Title | Variation im Deutschen 2020 |
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Author | Henrik Ceamanos |
Course | Variation im Deutschen |
Institution | Universität Augsburg |
Pages | 22 |
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Alle wichtigen Infos aus der Vorlesung...
Variation im Deutschen 1. Einführung/Annäherung 1.1 (Forschungs-)Fragen 1.1.1 Ein (fiktiver) Schülertext
Existieren „gleichberechtigte“ Bezeichnungen für dieselbe außersprachliche Referenz? o Z.B. Semmel/Brötchen, Bub(e)/Junge Ist „heuer“ Dialekt? Heißt es „bin“ oder „habe gesessen“? Wie ist die Genusopposition zwischen der und die Butter zu erklären? Wie gehe ich mit solchen Abweichungen um? Sprachnorm(en) und Variation
1.1.2 Wo spricht man wie?
In welcher Region / an welchem Ort spricht man welchen Dialekt? Wie ist diese sprachliche Vielfalt entstanden? Welche sprachlichen Merkmale sind für den jeweiligen Dialekt prägend? Haben Dialekte ein Imageproblem? Sterben unsere Dialekte aus?
1.1.3 Corona Tipps
Was sind deutschbasierte Minderheitensprachen und wer spricht sie? Wie wirkt sich die Umgebungssprache auf die Varietäten aus? (in welcher Form) Findet Assimiliation an die sprachliche Mehrheit statt?
1.2 Drei Begriffe und ein Differenzierungsansatz 1.2.1 Variante, Varietät, Variationslinguistik
Variante: o = einzelne Realisierung, einzelne sprachliche Einheit z.B. Tid – Zeit, maken – machen, etc. Varietät: o = Bündel an einzelnen Varianten, das ein sprachliches System bildet z.B. Umgangssprache, Fachsprache, Dialekt, etc Variationslinguistik: o = Teildisziplin der Linguistik, die sprachliche Varianten und Varietäten in einem mehrdimensionalen Varietätenraum untersucht
1.2.2 Mehrdimensionaler Varietätenraum Dimensionen diatopisch/landschaftlich diastratisch / sozial situativ diachron / historisch
Beispiele / Sprachbereiche Dialekt, National- und Minderheitensprache Jugendsprache, Studentensprache, Fachsprache Nähe- / Distanzkommunikation (öffentlich / privat), Ethnolekte, Soziolekte Historische Entwicklung, Sprachwandel, „Sprachgeschichte“
2. Mehrsprachigkeit 2.1 Sprachenportrait / Sprachenbiographie
Visualisierung bzw. Dokumentation des individuellen Sprachrepertoires o Idee des Sprachenportraits von Krumm / Jenkins (2001) Sprachrepertoire = „das individuelle Sprachsystem des Sprechers, welches er in einem bestimmten Zeitpunkt des Lebens zur Verfügung hat“ (Franceschini, 1996, 86)
2.2 Definition(en) und Klassifikationsversuche 2.2.1 Definition Mehrsprachigkeit
Mehrsprachigkeit = Fähigkeit mehr als eine Sprache / Varietät zu sprechen Mehrsprachigkeit schließt Zweisprachigkeit (Bilingualismus) mit ein Im Laufe der Forschungsgeschichte unterschiedliche Auffassungen von Mehrsprachigkeit: o Bloomfield, 1933 Das Beherrschen einer weiteren Sprache auf Muttersprachen-Niveau o Haugen, 1953 Das Beherrschen von ganzen, sinnergebenden Sätzen in anderen Sprachen o Edwards, 2010 Jeder ist mehrsprachig Mehrsprachigkeit = das Beherrschen von wenigen Wörtern in einer anderen Sprache Allein das Verstehen von Wörtern einer fremden Sprach = Mehrsprachigkeit
