Wi Ar 190503 final PDF

Title Wi Ar 190503 final
Course Wissenschaftliches Arbeiten
Institution FOM Hochschule
Pages 16
File Size 276.1 KB
File Type PDF
Total Downloads 92
Total Views 143

Summary

Download Wi Ar 190503 final PDF


Description

1

Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis

II

Abbildungsverzeichnis

II

1. Einleitung

1

1.1 Problemstellung

1

1.2 Aufbau der Arbeit

1

2. Sozioökonomische und technologische Hintergründe für eine veränderte Bewerberauswahl

1

3. Moderne Ansätze der Bewerberauswahl

3

3.1 Auswertung von Audio- und Videointerviews

3

3.1.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale

3

3.1.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren

4

3.2 Online Assessment Center

5

3.2.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale

5

3.2.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren

7

3.3 Recrutainment

8

3.3.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale

8

3.3.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren

10

3.4 Pre-Employment Screenings

11

3.4.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale

11

3.4.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren

11

3.5 Moderne Persönlichkeitstests

12

3.4.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale

12

3.4.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren

14

4. Fazit

15

Literaturverzeichnis

17

2

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Struktur des Caliper-Persönlichkeitsprofils

13

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Recrutainment im Kontext anderer Onlinetestverfahren

9

1. Einleitung 1.1 Problemstellung Bekanntermaßen stehen Unternehmen vor der Aufgabe, geeignete Jobbewerber für ihre offenen Arbeitsstellen zu akquirieren. Zur Auswahl adäquater Bewerber können die Unternehmen unterschiedliche Methoden und Verfahren einsetzen, die auch stets weiterentwickelt werden. Auch das Pharmaunternehmen Pfizer, für das der Autor der vorliegenden Arbeit tätig ist, will seine Marktstellung verbessern, indem innovative Bewerberauswahlmethoden eingesetzt werden. In der vorliegenden Arbeit erfolgt nun – gerade im Hinblick auf Pfizer – eine Analyse innovativer Bewerberauswahlmethoden, verbunden mit der Fragestellung, inwiefern sich diese Methoden für den Praxiseinsatz anbieten. 1.2 Aufbau der Arbeit In Kapitel 2 wird zunächst skizziert, welche sozioökonomischen und technologischen Entwicklungen dazu beigetragen haben, dass Unternehmen auf neue Bewerberauswahlmethoden zurückgreifen. In Kapitel 3 werden die innovativen Methoden vorgestellt, wobei jeweils die Kennzeichen und Stärken sowie die Schwächen und Nutzungsbarrieren untersucht werden. Zu den betrachteten Methoden und Ansätzen gehören die Auswertung von Videointerviews, Online Assessment Center, Recrutainment, Pre-employment Screenings sowie moderne Persönlichkeitstests (insbesondere Caliper). Im Rahmen der Auseinandersetzung wird auch – sofern möglich – ein Bezug zu Pfizer hergestellt. Die Arbeit schließt mit einem Fazit in Kapitel 4. 2. Sozioökonomische und technologische Hintergründe für eine veränderte Bewerberauswahl Der demografische Wandel in Deutschland und die damit verbundene Abnahme an jungen Arbeitskräften tragen maßgeblich dazu bei, dass es für Unternehmen schwerer geworden ist, Nachwuchskräfte zu akquirieren. So ist in verschiedenen Wirtschaftsbranchen ein intensiver Wettbewerb um geeignete Jobkandidaten eingetreten. Dabei steht auch die zukünftige Entwicklung der Unternehmen damit in

