Handout Gütekriterien PDF

Title Handout Gütekriterien
Author Marcus Ressmann
Course Empirische Methoden
Institution Universität Graz
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Description

Julia Mecenovic Handout: Gütekriterien qualitativer Forschung 1. Grundpositionen zur Bewertung qualitativer Forschung 

Quantitative Kriterien für qualitative Forschung

Kriterien der quantitativen Forschung werden auf die qualitative Forschung übertragen. Die zentralen Kriterien sind Validität, Objektivität und Reliabilität, welche bei der experimentellstatistischen und der hypothesenüberprüfenden Forschung, sowie bei der Psychometrie (Tests, Fragebögen, Skalen) angewendet werden. Kriterien der quantitativen Forschung werden durch Reformulierung an die qualitative Forschung angepasst. 

Eigene Kriterien qualitativer Forschung

In dieser Position wird die Übertragbarkeit quantitativer Kriterien auf die qualitative Forschung bezweifelt. Ausgangspunkt ist die wissenschaftstheoretische und methodische Besonderheit der qualitativen Forschung. o

Kommunikative Validierung: Dem Untersuchten werden die Ergebnisse mit dem Ziel vorgelegt, dass sie auf ihre Gültigkeit bewertet werden.

o

Triangulation: Durch komplementäre Methoden sollen bei einer Untersuchung Verzerrungen die einer Theorie bzw. Methode anhaften, kompensiert werden.

o

Validierung einer Interviewsituation: Konkret wird untersucht ob es zu einem Arbeitsbündnis zwischen dem Forscher und der untersuchten Person gekommen ist.

o

Authentizität: Dieses Kriterium bezieht sich auf folgende Bereiche: Wurde mit den Äußerungen des Untersuchten und den Wertstrukturen der Forschung sorgfältig umgegangen? Dient die Forschung der Entscheidungsfindung oder als Anregung für Handlungen?)



Postmoderne Ablehnung von Kriterien

Diese Ansicht widerspricht einer Möglichkeit, Qualitätskriterien für qualitative Forschung zu formulieren. Aus postmoderner Sicht sei es unmöglich, Kriterien auf ein festes Bezugssystem zu beziehen. 2. Ausgangspunkte für die Formulierung von Kernkriterien 

Qualitative Forschung kann ohne Bewertungskriterien nicht bestehen:

Die Gefahr der Willkürlichkeit und Beliebigkeit in einer qualitativen Forschung würde ohne Kriterien sehr groß sein. 

Quantitative Kriterien sind nicht für die Bewertung qualitativer Forschung geeignet:

Sie wurden für ganz andere Methoden entwickelt (Tests, Experimente), die wiederrum auf eigenen wissenschaftlichen Theorien basieren. Die Grundannahmen qualitativer Forschung sind nicht mit der quantitativen vereinbar, daher ist die Erwartungshaltung, dass die Kriterien der quantitativen Forschung genauso bei der qualitativen Forschung anzunehmen sind, ungerechtfertigt. 1

Julia Mecenovic 

Für die qualitative Forschung müssen Kriterien, die deren eigenen Profil entsprechen

(Ziele, Kennzeichen, Ausgangspunkte) entwickelt werden. Es geht dabei nicht darum einzelne Kriterien zu formulieren, vielmehr ist ein System notwendig, das Aspekte der Bewertung möglichst abdeckt. 3. Kernkriterien qualitativer Forschung Folgende Kernkriterien qualitativer Forschung decken einen Kriterienkatalog ab, an dem sich die qualitative Forschung orientieren kann. 

Intersubjektive Nachvollziehbarkeit

Bei der qualitativen Sozialforschung kann kein Anspruch auf intersubjektive Überprüfbarkeit erhoben werden, eine identische Wiederholung der Untersuchung ist allein schon wegen der begrenzten Standardisierbarkeit des Vorgehens nicht möglich. Ein Anspruch der Herstellung dieser Überprüfbarkeit kann auf drei Wege erfolgen: o

Die Dokumentation des Forschungsprozesses ist die zentrale Technik. Damit wird das Publikum eingeschlossen, indem man ihnen die Möglichkeit gibt, die Untersuchung Schritt für Schritt zu verflogen, um daraufhin die Ergebnisse bewerten zu können. Einige Beispiele: 

Die Dokumentation der Transkriptionsregeln: Welche Informationen wurden (nicht) transkribiert. Wie einheitlich wird transkribiert und wendet man sich dabei an die Regeln.



