Lösung Übungseinheit 2 PDF

Title Lösung Übungseinheit 2
Course Privatrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für angehende Führungskräfte
Institution Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
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Summary

Lösung Übungseinheit 2...


Description

24.04.2018

Beispiel 1 (nach OLG Nürnberg NJW-RR 2001, 3; Wellenhofer, FamR, 4. Auflage, S. 84 f.): Ehemann Malte (M) hat eine kostbare Perlenkette erworben, die er in einer Schmuckschatulle verwahrt. Bei besonderen Anlässen darf Ehefrau Franziska (F) die Kette tragen. Als sich M und F trennen, macht F geltend, die Kette gehöre ihr, und verlangt sie von M heraus. M beansprucht das Eigentum jedoch für sich, die Kette diene primär seiner Vermögenslage. Hat F gegen M einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB?

F könnte gegen M einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB zustehen. Voraussetzung hierfür wäre, dass F Eigentümerin der Kette ist. Eine Damenhalskette im Besitz des Ehegatten ist normalerweise zum persönlichen Gebrauch durch die Ehefrau bestimmt, sodass die Vermutung des § 1362 II BGB für das Eigentum der F sprechen könnte. Indes muss sich der Zweck eines wertvollen Schmuckstücks nicht in seinem Gebrauch erschöpfen. Vielmehr wird M vorliegend angesichts des Umstands, dass die Kette bei ihm allein unter Verschluss war, plausibel darlegen können, dass ihm die Kette primär als Vermögensanlage diente. Damit ist die Eigentumsvermutung des § 1362 II BGB zunächst wiederlegt. F wird daher mit ihrem Herausgabeanspruch nur Erfolg haben, wenn sie eine Eigentumsübertragung auf sie (z. B. aufgrund einer Schenkung) beweisen kann. Dafür ist aber nichts ersichtlich. Somit kann F nicht die Herausgabe verlangen.

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24.04.2018

Beispiel 21 F und M sind verheiratet und leben in einer Mietwohnung. Gläubiger G der Ehefrau F erwirkt gegen diese einen Titel (gerichtliches Urteil) und beauftragt den Gerichtsvollzieher GV, die Zwangsvollstreckung aus dem Titel vorzunehmen. GV pfändet die im Wohnzimmer von F und M stehende Vase. M widerspricht der Pfändung mit der Behauptung: „Diese Vase gehört mir. Die habe ich mit in die Ehe gebracht.“ Wer ist Eigentümer der Vase?

Der Schutzzweck des § 1362 BGB bezieht sich allein auf die während der Ehe angeschaffte Sachen, bei denen häufig nicht erkennbar ist, ob sie gemeinsam oder nur von dem einen oder dem anderen Ehegatten erworben wurden. Für die bereits in die Ehe eingebrachten oder kraft Erbgangs erworbenen Sachen besteht diese Schwierigkeit gerade nicht. M wird daher darlegen können, dass die Vase ihm bereits zuvor gehört hat. Auf diese Weise kann er die Vermutung des § 1362 I BGB erfolgreich widerlegen und die Zwangsvollstreckung verhindern.

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Vgl. Wellenhofer, FamR, 4. Auflage, S. 90.

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24.04.2018

Beispiel 3 (nach BGH Urt. v. 28.02.2018 – XII ZR 94/17) F und M sind verheiratet und haben 3 Kinder. Lediglich M verfügt über ein en Pkw, das zugleich das Familienfahrzeug ist. Der Pkw ist auf M zugelassen und vollkaskoversichert. Die monatliche Versicherungsprämie für den Pkw beträgt 145 €. Mit einem von M unterzeichneten Schreiben vom 22.12.2014 kündigt dieser die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug zum 01.01.2015. Am 05.10.2015 wurde der Pkw bei einem Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 12.000 €. Konnte M die Vollkaskoversicherung ohne Mitwirkung von F kündigen?

