HA Tschick PDF

Title HA Tschick
Author Anonymous User
Course Einführung in die Didaktik des Deutschen als Zweitsprache
Institution Universität Passau
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Summary

Hausarbeit zum Werk Tschick...


Description

1. Einleitung Die Erkenntnis, dass Kinder und Jugendliche einen besonderen Platz in unserer Gesellschaft einnehmen und nicht nur eine „kleine Version der Erwachsene“ sind, ist im Vergleich zur menschlichen Geschichte noch ziemlich jung. Gleiches gilt auch für literarische Werke, die diese Zielgruppe ansprechen. Dadurch, dass die meisten Menschen bis weit in die Neuzeit Analphabeten waren, kam es gar nicht zur Frage nach einer Kinder- und Jugendliteratur. Höchstens in Klosterschulen konnten Kinder einen Zugang zu Werken haben, die aber vor allem der religiösen Unterweisung und mittelbar auch der Alphabetisierung dienten. Auch nach der Einführung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert wurde der Zugang der Kinder zu Literatur nicht leichter. Für sie gab es speziell entworfene Bücher als Lernhilfen wie etwa Hornbücher. Wichtigste Lektüre blieben nach wie vor u.a. die Bibel und das Gesangbuch.1 Ab dem 16. Jahrhundert, besonders aber im 19. Jahrhundert wurden viele „Volksmärchen“ gesammelt, die zu jeder Zeit bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind - unter anderem von Giovanni Francesco Straparola, Charles Perrault, Gabrielle-Suzanne de Villeneuve, den Brüdern Grimm und Božena Němcová. Dennoch waren die meisten Bücher im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur moralistische Werke, die einen Lehrhaften Zweck hatten und diese (die KJL) 2 bis ins späte 19. Jhd. prägten, obwohl ab Mitte des 18. Jahrhunderts die rein religiöse Botschaft immer mehr von dem von Locke und Rousseau propagierten rationalen Moralismus, bei dem die erzieherische Botschaft in raffiniert ausgearbeiteten Geschichten versteckt wird, verdrängt wurde. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auch reine Fantasie- und Abenteuergeschichten immer mehr als Kinderliteratur akzeptiert.3 Im Laufe der Zeit entwickelten sich unterschiedliche Bereiche der KJL, die den Wünschen und Vorstellungen der Zielgruppe entsprechen konnten. In der heutigen Zeit thematisieren Erzählungen der KJL nahezu alle Bereiche der Gesellschaft, es lässt sich fast alles altersgerecht beschreiben, so dass die Themenvielfalt dementsprechend dieselbe Bandbreite wie in der Literatur für Erwachsene aufweist. Kinder und Jugendliche können sich demzufolge heute auch in für sie verfassten Büchern mit „härteren“ sie betreffenden gesellschaftlichen und sozialen Themen auseinandersetzen wie z. B. Tod Ausländerfeindlichkeit, HandyKonsum, Behinderungen, Scheidung der Eltern oder der Kampf um Selbstbestimmung.4 In der vorliegenden Sachanalyse wird der Jugendroman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf unter die Lupe genommen. Dabei wird als erstes kurz auf den Autor selbst eingegangen. Danach folgt eine Inhaltsangabe des Werks, damit der Analysegegenstand klar wird. Anschließend werden die Textsorte, der Aufbau sowie der Stil und die Sprache dieses Jugendromans beschrieben.