3

Verbindung, ob qualifizierter Nachwuchs erfolgreich rekrutiert werden konnte. Schon bevor Unternehmen moderne onlinebasierte Personalauswahlverfahren eingesetzt haben, hat sich die Jobsuche bzw. die Personalgewinnung immer mehr ins Internet verlagert. Schon bald nach Aufkommen der Internettechnologie haben Jobbewerber die Möglichkeit gehabt, sich online über Jobs zu informieren und sich auch online zu bewerben. Durch die Entwicklung der sozialen Onlinemedien (Facebook, XING, LinkedIn etc.) konnten sich dann Jobkandidaten im Internet präsentieren.1 Ferner kann konstatiert werden, dass gerade junge Jobbewerber dadurch gekennzeichnet sind, dass sie hohe Erwartungen an die Arbeitgeber stellen, auch im Hinblick auf deren Außendarstellung. Bei den neuen onlinebasierten Bewerberauswahlverfahren ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass die Ausgestaltung der Verfahren in relativ starkem Maße die Unternehmenswahrnehmung durch den Bewerber bestimmt.2 Damit ist verbunden, dass „die Art und Weise, wie sich Personen während des OnlineRecruiting-Prozesses behandelt fühlen, auch einen entscheidenden Einfluss auf reale Kennzahlen wie Abspringerraten, Annahmequoten von Stellenangeboten etc. haben kann.“3 Ein persönliches Gespräch des Autors mit Laura Brandenburg, die bei Pfizer Consumer Healthcare im Bereich Human Relations tätig ist, ergab, dass Pfizer oftmals gar nicht dazu kommt, tiefer in die Bewerberauswahl zu gehen. Denn es würde – laut Brandenburg – bei vielen offenen Stellen schlichtweg an qualifizierten Bewerbern fehlen. Je spezieller ein Arbeitsplatz bei Pfizer auf ein bestimmtes Qualifikationsprofil zugeschnitten ist, desto schwieriger ist, genügend geeignete Bewerber zu finden. Diese Problematik sollte allerdings nicht dazu führen, dass sich Pfizer gegenüber neuen Methoden der Bewerberauswahl verschließt. Auch der Pfizer-Personalreferent Jens Hollerbuhl bekräftigte in einem Interview auf der Unternehmenshomepage,

dass

die

gesamte

Pharmabranche

unter

einem

Fachkräftemangel leiden würde. Bei den Nachwuchskräften sei die Situation allerdings etwas entspannter, da bei Pfizer ganz unterschiedliche Profile gefragt sind. Bei den Bewerbungen würde das Unternehmen neben den fachlichen Qualifikationen vor allem auf die Einstellung und die Sozialkompetenz der Jobkandidaten achten, da die Unternehmenskultur in starkem Maße von der Initiative, den Ideen und der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter leben würde. Der vielzitierte Dienst nach Vorschrift würde dagegen bei Pfizer eine untergeordnete Rolle spielen.4 3. Moderne Ansätze der Bewerberauswahl 3.1 Auswertung von Audio- und Videointerviews 1 Vgl. Diercks, J., Kupka, K., Recrutainment, 2013, S. 4f. 2 Vgl. Kupka, K., Online-Assessments, 2013, S. 54. 3 Kupka, K., Online-Assessments, 2013, S. 54. 4 Vgl. Hollerbuhl, J., Pfizer, 2019, o. S.

4

3.1.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale Eine moderne Bewerberauswahlmethode ist die Auswertung von Videointerviews. Hierfür haben verschiedene IT-Anbieter entsprechende Software entwickelt. Ein Beispiel für eine derartige Software ist HireVue vom gleichnamigen Anbieter. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist, dass sich die Jobbewerber beim Beantworten von acht bis zehn Fragen selbst filmen. Dies nimmt üblicherweise eine Viertelstunde in Anspruch. Im weiteren Verlauf nimmt die Software eine Auswertung der Videos vor, wobei auf Vokabular, Umgangston, Gestik und Mimik des Bewerbers geachtet wird.5 Die Software kann selbst kleinste Variationen zwischen den Jobkandidaten erfassen. So achtet die Software beispielsweise auf Sprünge der Augenbewegungen, Wimpernschläge oder das Starren auf einen Punkt. HireVue wird zugeschrieben, Charakterzüge wie Gewissenhaftigkeit, Geselligkeit oder emotionale Labilität identifizieren zu können.6 Auf Grundlage dieser Bewertung erstellt die Software eine Rangliste der Bewerber. Die Personalentscheider des Unternehmens können sich beispielsweise alle Antworten der Bewerber zu einer bestimmten Frage nacheinander anschauen, um so einen besseren Vergleich zwischen den Kandidaten vornehmen zu können.7 Insgesamt ist HireVue in der Lage, 15.000 Charakteristiken der Jobkandidaten zu überprüfen.8 Im Kontext der Videointerviews ist auch auf Audiointerviews zu verweisen, die ebenfalls mittels Computerprogrammen ausgewertet werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Sprachanalysesoftware ‚Precire‘, die nach Herstellerangaben in der Lage ist, 500.000 Merkmale zu erfassen. Analog zur Videoanalyse wird auch der Sprachanalyse zugeschrieben, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen, sodass der Personalaufwand reduziert bzw. die Kosten für den Auswahlprozess gesenkt werden können.9 3.1.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren Bei Videoauswertungsprogrammen wie HireVue handelt es sich um Anwendungen der künstlichen Intelligenz. Ein Kritikpunkt ist darin zu sehen, dass die Gefahr besteht, dass sich die Personalverantwortlichen gänzlich auf die Anwendung verlassen und die Personalentscheidung der Software überlassen.10 Die komplexen Analysetools der Software „nehmen den Personalverantwortlichen jedoch nicht die Einstellungsentscheidung ab und das wird sich hoffentlich nie ändern; sonst stellt sich eben die Frage, für wen die Algorithmen und für wen der Mensch da ist.“11 Auch die Gestaltung der Algorithmen wird bei Programmen wie HireVue infrage gestellt. So erscheint es möglich, dass in den Algorithmen gewissermaßen Vorurteile enthalten sind, die den Auswahlprozess negativ beeinflussen. So könnten beispielsweise bestimmten