Nach § 1357 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Dies kann auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass der Abschluss des Versicherungsvertrages ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstellt. Dies richtet sich wiederum nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Der Abschluss einer Vollkaskoversicherung fällt in den Anwendungsbereich des § 1357 I BGB, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliegt. Bei dem Pkw handelt es sich um das einzige Fahrzeug der Familie. Auch die Monatsprämien bewegen sich in einem angemessenen Rahmen, weshalb keine Verständigung der Ehegatten über den Abschluss der Vollkaskoversicherung erforderlich war. So wie es den Eheleuten möglich ist, für und gegen ihren jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, muss es ihnen spiegelbildlich auch erlaubt sein, sich hiervon mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen. Entsprechend konnte M die Vollkaskoversicherung ohne Mitwirkung von F kündigen.

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24.04.2018

Fall 2: Mona Lisa2 Orthopäde Dr. H hat (nur) gegen M wegen einer Forderung einen vollstreckbaren Zwangsvollstreckungstitel erwirkt und betreibt gegen diese die Zwangsvollstreckung. Er hat im Wege der Sachpfändung ein wertvolles Bild pfänden lassen. Dieses war von M nach der Eheschließung mit F angeschafft worden. Als Doppelverdiener lebten sie in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. M und F haben sich jedoch auseinander gelebt und leben mittlerweile getrennt. D as Bild befindet sich in der ehemals gemeinsamen Wohnung der Eheleute, in der F jetzt alleine lebt. Allerdings stand noch „Herr M“ auf dem Klingelschild. Frau F hält die Pfändung für unzulässig und beabsichtigt gerichtlich gegen die Pfändung vorzugehen. Denn sie ist der Ansicht, dass sie an dem Bild mitberechtigt sei und die Pfändung nicht hinnehmen müsse. Dr. H ist hingegen der Ansicht, dass die Pfandsache allein dem M zustünde. Wie sind die Eigentumsverhältnisse?

Fraglich ist, ob F bzgl. des Bildes zumindest Miteigentum hat. 1. Dem (Mit-)Eigentum der F könnte die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB entgegenstehen. Danach wird zugunsten der Gläubiger eines Ehegatten vermutet, dass der Ehegatte, der im konkreten Fall Schuldner ist, Eigentümer der Sache ist. Demnach könnte die Vermutung dafür sprechen, dass M als (Allein-)Eigentümer anzusehen ist. Gemäß § 1362 I 2 BGB gilt die Eigentumsvermutung jedoch nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im Besitz des Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Die Ehegatten hatten sich vor der Pfändung getrennt und F lebte z.Zt. der Pfändung allein in der Wohnung und hatte somit Alleinbesitz. Der Umstand, dass M noch auf dem Klingelschild stand, ist hierfür unerheblich. Somit gilt die Eigentumsvermutung gemäß § 1362 I 2 BGB nicht. 2. Das gepfändete Bild könnte im Alleineigentum des M stehen. M hat das Bild angeschafft, was dafür spricht, dass im Geschäft dieses auch an M gemäß § 929 BGB übereignet worden ist. Danach wäre M Alleineigentümer. 3. F könnte jedoch Miteigentum gemäß § 1357 I 2 BGB erlangt haben. Zwischen M und F bestand bei Vertragsschluss eine wirksame Ehe, wobei wegen der Stellung in den allgemeinen Ehevorschriften der Güterstand unerheblich ist. 2

Vgl. Repetitorium Alpmann Schmidt, 2014 I, FamR, Fall 1 2. Abw.

