APÜ Strafrecht WS20/21 PDF

Title APÜ Strafrecht WS20/21
Course Strafrecht
Institution Universität Wien
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Summary

Apü Strafrecht, punktuell und mit Fällen...


Description

Strafrecht Subsumtion = Anwendung einer bestimmten Rechtsnorm auf einen Lebenssachverhalt Wenn-Dann-Prinzip: Unterordnung des konkreten Sachverhaltes unter die abstrakten Voraussetzungen der Norm – sind alle Tatbestandsmerkmale tatsächlich gegeben, tritt die in der Norm vorgesehene Rechtsfolge ein! Tatbestand -→Subsumtion→Rechtsfolge

Fall zum Einstieg A verabreicht X tödliches Gift. X verstirbt hieran. Relevante Vorfragen: 1. Welche Person wird geprüft? 2. Welche Handlung wird geprüft? 3. Welcher Deliktstypus bzw welcher Tatbestand wird geprüft? Prüfung der Strafbarkeit der A wegen Verabreichen des Gifts an X nach § 75 StGB ODER Prüfung der Strafbarkeit der A wegen Verabreichen des Gifts an X nach § 80 StGB

Fallprüfungsschema zum Vorsatzdelikt I. Tatbestand objektiver (äußerer) Tatbestand Subjektiver (innerer) Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Zusätzliche Voraussetzungen der Strafbarkeit

Fall 1 X möchte sich gegen Tollwut impfen lassen. Seine Ärztin A hegt schon lange Mordgedanken gegen X, da dieser sie bei einem Date versetzt hat. Sie injiziert ihm daher nicht das entsprechende Impfserum, sondern tödliches Gift. Wenige Tage später stirbt X an dem Gift.  Zu prüfen ist daher die Strafbarkeit der A wegen des Injizierens des Gifts in X nach § 75 StGB! Wir beginnen bei der Fallprüfung zunächst mit der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit, also des objektiven und des subjektiven Tatbestandes (beim vollendeten Delikt in dieser Reihenfolge!):

1.Tatbestand Objektiver Tatbestand = äußeres Tatgeschehen „Wer einen anderen tötet, (...). “ Wer tut was? - Tatsubjekt („wer“ = A) -Tatobjekt („einen anderen“ = X) - Tathandlung („tötet“ = Verabreichen des tödlichen Gifts) Bei Erfolgsdelikten zusätzlich: - Erfolgseintritt (Todeserfolg = X stirbt) - objektive Zurechnung des Erfolges zur sozial-inadäquat gefährlichen Tathandlung (Kausalität, Adäquanz, Risikozusammenhang und Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigen Alternativverhalten)

A injiziert den X mit einen tödlichen Gift. Erfolgseintrit: X stirbt Objektive ZurechnungWenn man sich das Handeln des A nach der conditio sine qua non wegdenkt, fällt auch der Efrolg aus. Der A ist für den Tod kausal. Das jemand durch verabreichen eines tödlichen Gifts stirbt, ist nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung. Die Tat ist objektiv zurechenbar.

Subjektiver Tatbestand = innere Tatseite ... betrifft das Wissen und Wollen der Tatbildverwirklichung, also den seelischen Bereich des Täters! § 5 Abs 1 StGB Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht Untergrenze des Vorsatzes = Eventualvorsatz: Der Täter muss die Tatbildverwirklichung zumindest ... - ernstlich für möglich halten (Wissenskomponente) und - sich damit abfinden (Willenskomponente) Andere Vorsatzformen? Absichtlichkeit iSd § 5 Abs 2 StGB, Wissentlichkeit iSd § 5 Abs 3 StGB

Tatseite § 7 Abs 1 StGB „Wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, ist nur vorsätzliches Handeln strafbar.“ -> fahrlässiges Handeln (§ 6 Abs 1 StGB) ist also nur strafbar, wenn es ein entsprechendes Fahrlässigkeitsdelikt im BT gibt!

Wann muss der Vorsatz vorliegen? Im Handlungszeitpunkt (= Verabreichen des Gifts) muss der Eventualvorsatz auf alle Tatbildelemente (= Tötung eines anderen) vorliegen! *** A hält es im Handlungszeitpunkt jedenfalls ernstlich für möglich und findet sich damit ab, dass das Verabreichen des Gifts den Tod der X herbeiführen wird!***

II. Rechtswidrigkeit Grundsatz Die Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung indiziert ihre Rechtswidrigkeit. Ausnahme: Die Rechtswidrigkeit entfällt bei tatbestandlichem Handeln nur dann, wenn ein Rechtfertigungsgrund – zB Notwehr (§ 3 StGB) – vorliegt. *** Die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung der A indiziert die Rechtswidrigkeit, und im Sachverhalt gibt es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes.

