AG Verfassungsrecht II Mitschriften & Falllösungen + Schema der wichtigsten Grundrechte PDF

Title AG Verfassungsrecht II Mitschriften & Falllösungen + Schema der wichtigsten Grundrechte
Course Verfassungsrecht II
Institution Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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In dem Dokument wurden die wichtigsten Informationen zu den Arbeitsgemeinschaften zusammengefasst. Die AG-Fälle wurden schematisch gelöst. Anschließend werden die wichtigsten Grundrechte nochmal in einem vollständigen Schemata aufgelistet. Dabei sind vor allem die Stellen gekennzeichnet, die bei der...


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Prof. Dr. F. Wittreck

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Fall 2: Caroline  berichtete im Februar 2004 über die

De d

schwere Erkrankung des regierenden Fürsten Rainier von M. In dem Artikel hieß es unter anderem: I Lad d bei eie Kide hech ge Sge. Pi Abe und Prinzessin Caroline wechseln sich bei der Betreuung des Vaters ab. Während Caroline im Versöhnungsurlaub mit ihrem Exehemann ist, kümmert sich Albert rührend um den erkrankten Vater. Bewundernswert, wie die Familie ihre Krisen gemeinsam meistert. Dem Artikel waren zwei Fotos beigefügt: D

iM. Auf

dem F

, dabei lehnt sie an sei-

ner Schulter und blickt ihn vertraut an. Die Bildunterschriften spekulieren über eine Versöhnung des seit fünf Jahren geschiedenen Paares. Wie sich später herausstellt, wurde das Foto

-

schrauber aufgenommen, während sich der Sessellift auf halber Höhe zum Gipfel über d. Daraufhin klagten Caroline und E vor deutschen Zivilgerichten f

In der Folge wurde die e

a

gt, die weitere

in .

Am Tage nach der Verkündung der

g erhebt die

(Veege de Zecf Fa  We mit tatsächlichem V n) Verfassungsbeschwerde gegen die zivilgerichtlichen Entscheidungen. Die Beschwerdeführerin argumentiert, bei dem Verbot des Fotos #2 und der Anwendung der maßgeblichen Normen der §§ 22 ff. KUG hätten die Zivilgerichte die

Auch

erhebt am selben Tag Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der

Zivilgerichte. Seiner Meinung nach hätte auch die boten werden müssen. Er sei w

r,

r. Allein

die Tatsache, dass er einmal mit einer prominenten Angehörigen eines Adelsgeschlechts verheiratet gewesen sei, könne es nicht rechtfertigen, ihm den Schutz seines Persönlichkeitsrechts zu verwehren. Bearbeitervermerk: Prüfen sie die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerden in einem Gutachten, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht!

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Die für die zivilgerichtliche Beurteilung des Falles maßgeblichen §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes (KUG) lauten: § 22 KUG Bildnisse dürfen

t oder

Sca gee ede. [] § 23 KUG (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1.

Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

2.

Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

3.

Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

4.

Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

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g

Ministerpräsidentin K gibt am 4.1.2014 ihre Absicht bekannt, am darauffolgenden Tag der Volksrepublik China kurzfristig einen offiziellen Staatsbesuch abzustatten, um der nordrhein-westfälischen Wirtschaft weitere Großaufträge zu sichern. Daraufhin ruft der Dsseldorfer Verein zum Schutz der Menschenrechte e. V. fr den Tag der Abreise  einer Demonstration gegen die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der VR China auf. Am 5.1.2014 versammeln sich ca. 500 Menschen vor der Staatskanzlei in Düsseldorf und demonstrieren friedlich gegen den Staatsbesuch der Ministerpräsidentin und die Menschenrechtspolitik Pekings. Da die Demonstration nicht angemeldet wurde, löst die Polizei sie nach einer Stunde auf. Die Demonstrantin D will ein solches Vorgehen nicht unwidersprochen hinnehmen und erhebt Fortsetzungsfeststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf mit dem Antrag, festzustellen, dass die Auflösung rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hält § 14 VersG für verfassungswidrig.

