9 Sturm und Drang am Beispiel der literarischen Empfindsamkeit PDF

Title 9 Sturm und Drang am Beispiel der literarischen Empfindsamkeit
Author Kimberly Puck
Course Literarische Textanalyse
Institution Universität Klagenfurt
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9 Sturm und Drang am Beispiel der literarischen Empfindsamkeit Datierung und Begriffserklärung Aufklärung • 18JH gilt als „Zeitalter der Aufklärung“, aber manche Denkweisen gehen auf das 16/17 JH zurück • Denkweisen und Wertvorstellungen der Epoche (Toleranz) sind bis heute gesellschaftsprägend Merkmale: • Rationale Erklärung der Welt: wissenschaftliches Denken, das an Erfahrung (Empirie) und Logik gebunden ist • Kritisches Denken: alles und jeder kann kritisch untersucht werden; wendet sich gegen Autoritäten (kirchliche und fürstliche Machtansprüche); kritikfähiger, mündiger Mensch= zentrales Bildungsziel • Verbesserung der Gesellschaft: aufgeklärtes Denken = kein Selbstzweck, sondern soll zur Verbesserung beitragen • Der einzelne Mensch: steht im Zentrum des Denkens

Sturm und Drang •

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Begriff stammt vom gleichnamigen Schauspieler von Friedrich Maximilian Klinger (1752-1831) und bezeichnet eine literarische Jugendbewegung zwischen 1770 und 1785 Gefühlsbetonte Gegenbewegung zur verstandesbetonten Aufklärung Nur teilweise richtig-> lehnten zwar einseitigen Rationalismus der Aufklärung ab und betonten Natur und Gefühl, aber sie führten auch aufgeklärtes Denken weiter-> Kritik an Autoritäten Man versteht es als Aufklärungsliteratur Enge Verbindung mit „Empfindsamkeit“

Empfindsamkeit • • • • •

Ist die Neigung, sich emotional berührenden Eindrücken hinzugeben Zuerst in englischer Literatur nachweisbar-> Samuel Richardson, Laurence Sterne „empfindsam“ ist die auf Gotthold Ephraim Lessing zurück gehende Übersetzung des englischen Wortes „sentimental“ Will dem Gefühl („Sprache des Herzen“) freien Lauf lasse, doch tabuisiert die sexuellen Bedürfnisse des Menschen Beruht auf Moralvorstellungen des Bürgertums (will sich von Adel abgrenzen)

Allgemeine geschichtliche Voraussetzungen Die Aufklärung ist eine bürgerliche Bewegung • Aufklärung ist nicht denkbar ohne den gesellschaftlichen Aufstieg des Bürgertums • Ging von europäischen Ländern aus, in denen das Bürgertum bereits eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung hatte-> England, Frankreich • Bürger gehören gemeinsam mit Bauern zu niederen Ständen, egal ob reich oder arm • Bürgertum (3.Stand) leistete viel (wirtschaftlich und geistig), hatte aber kaum politisches Mitspracherecht • Dies führte zu Spannungen und zu 2 historischen Ereignissen: amerikanischer Unabhängigkeitskrieg und Franz. Revolution

