Handout Kindorientierung PDF

Title Handout Kindorientierung
Author Susu Er
Course Einführung in die Grundschulpädagogik
Institution Universität Passau
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Kindheit und Kindorientierung im historischen Wandel I. Definitionsversuche Kindorientierung: SU ist kindorientiert, indem er den Entwicklungsstand der Ss, ihrer spezifischen Lebens- und Lernformen, Themenaspekte aus ihrer Lebenswirklichkeit, emotionale sowie motivationale Dimensionen wie Mitfühlen, Staunen, Erkundenwollen und Fragelust berücksichtigt und auf Erleben, Erfahren und Handeln hin ausgerichtet ist. Philippe Ariès (1975): Was „kindgemäß“ ist, kann nicht ein für allemal festgelegt werden. Die Auffassung von Kind und seinem Leben ist geschichtlichen Veränderungen unterworfen. Elisabeth Neuhaus (1991): „Es kann… keine über allen Zeiten hin gültige Aussage über das Wesen des Kindes geben. Jede Zeit versucht wieder neu, Kind und Kindsein in den Blick zu bekommen und zu deuten, wobei die Deutung wesentlich von der historischen, kulturellen und soziologischen Situation bedingt ist.“ ! Kindheit und Kindorientierung als Konstrukt der jeweiligen Gesellschaft.

II. Kindheit und Kindorientierung im historischen Wandel 1. Das Mittelalter Im Mittelalter kann man nicht von Kindheit sprechen, indem Sinn in dem wir sie heute verstehen. Die Kinder galten vor allem auch als wichtige Arbeitskräfte, die auf dem Hof helfen mussten. o Die Kinder nahmen schon so früh wie möglich am Arbeits- und Alltagsleben der Erwachsenen teil o Kinder lernten vor allem durch Nachahmen und Mitmachen die Dinge, die sie zum Leben wissen mussten ! Geschlechtsspezifisch o Bildung gab es höchstens für Jungen aus dem Adelsgeschlecht o In Klosterschulen, wurden Jungen unterrichtet, die dem Kloster übergeben wurden

2. Die Aufklärung Durch die Aufklärung änderte sich die Sicht auf die Kindheit und auf die Kinder. Hier ist vor allem Rousseau, der von dem Gutem im Menschen ausging. Kinder galten nicht mehr als kleine Erwachsene, sondern bekamen eigene Rechte: o Kinder haben ihre eigene Würde o Kind galt als Individuum mit eigenständiger Persönlichkeit

o Ziel der Erziehung war es nicht nur die Kinder an die Gesellschaft anzupassen. o Erwachsene werden als Ergebnis ihrer Kindheit gesehen ! Alles was den Kindern widerfährt prägt sie für ihr ganzes Leben lang. So ist ihr Verhalten als Erwachsene in der Kindheit verankert Aber: Es waren zwar alles gute theoretische Ansätze, die aber in der Praxis nicht umgesetzt wurden. So war die Prügelstrafe in der Schule noch Gang und Gebe. Zur Zeit der Industrialisierung wurden die Kinder 3. Reformpädagogik Die Reformpädagogik war eine Weltweite Reform. Ein Leitsatz ihrer Zeit „Vom Kinde aus.“ prägte wie kein anderer die weitere Entwicklung in der Pädagogik und somit die Konzepte der Schulen. Die Kindheit galt einer der bildsamsten Phasen der Entwicklung, in der man am besten auf die Entwicklung der Kinder Einfluss nehmen kann und die Kinder formen. Die Zeit der Kindheit und somit auch die Zeit in der Grundschule sollte für die Kinder eine Zeit des Schonraums sein. So sollte das Lernen und das Spielen sollte in einer möglicht anregungsreichen Umgebung stattfinden, in dem die Kinder Hilfe im Reifen und im Wachsen erfahren sollten. Vertreter waren: - Maria Montessori - Berthold Otto Aber: Es gab noch keine allgemeine Schulpflicht, vor allem in den Sommermonaten wurden die Kinder für die Arbeit auf dem Feldbenötigt. 4. Weimarer Republik Die Weimarer Republik war vor allem im Bereich der Grundschulpädagogik eine bedeutsame Zeit. Die so genannte Weimarer Grundschule war die erste Schule für alle Kinder aus allen Schichten. Die Schule sollte Stätte kindgemäßer grundlegender Bildung sein. In die Pädagogik flossen auch die ersten Konzepte über die Reifung von Kindern mit ein. 4.1 Kindorientierung in der Weimarer Grundschule Die Grundschule soll den Unterricht so gestalten, dass die gesamte Persönlichkeitsentwicklung des Kindes Raum gegeben wird. Der Sachunterricht folgte der Annahme, dass die Kinder in konzentrischen Kreisen lernen. Dabei geht man von der kleinsten Umgebung des Kindes aus. 1. 2. 3. 4.

