Prüfung 28 Februar 2011, Fragen und Antworten - (WS 2010/11) PDF

Title Prüfung 28 Februar 2011, Fragen und Antworten - (WS 2010/11)
Course Grundzüge des öffentlichen Rechts - Einführung in das Verfassungsrecht
Institution Bergische Universität Wuppertal
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(WS 2010/11)...


Description

BERGISCHE UNIVERSITÄT WUPPERTAL AR Dr. Christoph Labrenz, Fachbereich B, Öffentliches Recht Klausuraufgaben

Studiengang Wirtschaftswissenschaft

Kennziffer: Prüfungsgebiet: Prüfung am: Prüfer:

1208 Grundzüge des öffentlichen Rechts 28.02.2011 AR Dr. Labrenz

Erlaubte Hilfsmittel: Gesetzestexte (zulässig sind nur farbliche Hervorhebungen und Unterstreichungen; Post-it-Seitenregister; Verweise auf andere Vorschriften durch §§- bzw. Art.-Angabe, unzulässig sind alle weiteren Anmerkungen im Gesetzestext und auf Post-its) Die Klausur besteht aus 2 (zwei) Seiten. 1. Frage: Der Kleinunternehmer K.U. hört in den Medien von dem Vorschlag, das Einkommenssteuerrecht ggf. dahingehend zu ändern, dass Gemeinden einen örtlichen Aufschlag auf die Einkommenssteuer erheben dürfen. Angesichts der seines Erachtens ohnehin schon „erdrückenden Abgabenquote“ in der Bundesrepublik und der enorm hohen Schuldenlast seiner Heimatgemeinde wird ihm bei dieser Diskussion ganz unangenehm zumute. Da fallen ihm die Grundrechte ein. Fällt das Nicht-Zahlen-Müssen von Steuern bzw. Abgaben in den Schutzbereich eines Grundrechts? Falls ja, in den Schutzbereich welchen Grundrechts? Begründen Sie ihre Auffassung. 2. Frage: Nennen Sie 2 Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips, geben Sie an, in welchen Vorschriften des Grundgesetzes sie verankert sind und erklären Sie ihren Inhalt und ihre Bedeutung. 3. Frage: Der Kleinfabrikant K.F., in dessen Unternehmen in mehreren kleinen Fertigungshallen Zulieferteile für einen Autohersteller produziert werden, hat im Rahmen einer, wie er es nennt, „bürokratischen Schikaneaktion“ vor einer Woche für zwei dieser Fertigungshallen eine mit einer „Nutzungsuntersagung sowie Abrissverfügung“ erhalten (ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung ist beigefügt). Dabei erzählt er seinen Angestellten unentwegt, er habe sich dieses „erheiternde Pamphlet“ der Bauaufsichtsbehörde über sein Bett gehängt, damit er jeden Abend noch einmal richtig lachen könne vor dem Einschlafen. Auf nähere Nachfrage, ob er nicht etwas gegen das Verhalten der Bauaufsichtsbehörde unternehmen wolle, erklärt K.F., dass er das nicht vorhabe. Im Ernstfall werde ihm ja doch jedes Gericht der Welt „jederzeit Recht geben“ und notfalls „feststellen, dass das Benehmen der Bauaufsichtsbehörde rechtswidrig“ sei. a) Hat K.F. Recht oder müsste er dringend auf etwas Wichtiges aufmerksam gemacht werden? Falls ja, worauf? Erläutern Sie näher. b) Einige Tage später erhält K.F. ein weiteres Schreiben der Bauaufsichtsbehörde, mit dem die „sofortige Vollziehung“ der o. g. Maßnahme anordnet wird. K.F. hält das für eine „weitere sinnlose Drohgebärde“, welche der „Behörde keinerlei Vorteil verschaffe“. Auf solchen Unsinn müsse er nun wirklich nicht reagieren. Ist K.F. auf etwas hinzuweisen? Worauf? Erläutern Sie. 4. Frage: Auf Initiative der Bundesregierung („schwarz-gelbe Koalition“) hin beschließt der Bundestag per Gesetz die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland; der Bundesrat wird nicht beteiligt. a) Der umweltbewusste Gesellschaftskunde- und Deutschlehrer G.D. ist entrüstet; er erwägt, gegen das Änderungsgesetz Verfassungsbeschwerde zu erheben.

