Meet the killer. Analyse des Vorspanns zum Film Seven PDF

Title Meet the killer. Analyse des Vorspanns zum Film Seven
Course Medien und Kulturtechnik
Institution Leuphana Universität Lüneburg
Pages 13
File Size 171.2 KB
File Type PDF
Total Downloads 30
Total Views 135

Summary

Download Meet the killer. Analyse des Vorspanns zum Film Seven PDF


Description

Meet the killer. Analyse des Vorspanns zum Film Seven

1. Einleitung Den Beginn eines Films bezeichnet (in den meisten Fällen) eine Titelsequenz, die häufig auch Vorspann genannt wird und in der Schauspieler und Mitglieder des Filmstabs aufgelistet sind. Immer öfter verzichtet man auch auf die Nennung von Crew und Cast nach dem Erscheinen von Studiologo und Filmtitel; so wird Filmvorspann schnell vergessen, „sobald der eigentliche Beginn des Films den Zuschauer in seinen Bann zieht“ (Thiemann 2002: 7). Man kennt andererseits viele Beispiele von den Filmen, deren Vorspann gleichzeitig mehrere Funktionen erfüllt: „eine in sich geschlossene ästhetische Einheit mit einem eigenen, unverwechselbaren Stil; eine clevere Methode, den Betrachter atmosphärisch auf das Kommende einzustimmen; eine Quelle versteckte Informationen“ (ebd.). Genau das kann man über den Vorspann zu David Finchers Film Seven (1995) sagen – wohl die berühmteste Arbeit von dem berühmten Meister Kyle Cooper, der zweieinhalbminütige Titelsequenz zu erster Szene des Films macht, die den Inhalt des Films reflektiert. Aber nicht nur reflektiert der Vorspann den Inhalt, sondern auch beeinflusst er die Wahrnehmung des restlichen Films. In diesem Fall kann man die Titelsequenz als Paratext betrachten – ein Begriff, den Gérard Genette entwickelt hat, um (im weiteren Sinne) die Textelemente, die einen Haupttext begleiten, zu bezeichnen. Seinerseits hat Alexander Böhnke sowie einige andere Wissenschaftler dieses Konzept in den Filmbereich übertragen und u. a. den Vorspann als Paratext betrachtet. Aus den oben erwähnten Aspekten hat sich eine Frage entwickelt, nämlich: Inwiefern lässt der Vorspann zum Film Seven Informationen über den weiteren Verlauf des Films ablesen? Denn es wird vermutet, dass der Zuschauer dank dem Vorspann einen Einblick in die Filmstruktur bekommt. Weitere Auseinandersetzung mit dieser Annahme hat dazu gebracht, dass die Frage etwa zugespitzt wurde: Was verrät der Vorspann über die KillerFigur John Doe? Offenbar zeigt der Vorspann die Arbeit einer gestörten Persönlichkeit, auch wenn der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, worum und um wen es sich handelt. Woher stammt denn dieser Eindruck? Welche Erwartungen weckt der Vorspann für den Film und insbesondere für den Killer, welche Eindrücke entstehen durch die Gestaltung, Musik? In der vorliegenden Arbeit wird versucht, diese Fragen zu beantworten (indem der Vorspann zum Film Seven zu den untersuchten Materialien genommen wird) und dadurch einen Beitrag zum besseren Verständnis dieses Vorspanns zu leisten. Außerdem soll erforscht werden, inwiefern der Vorspann sich als Paratext in diesem Kontext betrachten lässt. 1

Die verwendete in dieser Arbeit Methode ist die Analyse von dem Vorspann des Films Seven, die voraussetzt, dass die Stilmittel des Vorspanns in Bezug zur Figur John Doe gesetzt werden. Für das bessere Verständnis der Theorie über Paratexte, die u. a. als Grundlage für die Arbeit dient, gibt der erste Teil einen Überblick über das vorgeschlagene von Genette Phänomen und seine Verwendbarkeit bezüglich Filme. Der zweite Teil möchte kurz die Fakten über den Vorspann präsentieren. Der dritte Teil widmet sich unmittelbar der Analyse des Vorspanns, wodurch es versucht wird, die gestellten Fragen zu beantworten. Am Schluss wird eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse vorgestellt und einen Ausblick formuliert.