1 Vgl. Bravo-Villasante, S. 39. 2 Ab jetzt KJL genannt. 3 Vgl. Bravo-Villasante, S. 41 f. 4 Ebenda. S. 44 ff.

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2. Sachanalyse 2.1. Der Autor Wenig ist über das Leben von Wolfgang Herrndorf bekannt, zumindest bis 2010. Es existieren nur wenige Informationen, denn eine Biografie gibt es nicht. Es ist bekannt, dass er nach seinem Studium im Bereich der Malerei nach Berlin umgezogen ist und sich dort den Illustrationen und Comics für satirische Zeitschriften gewidmet hat. Dies ereignete sich Anfang/Mitte der 1990er Jahre. Dass er zum Romaneschreiben kam, kann man als Zufall betrachten. Er veröffentlichte 2002 seinen ersten Roman „In Plüschgewittern“. Mehr Informationen über ihn und sein Leben bekommt man ab dem Augenblick, als bei ihm ein bösartiger Hirntumor entdeckt wird. Im selben Jahr erscheint auch der Jugendroman „Tschick“, der den Gegenstand der vorliegenden Arbeit darstellt. Die Entdeckung des Tumors führt dazu, dass er am 08.03.2010 mit dem Schreiben eines Tagebuchs beginnt („Arbeit und Struktur“ zu finden unter www.wolfgang-herrndorf.de). In diesem Tagebuch liefert er Informationen über seine persönliche Lage, aber auch über die Projekte, mit denen er sich während seiner Krankheit beschäftigt. So erfährt man, dass er an einer Erzählung arbeitete, die den Titel „Isa“ hat und 2014 posthum als Fragment unter dem Titel „Bilder deiner großen Liebe“ erschien. Auch die Entwicklung seiner Krankheit wird detailliert beschrieben und auch die Tatsache, dass das Wachstum des Tumors nicht aufgehalten werden konnte. Somit beschrieb Herrndorf in seinem Tagebuch seine Auseinandersetzungen mit dem unausweichlich kommenden Lebensende. Der letzte Eintrag ist am 20. August 2013. Er ist freiwillig aus dem Leben geschieden und sich am 26.08.2013 am Ufer des Hohenzollernkanals erschossen.5 2.2. Kurzinhaltsangabe des Jugendromans „Tschick“ Im folgenden Punkt wird der Inhalt des Romans kurz dargestellt. Dieses Werk von Wolfgang Herrndorf wurde 2011 mit dem Deutschen Literaturpreis und den ClemensBrentano-Preis ausgezeichnet. Vor allem wurde die Lebendigkeit der Figuren sowie die Aktualität der dargestellten Themen und der beschriebenen Probleme gelobt. 6 Das Werk von Herrndorf beginnt mit dem Ende. Die Hauptfigur, Maik Klingenberg sitzt blutend nach einem auf der Station der Autobahnpolizei. Während er überlegt, ob er mit 14 schon strafmündig ist und ob er einen Anwalt bracht, kippt er ohnmächtig um. Die nächste Zeit verbringt er im Krankenhaus, wo er sich sehr wohl fühlt, bis auf die periodischen Gespräche mit dem Arzt und den immer wieder kommenden Polizisten.7 Die Geschichte geht nun mit dem Rückblick weiter. Maik geht ins Gymnasium in Berlin Marzahn, wo er keine Freunde hat, sich unsichtbar fühlt und auch seltsam verhält. Er erzählt von sich selbst, dass er nicht gut darin sei, Leute kennenzulernen. 5 Vgl. Möbius 2019, S. 12 f. 6 Vgl. Scholz 2014, S. 81 f. 7 Vgl. Herrndorf 2010, S. 7 ff. (nachfolgend PL (Primärliteratur) genannt)