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Die Gründung der vereinigten Staaten von Amerika & die franz. Revolution • Erfolgreicher Unabhängigkeitskrieg (USA- England) führte im 18JH zur Deklaration der Menschenrechte und zur 1. Republikanisch- Demokratischen Staatsverfassung der Neuzeit • Mit Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit trat man gegen alte Gesellschaftsstruktur an und verbreitete unter europäischem Adel Furcht und Schrecken • Auch Künstler und Intellektuelle wurden Anhänger, bis Diktatur daraus wurde (Schreckensherrschaft der Jakobiner)-> viele Anhänger wandten sich ab • Dennoch war franz. Revolution der Grundstein für Demokratisierung und Liberalisierung Aufgeklärter Absolutismus • In Österreich und Deutschland waren Voraussetzungen für eine Revolution noch nicht gegeben • Habsburgische Länder waren im Vergleich zu England und Frankreich rückständige und von Gegenreform geprägte Gebiete, welche Kaiser Karl 6 und ab 1740 seine Tochter Maria Theresia regierten • König Friedrich von Preußen (Deutschland ) und Habsburger Josef der 2. (Österreich) nahmen Ideen der Aufklärung in Regierungspolitik auf • Beide Monarchen gewährten Religionsfreiheit (Toleranzprinzip) • Religionspolitik nach Prinzip „cuius regio, eius religio“- Landesherr konnte Zugehörigkeit von Untertanen bestimmen • „Alles für das Volk, aber nichts durch das Volk“- Joseph 2 Einführung in das philosophische Denken des Aufklärungszeitalters Religionskritik • Aufklärer bestritten, dass Gott über Propheten und Messias die letzte Gültige Wahrheit offenbarte • Sie gingen von „natürlicher Religiosität“ aus: basiert auf menschlichem Grundbedürfnis nach letztem Sinn und Daseinsgrund-> Natur des Menschen sucht nach Gott (z.B.: Deismus geht dem nach) • Viele behaupten, Gott habe die Welt nach feststellbaren Gesetzen geschaffen und mischte sich dann nicht mehr in den Ablauf ein-> diese Auffassung wurde von Voltaire vertreten (einflussreichster franz. Intellektueller des 18 JH) Neues staatspolitisches Denken • Vordenker der bürgerlichen Revolution: John Locke, Charles de Montesquieu, JeanJaques Rousseau • John Locke (E ): Wohl des einzelnen Bürgers steht im Mittelpunkt insbesondre das Recht auf Eigentum; weg dazu durch zuverlässige Verfassung (Konstitution) • Charles de Montesquieu: Erfinder der Gewaltenteilung-> Legislative (Gesetzgebende Gewalt), Exekutive (ausführende Gewalt), Judikative (richterliche Gewalt)-> geht bis in gegenwärtige Verfassungen • Jean- Jaques Rousseau: zog in seinem Werk „Du contrat social“ das Gemeinwohl dem Wohl des einzelnen vor Privateigentum-> Unrecht , persönliches Unglück, soziales Elend, Krieg „Transzendentale Erkenntnistheorie“ und „Kategorischer Imperativ“: Immanuel Kant • War einer der wichtigsten Philosophen der Aufklärung • Durch Kants Beitrag zur Erkenntnistheorie-> „Kopernikanische Wende“ • „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) für unsere menschliche Erkenntnis so wichtig, wie das heliozentrische Weltbild (Kopernikus) für unser naturwissenschaftliches Weltbild • Kant verknüpfte Empirismus und Rationalismus 2

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„Alle Erkenntnis gehe von sinnlicher Erfahrung aus“, aber „gedankliche Verarbeitung hat Raum, Zeit und Kausalität zur Grundlage“ Diese „Kategorien“ sind subjektiv Was wir als „Wirklichkeit“ bezeichnen, ist nicht das Spiegelbild der Dingwelt, sondern eine gedankliche Konstruktion- man erkennt nie das „Ding an sich“, sondern nur das „Ding für uns“ Mit „Kritik der praktischen Vernunft“ wurde ein großer Beitrag zur Ethik der Aufklärung geleistet. Im Zentrum der Ethik: „Kategorischer Imperativ“: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“-> d.h.: wir sollen so handeln, dass es für die Gesellschaft vorteilhaft ist Friedrich Schiller beschäftigte sich mit Kants Ethik

Radikale Subjektivität: Die Literatur des Sturm und Drang • • • • • • • • • •

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Ab dem 17JH stand der „Einzelmensch“ im Mittelpunkt des aufgeklärten Denkens und Schreibens Rene Decartes: leitete Gewissheit nicht aus Gott, sondern aus dem denkenden Ich ab (cogito ergo sum- ich denke, also bin ich) Gottfried Wilhelm Leibniz: machte sich Gedanken über den Zustand der Einzelseele („Monade“) Immanuel Kant: Erkenntnis der Wirklichkeit ist an das erkennende Subjekt gebunden Jean-Jaques Rousseau: für ihn ist das Kind der ideale Menschentyp, weil es aus seinen Gefühlen heraus handelt In amerikanischer Verfassung wurde das Recht auf Glück verankert Bildungsromane: zeigen, wie der Einzelne sein Glück oder Unglück durchlebt Pietismus: religiöse Richtung, durch Philipp Jacon Spener und Nokolaus Ludwig Zinzendorf verbreitet Pietisten fanden, dass die Einzelseele einen gefühlsbestimmten Zugang zu Gott finden könne und keine „vermittelnden Instanzen“ (Priester und Kirche) dafür brauchtdieser religiöse Subjektivismus („Mystik“) wurde von Kirche misstrauisch beobachtet Pietisten sonderten sich sektenähnlich von der Gesellschaft ab- Beobachtung der eigenen Seele war eine religiöse Übung Frage nach dem Einzelnen und seinem Verhältnis zur Welt führte zu „Erfahrungsseelenkunde“ (vorwissenschaftliche Psychologie) Karl Philipp Moritz war Mitherausgeber von „Gnothi seauton, Magazin für Erfahrungsseelenkunde (Erkenne dich selbst) In Deutschland erreichte der aufgeklärte Subjektivismus seinen Höhepunkt 17701785- Epoche des Sturm und Drang Zentren dieser Jugendkultur: Straßburg (Johann Wolfgang von Goethe, Jakob Michael Reinhold Lenz, Johann Gottfried Herder, Heinrich Leopold Wagner Göttingen (Johann Heinrich Voss, Brüder Friedrich Leopold und Christian Stolberg Schwaben (Christian Friedrich, Daniel Schubart, Friedrich Schiller) Johann Gottfried Herder: bezeichnete das „Genie“ als „Sterblichen mit Götterkraft“

