03 Diagnostik - Verhaltensbeobachtung PDF

Title 03 Diagnostik - Verhaltensbeobachtung
Course Psychologie EWS Basis
Institution Otto-Friedrich Universität Bamberg
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Summary

Psycho IB VL...


Description

Verhaltens- und Unterrichtsbeobachtung Was Sie heute verstehen sollen 

Beobachtung ist eines der wichtigsten (alltags-)diagnostischen Diagnoseinstrumente für Lehrkräfte.



Eine systematische Beobachtung ist eine empirische Forschungsmethode, mit der Verhalten, Objekte oder Vorgänge untersucht werden können.



Verhaltensbeobachtungen können fließend in Verhaltensbeurteilungen übergehen, sind aber analytisch voneinander abgrenzbar.



Beobachtungs- und Beurteilungsfehler können die Beobachtung von Verhalten verzerren



Professionelles Vorgehen beim Beobachten macht den professionellen Blick auf SuS sowie Unterricht (Beachtung von Regeln / Gütekriterien) wahrscheinlicher

Überblick 

Unsystematische Beobachtung



Systematische Beobachtung o Definition o Gegenstände o Chancen und Gefahren o (Ordnungs-)Merkmale, Beobachtungssysteme o Beurteilungsfehler o Gütekriterien bei der Beobachtung o Auswertung von Beobachtungsdaten o Praktisches Vorgehen bei der Beobachtung

Unsystematische („naive“) Beobachtung 

Alltagsbeobachtung



Ganze Breite der Situation kann erfasst werden



Einzelne herausragende Ereignisse fallen auf



Keine systematischen Häufigkeitsangaben



Weiter Ermessensspielraum



Dominanz subjektiver Wahrnehmungen und deren Beschränkungen



Großer Einfluss von Beobachtungs- und Beurteilungsfehlern



Evtl. sinnvoll zur: ersten Vororientierung, zur Hypothesengenerierung und zur Generierung von Kategorien für systematische Beobachtung



Auch hier sollten Aufzeichnungen angefertigt werden: möglichst sofort und möglichst frei von Deutungen (d.h. auf der verbalen oder adverbialen Ebene) narrative Beschreibungen

Für die meisten Zwecke geeigneter: Systematische Beobachtung

Definition systematische / wissenschaftliche Beobachtung Definition nach Laatz (1993, S.169): 

„Beobachten im engeren Sinne nennen wir das Sammeln von Erfahrungen in einem nichtkommunikativen Prozess mit Hilfe sämtlicher Wahrnehmungsmöglichkeiten.“



Im Vergleich zur Alltagsbeobachtung ist wissenschaftliche Beobachtung stärker zielgerichtet und methodisch kontrolliert.



Sie zeichnet sich durch die Verwendung von Instrumenten aus, die die Selbstreflektiertheit, Systematik und Kontrolliertheit von Beobachtung gewährleisten und Grenzen unseres Wahrnehmungsvermögens auszudehnen helfen.“



Zweckgerichtet und auf theoriegeleitet gewählten Ausschnitt des Verhaltensstroms fokussiert (stellen ausgewählte Teilaspekte des Verhaltens in den Fokus der Beobachtung)



Systematisch geplant, nicht dem Zufall überlassen



Systematische Aufzeichnungen



Kontrolle der Objektivität, Genauigkeit und Gültigkeit



Gegenstand der Beobachtung: Verhalten  

Eines Menschen Mehrerer Menschen in Interaktion (z.B. Unterrichtsbeobachtung)

Nicht: Erleben, mentale Prozesse, innere Zustände etc. (darauf wird aber häufig aus dem beobachteten Verhalten geschlossen)

Chancen der Verhaltensbeobachtung

Gefahren: Beobachter- und Beurteilungsfehler Fehlerquelle 1: Beobachtete Person/Beobachtungsstituation -

Bekanntheit zwischen beobachtender und beobachteter Person: Bspw. könnten auffällige Verhaltensweisen aufgrund von Gewöhnungseffekten nicht mehr wahrgenommen werden. Andererseits können unbekannte Observanden zur Gehemmtheit und Verlegenheit neigen

-

Reaktivität: Der Beobachtete reagiert bewusst oder unbewusst auf die Beobachtungssituation (beinhaltet Umfeldbedingungen, Räumlichkeiten, Beobachterpersönlichkeit, Zeitpunkt der Beobachtung).

Fehlerquelle 2: Wahrnehmungsselektivität -

Selektivität ist nützlich, wo sie methodisch kontrolliert wird und wirkt fehlerhaft, wenn sie sich unkontrolliert auswirkt.

-

Grenzen der Aufnahmekapazität: Auffassungsumfang und Gedächtnisspanne sind limitiert.

-

Erwartungseffekte: Aktuelle oder überdauernde Erwartungen des Beobachters leiten dessen Wahrnehmung und Urteilsbildung.

Fehlerquelle 3: kognitiv-affektive Verarbeitung -

Positionseffekte (primacy/recency effect): Eine erste oder letzte Beobachtung wird stärker gewichtet.

-

Zentrale Tendenz: Extreme Urteile werden vermieden, mittlere bevorzugt.