Das Haus der Eltern Der Garten hinterm Haus Die Nachbarhäuser Die Straße…..

Die Kinder sollten sich auf die Weise ihre Umgebung erkunden. Aber: Wie schon in der Aufklärung zeigt sich auch in der Weimarer Zeit die Umsetzung der Kindorientierung ambivalent. Trotz der guten pädagogischen Ansätze wurde sie nur selten in

die Praxis umgesetzt. Auch zu dieser Zeit war die Prügelstrafe weit verbreitet und im Sommer schrumpften die Klassen rapide, da die Kinder bei der Ernte helfen mussten 5. Nationalsozialismus Die Nationalsozialisten übernahmen die Ansicht, dass die Kindheit als besonders formbare Zeit galt, auf die man besonders leicht Einfluss nehmen kann. Doch für sie war die Zeit kein Schonraum für die Kinder. Sie sollten schon früh mit der NS-Ideologie in Berührung kommen. o o o o

Kinder sollten für die Reinerhaltung der arischen dienen Kinder dienten schon früh für die politischen Zwecke ! HJ und BDM Schulische Qualifizierung stand im Hintergrund die Ideologie stand im Vordergrund Einfluss von Familie und Schule sollte so gering wie möglich gehalten werden

6. Nachkriegszeit Nach dem Krieg besann man sich wieder auf die Pädagogik in der Weimarer Republik. Man hatte das Ziel die Schule zu entideologisieren. o Neueste Ergebnisse der Entwicklungsforschung führten zu einem Paradigmenwechsel o Man sah die Wechselwirkung von den Kindern und Lernenden mit der Umwelt Die Nachkriegszeit bildete auch den Übergang zur Bildungsreform in den 60er und 70er Jahre 7. Bildungsreform Die Entwicklungen in der Kinderpsychologie führten zu einem neuen Standpunkt in der Haltung den Kindern gegenüber. ! die Kindheit ist keine eigenständige Entwicklungsphase, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Die Demokratisierungsversuche durch die Studentenrevolte zogen weite Kreise o Kritik am autoritären Erziehungsstil ! wurde für die Entstehung des NS-Regimes verantwortlich gemacht. o Die Erziehung sollte umstrukturiert werden ! es entstanden verschiedene Strömungen z.B. die antiautoritäre Erziehung o Kinder bekamen mehr Rechte ! Abschaffung der Prügelstrafe o Mehr Wunschkinder durch die Pille 6.1 Kindorientierung in der Bildungsreform In der Bildungsreform kam es zu einer Abkehr von der Kindorientierung. o Kindorientierung wird als Kindertümelei abgetan o Man wirft der Pädagogik vor, die Kinder zu unterfordern o Man erkennt, dass frühkindliches Lernen für die intellektuelle Entwicklung des Menschen wichtig ist o Umstrukturierung der Lehrpläne ! Wissenschaftsorientierung z.B. SAPA Es wurden neue Curriculums erstellt, die sich direkt aus der Fachwissenschaft ableiten, es wurde dabei keine Rücksicht auf die Didaktischen Fragestellungen genommen.

8. Kindheit heute Von der heutigen Kindheit spricht man auch als „Veränderte Kindheit“. Es treten neue Pädagogische Aspekte in den Vordergrund: o Man soll an das Vorwissen der Kinder anknüpfen ! Genetischer Ansatz o Es sollen Bezüge zu dem Alltagsleben der Kinder hergestellt werden o Lerngegenstand = Lebenswelt der Kinder 8.1 Kindorientierung heute Der Lehrer nimmt in einem Kindorientierten Unterricht eine unterstützende und anregende Rolle ein. Er soll Vorraussetzungen schaffen, die eine Aktive Auseinandersetzung mit der Thematik des Sachunterrichts für die Kinder ermöglicht. Bei einem Kindorientierten Unterricht sollte folgendes beachtet werden: o Vermeidung von Trägem Wissen ! die Kinder sollen das erworbene Wissen aktiv anwenden können. o Vor allem konstruktivistisch orientiertes Lernen o Lebenswelt der Kinder ist Unterrichtsgegenstand Ein Beispiel für einen Kindorientierten Unterricht ist der Projektunterricht.