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Das beginnt ihn aber erst zu stören, als er sich in die Klassenschönheit Tatjana Cosic verliebt. Maik Klingenberg fällt ein einziges Mal in der Klasse auf, was auch dazu führt, dass er den Spitznamen „Psycho“ erhält. Der Grund dafür ist ein Aufsatz, in dem Maik die Wahre Gegebenheit schildert, dass seine alkoholkranke Mutter mehrmals in einer Entzugsklinik aufhält. Diese Klinik wird von den Klingenbergs „Beautyfarm“ genannt. 8 Nach den Osterferien kommt Tschick neu in die Klasse. Sein bürgerlicher Name lautet Andrej Tschichatschoff und wird als „Asi“ 9 bezeichnet, den keiner, inklusive Maik, nicht leiden kann. Dadurch, dass er sich nicht als kontaktfreudig zeigt und oft nach Alkohol riecht, verbreiten sich schnell Gerüchte, die wilde Vermutungen um Tschick darstellen – wie beispielsweise Verbindungen zu der russischen Mafia. Ein zentrales Ereignis zu Beginn der bevorstehenden Sommerferien ist Tatjanas Geburtstagsfeier, zu der nur Maik und Tschick nicht eingeladen sind. Maik hat schon seit Wochen an einer selbstgemachten Zeichnung der Sängerin Beyonce als Geschenk für Tatjana gearbeitet. Als Maik geknickt nach Hause geht, wird er erstmals von Tschick angesprochen.10 Die Mutter von Maik bricht zu einem erneuten Aufenthalt in der Entzugsklinik auf und sein Vater begibt sich auf eine spontane zweiwöchige Dienstreise mit seiner attraktiven Assistentin Mona, wobei er Maik 200 € Bargeld lässt. Während Maik sich darauf einstellt, die Ferien alleine beim Computerspielen und am Pool liegend zu verbringen, kommt Tschick unerwartet zu ihm nach Hause. Die beiden spielen am Computer und unterhalten sich den ganzen Abend. Tags darauf kreuzt Tschick erneut bei Maiks Wohnung auf, doch diesmal mit einem alten klapprigen Lada Niva. Die beiden Jugendlichen fahren eine Runde mit den „geliehenen“ Wagen. Dabei nehmen sie die Zeichnung von Beyonce und bringen sie zur Geburtstagsfeier von Tatjana, nur um diese zu überreichen und wieder zu gehen. Dabei hinterlassen sie einen deutlichen Eindruck bei den sowieso schon verblüfften Klassenkameraden. Die nächsten Tage verbringen die beiden Jungs beim Computerspielen als Tschick den Vorschlag macht, dass sie mit dem alten Lada in die Walachei fahren, da er dort Verwandte habe. Sie wissen nicht ganz genau, wo die Walachei liegt, sie wollen aber beide einfach wegfahren. Beladen mit meist unnützem Gepäck, fahren sie mit dem gestohlenen Auto los und verlieren fast umgehend die Orientierung. Sie fahren meist Feldwege und abgelegene Landstraßen, um von der Polizei nicht kontrolliert zu werden. Tschick bringt Maik außerdem auch das Autofahren bei. 11 Beim Frühstück in einer Dorfbäckerei beobachten die Jungs als 2 Polizisten ihr Auto inspizieren und tauschen daraufhin die Kennzeichen mit diesen eines alten und verlassenen VW Käfers. Beide übernachten an einer Aussichtsplattform eines 8 Vgl. PL, S. 21, ff. 9 PL, S. 42 10 Vgl. Scholz 2014, S. 10 ff. 11 Ebenda, S. 13 f.