2. Vorspann als Paratext

Das Konzept „Paratext“ hat Gérard Genette anhand der Literatur entwickelt. Laut ihm bezeichnet der Paratext „jenes Beiwerk, durch das ein Text zum Buch wird und als solches vor die Leser und, allgemeiner, vor die Öffentlichkeit tritt“ (Genette 1989: 10). Er meint damit, dass sich der Text selten ohne Begleitung präsentiert – wie Autorennahme, Titel, Vorwort, Illustrationen usw. (vgl. ebd.: 9). Der Paratext ist im Umfeld des Textes situiert, ist mit dem Text verbunden und macht zusammen mit dem Text das Buch aus. Diese „materielle“ Elemente (Autorennahme, Titel, Vorwort, Illustrationen usw.) bezeichnet Genette als „Peritexte“, die zusammen mit „Epitexten“ dem Oberbegriff „Paratexte“ zugehören. „Epitexte sind z. B. Interviews, Tagebücher und Briefwechsel. Sie sind räumlich nicht direkt mit dem Text verbunden […] und zirkulieren im sozialen Umraum des Textes“ (Böhnke 2007: 7f). Alle solche Elemente ergänzen den Text und steuern außerdem seine Rezeption. Obwohl der Begriff ursprünglich im Hinblick auf literarische Werke entwickelt wurde, wurde er mit der Zeit auch auf andere Medien ausgedehnt. Genette hat bereits selbst unterschiedliche Medien thematisiert (vgl. Kreimeier / Stanitzek 2004: 7); Alexander Böhnke hat sich mit Paratexten des Films beschäftigt, Klaus Kreimeier und Georg Stanitzek haben ein Sammelband herausgegeben, das Beiträge über Paratexte in Literatur, Film und Fernsehen enthält. Da der Vorspann zum Film in der vorliegenden Arbeit untersucht wird, sind lediglich Paratexte des Films von Interesse, nämlich der Vorspann als filmischer Paratext: Wenn man das Filmbild als Paratext lesen kann, obwohl das nicht