2.2.2 Konzepte der Klassifikationsversuche von Mehrsprachigkeit
Innere und äußere Mehrsprachigkeit Innere Mehrsprachigkeit: o Koexistenz verschiedener Varietäten innerhalb einer Sprache z.B. Dialekt, Standardsprache, Jugendsprache, Gamersprache, Bildungssprache etc. o Wandruska, 1979 Vermischung und Ineinandergreifen von Sprachen verschiedener Lebenskreise („dynamisches Polysystem“) Äußere Mehrsprachigkeit: o Varietäten / Sprachen unterschiedlicher Sprachsysteme z.B. Deutsch, Englisch, Spanisch Lebensweltliche und fremdsprachliche Mehrsprachigkeit Lebensweltliche Mehrsprachigkeit: o = Alltäglicher Umgang -> Gebrauch von mehr als eine Sprache Fremdsprachliche Mehrsprachigkeit:
o Erlernte Sprache Unterschiede im Hinblick auf : o Sprachaneignung o Sprachgebrauch Soziale Gliederung von Mehrsprachigkeit (Lüdi 1996) o individuelle Mehrsprachigkeit o soziale Mehrsprachigkeit o territoriale Mehrsprachigkeit o institutionelle Mehrsprachigkeit
2.2.3 Paradigmenwechsel: Vom Identitätsdefizit zur profitablen Selbstressource
Bedeutung von Mehrsprachigkeit: In der früheren Forschungsgeschichte häufig marginalisiert und kritisch gesehen („Identitätsdefizit“) o Dahlem, 1935 unorganisch widerspricht dem Wesen des Menschen stört die ganzheitliche Struktur der menschlichen Seele o Weisgerber, 1966 Mensch ist im Grunde einsprachig Störung der geistigen Entfaltung, Einbuße an Geistesschärfe unscharfer, grober, fahrlässiger Sprachgebrauch schlecht für den Charakter, wachsende Trägheit des Geistes Erschlaffung des Gewissens insgesamt Heute: positive Sichtweise auf Mehrsprachigkeit („Sprachressource“), auch sprachpolitisch relevant o Europäisches Parlament (= „Sprachenplitik“) „Mehrsprachigkeit als ein wichtiges Element der Wettbewerbsfähigkeit Europas“ Ziele der EU-Sprachenpolitik: Jeder EU-Bürger soll zu seiner Muttersprache zwei weitere Sprachen beherrschen o gilt auch mit Blick auf eine innere Mehrsprachigkeit (v.a. Dialekte)
Sprachbarrieren-Diskussion: o 1970-er: Differenzierung zwischen 2 Ausformungen der Sprache nach Basil Bernstein restringiert (eingeschränkt) elaboriert (entwickelt, differenziert) Negativhaltung gegenüber innerer Mehrspracigkeit (vor allem Dialekten als „Sprache der Unterschicht“) schulische „Spracherziehung“ o Heute: Dialekt als schützenwerte Ressource (vgl. z.B. Handreichung des ISB) „Spracherziehung“ = veralteter Ansatz
Vorteile von Mehrsprachigkeit: o Ausgeprägteres Sprachbewusstsein begünstigt das Erlernen weiterer Sprachen (vgl. Riehl 2014) o wirtschaftlicher / beruflicher Nutzen o Verzögerung von Alzheimer um bis zu 4 Jahre (Bialystock/Craik/Freedman 2007)
3. Diatopische Variation 1 3.1 Der deutschsprachige Binnenraum 3.1.1 Übersicht
Binnendifferenzierung von o niederdeutschem (Norden) und o hochdeutschem (Süden) geographisch höhergelegener Raum Oberdeutsch: Bayern, Baden-Württemberg, Österreich, Schweiz Sprachgebiet getrennt durch die Benrather-Linie o Wie kommt man zu dieser / einer sprachgeographischen Einteilung
3.1.2 Hörbeispiele: Wenkersätze Wenkersätze: o Erstellung einer Sprachlandschaftskarte für Deutschland durch Georg Wenker in den