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Windrads uns sprechen über philosophische Themen wie Leben und Tod und parallele Universen. Es hilft aber alles nichts am nächsten Tag als sie einen Dorfpolizisten auf dem Weg von einem Supermarkt zurück treffen. Während Tschick mit dem Lada fliehen kann, stiehlt Maik das Fahrrad des Dorfscheriffs und versteckt sich in einem Wald, wo er daraufhin die Nacht verbringt. Am nächsten Tag treffen sich die beiden Jungs an der Aussichtsplattform wieder, obwohl sie sich gar nicht dort verabredet haben. Tschick hat das Auto um lackiert und erneut die Kennzeichen gewechselt, sodass die Reise fortgeführt werden kann. 12 Das nächste Problem für die beiden Abenteurer erweist sich der fast leere Tank. Da beide keine Ahnung haben, wie man tankt und außerdem würden sie auffallen, wenn sie an der Tankstelle aufladen würden, beschließen sie, Benzin mit einem Schlauch aus einem anderen Auto zu entnehmen. Somit suchen sie einen Schlauch bei einer naheliegenden Mülldeponie. Dort machen sie Bekanntschaft mit Isa, einem verdreckten Mädchen, das auf der Deponie wohnt. Die Jungs reagieren zunächst abstoßend und versuchen sie, wegzuschicken. Als Maik hört, wie schön Isa singt, denkt er, dass vielleicht nicht alles an ihr abstoßend ist. Außerdem hilft sie ihnen, Benzin von einem alten VW Golf zu entnehmen, da sie auch nicht wissen, wie das funktioniert. Als Dank nehmen die Jungs Isa mit, die behauptet, ihre Halbschwester in Prag besuchen zu wollen. Die drei übernachten an einem See. Am nächsten Tag schubsen die beiden Jungs Isa in den See, um ihren Gestank loszuwerden. Danach bittet sie Maik, ihre Haare zu schneiden, denn in ihnen wohnen Flöhe. Dabei zieht sie vor dem verblüfften Maik ihr T-Shirt aus. Während sie auf Tschick warten, macht Isa Maik ein eindeutiges Angebot: „Hast du schon mal gefickt?“ 13. Dabei ist der Junge überfordert, aber er mag Isa immer mehr. Sie schlägt vor, dass sie es erstmal nur mit Küssen probieren, aber genau in diesem Augenblick kommt Tschick wieder zurück. Die drei besteigen den Berg, an dessen Fuß sie übernachtet haben und betrachten die Schnitzereien von Wanderern und Bergsteigern dort. Sie beschließen, sich in 50 Jahren wieder an derselben Stelle zu treffen, ritzen ihre Initialen ins Holz und steigen wieder herunter. Als sie Reisebusse neben dem Lada bemerken, entscheidet Isa kurzentschlossen, dass sie mit dem Bus schneller vorankommt, leiht sich 30 Euro von Maik und fährt weg.14 Maik und Tschick sind wieder unterwegs. Damit sie die Polizei ausweichen, fahren sie kleine Feldwege. So werden sie ins Niemandsland geführt. Dort begegnen sie einem alten Mann, der in einem verlassenen Dorf alleine lebt und auf sie schießt. Dann versuchen sie erneut von der Polizei zu flüchten, wobei sich ihr Auto überschlägt. Beide Jungs sind unverletzt, doch die Dame, die ihnen zu Hilfe eilt, lässt vor Schreck einen Feuerlöscher auf Tschicks Fuß fallen. Somit müssen sie ins Krankenhaus. Dort melden sie sich unter falsche Namen an, da sie keine 12 Ebenda, S. 14 f. 13 PL, S. 171. 14 Vgl. Scholz 2014, S. 15 ff.

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Versicherung haben. Nachdem sie den Lada auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus entdecken, flüchten sie und wollen weiterfahren. Da aber Tschicks Fuß in Gips ist, muss Maik seine Fahrkünste unter Beweis stellen. Davor gesteht Maik, dass er ein Feigling und Langweiler ist, was Tschick abstreitet und outet sich selbst als homosexuell. Maik überlegt kurz, ob er nicht schwul werden könnte, beschließt jedoch, dass er Mädchen doch lieber mag. Dann fahren die beiden davon. 15 Unterwegs auf der Autobahn versucht Maik, einen serbischen Schweinelaster zu überholen, der aber dies nicht zulassen will und wechselt ständig die Spur bis er endlich umkippt und der Lada hineinkracht. Die Jungs überleben den Unfall, Tschick flüchtet humpelnd in den Wald, da er Angst hat, wieder ins Heim zu müssen und Maik wird von der Polizei aufgegriffen. Somit kommt man an den Punkt vom Anfang des Buches. Die Geschichte geht nun wieder zu Hause weiter. Maik wird von seinem Vater geschlagen, der ihn davon überzeugen möchte, vor Gericht die ganze Schuld auf Tschick zu schieben. Maiks Mutter trinkt. Doch bei der Gerichtsverhandlung erzählt Maik, dass sie alles zusammen geplant haben. Als Urteil muss Tschick zurück ins Heim und Maik Arbeitsleistungen erbringen – ein mildes Urteil, das darauf beruht, dass beide aus schwierigen Verhältnissen kommen. 16 Als die Schule wieder anfängt, wird Maik jetzt von seinen Mitschülern und vor allem von Tatjana bemerkt. Sie zeigen Interesse an seinen Verletzungen und an seinen Erlebnissen in den Sommerferien, vor allem nachdem Maik aus der Klasse von zwei Polizisten herausgeholt wird. Maik erhält auch einen Brief von Isa, die nach Berlin kommen will und ein Treffen unter der Weltzeituhr vorschlägt. Maik philosophiert in Gedanken über das Leben und ob er in Tatjana oder Isa verliebt ist, sein Gedankengang wird jedoch von einem lauten Geräusch unterbrochen. Seine Mutter wirft Möbel in den Pool. Der Vater ist ausgezogen und sucht mit Mona nach einer neuen Wohnung. Maik hilft seiner Mutter dabei, die Einrichtungsgegenstände in den Poll zu schmeißen und schließlich springen beide ins Wasser und tauchen unter. Maik ist glücklich, wobei er an Tschick, Isa und die Erlebnisse im Sommer denkt. 17 2.3. Textsortenmerkmale von „Tschick“ Als Jugendroman ist „Tschick“ ein besonders für Jugendliche geschriebenes Werk und besitzt Hauptfiguren, die sich selbst im Jugendalter befinden. Deshalb können sich die jungen Leser leicht mit den Protagonisten identifizieren. Das Buch ist anschaulich und leicht verständlich verfasst. Bei der Textsorte Jugendroman unterscheidet man zwischen Abenteuer- und RoadTrip-Romanen (wie im Falle von „Tschick“), historischen Werken („Am kurzen Ende der Sonnenallee“ (1999), „Der gelbe Vogel “ (1977) oder „Damals war es Friedrich“ 15 Vgl. Möbius 2019, S. 40 ff. 16 Vgl. Scholz 2014, S. 19 ff. 17 Vgl. Möbius 2019, S. 45