2

jedes beliebiges Filmbild betrifft, kann man auch den Vorspann, der den Film rahmt, als Paratext betrachten. Genette behauptet, dass der Paratext selbst ein Text ist (zwar noch nicht der Haupttext, aber bereits ein Text) (vgl. Genette 1989: 14). „Ein Vorspann ist ein […] Film und ist es auch nicht“ (Böhnke 2007: 95). Dementsprechend wenn man einen Film als ein Text betrachtet, würde sein Vorspann auch ein Text sein – bereits ein Text, aber noch nicht der Haupttext, bereits ein Film, aber noch nicht der Hauptfilm. In seinem Aufsatz thematisiert Böhnke manche Schwierigkeiten, die man begegnen kann, wenn man den Vorspann als Paratext betrachten möchte - die Frage der Autorschaft, die Gefahr, lediglich Schrift als Paratext zu verstehen usw. (vgl. Böhnke 2004: 199). Wenn man aber Vorspann mit literarischen Paratexten vergleicht, stellt man fest, dass die Situation mit der Autorschaft bezüglich eines Buches gleich ist. Der Vorspann zum Film könnte beispielsweise mit dem Vorwort zum Buch verglichen werden, dessen Autor nicht unbedingt der Autor von dem Haupttext sein soll. Der Vorspann seinerseits ist üblicherweise auch nicht von demselben Filmemacher gemacht, der den Film gedreht hat. Falls man den Begriff „Paratext“ in seinem engeren Sinne übernimmt, setzt man sich tatsächlich der Gefahr aus, nur Schrift im Film als Paratext wahrzunehmen. Zudem wenn man wieder eine Parallele mit Paratexten in Literatur ziehen würde, würde man „das Offensichtliche“ gegenüberstellen: z. B. Buchtitel, Autorennamme, Verlag und Filmtitel, Crew, Cast, Produktion. Das betrifft unmittelbar den Vorspann, denn meistens kommen alle diese Elemente im Vorspann vor (obwohl selbstverständlich nicht unbedingt). Der Vorspann verbindet verschiedene Paratexte (vgl. Böhnke 2007: 32). Natalie Binczek betont, dass der Paratext im Singular eigentlich nicht vorkommt, deswegen hat auch Genette sein Werk Paratexte betitelt (Binczek 2004: 118). Diese Annahme erlaubt dann festzustellen, dass Filmtitel, Crew, Cast, Produktion zwar als filmische Paratexte gelesen werden können, schließen sie aber die Möglichkeit nicht aus, den Vorspann als Paratext zu betrachten. Ein Paratext gibt einen Kommentar zum Text und bietet dominante Lesarten des Textes (vgl. Buhse 2014: 38), der Vorspann seinerseits „identifiziert das Produkt, kommentiert und bewirbt es“ (Böhnke 2007: 24). „Das Anbieten einer ersten Annäherung an Tonalität, sowie zentrale Themen und Motive, stehen im Einklang mit den Funktionen eines Paratexts“ (Buhse 2014: 38). So wird angenommen, dass der Vorspann, der noch keine Fiktion ist, den Eintritt in die fiktionale Welt des Films erleichtert. Aus dem Vorspann erfährt der Zuschauer nicht nur den Filmtitel und die Namen aller Beteiligten (was 3

manchmal auch nicht der Fall ist), er wird auf das Kommende atmosphärisch eingestimmt, er bekommt versteckte Informationen; manchmal verrät der Vorspann dem Zuschauer etwas über die Handlung des Films oder seine Figuren, der Zuschauer kann vermuten, was er nach dem Vorspann, wenn die eigentliche Geschichte beginnt, sehen wird, ob der Vorspann ihm bereits etwas oder jemanden vorgestellt hat. Genauso wie beim Lesen eines Buches: Aus dem Vorwort, z. B., erfährt der Leser bereits einiges, was ihn erwartet – manchmal wird ihm unmittelbar über die Figuren oder sonst etwas erzählt, er taucht außerdem in die Atmosphäre des Buches ein. Daraus folgend kann man feststellen, dass sich der Vorspann mit einem literarischen Paratext vergleichen lässt und somit selbst als Paratext betrachten werden kann.

3. Fakten über den Vorspann zum Film Seven

David Finchers Film Seven (1995), ein US-amerikanischer Thriller, der Elemente des NeoNoir mit Elementen des Psycho-Horrors in sich verbindet, erzählt die Geschichte über einen Serienmörder, der von der Idee mit sieben Todsünden besessen ist. Der Film hatte Erfolg. Drehbuch, Regiearbeit, Kamera, Musik waren ausgezeichnet; was aber auch zweifellos verdient, Meisterwerk genannt zu werden, ist sein Vorspann. Der Film beginnt nicht direkt mit der Titelsequenz. Zuerst wurden dem Zuschauer Detektive Somerset (Morgan Freeman) und Mills (Brad Pitt) vorgestellt, als sie sich zum ersten Mal treffen. Diese Szene führt uns in viele wichtige Themen ein, die im Laufe des Filmes präsent werden: Hoffnungslosigkeit, Apathie, Verzweiflung, Gewalt. Und dann taucht der Zuschauer in eine noch dunklere Welt, der Vorspann beginnt. Die Worte von dem Antagonisten, John Doe (Kevin Spacey), würden ganz gut zu dieser Titelsequenz passen: “Wanting people to listen, you can’t just tap them on the shoulder anymore. You have to hit them with a sledgehammer, and then you’ll notice you’ve got their strict attention” (Seven: 1:42:34-1:42:45). Es ist eine kurze Geschichte, die in Fragmenten und Vignetten erzählt wird, die ihrerseits von den Händen eines unbekannten Mannes gefertigt werden – vermutlich John Doe. Er macht Einträge in seinem Tagebuch, man sieht verschiedene Ausschnitten aus Büchern, Fotografien, Bilder und Gegenstände, die dem Zuschauer einen intimen Einblick in die Psyche eines Serienmörders geben, der von der Religion, genauer – von der Attrition, besessen ist. 4