Anmerkung: Die einschlägigen Paragraphen des Versammlungsgesetzes lauten: § 14 I VersG: Wer die Absicht hat, eine ffentliche Versammlng nter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzugs anmelden. § 15 III VersG: [Die stndige Behrde] kann eine Versammlng oder einen Aufzug auflösen, enn sie nicht angemeldet sind... § 26 VersG: Wer als Veranstalter oder Leiter ... 2. eine ffentliche Versammlng nter freiem Himmel ... ohne Anmeldung (§ 14) durchführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Prof. Dr. Fabian Wittreck

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In dem Bundesland B war die Zulässigkeit des Reitens im Walde schon mehrfach Gegenstand gesetzgeberischer Eingriffe. Nach einem seit 1979 geltenden grundsätzlichen Verbot wurde mit Gesetz vom 1. Januar 1989 das Reiten im Wald wieder generell erlaubt. Die Erfahrungen mit dieser Novellierung machten nach Einschätzung des Landtages von B jedoch eine erneute Änderung erforderlich. Um eine f r

durch Hufeinwirkungen zu vermeiden und zum S wurde das Landschaftsschutzgesetz des

nun-

mehr dahingehend geändert, dass das Reiten im Walde ausschließlich auf d

n-

zeichneten Reitwegen erlaubt ist. Zugleich verpflichtete das Gesetz die zuständigen Behörden, für ein a Der passionierte R

zu sorgen. ist von dieser Neuregelung überhaupt

nicht begeistert. Da seine bisherige bevorzugte Reitstrecke zum reinen Wanderweg wurde, muss er auf – seiner Meinung nach – weniger schöne Nebenstrecken ausweichen. R ist der Auffassung, dass Wald, Pferd und Reiter untrennbar zusammengehören und dass das Reiten im Walde deshalb nicht beschränkt werden dürfe. Außerdem habe er sich im V

t. Bei den

hohen Unterhaltungskosten für Futter und Pflege sei es nicht zumutbar, auf behördlich bestimmte Reitwege auszuweichen. erhebliche Verluste entstehen. Schließlich sei es ungerecht, dass Reiten generell verboten werde, während

.

Bearbeitervermerk: Wird der R durch die Neuregelung des Landschaftsschutzgesetzes des Landes B in seinen Grundrechten verletzt?

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Im Rahmen des Gesundheitsstrukturgesetzes wurden durch den Bundesgesetzgeber formell verfassungsgemäß bezüglich der T

t (früher: Kassenarzt)

einige Neuregelungen getroffen. So wurde u.a. eine Altersgrenze von 68 Jahren für die Zulassung zur vertragsärztlichen (früher: k

eingeführt. Eine

derartige Zulassung als Vertragsarzt ist gesetzliche Voraussetzung, um sich als Arzt an der Versorgung der in den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten beteiligen zu können. §

in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesse-

rung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz - im folgenden GSG) regelt das automatische Erlöschen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung mit Vollendung des 68. Lebensjahres. Die Regelung über die gesetzliche Altersgrenze gilt seit dem 1.1.2017. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, eine Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenkassen könne nur über eine Beschränkung der Anzahl der zugelassenen Vertragsärzte erreicht werden.

as-

sungen beschränken, ginge die Reduktion ausschließlich zu Lasten jüngerer Ärzte. Um eine derartige Wirkung zu vermeiden, wird daher eine Höchstaltersgrenze für die Zulassung als Vertragsarzt eingeführt. A (J