-

Halo-Effekt: (s. auch logischer/theoretischer Fehler): Aus der Präsenz eines Merkmals wird auf die eines anderen Merkmals geschlossen. Implizite/naive Persönlichkeitstheorien des Beobachters werden wirksam.

-

Kontrastfehler: Der Beobachter erkennt beim Probanden Eigenschaften, die er oder andere Personen nicht haben.

-

Ähnlichkeitsfehler: (Assimilationsfehler): Der Untersucher erkennt Eigenschaften, die er oder andere Personen auch haben.

-

Milde-/Strenge-Effekt: Personen und ihr Verhalten werden generell eher positiv oder negativ beurteilt.

Strategien zum Umgang mit Beurteilungsfehlern 

Fehler kennen! – Reflexion über den eigenen Beurteilungsrahmen



Zielgerichtete Steuerung der Aufmerksamkeit



Vorinformation einschränken



Beurteilungen mit Kollegen abgleichen



Klare Regeln zum Zusammenhang zwischen Beobachtung, Bewertung und Interpretation

Wichtige Ordnungsmerkmale der (systematischen) Beobachtung

Grundlagen In welchen Einheiten soll das beobachtete Verhalten analysiert werden? -

Time sampling: spezifische Verhaltensweisen werden in Zeitstichproben in festgelegten Zeitintervallen (z.B. 5-Sekunden-Intervalle) beobachtet  Häufigkeitsregistrierung und Interpretation

-

Event sampling: (Ereignisstichproben): beobachtet / registriert wird nur, wenn ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird

Beobachtungsinstrumente -

Verbalsysteme Alltagssprache (z.B. Protokolle; freie Beschreibungen), Achtung: Subjektivität der Interpretation

-

Nominalsysteme Eigenes Begriffssystem, Operationalisierung der Verhaltensweisen Auftreten wird registriert, „Beobachtertraining“ notwendig

Zeichensysteme (Checklisten)      

Eine oder wenige Verhaltensweisen werden registriert Alle anderen Verhaltensweisen werden ausgeblendet Kodierung: z.B. Verhalten vorhanden = 1; Verhalten nicht vorhanden = 0 Sehr nah am beobachteten Verhalten  niedrig-inferent Event- vs. Time-Sampling Typische Beobachtungsgegenstände (eher auf der Mikroebene): o Lehrkraft- und Schüleräußerungen o Sprechfehler, Sprechpausen, Ähems etc. o Aggressives Verhalten, Unterrichtsstörungen

Kategoriensysteme

Schätzverfahren (Ratingsysteme)

Vor- und Nachteile verschiedener Beobachtungssysteme

Gütekriterien bei der Beobachtung Objektivität: 

Eine Beobachtung ist objektiv, wenn mehrere unabhängige Beobachter zu hinreichend ähnlichen Ergebnissen kommen.



Die Beobachterübereinstimmung kann quantitativ bestimmt werden. Die einfachste Möglichkeit ist:



Dieses Maß sollte 90 % nicht unterschreiten.



Die Objektivität lässt sich steigern durch:

o Schulung der Wahrnehmungsschärfe, Beobachtertraining o Zerlegung in eine Beobachtung von Teilaspekten o Verbesserung der Beobachtungssysteme (v.a. disjunkte, klar definierte und verankerte Kategorien Reliabilität (Zuverlässigkeit/Messgenauigkeit):



Eine Beobachtung ist ganz allgemein umso reliabler, je genauer sie „misst“.



Die Reliabilität fällt in der Regel umso höher aus,

o Je präziser die Beobachtungskategorien definiert sind, o Je geringer die Zahl der Kategorien ist, o Je konkreter die Beobachtungskategorien formuliert sind. 

Die Zuverlässigkeit kann zusätzlich gesteigert werden durch eine wiederholte Beobachtung unter (penibler) Konstanthaltung der Bedingungen und anschließender Mitteilung. Auf diese Weise kann die Reliabilität auch quantifiziert werden.

Validität (Gültigkeit): 

Eine Beobachtung ist valide, wenn sie das erfasst, was sie erfassen soll.



Objektivität und Reliabilität sind notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen der Validität.



Die Validität einer Beobachtung wird u.a. durch den Vergleich mit Außenkriterien bestimmt (kriteriale Validität).

Auswertung von Beobachtungsdaten Je nach Fragestellung unterschiedliche Auswertungsmethoden Deskription:

Bestimmung der Gütekriterien:

Inferenzstatistische Auswertung:

Praktisches Vorgehen bei einer systematischen Verhaltens-/ Unterrichtsbeobachtung

Der diagnostische Prozess bei der Beobachtung

Zusammengefasst: Wichtige Fragen zur professionellen Beobachtung 1. Welche Frage soll beantwortet werden? 2. Unter welchen Bedingungen wird beobachtet? 3. Beschreibung zur Beantwortung geeignet? 4. Beschreibung der Beobachtung angemessen? 5. Stimmen mehrere Beobachter überein?

6. Nutzt der Beobachter bei mehreren Beobachtungen dieselben Kategorien? 7. Lässt sich das Verhalten in vergleichbaren Situationen erneut beobachten? 8. Wie lassen sich die beobachteten und registrierten Daten weiter verarbeiten / auswerten?...


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