Ursprünglich wollte Fincher Mark Romanek für den Vorspann engagieren, mit dem er zuvor schon gemeinsam gearbeitet hat und ähnliche ästhetische Empfindungen hatte. Aber Kyle Cooper, der letztendlich den Vorspann gemacht hat, hat eine unmittelbare Verbindung mit dem Material gefühlt und hat Fincher außerdem mit seiner evolutionären Technik überzeugt, die er bereits für einige Titelsequenzen verwendet hat (vgl. Radatz 2012). Cooper sagt: “When I was a kid and I would watch horror movies, the monster didn’t come out until the third act. I was lucky to watch Seven early on, and I remember thinking that after I saw it, I wanted to see the killer earlier on… to somehow introduce the killer in the titles. I asked if I could look at all the props and anything that Fincher might have to look at, and there were a couple of prop notebooks that had excessive writing in them, and I thought it would be good to do a tabletop shoot with them and have it be about their preparation, as though it was John Doe’s job to prepare them” (ebd.). Die Notizbücher selbst wurden von den Designern Clive Piercy und John Sabel geschaffen, die die Seiten mit großen Textblöcken gefüllt haben, die nur durch gelegentliche Fotos oder zweideutige Artefakte gebrochen wurden. Fincher hat ursprünglich die Titelsequenz als wechselseitiges Spiel zwischen Aufnahmen von Somersets Landhaus, in welches er einziehen wollte, nachdem er in die Rente geht, und der Stadt, und so die Atmosphäre einer Verbindung und gleichzeitig einer Distanz zwischen den beiden Standorten schaffen. Aber als die Szenen mit dem Landhaus aus dem Film ausgeschnitten wurden, hat sich der Fokus an John Doe und seine Notizbücher gewandt. Sobald Cooper und Fincher diese Idee besprochen haben, haben sie geeignet, was genau und wie zu drehen – Fincher hat bestimmt, was das sein soll und Cooper hat sich auf die Aufnahmen konzentriert; so begann die Arbeit (vgl. ebd.). Die Typografie im Vorspann zieht auch Aufmerksamkeit auf sich. Schriftzüge wurden mit der Hand gekratzt und danach so manipuliert, dass manche etwa verschwommen erscheinen. Cooper erinnert sich daran: “People think that there’s computer graphics in there, but having to deliver the thing as a traditional film optical and trying to encourage the guy working the optical printer to not throw away things that are accidents that we actually wanted in there, with fish hooks and razor blades going through the roll-up machine — it was just an interesting time. You can plan for everything and say we’re going to do something that looks effortless, but that’s not really realistic — it takes on a life of its own” (ebd.). Es ist ein Vorspann, der öfter mit der grotesken Fotografie von Joel-Peter Whitkin verglichen wird sowie mit der Titelsequenz von Stephen Frankfurt für Robert Mulligans Verfilmung des Buches Wer die Nachtigall stört, die auch Nahaufnahmen von persönlichen Gegenständen zur Beschreibung der Psyche einer der wichtigsten Figuren des Films 5

enthält. Trotzdem wird der Vorspann zum Film Seven als Beginn der Renaissance im Vorspanndesign gesehen und inspiriert immer noch, zwei Jahrzehnte später. 2011 nannte IFC den Vorspann der dritte beste Vorspann aller Zeiten. 4. Vorspannanalyse