III. Veränderte Kindheit 1. Familiale Lebenswelt o Rückgang der Geburtenzahlen - Ein – Kind -Familien o Vielfalt an Familienkonstellationen - z. B. nicht – eheliche Familiengemeinschaften, Alleinerziehende, Patch – Work – Familien usw. o Veränderte Rolle der Frau - Berufstätigkeit 2. Verändertes Spiel- und Freizeitverhalten o Tendenzen einer Verhäuslichung der Kindheit - Studien belegen: Drinnen spielen macht großen Teil der Freizeit aus o Vielfältige Freizeitangebote für Kinder - z. B. Musikunterricht, Sportvereine, Kinderkulturangebote, Kunst 3. Neue Medien o Kinder sind auf Spielpartner nicht mehr angewiesen - Medien oft als Ersatz für nicht gelebte Erfahrungen oder fehlende Beziehungen o Informationsbeschaffung o Veränderung der Alltagswelt der Kinder und ihrer Freizeitgewohnheiten

4. Veränderte Erziehungsnormen o Heutige vorrangige Erziehungsziele: Selbstständigkeit, Selbstbewusstsein, Phantasie, Werte wie Kooperation und Hilfsbereitschaft o Mehr Offenheit und Liberalität hinsichtlich der Erziehungsvorstellungen - Kindorientiertes Elternverhalten

IV. Auswirkung auf den Grundschulunterricht o Zunehmend anspruchsvollere Grundbildung - z. B. Fremdsprachen o Übernahme von sozialisatorischen und erzieherischen Aufgaben o soziales Lernen findet v. a. in Schule statt o Schule als wichtiger sozialer Treffpunkt o Offeneres und liberaleres Erziehungsklima ! flexible und vielfältige Unterrichtsformen und –methoden - z. B. Projektunterricht, Wochenplanarbeit, Freiarbeit usw. o Kontinuierlicher Anstieg der Bildungserwartungen der Eltern an die Kinder o Erhebliche Stressbelastung für die Kinder o Zunehmende Entgrenzung von Schule und Freizeit! Schule bestimmt in hohem Maße Alltag der Kinder Literatur: -

Faust-Siehl, Gabriele: Kindgemäßheit – Leitbild im Wandel. In: Leitlinien der Grundschularbeit. Hrsg. von Margarete Götz. Langenau-Ulm: Armin Vaas Verlag 1994. S.133-154.

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Fölling-Albers, Maria: Kind als didaktische Kategorie. In: Handbuch Didaktik des Sachunterrichts. Hrsg. von Joachim Kahlert / Maria Fölling-Albers u.a. Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt 2007. S. 36-41.

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Fölling-Albers, Maria: Kindgemäßheit – neue Überlegungen zu einem alten pädagogischen Anspruch. In: Leitlinien der Grundschularbeit. Hrsg. von Margarete Götz. Langenau-Ulm: Armin Vaas Verlag 1994. S. 117-132.

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Fölling-Albers, Maria: Veränderte Kindheit – revisited. Konzepte und Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Kindheitsforschung der vergangenen 20 Jahre. In: Kindheitsforschung Forschung zum Sachunterricht. Jahrbuch Grundschule III. Fragen der Praxis – Befunde der Forschung. Hrsg. von Maria Fölling-Albers/ Sigrun Richter u.a. Seelze/ Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung 2001. S. 10-51.

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Götz, Margarete: Kindorientierung unter der Bedingung veränderter Kindheit. In: Veränderte Kindheit: Konsequenzen für die Lehrerbildung. Hrsg. von Andreas Hartinger/ Rudolf Bauer/ Rudolf Hitzler. Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt 2008. S. 13-22.

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Reich, Kersten: Kindheit als Konstrukt oder die Konstruktion der Kinder? In: Unterricht aus konstruktivistischer Sicht. Die Welten in den Köpfen der Kinder. Hrsg. von Reinhard Voß. 2. Auflage. Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2005. S. 249260....


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