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(1961)) oder auch Büchern mit geschlechtsspezifischen und psychologischen Schwerpunkten („Das Muschelessen“ (1990)). 18 Im Jugendroman Tschick werden die Themen aufgegriffen, die typisch für diese Textsorte sind. So lassen sich einige Themenkomplexe erkennen: -

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„Freundschaft – Liebe – Sexualität“ – Tschick und Maik sind Außenseiter in der Klassengemeinschaft zu Beginn. Die Entwicklung ihrer Freundschaft, sowie diese mit Isa nimmt eine zentrale Stelle ein. Auch Maiks Stellung in der Klasse verbessert sich, denn sogar sein Schwarm Tatjana zeigt Interesse an ihm. Das Thema „Sexualität“ spiegelt sich darin wider, dass Tschick seine Homosexualität komplett akzeptiert, während Maik eine ständige innere Auseinandersetzung erlebt. Somit lehnt er auch den von Isa angebotenen Geschlechtsverkehr ab.19 „Umgang mit Gesetzen und Regeln“ – der Konflikt mit gesellschaftlichen Normen und Wertvorstellungen ist ein wesentliches Thema des Reifungsprozesses. Somit verstößt Tschick bewusst gegen die geltenden Gesetze, stiehlt das Auto, wobei er seine Tat rechtfertigt, dass das Auto „nur geliehen“20 sei.

2.4. Aufbau Die Struktur des Romans ist narrativ und besteht im Wesentlichen aus einer Rahmenerzählung, die zeitlich nach dem Unfall angesiedelt ist, und dem Rückblick, der den größten Platz einnimmt. In diesem wird auch die eigentliche Reise erzählt. Man kann die zeitliche Struktur des Werks anhand der Angabe zweier Wochentage und eines konkreten Datums rekonstruieren. Das erste ist „Sonntag“ 21, Tag des Reisebeginns. Das genaue Datum wird im Kapitel 34 bekanntgegeben: 17.07.2010, der Tag an dem die Jugendlichen auf dem Berg sind, da sie sich genau 50 Jahre später am, 17.07.2060 wieder da treffen wollen. 22 Die letzte Wochentagangabe ist „Sonntagabend“ 23 nach dem ersten Unfall. Das ist der 8. Reisetag und die Jungs warten in der Notaufnahme der Klinik. Die Rahmenhandlung, mit der das Buch beginnt, beinhaltet einige Tage nach dem zweiten Unfall, die Maik auf der Polizeistation und im Krankenhaus verbringt. Nach der Rückblende wird diese Erzählgegenwart wieder aufgenommen und es werden die Ereignisse vom Vortag der Gerichtsverhandlung bis zum ersten Schultag und darüber hinaus erzählt. Schon der Titel des Romans „Tschick“ zeigt auf den Protagonisten, der als Moment der Handlungsauslösung betrachtet werden kann. Die Entwicklungsprozesse der 18 Vgl. https://lektuerehilfe.de/merkmale-textsorten/epik/roman/jugendroman, Zugriff am 21.11.19, 06:00 Uhr 19 Vgl. Möbius 2019, S. 50 f. 20 PL. S. 82. 21 PL, S. 101. 22 Vgl. PL, S. 175. 23 PL, S. 199.