5 Vgl. Barsch, P., Trachsel, G., Fachkräftesicherung, 2018, S. 82. 6 Vgl. Samol, P., Robo-Recruiting, 2018, S. 28. 7 Vgl. Wefers, D., Personalberatung, 2018, S. 61. 8 Vgl. Barsch, P., Trachsel, G., Fachkräftesicherung, 2018, S. 82. 9 Vgl. Bärschneider, N., Sprachanalysesoftware, 2019, o. S. 10 Vgl. Barsch, P., Trachsel, G., Fachkräftesicherung, 2018, S. 82. 11 Barsch, P., Trachsel, G., Fachkräftesicherung, 2018, S. 82.

5

Augenbewegungen Charaktermerkmale Wirklichkeit entsprechen.12

zugeschrieben

werden,

die

nicht

der

Auch in rechtlicher Hinsicht sind (zeitversetzte) Videointerviews nicht unproblematisch. So kamen die Datenschutzbeauftragte von Nordrhein-Westfalen und Berlin im Jahr 2017 zu dem Schluss, dass die Videos gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen können. Denn im Unterschied zu persönlichen Interviews würde der Jobbewerber üblicherweise nicht wissen, wer dieses Gespräch verfolgt und wie dieses Interview ausgewertet wird. Zudem weisen Datenschützer darauf hin, dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, bei der Bewerberauswahl so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben. So sind in rechtlicher Hinsicht Verfahren vorzuziehen, die genauso geeignet sind, jedoch weniger die Rechte der Bewerber beschneiden. Dabei erachten die Datenschützer kognitive Leistungstests als zielführender und rechtlich unbedenklicher als Videointerviews. Unabhängig von den rechtlichen Problemen besteht bei den Videointerviews auch die Gefahr, dass durch das asynchrone Video kein eindeutiges Abbild der Persönlichkeitsmerkmale und der Leistungsfähigkeit des Bewerbers möglich ist. Denn es ist möglich, dass zahlreiche Bewerber – gerade wenn sie allein vor ihrem Computer sitzen – gehemmter in ihrem Vergalten sind als in einem persönlichen Gespräch, das nicht aufgezeichnet wird.13 Auch bezüglich der Sprachanalysesoftware wird kontrovers diskutiert, ob die Ergebnisse durch bestimmte Faktoren (Nervosität, starker Dialekt, Deutsch nicht als Muttersprache etc.) verfälscht werden können. Die Hersteller der Software betonen, dass die Algorithmen der Software in der Lage sind, derartige Faktoren adäquat berücksichtigen zu können. Auch halten es die Hersteller – im Gegensatz zu zahlreichen Personalauswahlexperten – für nicht möglich, dass die Bewerber durch Training ihr Sprachprofil so verändern können, dass die Software zu einer positiveren Beurteilung des Bewerbers kommt. Kritiker der Software vertreten die Ansicht, dass es durch eine Sprachanalyse

nur

bedingt

möglich

ist,

die

berufliche

Leistungsfähigkeit

prognostizieren zu können. Als besonders problematisch kann angesehen werden, wenn Unternehmen Software einsetzen, deren Funktionsweise und Vorhersagekraft noch nicht anerkannt sind. Bei den Bewerbern könnte das Unternehmen einen Imageverlust erleiden.14

12 Vgl. Samol, P., Robo-Recruiting, 2018, S. 30. 13 Vgl. HR Diagnostics, Videointerviews, 2018, o. S. 14 Vgl. Bärschneider, N., Sprachanalysesoftware, 2019, o. S.