Der Vorspann zum Film Seven erscheint vor dem Zuschauer als etwas Ungewöhnliches. Seltsame Musik, verschwommene Schriftzüge, Notizbücher, Bilder, Fotografien, Hände, die mit etwas beschäftigt sind. Während des gesamten Vorspanns gibt es gar keine Aufnahme, die dem Zuschauer helfen würde, den Ort der Handlung zu identifizieren. Stattdessen wurden Aufnahme „über die Schulter“ (Over-the-shoulder-shot) und POVEinstellung (Point of view shot) mehrmals benutzt. Der Zuschauer hat einen sehr genauen Blick über die Schulter von der Person, die sich mit den Gegenständen beschäftigt, welche der Zuschauer auch einzeln sehen kann. Die Detailaufnahme, die während der gesamten Titelsequenz verwendet wurde, gibt dem Zuschauer einen sehr detaillierten Blick auf die Sachen, mit denen die Person (von der man lediglich die Hände sieht) immer wieder etwas macht. Kameraperspektiven wechseln sich: Aufsicht – Gegenstände werden von oben gezeigt, Schuss-Gegenschuss – man bekommt den Eindruck einer entgegengesetzten Perspektive, Untersicht – der Zuschauer betrachtet die detaillierten Objekte von unten. Die Kamerabewegung ist in diesem Fall ganz besonders, weil die Kamera sich in der Tat nicht bewegt. Sie konzentriert sich auf Details (Hände, Finger, Fingerspitzen usw.). Die Schnitte ändern sich sehr schnell. So muss der Zuschauer sehr aufmerksam sein, um alle Details zu sehen. Die einzige Kamerabewegung, die auffällig ist, ist die Bewegung von links nach rechts, die eine Reihe von Büchern präsentiert (vgl. Seven: 00:06:13-00:06:15). Außerdem wurde eine Schnitttechnik, Match Cut, verwendet, die Veränderung von Bildern in der Zeit unterstreicht (vgl. ebd.: 00:05:31-00:05:33). Wenn die Augen auf der Fotografie mit einem Gesicht mit dem Stift übermalt gezeigt werden, sieht der Zuschauer auch, dass dieses Gesicht danach komplett übermalt wurde. Diese Veränderung von den Bildern soll andeuten, dass die Person im Vorspann jemanden heftig hasst und möglicherweise wird später im Film einen Mord begehen. Die Farben im Vorspann sind vor allem Schattierungen von Grautönen und Schwarz, so dass alle Bilder mit Primärfarben abstechen. Der Zuschauer bekommt den Eindruck, einen Schwarz-Weiß-Film zu schauen, der auch an einen Film noir erinnert. Wenn sich der 6