Jahren 1876 – 1895 o Liste mit 40 Sätzen, die von den Testpersonen in den jeweiligen Heimatdialekt übersetzt wurden o Veröffentlichung der Daten ab 1926 als Deutscher Sprachatlass Sprachdatenerhebung / Dialektgeographie Link zu Hörbeispielen: siehe IPad Ergebnis:
3.1.3 Sprachgeschichte: Die 2. Lautverschiebung
Sprachwandelprozess im 6. / 7 Jahrhundert o 2. Lautverschiebung markiert den Beginn der Deutschen Sprachgeschichte durch die Entstehung des Ahd. Entstehung der Konsonanten „Affrikata“ und „Doppelfrikative“ o Geburtsstunde der Deutschen Sprache Übersicht der 2. Lautverschiebung:
Unterschiedliche sprachgeschichtliche Entwicklung in Niederdeutsch und Hochdeutsch o geographische Trennung Hochdeutsche und Niederdeutsche sind geographisch motivierte Termini und bezeichnen kein „besseres“ oder „schlechteres“ Deutsch Sprachgrenze / Isoglosse: Benrather Linie Standardsprache = normkodifizierte Varietät, offizielle Schriftsprache Beschränkung der 2. LV auf das hochdeutsche Gebiet, aber unterschiedlich stark durchgeführt dialektale Staffelung Gliederung der Sprachlandschaft:
Basis der Binnendifferenzierung: 2. LV, die sich geographisch unterschiedlich stark durchgesetzt hat
3.2 Dialekt-Standard-Kontinuum
Basisdialekte (exklusiv lokal) und Standardsprache (normiert) als Eckpunkte des Kontinuums intermediärer Zwischenbereich mit regionalen Umgangssprachen: o hochdeutschen Raum: Bezeichnung der Verhältnisse als Stufenleiter manchmal praktischer Bessere Beschreibung der vielen Zwischenstufen des allmählichen Übergangs von den Basisdialekten zur Standardsprache (König 2011) Standardsprache wurde ausschließlich über die hochdeutschen Dialekte konstituiert
4. Diatopische Variation 2: Nieder- und Mitteldeutsch
4.1 Der Sprachraum im Norden / Niederdeutsch
Sprachliche Merkmale (Auswahl) und Binnengliederung Sprachliche Merkmale: o keine 2. LV nd.: op, ok, bitt, sick, Äppel, dat, mutt, ut hd.: auf, auch, Biss, sich, Apfel, das, muss, aus o keine Palatalisierung von s vor l, m, n, w, p, t, nd.: Kantsteen, opsteiht hd.: Kantstein, aufsteht o keine Diphthongierung von mhd. /i: - y: - u:/ nd.: sien, ut hd.: sein, aus o Monophthongierung von germ. ai un au zu nd. e und o nd.: Steen, Been, ok hd.: Stein, Bein, auch o Bewahrung von germ. o nd.: doon hd.: tun o he für er, we/wi für wir, ju für ihr Dem Englischen sehr ähnlich
Binnengliederung:
o o
Differenzierung des Niederdeutschen in Niederfränkisch, Niedersächsisch/Westniederdeutsch und Ostniederdeutsch Niederfränkische vs. Niedersächsisch Niederfränkisch Niedersächsisch 1. Person Pl. wi maak-en wi maak-(e)t 2. Person Pl. ji maak-t ji maak-(e)t 3. Person Pl. se maak-en se maak-(e)t Niedersächsisch vs. Ostniederdeutsch Niedersächsisch 1. Person Pl. wi maak-(e)t 2. Person Pl. ji maak-(e)t 3. Person Pl. se maak-(e)t
Ostniederdeutsch wi maak-en ji maak-en se maak-en
4.2 Der Sprachraum in der Mitte / Mitteldeutsch 4.2.1 Ostmitteldeutsch: „Fund“-Gebiet