6

3.2 Online Assessment Center 3.2.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale Noch Anfang der 2000er-Jahre stellten Online Assessment Center ein außergewöhnliches Instrument zur Bewerberauswahl dar. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass rund die Hälfte der internationalen Unternehmen dieses Instrument einsetzt, wobei Untersuchungen ergeben haben, dass die Einsatzhäufigkeit mit der Größe des Unternehmens steigt.15 Online Assessment Center werden mitunter auch als E-Assessment bezeichnet.16 Online Assessment Center sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass die Jobbewerber auf der Website des Unternehmens die Möglichkeit haben, mittels eines Online Assessment Tools ihre Stärken und Schwächen zu überprüfen. Es erfolgt dann ein Abgleich, ob diese den Stellen- bzw. Unternehmensanforderungen entsprechen. Die Prüfung der Stärken und Schwächen basiert auf Wissens-, Fähigkeits- und Persönlichkeitstests. Online Assessment Center werden teilweise dazu eingesetzt, dass Jobinteressenten bereits vor einer offiziellen Bewerbung eine Selbstreflexion vornehmen müssen. Die Zielsetzung besteht aus Unternehmensperspektive darin, dass sich unpassende Kandidaten von sich aus nicht für die Stelle bewerben. Bei derartigen Online Assessment Centern erfolgt keine Weiterleitung von personenbezogenen Informationen an das Unternehmen. Gleichsam ist es möglich, dass das Online Assessment Center zeitgleich mit einer Onlinebewerbung eingesetzt wird. Die Jobinteressenten nehmen dann im Zuge der Onlinebewerbung an dem Assessment Center teil und füllen die einstellungs- und motivationsbezogenen Fragebögen aus. 17 Auch ist es möglich, Arbeitsproben zu erheben, indem durch das Tool eine Simulation typischer berufsbezogener Szenarien vorgenommen wird. Die Kandidaten erhalten dann situationsgebundene Aufgaben, die sie bearbeiten müssen.18 Da die Assessment Center Tools in der Lage sind, eine standardisierte Auswertung der eingegebenen Daten vorzunehmen, fallen für das Unternehmen auf dieser Vorauswahlstufe kaum Personalressourcen an.19 Online Assessment Center eignen sich vor allem zur Negativ-Selektion der Jobbewerber. Demnach werden die Verfahren eher nicht dazu eingesetzt, um dadurch einen geeigneten Jobbewerber zu identifizieren. Vielmehr steht im Mittelpunkt, dass durch dieses Verfahren ungeeignete Kandidaten leichter erkannt und ‚aussortiert‘ werden können.20 Qualitativ hochwertigen Online Assessment Centern wird zugeschrieben, dass sie den Auswahlprozess kostengünstiger, schneller, einfacher und letztlich effektiver werden lassen. Dabei weist das Online Assessment Center die gleiche Daten- bzw. Messqualität auf wie bei einem ‚analogen‘ Assessment Center.21 Ein wichtiger Vorteil für die 15 Vgl. Kupka, K., Online-Assessments, 2013, S. 53f. 16 Vgl. Mülder, W., Wirtz, K.-W., E-Business, 2016, S. 9-6. 17 Vgl. Steiner, H., Online-Assessment, 2009, S. 18f. 18 Vgl. Olbrück, N., Online-Self-Assessment, 2015, S. 28. 19 Vgl. Steiner, H., Online-Assessment, 2009, S. 18f. 20 Vgl. Mülder, W., Wirtz, K.-W., E-Business, 2016, S. 9-6. 21 Vgl. Kupka, K., Online-Assessments, 2013, S. 54.

