Marquise von O.: Analyse Versöhnungsszene PDF

Title Marquise von O.: Analyse Versöhnungsszene
Course Deutsch
Institution Gymnasium (Deutschland)
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Analyse Versöhnungsszene S. 47, Z.4-S.48, Z. 10, Fokus auf Darstellung Vater, Mutter und Marquise sowie Zeugung, Rettung und Machtgefüge (nach Johannes F. Lehmann: Einführung in das Werk Heinrich von Kleists. Darmstadt 2011)

Der vorliegende Auszug ist entnommen aus der Novelle ,,Die Marquise von O...", veröffentlicht 1808 von Heinrich von Kleist. Sie handelt von einer jungen Frau, welche unwissentlich schwanger wird, und sich nun auf der Suche nach dem Vater des Kindes befindet, wodurch Spannungen innerhalb ihrer Familienkonstellation entstehen. Das Werk lässt sich sowohl in die Epoche der Aufklärung als auch der Romantik einordnen. In der zu behandelnden Szene wird das Machtgefüge zwischen Vater und Tochter deutlich sowie die inadäquate Beziehung zwischen den beiden. Der Auszug lässt sich in drei Sinnabschnitte unterteilen. In dem ersten (S.47, Z. 4-19) kümmert die Mutter sich um das Abendessen, und bereitet dem Kommandanten das Bett vor. Dann wird sie neugierig, wie sich die Versöhnung zwischen Tochter und Vater entwickelt hat, und sie beobachtet die beiden durch das Schlüsselloch. Im zweiten Sinnabschnitt (S.47, Z. 19- S.48, Z. 2) wird die ,,Versöhnungsszene" zwischen Marquise und Vater beschrieben und die Intimität mit welcher diese vonstatten geht. Dabei bleibt die Mutter unbemerkt und stummer Zuschauer. Im dritten Abschnitt (S.48, Z. 2-10) macht sie sich bemerkbar, und unterbricht dadurch den Vater bei seinen Liebkosungen. Die Familie begibt sich zum Esszimmer, der Kommandant ist aber weiterhin noch sehr emotional aufgewühlt. Die Geschehnisse bewirken eine leichte Entspannung der Handlung, da die Versöhnung zwischen Kommandant und Marquise dazu führt, dass diese wieder in die Familie aufgenommen wird. Die Handlung steuert weiterhin auf den Höhepunkt zu, welche mit der Offenbarung des Vaters einhergeht. Die Szene findet statt, nachdem sich bereits die Mutter von der Unschuld der Marquise überzeugt hat und mit ihr zurück nach G... gefahren ist. Die Obristin spricht abermals mit den Kommandanten und diesmal erkennt er die Unschuld der Marquise und wird nun von seinen Emotionen überwältigt. Im Anschluss an den Ausschnitt berät sich die Familie, wie die Marquise reagieren soll, wenn sich der Vater am folgenden Tage offenbart. Der Auszug thematisiert vor allem die Beziehung zwischen Vater und Tochter, welche sich grundlegend ändert. Die Mutter ist dabei eher der ,,stumme Zuschauer” bzw. sie kommentiert das Geschehen. Dabei zeigt sich, dass sie sehr fürsorglich gegenüber dem Vater ist, aber auch ihm unterworfen (vgl. S. 47, Z. 8ff). Diese Unterworfenheit nimmt sie aber widerstandslos an, und fügt sich in die ihr zugeschrieben Rolle als “untergestellte” Ehefrau ein. Es wird deutlich, dass die Gefallen an der Versöhnungsszene findet und diese nicht als unpassend empfindet (vgl. S.47,Z. 20f, Z. 29). Weiterhin macht sie auch ihre Zuneigung gegenüber dem Vater deutlich (vgl. S. 48, Z .5), wodurch sich auch zeigt, dass sie ihm verziehen hat, dass er ihr verbot, die Marquise zu sehen, obwohl er sie augenscheinlich nicht um Verzeihung gebeten hatten. Dadurch wird noch einmal ihre Unterlegenheit deutlich, gegen welche sie sich aber nicht mehr auflehnt, so wie sie es zuvor