Zuschauer den Vorspann genauer ansieht, merkt er rote und blaue Farben. Rot steht für Blut und Blau steht für Unschuld. Verschiedene milde graue und braune Töne sind auch zu sehen. Diese werden aber durch Schnitte mit schwarzer Farbe gewechselt, somit kann man den Cast sehen. Musik stimmt den Zuschauer ganz gut atmosphärisch ein und bereitet ihn dazu, was ihn später im Film erwartet, indem sie ein besonderes und etwa unangenehmes Gefühl vermittelt. David Fincher hat den Soundtrack von Closer to God von Nine Inch Nails gewählt. Das Lied ist sehr elektronisch, dunkel und demoralisierend. Der Zuschauer versteht sofort, dass der Film ein intensiver und ernster Film ist, der einschüchtern wird. Closer to God beginnt sehr langsam und erreicht seinen Höhepunkt am Ende der Titelsequenz. An diesem Punkt wird der einzige Satz gesprochen: „You got me clother to God“ (ebd.: 00:06:13-00:06:15). Dieser Satz passt auch ganz gut nicht nur zum Vorspann, sondern auch zum ganzen Film und gibt somit dem Zuschauer die Möglichkeit zu raten, worum es in diesem Film gehen wird. Außerdem ist dieser einzige Satz zu hören, wenn die Person das Wort „Gott“ aus einer Dollarnote ausschneidet. Dies stellt die mögliche psychotische Persönlichkeit der Person dar, die mit Gott besessen, auch gestört ist. Zwei offensichtliche Gegenstände, die die Person im Vorspann verwendet, sind eine Klinge, die sie benutzt, um die Haut von seinen Fingerspitzen abzuschneiden, und die Nähnadel, die aus seinem anderen Finger gezogen wird. Dies wird gezeigt, damit der Zuschauer versteht, was für harte und störende Atmosphäre, die der Film vermittelt, das ist. Außerdem wird Musik viel unangenehmer, während die Klinge gezeigt wird, was diese sozusagen Waffe viel einschüchternder macht und eine bedrohliche Atmosphäre schafft. Der Zuschauer kann auch vermuten, dass es um eine gefährliche Person geht. Auch wird kurz eine Fotografie mit einem Körper während der Obduktion gezeigt, was dem Zuschauer ein unangenehmes Gefühl vermittelt und ihn vermuten lässt, dass jemand im Film sterben wird oder sogar dass diese Person, deren Hände der Zuschauer die ganze Zeit sieht, einen Mord begehen wird. Fincher und Cooper haben beschlossen, handgezeichneten Schrift zusammen mit Helvetica zu verwenden. Mit der Hand geschriebene Schriftzüge sollen darauf hinweisen, dass sie aus dem Kopf dieser Person stammen, die dem Zuschauer immer wieder gezeigt wird (obwohl nur ihre Hände). Es scheint zudem so, als ob diese Schriftzüge in ihrer Art auch mit dem Tagebuch und den anderen eng beschriebenen Ausschnitten verbunden sind. Der Vorspann soll dem Zuschauer den Serienkiller John Doe vorstellen, dessen Hände die ganze Zeit gezeigt werden. „Gezeigt wird der Killer am Werk“ (Böhnke 2003: 10). Auch 7

wenn man ihn nicht sieht, bekommt man viele Hinweise über ihn, wie er ist – sehr präzis, kreativ, sorgfältig, religiös, psychopathisch. Viele Sachen werden wiederholt, damit der Zuschauer für die weitere Entwicklung vorbereitet ist und diese Elemente später erkennen kann. Ein Killer wird im Vorspann konnotiert und diese Konnotation lässt sich ohne Schwierigkeit abzulesen, denn der ganze Vorspann so gestaltet ist, dass der Zuschauer eine gestörte besessene Persönlichkeit erkennt und es nicht für möglich hält, dass sie nichts machen wird – man sieht bedrohliche Bilder, die andeuten, dass diese Person gefährlich sein soll und alles wegen ihrer Idee machen wird. „In einer Einstellung fällt ein Blutstropfen auf die Unterlagen – das genügt, um die vielen Liter Blut erahnen zu lassen, die im Laufe des Films vergossen werden“ (Thiemann 2002: 10f). Was der Zuschauer auch vermuten kann, ist dass diese alle rätselhaften Bücher, die John Doe sehr sorgfältig ausfüllt, später im Film eine wichtige Rolle spielen werden. „Laut Cooper war es Finchers Idee, die Sequenz so aussehen zu lassen, als hätte John Doe sie selbst gefertigt“ (ebd.: 12). So als ob er selbst alle Schriftzüge geschrieben hat, so als ob der Zuschauer seine Arbeit aus seiner Perspektive beobachtet. Dann versteht der Zuschauer auch, dass der Vorspann in Does Wohnung gedreht werden sollte, wenn er ihn gemacht hat, obwohl keine Aufnahme das zeigt. Er lässt den Zuschauer nicht nur in seinen privaten Raum, sondern auch in seinen Kopf, in seine Psyche, er lässt sich bei der Arbeit beobachten und macht das, was er sonst wahrscheinlich vor den anderen nicht machen würde; er zeigt seine persönlichen Sachen, er zeigt seine Besessenheit. Der Killer versteckt sein Wesen nicht, deswegen könnte der Zuschauer analysieren, wie er sich benehmen w...


Similar Free PDFs