7

Bewerber ist darin zu sehen, dass das Online Assessment ortsunabhängig genutzt werden kann. Wenn das Unternehmen die Leistungen im Online Assessment erfasst, können Jobkandidaten im Auswahlprozess voranschreiten, ohne dass sie das Unternehmen besuchen müssen.22 3.2.2 Schwächen und Nutzungsbarrieren Zunächst ist zu konstatieren, dass der Aufbau, die Pflege und Administration von onlinebasiertem Assessment mit einem nicht unerheblichen Ressourcenverbrauch verbunden ist.23 Ein zentraler Nachteil von Online Assessment Centern ist darin zu sehen, dass die Verfahren ohne die Anwesenheit von Testleitern umgesetzt werden, sodass die Testsituation für das Unternehmen kaum kontrollierbar ist. So ist vor allem die Durchführungsobjektivität bei onlinebasierten Assessments stark eingeschränkt. Beispielsweise ist es möglich, dass der Jobkandidat den Test mehrfach durchführt und sich weiterführende Informationen zu diesem Test einholt, um sein Antwortverhalten optimieren zu können.24 Es besteht auch dahingehend die Gefahr einer verfälschten Testbearbeitung, dass Musterantworten erfolgreicher Jobbewerber weitergegeben werden. Eine Nutzungsbarriere besteht zudem darin, dass eine Hard- und Softwarekompatibilität nicht immer vorherrscht.25 Dabei ist es auch möglich, dass die Schnelligkeit der Internetverbindung oder Computerkenntnisse des Bewerbers dazu führen, dass das Testergebnis beeinflusst wird.26 Bei der Auswertung der Ergebnisse von Online Assessment Centern ist zu berücksichtigen, dass die Jobkandidaten die Aufgaben üblicherweise in ihrer gewohnten Umgebung verrichten. Sie können die Aufgaben daher möglicherweise entspannter und erfolgreicher lösen als in einem konventionellen Assessment Center, das im Unternehmen erfolgt.27 Gerade durch die hohen Anfangsinvestitionen, die bei der Umsetzung eines Online Assessment Center erforderlich sind, besteht die Gefahr, dass an der technischen und inhaltlichen Gestaltung gespart wird. Ein Online Assessment, das mangelhaft konzipiert wurde, kann als wertlos oder sogar als problematisch angesehen werden, nämlich dann, wenn falsche Informationen geliefert und somit Fehlentscheidungen bei der Bewerberauswahl gefördert werden. Hinzu kommt, dass Online Assessment Center nicht alle Testverfahren, die in konventionellen Assessments eingesetzt werden, adäquat umsetzen zu können. Während klassische Logiktests oder Postkorbübungen ohne Qualitätsverlust auch online verwirklicht werden können, gilt es als fraglich, ob durch Online Assessment sozial-kommunikative Fähigkeiten angemessen erfasst werden können.28 Gruppendiskussionen oder Rollenspiele „lassen sich theoretisch zwar als Gruppenchat oder Webcam-Konferenz organisieren, sind jedoch durch die mediale

22 Vgl. Olbrück, N., Online-Self-Assessment, 2015, S. 32. 23 Vgl. Konradt, U., Hertel, G., Personalauswahl, 2004, S. 58. 24 Vgl. Steiner, H., Online-Assessment, 2009, S. 30f. 25 Vgl. Konradt, U., Hertel, G., Personalauswahl, 2004, S. 58. 26 Vgl. Erlat, S., Online Assessment Center, 2015, o. S. 27 Vgl. Olbrück, N., Online-Self-Assessment, 2015, S. 32. 28 Vgl. Erlat, S., Online Assessment Center, 2015, o. S.

8

Barriere immer weniger aussagekräftig als eine direkt Beobachtung vor Ort, da die persönliche Interaktion und der konkrete Praxisbezug fehlt.“29 Darüber hinaus besteht beim Online Assessment die Problematik der Datensicherheit und des Datenschutzes. Zahlreiche Jobkandidaten haben die Befürchtung, dass sensible Daten im Zuge der Online-Übermittlung verloren oder missbraucht werden.30 3.3 Recrutainment 3.3.1 Kennzeichen, Stärken und Potenziale Der Begriff des Recrutainments stellt ein Kunstwort dar, das sich aus den englischen Termini ‚Recruitment‘ (zu Deutsch: ‚Unterhaltung‘) und ‚Entertainment‘ (zu Deutsch: ‚Unterhaltung‘ zusammensetzt. Auch wenn das Recrutainment primär auf die Auswahl adäquater Jobkandidaten ausgerichtet ist, werden mit diesem Ansatz noch andere Zwecke verfolgt, insbesondere ein Employer Branding des Unternehmens. Das Konzept des Recrutainments ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass bei jungen Jobkandidaten der Wunsch nach Unterhaltung überdurchschnittlich ausgeprägt ist.31 Analog zum Online Assessment ist das Recrutainment ein Ansatz, der noch bis Anfang des Jahrtausends kaum praktiziert wurde, seither aber erhebliche Verbreitung gefunden hat. Insbesondere den New-Economy-Unternehmen wird zugeschrieben, die Entwicklung des Recrutainments vorangetrieben zu haben.32 In Abbildung 1 ist dargestellt, welche Stellung das Recrutainment in Bezug auf andere Onlinetestverfahren einnimmt. Das Recrutainment kann als Form der Selbst-Selektion angesehen werden. Durch die spielerische und unterhaltsame Darstellung des Unternehmens soll der Jobbewerber erfahren, ob er zu diesem Unternehmen passt. Demnach ist das Recrutain...


Similar Free PDFs