getan hatte (Aufsuchen der Marquise gegen den Willen des Kommandanten) Die Reaktionen des Vaters fallen sehr überschwänglich aus, er wird von seine Emotionen vollkommen überwältigt und gibt sich ihnen hin (vgl. S.47, Z.23f., Z.33), was sehr im Kontrast zu seinem vorherigen Auftreten als liebloses und distanziertes Familienoberhaupt steht. Dabei gehen die Liebkosungen von ihm und nicht von seiner Tochter aus, er ,,legt ihr den Mund zurecht, und küsste sie” (S. 47, Z.27f.). Der Kommandant selber sitzt auf einem Lehnstuhl ,,mit über sie [die Marquise] gebeugtem Antlitz” (S.47, Z. 26). Dies ist Ausdruck seiner Macht und höheren Stellung, die Marquise ist ihm unterworfen und lässt die Geschehnisse mehr oder weniger passiv über sich ergehen. Weiterhin begegnet er der Marquise nicht als einem ihm gleichgestellten Menschen, sondern als Besitz. Auch verhält sich der Obrist ihr gegenüber ,,wie ein Verliebter (S.47, Z. 25), die Mutter beschreibt die beiden als ,,Brautleute" (S.48, Z. 7). Als dies macht die unangemessenen Beziehung des Vaters zu der Marquise deutlich, die er eben nicht wie seine Tochter behandelt, sondern wie das ,,Mädchen seiner ersten Liebe" (S.47, Z. 27). Als die Mutter sich bemerkbar macht, reagiert er zuerst peinlich berührt (vgl. S.48, Z.3), was als Ausdruck dafür gedeutet werden kann, dass er eigentlich weiß, wie fehlerhaft sein Verhalten ist. Trotzdem kommt es nicht zu einer angemessenen Entschuldigung seinerseits, auch weil er dafür seinen Stolz aufgeben müsste und der Marquise auf Augenhöhe begegnen müsste, was für ihn eine Gefahr seiner Machtstellung bedeuten würde. Die Marquise verhält sich in der Szene sehr passiv, sie sitzt ,,still, mit zurückgebeugtem Nacken" (S.47, Z. 21) auf dem Schoße ihres Vaters und lässt seine Liebkosungen über sich ergehen. Dabei wirkt sie sehr ergeben und teilnahmslos, und hält ,,die Augen fest geschlossen" (S.47, Z. 21f.), was den Anschein erweckt, dass sie selbst seine Nähe mehr erträgt als genießt. Ein möglicher Grund dafür, dass sie sich nicht wehrt, könnte sein, dass sie froh ist, wieder in das Elternhaus aufgenommen worden zu sein. Diese Deutung würde auch dadurch gestützt werden, dass sie keine vollständige Emanzipation durchlaufen hat, sondern letztendlich wieder in den ihr zugeschriebene Platz in der Gesellschaft zurückkehrt und die Machtposition des Vaters anerkennt. Die Szene wird aus Sicht der Mutter erzählt, dabei macht sie ihre Sicht auf die Geschehnisse deutlich. Sprachlich auffällig ist zum Beispiel die häufige Bezeichnung der Marquise als ,,Tochter” (z.B. S.47, Z. 11, 21, 25). Damit wird die eigentliche Beziehung zwischen Marquise und Obrist und sein somit inadäquates Verhalten deutlich gemacht. Auch kann dies ein Hinweis darauf sein, dass die Marquise ihre Rolle als Tochter des Hauses wieder einnimmt, nachdem sie sich durch ihrer Flucht davon gelöst hatte. Die Sprache ist insgesamt sehr ausgeschmückt und emotional, vor allem um die Gefühlsäußerungen des Vaters darzustellen (vgl. z.B. S.47, Z. 20f, 23f., 33). Außerdem wird in der Szene ein Gedankenstrich (S.47, Z. 20) eingesetzt, sodass eine Beschreibung der Szene, Situation, welche die Mutter erblickt, zuerst ausfällt. Ähnlich wie an anderen Stellen (vgl. z.B. S.7, Z.8) ersetzt dieser eine ,,unaussprechliche” Handlung. Zusammenfassend und mit Bezug zum gelegten Fokus lässt sich sagen, dass in der Szene die Macht und der Besitzanspruch des Kommandanten auf seine Tochter deutlich gemacht wird. Diese folge daraus, dass der Kommandant zum einen der ,,Erzeuger” der Marquise

sei, was auch durch die häufige Benutzung der Bezeichnung “Tochter” verdeutlicht wird. Auch kann der Kommandant in dieser Szene als ,,Retter” der Marquise gesehen werden, da er sie zurück in das Elternhaus aufnimmt und ihr somit ihren gesellschaftlichen Platz wiedergibt. Auch wenn dies aus heutiger Perspektive als Rückschritt und Scheitern der Emanzipation der Marquise gesehen wird, kann es aus zeitgenössischer Sicht durchaus als Rettung verstanden werden, da ihr wieder die Sicherheit und Geborgenheit der Familie gegeben wird, auch wenn dies bedeutet, dass sie sich wieder unterwerfen muss und ihr Körper wieder Besitz des Mannes, in dem Falles ihres Vaters, wird. Auch der erotischsexuelle Aspekt der Szene verdeutlicht diese Besitzanspruch. Der Kommandant behandelt die Marquise nicht als gleichwertigen Menschen, seine Liebkosungen finden ohne ihre direkte Zustimmung statt, stattdessen wird die Marquise von ihm ,,umschlossen” und befindet sich in einer hilflosen Situation. Als Kontrast zur Rolle der Marquise kann die Mutter gesehen werden, welche sich freiwillig in eine solche Unterwerfung bringt (verdeutlicht durch Kuss ihrerseits), bzw. ihren Platz in der Gesellschaft mit Freude annimmt. Alles in allem kommt in dieser Szene die Analogie zwischen Zeugung und Rettung zum Ausdruck, sowie der damit begründete Besitzanspruch des Kommandanten auf die Marquise.

Julia Meinecke, Deutsch GK Koch, Q2 2019/20...


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