neuen Tagen erstarkt wir spannen die Arme”, V. 6: “wie Kraft, die sich staut”). Zudem wird durch einen Vergleich auch die Größe der Bewegung beschrieben (V.7: “wie Truppenkolonnen”). Die Bewegung wird zudem mit einer Naturgewalt verglichen (V.11f: “Wie Sturmflut haben wir uns in die Straßen der Städte ergossen/ Und spülen vorüber die Trümmer zerborstener Welt.”). Dadurch soll deutlich gemacht werden, dass diese wie eine Sturmflut unaufhaltsam und zerstörerisch ist, und alles “mitreißt”, was ihr in den Weg kommt. Die “Alten” und ihre Herrschaft werden von der Jugend mit Spott beachtet (vgl.V. 14). Zudem werden die Gefangenen der alten Systeme befreit und in die eigenen Reihen als Verbündete aufgenommen (vgl. V. 15ff.) Auch vor Gewalt als (legitimes) Mittel zum Sieg schrecken die Aufständigen nicht zurück (vgl. V. 18ff). Die positive Darstellung all der Zerstörung wird zudem durch eine Assonanz verstärkt (V.19: “erzürntes Entzücken”). Die Jugend sieht sich selbst als Retter (V. 22: “von jungen Messiaskronen”), wobei sie sich auch

gegen die Religion stellen, welche ein Teil des “Alten” ist, beziehungsweise sie ziehen diese ins Lächerliche. Sie sind überzeugt davon, “leuchtende, neue Welten” (V. 23) erschaffen zu können und aufzubauen und, dass sie die Träger der Zukunft sind, welche durch den “Aufbruch der Jugend” eingeläutet wird (vgl. V.21ff.). Das Gedicht lässt sich deutlich dem Expressionismus (1905-1925) zuordnen, nicht nur aufgrund seine Enstehungsjahres. Ein wichtiger Punkt ist der Zerfall von alten, traditionellen Weltbildern durch Revolution. Auffällig ist in diesem Fall auch die Siegeseuphorie der Jugend, welche ähnlich der Kriegseuphorie zu Beginn des Ersten Weltkrieges ist. Die Sprache ist von Extremen geprägt, es werden viele Übertreibungen und düstere Worte verwendet. Ein weiterer Aspekt ist auch die Homogenität der Menschen, es gibt kein lyrisches Ich sondern ein lyrisches “Wir”, somit auch keine Individualität der Menschen. Zuletzt wird auch die Stadt erwähnt, ein weiteres zentrales Motiv des Expressionismus, und die ganze Situation ist laut und unübersichtlich. Das Gedicht beinhaltet also schon mit seinem zentralen Thema einen der Kerngedanken des Expressionismus, den Aufbruch in eine neue Zeit, was auch in der Sprache deutlich wird. Das zweite Gedicht, welches zum Vergleich herangezogen werden soll, ist “An der Front” von Wilhelm Klemm, veröffentlicht 1914. Es behandelt die Zerstörung und Trostlosigkeit, die durch den Ersten Weltkrieg viele Teile Europas erfasste. In dem Gedicht ist der Sprecher ein lyrisches “Wir”, dass allerdings nur einmal konkret erwähnt wird (vgl. V. 10), ansonsten nimmt es die Rolle eines passiven Beobachters ein. In den ersten beiden Strophen wird zuerst einmal die vom Krieg zerstörte Umgebung beschrieben sowie das Kriegsgeschehen im Hintergrund. Diese Beobachtungen werden auch in der dritten Strophe fortgeführt, zudem wird die Trostlosigkeit der Situation deutlich gemacht. In der vierten Strophe wird der Blick auch auf das gesamte, vom Krieg zerstörte Europa gerichtet, es wird von den Toten berichtet, die der Krieg gefordert hat. Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit je vier Versen. Es gibt kein Reimschema, das Metrum ist unregelmäßig und es werden sowohl männliche als auch weibliche Kadenzen verwendet, die allerdings auch keiner Regelmäßigkeit folgen. Dadurch wirkt das Gedicht insgesamt sehr unharmonisch. Die Wortwahl des Gedichtes ist sehr negativ (z.B. V. 1f: “öde”, “verweint”, “böser Straße”, “grauer Wagen”). Es ist eine bedrückende Atmosphäre, es herrscht nahezu “Totenstille”, abgesehen von den gedämpften Geräuschen von Schüssen (vgl. 7, 14). Das Gedicht ist vollständig im Präsens verfasst, da es um eine momentane Beschreibung geht. Zu Beginn des Gedichtes wird die trostlose, vom Krieg zerstörte Landschaft beschrieben (vgl. V. 1.) Auch wird die Leere deutlich, da fast keine (lebenden) Menschen anzutreffen sind, abgesehen von einem Autofahrer und Reiter, die sich aber auch direkt fortbewegen (vgl. V. 2, 8). Der Zerfall und allgegenwärtige Tod wird deutlich gemacht (vgl. V.3f), und er Krieg, der schon längst Teil des Alltags geworden ist, sodass auch ein brennender Hof nicht mehr für Aufsehen sorgt, sondern “gemächlich brennt” (V.6). Auch die Geräusche der Schüsse, die durch eine Onomatopoesie beschrieben werden (vgl. V. 7), sind alltäglich geworden und werden heruntergespielt zu einem verhältnismäßig leisen und unauffälligen Geräusch. Der Tod als Folge des Krieges wird mit dem Regen verglichen (vgl. V. 11), was deutlich machen soll, dass er zum Einen ganz natürlich geworden ist, und zum Anderen als Teil der Natur nicht verhindert werden kann. Die Stimmung ist trostlos und gleichgültig, die Menschen haben jede Hoffnung auf Besserung verloren, was durch eine rhetorische Frage beziehungsweise Klimax deutlich gemacht wird (vgl. V. 12). Zum Schluss wird nochmals die ständige Gegenwart des Todes deutlich gemacht, die Toten liegen in “schweren Ruinen”

