Handout Phonologische Bewusstheit PDF

Title Handout Phonologische Bewusstheit
Author Ochsenkopffrosch
Course Einführung in die Didaktik des Schriftspracherwerbs
Institution Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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Summary

Ein Handout zur phonologischen Bewusstheit als Voraussetzung des Schriftspracherwerbs....


Description

Was ist phonologische Bewusstheit? Definition: Die phonologische Bewusstheit ist eine wichtige Vorläuferfähigkeit des Schriftspracherwerbs und bezeichnet die Fähigkeit die Struktur der Lautsprache zu erkennen, also Sätze in Wörter und Wörter in Laute zu gliedern, sowie das Wissen um die Lautsprache-Schriftsprache-Korrespondenz -

Der Begriff ‚Bewusstheit‘ bedeutet in diesem Fall eine gewisse Reflexionsfähigkeit hinsichtlich der Sprache, also, dass die Kinder die Aufmerksamkeit weg vom inhaltlichen Sprachaspekt eines Wortes und hin zum Formaspekt, bzw. Lautaspekt, lenken. Beispiel: Das Wort „Fisch“  Kind ohne Phonologische Bewusstheit verbindet damit das Tier (inhaltlicher Aspekt) und stellt sich dieses bildlich vor  Kind mit Phonologischer Bewusstheit stellt lautliche Merkmale fest (Formaspekt) o

Fisch reimt sich auf Tisch

o

einmal klatschen  Fisch hat nur 1 Silbe

o

Fisch fängt mit f an

o

Fisch besteht aus drei Lauten  F+i+sch

(Forster, 2005, S. 37)

Phonologische Bewusstheit

Im engeren Sinne - Lautstrukturanalyse z.B. Anlaut und Endlaut erkennen, Inlaut durch anderen Laut ersetzen, Laute zählen, Laut umstellen

Im weiteren Sinne - Strukturelle Oberflächenmerkmale analysieren z.B. Reime erkennen, Wörter in Silben segmentieren

(Einsiedler et al., 2002, S. 195 ff.)

Zweidimensionales Modell der phonologischen Bewusstheit

-

Implizite Bewusstheit = Verfügbares Wissen um verschiedene phonologische Einheiten und die spontane Anwendung dieses Wissens Explizite Bewusstheit = Bewusste Anwendung des Wissens

(Mayer, 2018, S. 50 f.)

Entwicklung der phonologischen Bewusstheit -

Förderung der phonologischen Bewusstheit ist nicht nur Angelegenheit von uns Lehrern, sondern beginnt bestenfalls schon im Kindergarten, bzw. der Vorschule  Beispiel:  Abzählreime, Fingerspiele, Alliterationen  Erste Aufmerksamkeit auf die Lautaspekte der Sprache wird erzeugt  Silbenbewusstheit wird geschaffen (Forster, 2005, S. 38)

Vorschulische Voraussetzungen

Internal (in der Person liegend)  Sprachentwicklung, Gedächtnisentwicklung

Wechselwirkung

External (in der Umwelt liegend)  Umgang mit Schrift in der Familie, Erfahrungen aus dem Kindergarten

(Marx, 2007, S. 38)

-

Im Vorschulalter: o implizites Silbenbewusstsein  79% der Vorschulkinder können ein Jahr vor Einschulung Anlaute identifizieren („Hörst du ein f in Fenster?“) o Silbensynthese unproblematisch  („Welches Wort ist das? A-MEI-SE“) o Identifikation von Reimwörtern möglich o Benennung einzelner Silben allerdings noch nicht möglich o Segmentation von Wörtern in Lauten noch nicht möglich

Fazit: - Entwicklung und Förderung der impliziten Bewusstheit im vorschulischen Bereich - Ausbau zu einer expliziten Bewusstheit auf Phonemebene im Anfangsunterricht des Schriftspracherwerbs (parallele Entwicklung)  Fehlende explizite Bewusstheit kann aufgrund der Parallelität zu Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb führen ( LRS-Risiko) (Mayer, 2018, S. 52 ff.)