Haben Sie gegen das Vorliegen einer der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde besondere Bedenken? Falls ja, gegen welche? Begründen Sie Ihre Auffassung. b) Wie in den Medien berichtet wird, wollen SPD und Grüne gegen das Änderungsgesetz „Verfassungsklage einreichen“. Die der SPD- und der Grünenfraktion zugehörigen Bundestagsabgeordneten hätten „die Verfassungsklage bereits unterschieben“, heißt es. Was könnte mit „Verfassungsklage“ gemeint sein? Gibt es ein Verfahren, in dem SPD und Grüne die Verfassungsmäßigkeit des Änderungsgesetzes vom BVerfG überprüfen zu lassen können? c) In der öffentlichen Debatte entsteht Streit darüber, ob dieses Änderungsgesetz formell verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Einerseits wird vertreten, das Änderungsgesetz hätte einer Zustimmung des Bundesrates bedurft; es sei damit formell verfassungswidrig. Die Zustimmungsbedürftigkeit folge aus Art. 87 c GG, der nach seinem Sinn und Zweck natürlich nicht nur für den Erlass, sondern auch für Änderungen, jedenfalls für wesentliche Änderungen von Gesetzen i. S. des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG gelten müsse. Dem wird entgegengehalten, dass die Vorschrift des Art. 87 c GG angesichts ihres Wortlauts die Zustimmung des Bundesrates nur deshalb verlange, weil den Ländern durch Gesetze i. S. des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG ihre Ausführung im Auftrage des Bundes übertragen werden könne. Durch das streitige Änderungsgesetz würden die Vorschriften des AtomG über die Auftragsverwaltung – was zutrifft – aber gerade nicht geändert; damit habe der Bundesrat dem Änderungsgesetz nach Art. 87 c GG gerade nicht zustimmen müssen, weshalb das Änderungsgesetz auch formell verfassungsmäßig sei. Welche der Argumentationen überzeugt Sie? Begründen Sie ihre Auffassung. 5. Frage: In der städtischen Realschule S.R. macht G.D. (vgl. Fall 4, lit. a) die Verlängerung der Laufzeiten zunehmend zum Thema seines Unterrichts für die 10. Klassen, und zwar sowohl im Fach Gesellschaftskunde als auch im Fach Deutsch. Dabei vertritt er ganz offen seine Meinung, dass die Verlängerung der Laufzeiten ein „Verbrechen an den jüngeren Generationen“ sei, was in seinem Unterricht zunehmend zu Unfrieden führt. Es dauert nicht lange, bis sich Eltern bei der Schulleitung darüber beschweren, dass es im Unterricht des G.D. „nur noch um die Laufzeitverlängerung gehe“ und dass „der Stoff auf der Strecke bleibe“. Darauf verbietet der Schulleiter S.L. dem G.D. bis auf weiteres, die Laufzeitverlängerung in seinem Unterricht zu thematisieren. Hat S.L. einen Verwaltungsakt erlassen? Begründen Sie Ihre Auffassung. 6. Frage: Nach dem Handwerksförderungsgesetz NRW (HaFöG NRW), das am 31.01.2011 außer Kraft getreten ist, konnten für Existenzgründer handwerklicher Betriebe „Neugründungsgelder“ vergeben werden. Als dem bis dato angestellten Handwerker H.W., der sich schon immer selbstständig machen wollte, bekannt geworden war, dass das „Gesetz ausläuft“, hatte er beschlossen, die „Anschubfinanzierung noch mitzunehmen“. Dazu hatte er am 02.02.2011 einen Antrag auf Bewilligung des „Neugründungsgeldes“ bei der zuständigen Behörde gestellt. Wie von ihm nicht anders erwartet, hatte der Sachbearbeiter S.B. das Außerkrafttreten des HaFöG NRW zunächst verkannt und dem Antrag daher mittels Bewilligungsbescheid vom 14.02.2011 entsprochen, woraufhin die Gelder ausgezahlt worden waren. Bald darauf, am 28.02.2011, erhält H.W., ebenfalls erwartungsgemäß, einen formell rechtmäßigen „Rücknahmebescheid“; zur Begründung der Rücknahme heißt es darin, dass die Gelder wegen des Außerkrafttretens des HaFöG NRW nicht mehr bewilligt werden dürfen. H.W. erklärt, dass die Gelder sofort nach Erhalt allesamt in den Ankauf von Geräten investiert habe – was zutrifft –, weswegen der Bewilligungsbescheid nicht zurückgenommen werden dürfe. Denn wie er als rechtlich gebildeter Bürger wisse, sei er „in seinem Vertrauen auf den Bestand des Bewilligungsbescheides“ geschützt. Wird H.W. mit dieser Argumentation vor Gericht Erfolg haben? Begründen Sie Ihre Auffassung.