Zurück zur Natur •

Johann Gottfried Herder wurde von Jean-Jaques Rousseau beeinflusst, aber erkannte, dass er kein wirkliches „Zurück zur Natur“ gab, da man die Zeit nicht zurück drehen konnte- jedoch sollte das Natürliche und Ursprüngliche erkundet werden 3





Herder dachte über den wirklichen Mensch nach- seine Sichtweise für Kunst und Literatur: „realistische Ästhetik“ -> Menschen aus Fleisch und Blut auf der Bühne und im Roman Damit trat die Sturm und Drang Ästhetik der klassizistischen Tradition und der Dichtung des Rokoko entgegen

Die Leiden des jungen Werthers • Hauptwerk des Sturm und Drang Hauptfigur ist ein junger einsamer Mann (aus bürgerlicher Familie) und er verliebt sich in eine bereits verlobte Frau- weiß keinen anderen Ausweg mehr und erschießt sich • Goethe verwendet dafür den Briefroman- diese emotionale, bildhafte Erzählsprache war etwas völlig neues Johann Wolfgang von Goethe • Am 28.August 1749 in Frankfurt am Main geboren • Stammte aus großbürgerlicher Oberschicht • Vater Johann Casper beeinflusste Bildungsweg -> Unterricht in Latein, Griechisch, Englisch, Italienisch, Hebräisch • Begann 1765 Jusstudium in Leipzig Goethe in Leipzig: Annettenlieder • Leipzig war im 18JH eine der modernsten europäischen Städte • Goethe integrierte sich schnell • Interessierte sich mehr für Zeichnen, Literatur und Philosophie als für Rechtswissenschaften • Fühlte Zuneigung zu Anna Katharina Schönkopf (Käthchen) -> Tochter des Hauswirts • Sie war die Grundlage für „Die Laune des Verliebten“ (1767) und „Annettenlieder“ • Literatursprache Anakreontik (ist verspielt-galant und kreist um die Themen Liebe, Freundschaft, Natur, Wein und Geselligkeit) • Goethe verwendet für Käthchen den Namen Annette, sowie auch Damot und Doris • Das Gedicht ist ein Rollengedicht: Annette erzählt, wie Doris und Damont in einem unbeobachteten Moment Zärtlichkeiten austauschen und sie vergleicht diesen Vorfall mit dem eigenen Verhalten-> angedeutete Frivolität und heitere Flirt- Situation sind typisch für anakreontische Lyrik • Goethes Beziehung zu Käthchen Schönkopf hielt nicht lange • In Dichtung und Wahrheit (Autobiografie) schrieb er, sie habe ihn wegen seiner krankhaften Eifersucht verlassen Die Leiden des jungen Werthers- Johann Wolfgang von Goethe • Briefroman (typischer Roman des Sturm und Drang) • Goethe führte 1772 ein Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar durch • Lernte dort Charlotte kennen und verliebte sich in sie – sie war bereits verlobt und wollte nur Freundschaft zu Goethe • Enttäuscht reiste er nach Frankfurt ihne sich von seinen Freunden zu verabschieden • Schrieb den Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“->schrieb Briefe an Freund Wilhelm und erzählte von seinen Erlebnissen und Gefühlen Wirkungsgeschichte von „die Leiden des jungen Werthers“ • Goethe wurde wegen diesem Werk in kürzester Zeit zu einem europäischen Star, hatte aber auch Kritiker • Einer meinte, dass das Werk zum Selbstmord anregen würde, weshalb ein Verkaufsverbot folgte • Ein anderer beschrieb die Geschichte als realistisch und wirkte begeistert 4