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Die Anschaffung des Bildes stellt ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs im Sinne von § 1357 I 1 BGB dar. Da nach dem äußeren Lebenszuschnitt der Eheleute sich diese offenbar auch leisten konnten, ist auch die Angemessenheit des Geschäfts zu bejahen. Somit wurde aus dem von M geschlossenen Kaufvertrag F gemäß § 1357 I 2 BGB mitverpflichtet und mitberechtigt. Legt man den Wortlaut des § 1357 I 2 BGB „beide Ehegatten sind berechtigt“ sachenrechtlich aus, so hätte F automatisch per Gesetz das Miteigentum an dem später gepfändeten Bild erworben. Ob dem § 1357 BGB auch dingliche Wirkung zukommt, ist umstritten. a) Nach einer Ansicht begründet § 1357 BGB Miteigentum beider Ehegatten. Die Begründung der Schlüsselgewalt beruhte ursprünglich auf der Erwägung, dem Ehegatten, der kein eigenes Einkommen hat, dem aber die Haushaltsführung überlassen ist, die Rechtsmacht einzuräumen, Geschäfte mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Die Bestimmung diente also letztlich dazu, die Gleichberechtigung der Ehegatten zu verwirklichen. Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks ist es nur folgerichtig, wenn beide Ehegatten auch dinglich berechtigt werden, also Miteigentum erwerben. b) Nach hM hat § 1357 BGB keinerlei dingliche Wirkung. Ein Gegenstand, der im Wege eines Schlüsselgewaltgeschäfts erworben wurde, steht nicht automatisch im Miteigentum der Ehegatten. Die Mitberechtigung iSv § 1357 BGB ist ausschließlich schuldrechtlich zu verstehen. Hätte der Gesetzgeber anderes gewollt, so hätte er die Norm anders gefasst. Zudem wird bei Ehegatten – sowohl in der Zugewinngemeinschaft als auch bei Gütertrennung – grundsätzlich von getrennten Vermögensmassen ausgegangen. Danach hat F kein Miteigentum an den Gegenständen über § 1357 BGB erworben. 4. Somit richtet sich der Eigentumserwerb nach allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen, also insbesondere nach dem Inhalt der dinglichen Einigung iSv § 929 BGB. a) Bei der dinglichen Einigung mit dem Verkäufer wurde nicht angesprochen, dass die Ehefrau Miteigentum erwerben soll. Somit ist davon auszugehen, dass das Bild allein an M übereignet worden ist. b) Eine Ausnahme gilt für die Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht: Hiernach ist bei Bargeschäften des täglichen Lebens ein Vertrag zwischen den Personen anzunehmen, die es angeht. Da Haushaltsgegenstände beide Ehegatten „angehen“, ließe sich für das Verfügungsgeschäft ein Miteigentumserwerb beider Ehegatten annehmen. Aufgrund des Wertes des angeschafften Gegenstandes ist jedoch zweifelhaft, ob ein Bargeschäft des täglichen Lebens anzunehmen ist. M ist daher Alleineigentümer des Bildes.

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24.04.2018

Fall 3: Es werde Licht!3 Die VU-GmbH schloss im Jahr 2008 mit M, dem damaligen Ehemann von F, einen Vertrag über die Lieferung von Strom an die damalige Ehewohnung. Die Ehegatten trennten sich im November 2014, und zwar zunächst innerhalb der Wohnung. Im Mai 2015 zog die F aus der vormaligen Ehewohnung aus.Die VU-GmbH kündigte den Stromlieferungsvertrag am 14.08.2015 wegen Zahlungsrückstands und stellte anschließend eine Rechnung über ihre bis zu Kündigung erbrachten Stromlieferungen. F beglich den Rechnungsbetrag bis auf einen Teil iHv 390 €, der den Zeitraum nach ihrem Auszug aus der Ehewohnun g von Mai 2015 bis zur Vertragsbeendigung am 14.08.2015 erfasst. Die VU-GmbH verlangt von F Zahlung iHv 390 €. Zu Recht?