Klausurlösung WS 2010/2011 Aufgabe 1) Zwar wird mit Art. 14 GG das Eigentum eines Jeden mit einer Bestandsgarantie geschützt, d.h. mein freier Umgang mit eigenen Sachgütern und imm. Gütern. Jedoch besteht in Art. 14 GG keine Wertgarantie die wie in diesem Fall vor Auszahlungen z.B. in Form von Steuerzahlungen schützt. Aufgabe 2) ? Aufgabe 3) a) K.F. müsste auf folgendes aufmerksam gemacht werden: Gemäß §74 (1) S.2 VwGO besteht bei belastenden Verwaltungsakten (Nutzungsuntersagung & Abrissverfügung) eine 1 Monatige Frist zur Einreichung einer Anfechtungsklage nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. In diesem Fall beginnt die Frist gemäß §57 (1) VwGO mit der Zustellung an K.F. Da aus dem Text hervorgeht, dass die Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß formuliert und beigefügt ist, tritt laut §58 (1) VwGO die Frist ordnungsgemäß in Kraft. b) K.F. müsste auf folgendes hingewiesen werden: Da K.F. laut Text keine Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt erhoben hat entfaltet sich für den vorliegenden Sachverhalt keine aufschiebende Wirkung gemäß §80 (1) VwGo. Diese tritt nur bei Widerspruch oder Anfechtungsklage ein. Da die Behörde nun die sofortige Vollziehung anordnet hat K.F. nur noch die Möglichkeit eine Anfechtungsklage gegen den VA zu erlassen oder gemäß §80 (5) VwGO durch Antrag bei Gericht eine aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Aufgabe 4) a) G.D. wäre für eine Verfassungsbeschwerde nicht beschwerdebefugt, da Sie nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar von der Verlängerung der AKW betroffen ist. Die Verfassungsbeschwerde wäre demnach nicht Zulässig und hätte keine Aussicht auf Erfolg. b) Mit "Verfassungsklage" ist in diesem Beispiel die Abstrakte Normenkontrolle gemeint, bei der der Beschwerdesteller Art. 93 (2) GG i.V.m. §76 BVerfGG eine Bundes- oder Landesregierung oder 1/4 des Bundestages ist. Beläuft sich der Anteil der Abgeordneten der Fraktionen der SPD und B. 90 Die Grünen auf mind. 25 von 100 so kann eine Abstrakte Normenkontrolle durchgeführt werden, wenn der Beschwerdesteller Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hat oder das Gesetz für nichtig hält. c) ? Aufgabe 5) S.L. hat in diesem Beispiel gemäß §35 S.1 VwVfG keinen VA erlassen, da es sich nicht um eine Maßnahme mit Rechtswirkung nach außen handelt. Adressat seiner Anweisung ist "behördenintern" ergangen. Aufgabe 6) H.W. wird mit dieser Argumentation vor Gericht Erfolg haben. Gemäß §48 (2) VwVfG kann die Behörde den begünstigenden VA nicht zurücknehmen, wenn beim Antragsteller schutzwürdiges Vertrauen herrscht. In diesem Fall hat H.W. den ausgezahlten Betrag bereits in Maschinen investiert, sodass ihm ein unzumutbarer Nachteil seiner Vermögensposition auferlegt würde....


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