) ist als niedergelassener Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zuge-

lassen. Durch die Einführung der Altersgrenze für die vertragsärztliche Versorgung fühlt sich A in seiner weiteren Lebensplanung stark beeinträchtigt. Insbesondere hatte er vor, mindestens bis zur V

u

praktizieren. Auf diese Planung hat er auch seine

e-

rung ausgerichtet. Da sein Patientenstamm ganz vorwiegend aus gesetzlich versicherten Patienten besteht, ist A der Auffassung, seine berufliche Existenz hänge von der Zulassung als Vertragsarzt ab. Insbesondere sei es ihm nicht möglich, einen entsprechend lukrativen Stamm an Privatpatienten aufzubauen. Es ginge nicht an pauschal anzunehmen, die L bensalters automatisch nach. Zwar räumt A ein, dass w

n

68 Jahren hinaus noch praktizieren, es sei aber dennoch ungerechtfertigt derartig zu verallgemeinern, ohne den konkreten Einzelfall zu prfen. A sieht sich durch das gesetzlich geregelte automatische Erlöschen seiner vertragsärztlichen Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres in den ihm nach der Verfassung garantierten Rechten verletzt. Da ihm sonstige Möglichkeiten Rechtsschutz zu erlangen nicht ersichtlich erscheinen, erhebt A am 1.4.2017 Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Er begründet seinen schriftlichen Antrag damit, dass seine 1

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F.

d Über seine oben bereits erläuterten Bedenken gegen die gesetzliche Regelung hinaus macht er geltend, es knne nicht mit Recht und Gesetz vereinbar sein, dass er die Zulassung als Vertragsarzt zu einem Z grenzen für die Tätigkeit als Vertragsarzt bestanden und man ihm nunmehr ohne RückZulassung unter rckwirkenden Bedingungen wieder entziehen wolle. A fühlt sich zudem durch die gesetzliche Regelung gegenüber Kollegen, die lediglich privatärztlich tätig werden und für die keine Höchstaltersgrenze besteht, sowie gegenüber anderen selbständig Berufstätigen benachteiligt. A geht davon aus, das Gericht müsse sich mit seinem Anliegen auch bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt befassen, da er - obwohl seine Zulassung als Vertragsarzt noch einige Jahre bestünde - bereits jetzt im Hinblick auf eine gesicherte Zukunft Dispositionen treffen müsse. Die Bundesregierung trägt zur Rechtfertigung der angegriffenen Neuregelung vor, die gesetzliche Regelung sei unter allen erdenklichen Gesichtspunkten mit dem Grundgesetz vereinbar. Hinsichtlich der mit der Regelung verfolgten Ziele wird neben dem Verweis auf die Gesetzesbegründung (s.o.) als weiterer Zweck die Eindämmung von Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Vertragsärzten für die Versicherten ausgingen angeführt. Dass die Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter in der Regel abnähme, könne als gesicherte Erkenntnis gelten. Zudem wird auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers verwiesen. Dieser sei zu gewissen Pauschalierungen befugt. So sei vorliegend gegenüber der eingeführten verbindlichen Altersgrenze eine individuelle Prüfung des Einzelfalls keinesfalls zwingend vorzuziehen gewesen. Im Gegenteil, könne eine solche Einzelfallprüfung für den einzelnen wegen der einhergehenden Untersuchungen sogar belastender sein und würde darüber hinaus zu einem nicht hinnehmbaren Verwaltungsaufwand führen. Weiter wird angeführt, es unterfalle dem Ermessensspielraum des Gesetzgebers lediglich bestimmte freie Berufe einer Höchstaltersgrenze zu unterwerfen, solange dafür sachliche Gründe bestünden. Es sei dem Gesetzgeber auch gestattet gewesen, für die Geltung der angegriffenen Regelung einen Stichtag zu bestimmen. Eine Rückwirkung der Regelung über die Höchstaltersgrenze sei dabei unvermeidbar. Wolle man das Ziel einer Reduzierung der Vertragsarztzahlen zügig verwirklichen, reiche eine Anwendung der zeitlich begrenzten Zulassung allein auf Neuzulassungen keinesfalls aus. 2

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Bearbeitervermerk: Hat die Verfassungsbeschwerde des A Aussicht auf Erfolg?