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Goethe verteidigte sich indem er sagte:“ Selbstmord ist ein Ereignis der menschlichen Natur“ Auch Montesquieu meint, es soll jedem freistehen wie er sein Leben lebt bzw. beendet

Von der Anakreontik zur Erlebnislyrik • Ab 1770 schrieb Goethe Gedichte die für einen Aufschwung sorgten und lösten die Lyrik des Rokoko, insbesondere die Anakreontik, ab • Anakreontische Lyrik: kunstvolle, spielerische Kunstform- Hauptmotive waren sinnlicher Genuss(Wein), Galanterien und das heitere Siel der Geschlechter -Goethe verfasste in jungen Jahren Gedichte im anakreontischen Stil • Sessenheimer Lieder von Goethe gelten als Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Lyrik- Inhalt: individuelle Ereignisse, literarische Dokumente subjektiver Erlebnisfähigkeit - Grundlage: Lyrik von Friedrich Gottlieb Klopstocks ( 1724- 1803)-> expressive, leidenschaftliche Sprache; Motive: Natur, Freundschaft, Liebe, Schönheit Das Drama des Sturm und Drang • Dramatiker des 18.JH: Friedrich Maximilian Klinger, Jakob Michael Reinhold Lenz, Johann Wolfgang von Goethe, ebenso Friedrich Schiller • Lenz Dramen zwischen 1772 und 1776: „der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung“ und „die Soldaten“ • Im „Hofmeister“: weibliche Heldin Gustchen wird vom Hofmeister verführt. Sie wird schwanger, die „Verzweiflungstat“ kann aber gerade noch verhindert werden •

Stürmer und Dränger machten nichts, was Johann Christoph Gottsched und dem Klassizismus wichtig war: Prosa statt Vers, emotional und stark bildhafte Sprache und keine Einhaltung der 3 Einheiten

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Ihr Vorbild war Shakespeare- Oktober 1771 Shakespeare- Feiern Bleibendes literarisches Dokument: „Götz von Berlichingen“: enorme Handlungsdichte, umfangreiches Personenregister, knappe Szenen auf ständig wechselnden Schauplätzen Reichsritter Götz: starker Einzelner, der sich gegen die herrschenden Tendenzen seiner Zeit stellt und letztendlich stirbt

Der junge Friedrich Schiller- Ausklang des Sturm und Drang • J.W. v. Goethe – „Götz von Berlichingen“ wurde von Friedrich Schiller gern gelesener ging auf die Stuttgarter Karlsschule, wo der württembergische Herzog Karl Eugen Nachwuchs für sein Militär erziehen ließ und musste dort Medizin studieren, sein Interesse galt aber der Literatur und Philosophie • Schiller gehörte zum „poetischen Oppositions Club“, bei dem heimlich die Schriften der Aufklärung und des Sturm und Drang gelesen wurden- waren offiziell verboten • Schiller schreibt „Die Räuber“ -> löste heftige Reaktionen aus- „Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, gepalte Fäuste, stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerraum… es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos“ • Karl Moor: empfindsamer, leidenschaftlicher junger Mann

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Franz Moor: berechnender Schurke, der von Natura aus benachteiligt ist (verkrüppelt, zweitgeboren) Franz möchte das väterliche Schloss besitzen und auch Amalia, Frau von Karl. Durch gefälschte Briefe über Karl an den Vater, denkt der Vater nun schlecht über Karl, welcher daraufhin so wütend ist, dass er sich mit Freunden zu einer Räuberbande zusammenschiebt. Karl will das Räuberhandwerk nützen- den Reichen nehmen, den Armen geben (Robin-Hood-Motiv) Einige Zeit später betritt Karl verkleidet das Schloss und sieht, dass der Vater in den Turm gesperrt wurde- Franz erhängt sich aus reue- daraufhin stirbt der Vater aus Enttäuschung darüber, dass der Sohn zum Räuber und Mörder wurde- Amalia bittet Karl, sie zu erstechen, was er auch tut Herzog Karl Eugen reagiert mit Schreibverbot auf das Stück-> Schiller soll das „Komödienschreiben“ lassen und Regimentsarzt bleiben-> floh nach Mannheim Zweites Stück „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ wurde vom Mannheimer Intendanten abgelehnt- geriet in finanzielle Not- Henriette von Wolzogen half ihm- er schrieb „Kabale und Liebe“

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