Der Anspruch der VU-GmbH gegen F auf Zahlung iHv 390 € kann sich aus §§ 433 II iVm § 1357 I 2 Fall 2 BGB ergeben. F haftete für die Zahlungsverbindlichkeit aufgrund gesetzlicher Mitverpflichtung, wenn es sich um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs handelt. I. Der Zahlungsanspruch der VU-GmbH gegen M iHv 390 € besteht aufgrund des zwischen ihnen in 2008 geschlossenen Stromlieferungsvertrages gemäß § 433 II BGB. Dabei wird die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Wärme als Kauf behandelt, gleichgültig, ob eine physische Konsistenz gegeben ist oder nicht (Elektrizität). II. Unter den Voraussetzungen des § 1357 BGB haftet auch seine Ehefrau F für diese Verbindlichkeiten. 1. Zwischen M und F bestand bei Vertragsschluss eine wirksame Ehe, wobei wegen der Stellung in den allgemeinen Ehevorschriften der Güterstand unerheblich ist. 2. Es muss sich bei dem Stromlieferungsvertrag um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs handeln. a) Dazu muss der Stromlieferungsvertrag von der Art nach zum Lebensbedarf der Familie gehören. Ob ein Rechtsgeschäft objektiv auf die Bedarfsdeckung der Ehegatten bzw. der Familie abzielt, richtet sich nach den Unterhaltsbedürfnissen der Familie gemäß §§ 1360, 1360a BGB. Erfasst sind alle Geschäfte, die nach den Verhältnissen der 3

Nach NJW-RR 2013, 897; Crash-Kurs ZivilR II Alpmann Schmidt 2016 I, Beispielsfälle zum Familieund Erbrecht, Beispiel 1.

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Ehegatten zur Haushaltsführung und zur Befriedigung der Bedürfnisse der Ehegatten und der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder erforderlich sind. Die Versorgung einer Ehewohnung mit Strom wird zum Unterhalt einer Familie benötigt und gehört daher grds. zum Lebensbedarf der Familie. b) Ferner muss die Deckung des Lebensbedarfs angemessen gewesen sein. D. h., die Art und Weise, wie das Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs vom Umfang getätigt wurde, muss angemessen gewesen sein. Da § 1357 BGB voraussetzt, dass ein Ehegatte allein handelt – bei einem gemeinsamen Vertragsschluss würde sich die Frage der Mitverpflichtung nicht stellen – muss das Alleinhandeln des Ehegatten angemessen gewesen sein. Der Abschluss eines Geschäfts durch einen Ehegatten wird als angemessen erachtet, wenn angesichts des Umfangs und der mangelnden Dringlichkeit eine vorherige Verständigung der Ehegatten nicht notwendig erscheint und idR auch nicht erfolgt. Der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages erfordert keine vorherige Absprache der Ehegatten, so dass das Alleinhandeln des M angemessen war und es sich demnach bei dem Stromlieferungsvertrag um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs handelt. 3. Weiterhin dürfen keine Ausschlussgründe greifen. Gemäß § 1357 III BGB ist die Mithaftung des Ehegatten ausgeschlossen, wenn die Ehegatten getrennt leben. M und F lebten bei Abschluss des Stromlieferungsvertrages nicht getrennt, jedoch ist F im Mai 2015 aus der Ehewohnung ausgezogen. Fraglich ist, ob die Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung bereits mit der Trennung oder erst mit dem Auszug aus der Ehewohnung endet. Eine solche Enthaftung des mitverpflichteten Ehegatten bereits mit der Trennung wird von der hM verneint und lässt sich nicht aus § 1357 III BGB herleiten. Bei dem Abschluss eines Versorgungsvertrags über die Lieferung von Strom handelt es sich um einen Bezugsvertrag und damit ein echtes Dauerschuldverhältnis. Für die Begründung der hieraus resultierenden Forderungen kommt es auf den Abschluss des Dauerschuldvertrages und nicht auf die daraus hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten an. Im Ergebnis ist die Haftung nicht gemäß § 1357 III BGB ausgeschlossen. F muss die 390 € an die VU-GmbHG zahlen.

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