Sprachliche Merkmale: o Monophthongierung von mhd. ei zu [e:] Streech, Beene, beede Streich, Beine, beide o Hebung (Vokale) von mhd. o zu u Ustern, sunst, Uchsen, kuchen Ostern, sonst, Ochsen, kochen o Konsonantenschwächung Gind, Guss Kind, Kuss o im Nord-Nordostthüringerisch: anlautendes g wird zu j realisiert Jarten, jesagt o Erzgebierge und Vogtland: j als g realisiert Gacher - Jäger o nördlich: Einheitskasus bei den Pronomina mich / dich (Dat. und Akk.) südlich: Differenzierung: mir / dir – mich / dich
4.2.2 Westmitteldeutsch: „Pund“-Gebiet
Sprachliche Merkmale: o mhd. ei entwickelt sich zu a bzw. ä: Fleesch, Flääsch (Fleisch) Kees, Kääs (Käse) o Lenisierung (Wandel der Fortis-Konsonanten) Mudder (Mutter)
o
o
o
o
bumbe (pumpen) Spirantisierung (Übergang von einem Laut zu einem Englaut) hewe - heben awer - aber Nachel – Nagel Sonorierung vor Spiranten Oowe – Auge baiße -beißen Rhotazismus (Wechsel von Buchstaben) von mhd. /d/ und /t/ zu /r/: Brurer (vgl. mhd. bruoder) brore (braten) Werrer (Wetter) rheinische Verlaufsform (sog. am-Progressiv) ich bin die Uhr am reparieren
5. Diatopische Variation 3: Ostfränkisch 5.1 Diatopisches Varietätenspektrum im Süden: Oberdeutsch
Im Oberdeutschen werden verschiedene hochdeutsche Varietäten gesprochen: o (Ost-)Fränkisch o Bairisch o Schwäbisch / Alemannisch
5.2 Ostfränkisch 5.2.1 Übersicht
Konstituierung der basisdialekte über Abgrenzung zu anderen Dialekten (nicht unbedingt über spezifische, gemeinsame Merkmale) Achtung: Ostfränkisch bezieht sich nicht nur auf Oberfranken
5.2.2 Binnengliederung
Unter- Oberfränkisch o Östlicher Teil: Staa (Stein) braat (breit) glabn fair kepf o Westlicher Teil: Stee breet glebn foir Köpf
Zusammenhang von Variation und Religion
o o
Katholische Fürstentümer Würzburg und Bamber im Nordwesten (z.B. foir, köpf) Evangelische Fürstentümer Ansbach und Bayreuth im Südosten (z.B. fair. kepf)
5.2.3 Sprachliche Merkmale
Abgrenzung zum Norden (thüringisch) o Keine Zentralisierung der Vokale o Form von nicht: net / nit vs. nech / nich o Stamm und Pluralbildung: Weglassen vom e Wies-n, Katz, Fisch, Gäns
Abgrenzung zum Osten (nordbairisch) o Richtungsadverbien r-ai vs. ain-a n-ai vs. ain-e o Pronomen der 2. Pers. Pl. ihr / euch vs. es / enk
Abgrenzung zum Süden (schwäbisch) o mhd. st Hustn [st] vs. Huaschtn
Abgrenzung zum Westen (rheinfränkisch / osthessisch) o vorahd. p Bfund [bf] vs Pund [p] o Assimilation eines Lauts an benachbarte Laute glebm vs. glabn
5.2.4 Sprachliche Besonderheiten
Differenzierung der Sprecherperspektive über Richtungsadverbien o vom Sprecher weg: nauf o zum Sprecher hin / auf ihn zu: rauf mir missn moll nauf ner buden (auf den Dachboden) gieh moll rauf aufs dach (auf das Dach) Anreichung von topologischen Informationen (in hinauf) raumsemantische und topologische Zusatzspezifierungen Diskontinuierliche Wortbildung, endungslose Infinitivformen und einschlägige Serialisierungen(v.a. im Unterostfränkischen) o er woll ihn nicht heim – lass – gehen o was da sich ölles aahotmüßhör (an hat hören müssen) Flektierter (gramatisch abgewandelte Form) Nebensatzeinleiter, Verschmelzung mit dem Pronomen o wal-sd nit ogerufm host (weil du nicht angerufen hast) o sokt bescheid, wen-da kummt (wenn ihr kommt) o wenn-st fei su weidamachst (wenn du fei so weitermachst)