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F V ist Eigentümerin eines mehrgeschossigen Mietshauses. Wegen einer

n

N tla e muss sie in die bis dahin leerstehende Dachgeschoßwohnung des Hauses ziehen. Diese Wohnung ist mangelhaft isoliert; Dachschrägen führen dazu, dass V einige i

; die R

e, die

für Dachgeschosse vorgesehen ist. Aufgrund der Mängel ihrer Dachgeschoßwohnung k Wohnung in dem Gebäude gemietet hat,

M, die eine andere n. Die Räumungs-

klage der V ist in allen Instanzen erfolglos. Die Gerichte würdigen die Grundrechte der V, vertreten im Ergebnis aber die Ansicht, sen untergebracht. Bearbeitervermerk: Hat eine Verfassungsbeschwerde der V Aussicht auf Erfolg? Anmerkung: § 573 BGB – Ordentliche Kündigung des Vermieters: (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. ... (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt vor, wenn 1. ... 2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt ...“

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F Für die Anhänger mehrerer Rechtsschulen innerhalb der sunnitischen Richtung des Islam besteht das t 

t, Fleisch nur dann zu essen, enn die Tiere 

. Dazu wird den Tieren o

-

t, um sie an-

schließend vollständig ausbluten zu lassen. Das Schächten führt ein religiös und biologisch speziell geschulter Glaubensangehöriger durch. n,

II

T

t.

Nach kritischen Presseberichten über derartige Praktiken wird die Ausnahmeregelung in §

n. N

-

b Die Regierung des B

. hat erhebliche Zweifel an der

k

tz. Sie beantragt beim

Bundesverfassungsgericht die Durchführung eines N

. In ihrer

Stellungnahme zu dem Antrag der Landesregierung des Bundeslandes A erklärt die Bundesregierung, nach ihrer Auffassung sei betäubungsloses Schächten nicht einmal dem Schutzbereich der R

zuzuordnen, da dieser ausschließlich kulti-

sche Handlungen im Rahmen der Religionsausübung erfasse, nicht jedoch jedes beliebige religiös motivierte Verhalten außerhalb des gottesdienstlichen Bereichs. Außerdem gehöre das Gebot betäubungslosen Schächtens nicht zu den anerkannten Glaubensinhalten des Islams. Dies belege die Tatsache, dass mehrere andere islamische Rechtsschulen auch das Fleisch betäubt geschlachteter Tiere akzeptierten. Schließlich sei die Neuregelung des § 4a TierSchG aus Gründen des Tierschutzes, dem nach allgemeiner gesellschaftlicher Auffassung ein hoher politischer Rang zukomme, zwingend geboten. Bearbeitervermerk: Wird der Antrag der Landesregierung Erfolg haben?