(V.15) und “zwischen den Fronten” (V. 16). Ein weiterer Aspekt der hier deutlich wird, ist dass alle Verluste einstecken müssen, sowohl “Dörfer und Städter” (V.15), als auch beide Kriegsparteien, da die Toten zwischen den Fronten liegen, anstatt nur auf einer Seite (vgl. V. 16). Insgesamt wird in dem Gedicht “An der Front” die Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit des Kriegsalltags dargestellt, und somit auch die Sinnlosigkeit von Krieg und Tod. Das Gedicht kann ebenfalls der Epoche des Expressionismus zugeordnet werden. Die Zerstörung, die der Krieg mit sich bringt sowie die triste und traurige Atmosphäre sind Aspekte, die im Expressionismus zu finden sind. Zudem gibt es auch in diesem Gedicht keine wirklich Individualität, die Menschen sind leblos und tot, oder aber vollkommen anonym, wie zum Beispiel die Reiter. Alles in Allem wird aber auch in diesem Gedicht die Grundstimmung der expressionistischen Lyrik wiedergegeben. Im Folgenden werde ich die beiden Gedichte nun vergleichen. Eine Gemeinsamkeit ist, dass der Sprecher ein lyrisches Wir ist. Dies lässt sich dadurch erklären, dass im Expressionismus der Fokus häufig nicht auf den Individuen lag, sondern die Menschen als Masse dargestellt werden. Ein auffälliger Unterschied ist in der Form zu finden. Ernst Wilhelm Lotzs Gedicht hat ein klares Reimschema und Metrum, wodurch motivierender und mitreißender wirkt. “An der Front” besitzt hingegen keine harmonische Form, was inhaltlich zu der Leere und Trostlosigkeit passt. Beide Gedichte haben gemeinsam, dass viele negativ konnotierte Begriffe benutzt werden, bei “Aufbruch der Jugend” allerdings als Kampfansage und mit aggressiven Nuancen, während bei “An der Front” dadurch eher die Trauer ausgedrückt wird. Zudem ist auch hier keine Dynamik oder Aufbruchsstimmung zu finden, sondern eher das Gegenteil, was sich auch im Inhalt der Gedichte erkennen lässt. Zudem benutzen beide Dichter, viele Vergleiche und Personifikation, was auch typisch für den Expressionismus ist, da dadurch der Gegensatz zwischen der lebendigen Umwelt und der leblosen Menschenmasse deutlich gemacht wird. Obwohl beide Gedichte dem Expressionismus zugeordnet werden, sind sie in ihrer Kernaussage und den Motiven doch sehr unterschiedlich. “Aufbruch der Jugend” beschreibt die revolutionären neuen Ideen, bei denen Altes zerfällt und abgeschafft wird. Für diese Ziele wird auch Gewalt und Krieg als rechtmäßiges Mittel angesehen. Bei “An der Front” hingegen wird der Krieg negativ gesehen, da er für Zerstörung und Tod gesorgt hat. Man kann beide Gedichte in gewisser weise als aufeinander folgend betrachten, und in “An der Front” spielt nun die Kriegserfahrung der Menschen mit ein. Auch der Zukunftsoptimismus, welcher im ersten Gedicht zu finden ist, ist nun erloschen und einer Gleichgültigkeit und Hoffnungslosigkeit gewichen. Abschließend lässt sich also sagen, dass die beiden Gedichte die unterschiedlichen Seiten des Expressionismus darstellen, zum einen der Drang nach Veränderung und “neuen Welten”, zum anderen der trostlose und bedrückende Kriegsalltag und damit einhergehend Zerstörung und Tod.

Julia Meinecke, Q1 2018/19...


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