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beiden Jugendlichen überlagern sich in ihrer Begegnung aber vor allem auf der gemeinsamen Reise. Indem das Werk die jugendlichen Helden Maik, Tschick und Isa betont, folgt es dem Handlungsmuster des modernen Adoleszenzromans.24 Das Erzähltempo des Romans ist unterschiedlich. Dialoge werden oftmals deckend erzählt, was darauf hinweist, dass das Verhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit nahezu gleich sind: „ “25. Einzelne Szenen werden zeitdehnend dargestellt. Beispiel dafür ist die Szene mit dem Schweinetransporter: „In absoluter Stille glitten wir auf diese Räder zu und ich dachte, jetzt sterben wir also. Ich dachte, jetzt komme ich nie wieder nach Berlin, jetzt sehe ich nie wieder Tatjana […].“26. Im Gegensatz dazu werden viele Episoden der Reise zeitraffend erzählt27: „Eine Stunde nach der anderen saß ich oben auf der Mauer und wartete.“28 Die Reise wird als ein Weg zur Identität verstanden, der mit dem Abschied von der Kindheit und Naivität, sowie mit der Auseinandersetzung mit dem Lebensende verbunden sind. Der Neubeginn einer Erwachsenenidentität läuft Hand in Hand mit dem Hineinwachsen in soziale Rollen. Der Fokus der Romanhandlung ist auf den Ich-Erzähler gerichtet. Somit lässt sich an seiner Entwicklung die Handlungsstruktur im Hinblick auf seinen „Erwachsenwerdenprozess“ wie folgt darstellen 29:

Abbildung 1: Handlungsstruktur, Quelle: Möbius 2019, S. 49

2.5. Stil und Sprache Die Erzählersprache zeigt eine Nähe zur Alltagssprach, dabei handelt es sich um eine Kunstsprache, dich sich diverser sprachlicher Mittel bedient: syntaktisch 24 Vgl. Möbius 2019, S. 47. 25 PL. S. 96. 26 Ebenda, S. 223. 27 Vgl. Scholz 2014, S. 49 f. 28 Ebenda, S. 141. 29 Vgl. Möbius 2019, S. 49.

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betrachtet findet sich ein einfacher, oft praktisch angelegter Satzbau, der einen lakonischen Stil darstellt und von konzeptioneller Mündigkeit geprägt wird. Diesen Einfluss der Mündigkeit kann man beispielsweise in fehlerhaften Nebensatzbildungen erkennen: „Weil, das war zu einer Zeit, da hatten wir gerade ein Herbarium angelegt“30. Ähnlich kann man das bei dem Versuch, dialektale Mündlichkeit in Schriftform wiederzugeben: „Ma orndlich was auffe Bruss für unsere tüchgen Fahrafahra“31. Das erzeugt nebenbei noch einen komischen Effekt. Die Unmittelbarkeit der gesprochenen Sprache wird auch durch die zahlreichen Dialoge produziert. 32 Die Erzählersprache bedient sich an einigen Sprachregistern und so findet sich neben der durchgängigen Verwendung der Standardsprache eine mehr oder weniger Stark ausgeprägten Imitation von jugendsprachlichen Slangs mit zahlreichen Fäkalund vulgärsprachlichen Ausdrücken. Beispielhaft dafür sind „endgeil“ 33, „Vollprofi“34, „Tatjana geht kaputt auf Beyonce“35, „voll asi“36 (Jugendsprache), „Scheißschule“37, „Frag sie, du Arsch“38, „Scheißkanake“39 (Fäkalsprache), „Russenschwuchtel“40, „Fotze“41, „Hol dir einen drauf runter“42 (Vulgärsprache). 43 Im sprachlichen Register werde auch Neologismen benutzt: „HochsprungLegastheniker“44, flektier...


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