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Fall 8: Tote Robben1 Um den grausamen Methoden der Robbenjagd entgegenzuwirken und Robben Schmerzen, Qualen, Angst und andere Formen von Leiden zu ersparen, erlassen das Europäische Parlament und der Rat eine Verordnung, die den Handel mit Robbenerzeugnissen in der EU von strengen Voraussetzungen abhängig macht (RobbenVO). Der Handel mit Robbenerzeugnissen ist gemäß Art. 3 RobbenVO nur in den Fällen gestattet, in denen die Robbenerzeugnisse nachweislich aus einer Jagd stammen, die von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften traditionsgemäß betrieben wird und zu deren Lebensunterhalt beiträgt. Nach Art. 6 RobbenVO legen die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen Verstöße gegen die Verordnung fest und treffen alle Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Sanktionen angewandt werden. In Deutschland wird daraufhin das Tiererzeugnisse-HandelsVerbotsgesetz (TierErzHaVerbG) um eine Bestimmung ergänzt, die die zuständigen Behörden ermächtigt, festgestellte Verstöße gegen die RobbenVO zu beseitigen und künftige Verstöße zu verhüten. Die Behörden sind insbesondere befugt, Robbenfelle, die entgegen dem Handelsverbot gehandelt werden, zu beschlagnahmen und zu vernichten. Die Smilende Sæler Anpartsselskap (S-ApS) ist eine Kapitalgesellschaft nach dänischem Recht mit Sitz in Odense, die als Großhändler weltweit Robbenfelle vermarktet. Ihre Produkte erwirbt sie  rechtmäßig  bei Robbenjägern in Kanada und Grönland, die teils indigenen Gemeinschaften angehören und nach traditionellen Methoden jagen, teils aber auch zu anderen Bevölkerungsgruppen zählen und moderne Jagdmethoden anwenden. Die konkrete Herkunft der von ihr gehandelten Felle kann die S-ApS nicht nachweisen. Wenige Tage nach Inkrafttreten der Änderung des TierErzHaVerbG stoppen deutsche Zollbehörden an der dänischdeutschen Grenze einen Transport, mit dem die S-ApS ihre Kunden in Deutschland beliefern wollte. Die Ladung wird beschlagnahmt. Da die S-ApS keinen Herkunftsnachweis führen kann, ordnet die zuständige Behörde gestützt auf das TierErzHaVerbG die Vernichtung der Robbenfelle an. Die S-ApS erhebt gegen Beschlagnahme und Vernichtungsanordnung Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht Schleswig. Die Berichterstatterin fragt sich, ob die Maßnahmen der deutschen Behörden mit den Grundrechten der Europäischen Union vereinbar sind. Immerhin stehe im Hintergrund die RobbenVO, also ein europisches Gesetz. Zudem bezweifelt sie die Grundrechtskonformität der RobbenVO selbst. Denn vom Verbot des Art. 3 RobbenVO seien nicht nur Großhändler wie die S-ApS betroffen, sondern auch Angehörige indigener Völker, zu deren Kultur die Robbenjagd gehöre und die sich darüber hinaus mit dem Verkauf von Robbenerzeugnissen ihren Lebensunterhalt sicherten. Sie legt einem ihr zur Ausbildung zugewiesenen Studenten folgende Fragen zur Begutachtung vor:

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Der Fall wurde von Dr. F. Michl für die Arbeitsgemeinschaften im Sommer 2018 erstellt.

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1. Sind die Beschlagnahme und Vernichtungsanordnung mit den Unionsgrundrechten der S-ApS vereinbar? Zu unterstellen ist dabei die Unionsrechtskonformität des TierErzHaVerbG und der RobbenVO. 2. Was muss das Verwaltungsgericht Schleswig tun, wenn es die RobbenVO wegen Verstoßes gegen die Unionsgrundrechte für ungültig hält und davon ausgeht, dass es für seine Entscheidung auf die Gültigkeit der Verordnung ankommt?

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Fall 9: Kultur für die NRW-Jugend 1 Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Zu seinen Aufgaben gehört die Förderung der Kultur. Zu diesem Zweck unterhält der LWL 17 Museen in den NRW-Landesteilen Westfalen und Lippe. Da immer weniger junge Menschen dieses Kulturangebot nutzen, beschließt die Landschaftsversammlung  das für solche Entscheidungen zuständige Gremium , Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres freien Zutritt zu den Ausstellungen zu gewähren. Von den Entgelten, die von allen anderen Besuchern erhoben werden, sollen jedoch nur Personen mit Wohnsitz in NRW  unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit  befreit werden. Eine weitergehende Befreiung, so die Begründung, würde die Aufrechterhaltung des Museumsbetriebs, der mit hohen Kosten verbunden sei, gefährden. Außerdem sei die Beschränkung auf in NRW ansässige Jugendliche dadurch gerechtfertigt, dass diese bzw. ihre Eltern durch ihre Steuerzahlungen zur Finanzierung des LWL beitrügen. Die Befreiung habe daher Gegenleistungscharakter und trage ur Kohren des Steuersystems bei. Die Europäische Ko...


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