Diagnostische Verfahren der phonologischen Bewusstheit -

„Rundgang durch Hörhausen“ = verschiedene Aufgaben, die sehr aussagekräftige Ergebnisse über die Feststellung der phonologischen Bewusstheit liefern o

Aufgaben des Testverfahrens: (48 Einzelaufgaben in acht Bereichen) 

Tiernamen klatschen

o



Tierbilder zusammensetzen und Namen rekombinieren



Zugwaggons mit Lauten beladen



Laute zählen



Anlaut-, Endlaut- und Reimaufgaben

Zeitaufwand: ca. 30-45 min Kurzfassung des „Rundgang durch Hörhausen“ mit nur 18 Aufgaben

-

ARS-Test (Anlaute hören, Reime finden, Silben klatschen) 

Soll von Erzieherinnen bei Vorschulkindern ein Jahr vor Einschulung durchgeführt und ausgewertet werden  1 Jahr Zeit Defizite aufzuholen



Kurz vor Schuleintritt Wiederholung; bei bestehenden Defiziten  Frühes Ausgleichen in der ersten Klasse durch Schule planbar und durchführbar



Rundgang durch Hörhausen als aufwendigeres Diagnoseverfahren findet erst dann Einsatz, wenn es um konkrete Extra-Fördermaßnahmen geht

(Forster, 2005, S. 39 f.) -

Gruppentest zur Früherkennung von LRS o Durchführbar in größerer Gruppe (Klasse); Zeitaufwand: 60 Minuten o Gibt Aufschluss über den Komplexitätsgrad der phonologischen Bewusstheit  Aufgabenstellungen:  Reimwörter erkennen  Silben segmentieren  An- und Endlaute identifizieren  Wortlängen erkennen und einordnen o

Ähnliches Diagnoseverfahren für die Identifikation von Risikokindern bezüglich Leseund Rechtschreibschwierigkeiten: Bielefelder Screening (BISC)

(Schründer-Lenzen, 2013, S. 89 ff.)

Grenzen des Konzepts Reflexionsfrage: Ist die Förderung der phonologischen Bewusstheit ein universelles Vorhersagemittel über den Erfolg oder Misserfolg im Schriftspracherwerb? Für welche Kinder erzielt die Förderung der phonologischen Bewusstheit wahrscheinlich nur geringe Effekte? o

Förderung der phonologischen Bewusstheit darf nicht als Allheilmittel gegen Leseoder Schreibstörungen gesehen werden

o

Mangelnder Transfer der Trainingseffekte  Manche Studien geben positive Ergebnisse, andere eher durchschnittliche, vor allem bei sprachlich beeinträchtigten Kindern werden meist geringe positive Effekte erzielt

o

Bedeutsame kurzfristige Effekte, aber langfristig betrachtet relativieren sich die Effekte, sodass sie nicht mehr gegen den Zufall abgesichert werden konnten

(Mayer, 2018, S. 59 f.)

Quellen:

Einsiedler, W., Frank, A., Kirschhock, E.-M., Martschinke, S. & Treinies, G. (2002). Der Einfluss verschiedener Un-terrichtsmethoden auf die phonologische Bewusstheit sowie auf Lese-und Rechtschreibleistungen im 1. Schuljahr. Psychologie in Erziehung und Unterricht49. S. 194-209.

Mayer, A. (2018).Gezielte Förderung bei Lese-und Rechtschreibstörungen (S.45-89). München.

Forster, M. (2005). Phonologische Bewusstheit als zentrale Voraussetzung für das Lesen: Möglichkeiten der Diag-nose und Förderung. In E. Gläser & G. Franke-Zöllmer (Hrsg.), Lesekompetenz fördern von Anfang an. Didaktische und methodische Anregungen zur Leseförderung(S.36-49) Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.

Marx, P. (2007). Lese-und Rechtschreiberwerb (S. 38-72, 102-113). Paderborn: Schöningh.

Schründer-Lenzen, A. (2013): Schriftspracherwerb. 4. Auflage. Wiesbaden, 83-104....


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