Dokumentation der Daten: Voraussetzung dafür, einzuschätzen ob der der Interviewtyp richtig eingesetzt worden ist.

o

Interpretationen in Gruppen sind eine diskursive Form der Herstellung von Intersubjektivität und Nachvollziehbarkeit. Durch den kommunikativen Umgang mit den Daten, können diese besser verstanden und somit besser interpretiert werden.

o

Die Anwendung kodifizierter Verfahren ermöglichen es dem Leser über Informationen zu verfügen, die eine Nachvollziehbarkeit der Untersuchung mit sich bringt.



Indikation des Forschungsprozesses

Das Kriterium der Indikation kann als die Forderung nach Gegenstandsangemessenheit angesehen werden, da nicht nur die Angemessenheit der Erhebungsmethoden in Betracht gezogen wird, sondern auch der Forschungsprozess an sich beurteilt wird. Unterschieden wird: o

Die Indikation des qualitativen Vorgehens angesichts der Fragestellung

o

Die Indikation der Methodenwahl: Sind die Methoden zur Erhebung dem Untersuchungsgegenstand angemessen?

o

Indikation von Transkriptionsregeln: Wie genau sollten Transkriptionen sein?

o

Indikationen der Samplingstrategie: Inwiefern ist die Auswahl der Untersuchungsfälle, -situationen indiziert? 2

Julia Mecenovic o

Indikationen der methodischen Einzelentscheidungen im Kontext der gesamten Untersuchung: Passen die Methoden der Erhebung und der Auswertung zueinander?

o

Indikationen der Bewertungskriterien: Sind die Qualitätskriterien, die an die Studie angelegt werden, dem jeweiligen Gegenstand, der Methode und der Fragestellung angemessen?



Empirische Verankerung

Jede Hypothese oder Theorie sollte in der qualitativen Forschung empirisch begründet werden. Die Theorie ist dabei so anzulegen, dass Neues hinzugefügt werden kann, oder dass theoretische Vorannahmen in Frage gestellt werden können. Für die Theorienüberprüfung werden durch Deduktion der Theorie Folgen oder Prognosen abgeleitet und am Datenmaterial entweder verifiziert oder falsifiziert. Folgende Wege eignen sich zur Prüfung der empirischen Verankerung: o

Die Verwendung kodifizierter Methoden

o

Gibt es hinreichende Textbelege für die entwickelte Theorie?

o

Die Analytische Induktion: Eine weit entwickelte Theorie wird anhand eines Falls überprüft, trifft die Theorie nicht zu, so wird das Phänomen undefiniert, oder der Fall aus der Theorie ausgeschlossen.

o

Aus der generierten Theorie können Prognosen abgeleitet werden und hinsichtlich ihres Eintretens am Text überprüft werden.

o 

Kommunikative Validierung.

Limitation

Dieses Kriterium dient dazu die Grenzen der Verallgemeinbarkeit einer Theorie zu testen. Wenn jede Bedingung der Untersuchung exakt erfüllt sein muss, damit die Erkenntnisse übertragbar sind, dann sind die Ergebnisse der Theorie kaum verallgemeinerbar. Es ist also zu klären welche Bedingungen minimal erfüllt sein müssen, damit die Theorie eintrifft. Durch das Einführen oder Weglassen bestimmter Bedingungen können die relevanten Aspekte die eine Beeinflussung oder Hervorhebung des Untersuchungsgegenstands herausgefunden werden. Dazu dienen folgende Aspekte: o

Bei der Fallkontrastierung werden im Verhältnis zur Theorie maximal und minimal verschiedene Fälle ausgesucht und analysiert.

o 

Explizite Suche und Analyse abweichender, negativer und extremer Fälle.

Kohärenz

Die im Forschungsprozess entwickelte Theorie sollte in sich konsistent sein. Ist die aufgestellte Theorie kohärent? Wurden Widersprüche in den Daten bearbeitet? 

Relevanz

Die Relevanz überprüft die Theorie hinsichtlich ihres pragmatischen Nutzens. Ist die Fragestellung relevant? Welchen Beitrag leistet die entwickelte Theorie? 3

Julia Mecenovic 

Reflektierte Subjektivität

Bei diesem Kriterium wird die Reflektiertheit des Forschers überprüft. Mit welchem Interesse und Hintergrund beginnt die Person ihre Forschung? Inwiefern ist die Person Teil der sozialen Welt? Auf welche Weise wird das forschende Subjekt in die Theorienbildung miteinbezogen? o

Wird der Forschungsprozess durch Selbstbeobachtung begleitet?

o

Werden persönliche Voraussetzungen für die Erforschung des Gegenstandes reflektiert?

o

Besteht eine Vertrauensbeziehung zwischen Forscher und Informant als Voraussetzung für die Erhebung von bestimmten Daten?

o

Erfolgen Reflexionen während des Feldeinstiegs?

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