6. Diatopische Variation 4: Bairisch
6.1 Übersicht
Bairisch = oberdeutsches Varietätenbündel aus Nord-, Mittel-, und Südbairisch o Hauptsächlich auf Deutschland und Österreich verteilt Bayern: o Oberpfalz o Oberbayern o Niederbayern Sprachliche Übergangsgebiete: Varietäten von beiden Gebieten o Westen: Übergang zum Alemanischen bzw. Ostschwäbischen o Nordwesten: Übergang zum Ostfränkischen o Binnenraum: Nord-, Mittel-, Südbairisch
6.2 Binnengliederung
Nordbairisch: o Gestürzte Diphthonge: uo und ie wurden zu ou und ei gestürzt bzw. umgedreht wei (mhd. wie) – fleich (mhd. fliege) bou (mhd. buo) – mou (mhd. muos) dou (mhd. tuon) – kei (mhd. küe) Enstehung aus dem Germanischen: Bewahrung des alten Lautstandes oder „Rück-Diphtongierung“ Mittelbairisch: o l-Vokalisierung [mei] vs. Mehl, [geid] vs. Geld, [koit] vs. kalt o Erhalt der lautlich mhd. Diphthonge: Zusammenfall von mhd. üe und ie zu ia liabe (liebe) Ois Guade o Diphthong oa (aus mhd. ei) Hoamat (mhd. heimat) o Synkope (Ausfall eines unbetonten Vokals im Wortinneren G’fui (Gefühl) Südbairisch o Affrizierung von k zu /kx/ (2. Lautverschiebung) kchnia (Knie) kchnedl (Knödel) o Entwicklung von mhd. o und e zu /oa/ und /ea/
roat (rot) Schnea (Schnee)
6.3 Sprachliche Merkmale des Bairischen (Auswahl)
Doppelsetzung des unbestimmten bzw. bestimmten Artikel o a recht a schena Vogl (ein recht schöner Vogel) o des gants des gloana Schof (das ganz kleine Schaf) Bestimmter Artikel bei Eigennamen o der Peter, der Max, der Hans, … Doppelte Verneinung o I ha koan Hunga ned (Ich habe keinen Hunger nicht) Flektierte Konjunktionen o wen-st kimst (wenn du kommst) Bairische Kennwörter, enklitische Flexionsform (2. Pers. Pl.) o es / enk z.T. vom Standard abweichende Genuszuweisung o da buda, s’ek (die / der Butter, die Ecke)
6.4 Sprachkontakt in Bayern
Kontaktsprachlich geprägte Sprachlandschaft o Wochentagsnamen: Ertag und Pfinztag (Dienstag und Donnerstag) von den Goten übernommen o Bayrische Schmankerl: Brezen, Semmel, Butter, Käse, Wein, Bier aus dem romanischen Sprachkontakt o Kren für Meerrettich, Dobernickel für Steinpilz Entlehnungen aus dem Slawischen bzw. Tschechischen
6.5 Bairische und bayerische Dialekte: Status Quo und Entwicklungstendenzen
v.a bairische Dialekte stark beliebt und positiv attributiert Gebrauch in Zeitung, Werbung, Chat, Internet, Literatur, Sprachlandschaft, Musik, in Film und Fernsehen o z.T. mit Authentizitätsverlust aber: Rückgang der dialektalen Kompetenz und Tendenz der stärkeren Regionalisierung
7. Diatopische Variation 5: Schwäbisch-Alemannisch 7.1 Schwäbisch-alemannische Varietäten
Differenzierung in: o Nieder-, Mittel-, Hoch-, und Höchstalemanisch o (Ost-)Schwäbisch
7.2 Schwäbisch-Alemannisch in Deutschland
Wo spricht man diese Varietäten? o Südlicher Teil von Baden-Würrtemberg o Westliches Bayern Sprachliche Übergangsgebiete: o Osten: Übergangsgebiet zum Bairischen (Lechrain) Mischen von schwäbischen und bairischen Anteilen o Norden: Übergangsgebiet zum Ost- und Rheinfränkischen
7.3 Schwäbisch und Alemannisch - Worin bestehen Unterschiede?
Beispiel: mein neues Haus o schwäbisch: mei nuis hous Diphtongierung o alemannisch: miin nüüs huus Beibehalten der Langvokale aus dem mhd. Beispiel: mhd. o (z.B. groz) o schwäbisch: grauß Diphtongierung o alemannisch: groß Bewahrung des Lautstammes
7.4 Sprachliche Merkmale
Palatalisierung von s vor Konsonant zu [∫] o [i∫(t)] – ist mhd. ei wird zu oi o noi - nein Verbalflexiv {-et} o schwäzet, kommet Einheitsplural auf {-et} bzw. {-e} (nicht im äußersten Südwesten)
Realisierung des Suffixes (= angehängte Ableitungssilbe) {-en} als {-e} bzw.{-a} o lese / lesa, hocke Partizip Perfekt mit Synkope (generell oberdeutsch) o gmütlich Wortbildungen auf ver- anstelle von standarddeutsch zer- und ero verrise – zerreißen o verfriere - erfrieren Suffix {-ete} zur Bildung von Kollektiva o Tratschete = gesamtes Geschwätz o Nähete = gesamte Näharbeit
7.5 Besonderheiten von Hochalemanisch
8. Minderheitenvarietäten 1 / Binnenraum und „Deutsch der Welt“ 8.1 Minderheitensprachen in Deutschland 8.1.1 Begriffsbestimmung
Sprachliche Minderheit: o zahlenmäßig kleinere Sprachgruppe o Zusammenleben mit einer größeren Sprchgemeinschaft trifft pauschal, aber nicht auf alle Minderheiten zu o Meistens Kontakt mit anderssprachigen Gruppen, daher kontaktinduzierter Sprachwandel o Internationales Bewusstsein der Fördernotwendigkeit
8.1.2 Übersicht
Sprachliche Minderheiten in Deutschland: o Sorben (Brandenburg und Sachsen) o Dänen (Schleswig-Holstein) o Friesen (Schleswig-Holstein und Niedersachsen) o Sinti und Roma (gesamtes Bundesgebiet)
8.1.3 Beispiel: Vaterunser auf Niederdeutsch
8.2 Sog. deutsche „Sprachinseln“ in der Welt 8.2.1 Übersicht
8.2.2 Blick in die Geschichte
Sprachsiedlungen weltweit: o Entstehung aufgrund von Aus- und Umsiedlungsbewegungen Menschen aus dem deutschsprachigen Binnenraum ab dem Mittelalter – v.a. 2 Aussiedlungswellen o Verschiedene Gründe der Aussiedelung: Religion (z.B. Hutterer) Anwerbung oder strategisches Politikum (z.B. Schönbornfranken) Verstetigung bestehender Saisonsiedlungen (Jahreszeitlich bewohnte Wohnplätze) -> z.B. Sappada Verbesserung des Lebensstandards Flucht, Krieg, Armut, politische Verfolgung Famile, Geld, Abenteuerlust Rumänische Gebiete, in dene es deutsche Gemeinschaften gab oder gibt
8.2.3 Spracherhalt und Sprachverlust
3 Generationen Regel: o Annahme: sprachliche und kulturelle Assimilation innerhalb von drei generationen o trifft vielfach aber nicht zu: Z.B sehr alte Siedlungen in Norditalien Gründe für den Sprachenerhalt (Auswahl): o Geringe Mobilität o Abgeschiedenheit
o o o
„Spracheninselmentalität“ Festhalten an einem sprachlichen Exklusivitätssymbol (Identität) Institutionelle Unterstützung (Schule, Kindergärten)
8.2.4 Problematisierung des Sprachinselkonzepts
Sprachinsel = Zustand von Abgeschiedenheit, Isoliertheit und sprachlicher Konservatismus trifft nur auf wenige Minderheiten zu (z.B. Wolfsberg, Rumänien) Sprachinselkonzept vielfach ideologisiert o z.T nationalpolit...