III. Schuld § 4 StGB „Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt. “ Grundsatz Schuldfähigkeit ist grundsätzlich nicht positiv zu prüfen und wird bei erwachsenen Personen vermutet. Ausnahme Die Schuld und damit die persönliche Vorwerfbarkeit des rechtswidrigen Handelns entfällt nur dann, wenn Zurechnungsunfähigkeit iSd § 11 StGB oder ein Entschuldigungsgrund (zB § 10 StGB) vorliegt.

*** Im Sachverhalt gibt es keine Anhaltspunkte für Zurechnungsunfähigkeit der A im Handlungszeitpunkt oder das Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes.

Lösung: Die A totet jemanden anderen, indem sie den X tödliches Gift injiziert Der Erfolg ist objektiv zurechenbar. Sie handelt Vorsatzlich. Die Rechtwiedrigkeit ist gegeben, weil die Tathandlung tatbeständigmäßig ist und keine Rechtfertigungsgründe vorliegen. Aus dem Sachverhalt gibt es keine Anhaltpünkte die DIE Schuld ausschliesen können. Die A ist strafbar wegen Mordes an x nach §75 StGB

Fall 2 Als der Student B sich mit seiner Freundin Z bei dieser zu Hause zur Planung des Semesters trifft, zeigt sie ihm ihren neu erworbenen Kodex. B ist gerade knapp bei Kasse, benötigt aber für die Anfängerübung zur Falllösung aus Strafrecht noch einen Kodex. Als Z sich einen

Kaffee aus der Küche holen geht, steckt er kurzerhand den Kodex in seine Umhängetasche und verlässt die Wohnung.

1.Tatbestand Prüfung der Strafbarkeit nach §127 StGB Objektiver Tatbestand Beim Tatobjekt, dem Kodex, handelt es sich um eine fremde bewegliche Sache mit Tauschwert, denn sie gehört der Z, kann problemlos fortgeschafft werden und hat Tauschwert in Höhe des Kaufpreises. Tathandlung ist die Wegnahme: B bricht fremden und begründet eigenen Gewahrsam, indem er den Kodex in seine Umhängetasche einsteckt. Bei kleinen Gegenständen ist mit dem Einstecken die Wegnahme (= Bruch fremden Gewahrsams und Begründen eigenen Gewahrsams) als Taterfolg bewirkt und das Delikt vollendet.

B bricht die Gewahrsame an einer Fremden beweglichen Sache der Z.

Erfolgseintritt: einstecken des Kodex der Z in seine Umhängetasche

Subjektiver Tatbestand Eventualvorsatz des Täters muss sich auf die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (mit Tauschwert) beziehen Eventualvorsatz: er weiß dass er eine fremde bewegliche Sache wegnimmt, und findet sich damit ab

Vorsatz, sich oder einen Dritten durch die Zueignung der weggenommenen Sache unrechtmäßig zu bereichern → Gegenstand des erweiterten Vorsatzes ist ein zusätzlicher Sachverhalt außerhalb des Tatbildes, der nicht tatsächlich eintreten muss, auf den sich aber das Wissen und Wollen des Täters beziehen muss! Erweiterter Vorsatz: Bereicherungsabsicht MERKE: Dass eine tatsächliche Bereicherung eintritt, ist nicht erforderlich, der Bereicherungsvorsatz ist daher beim subjektiven Tatbestand und keinesfalls beim objektiven Tatbestand zu prüfen! 2.Rechtswidrigkeit Ergibt sich aus der tatbestandmäßigkeit und es gibt keine Anhaltspunkte für Rechtfertigungsgründe im Sachverhalt. 3.Schuld-

Es gibt keine Anhaltspunkte für Schuldausschließungsgründe im Sachverhalt.

Ergebnis: B ist wegen Diebstals strafbar nach §127

Fall 2 - Variante: B hat schon längst alle erforderlichen Lehrbehelfe gekauft. Am Ende des Treffens mit Z packt er allerdings dennoch den Kodex von Z in seine Umhängetasche ein, weil er denkt, es wäre seiner und verlässt mit diesem die Wohnung der Z. Dass er seine Bücher zur Z gar nicht mitgenommen hatte, fällt ihm erst gar nicht auf. Prüfung der Strafbarkeit des B wegen Diebstahles des Kodex nach § 127 StGB

I.

Tatbestand Objektiver Tatbestand Beim Tatobjekt, dem Kodex, handelt es sich um eine fremde bewegliche Sache mit Tauschwert, denn sie gehört der Z, kann problemlos fortgeschafft werden und hat Tauschwert in Höhe des Kaufpreises. Tathandlung ist die Wegnahme: B bricht fremden und begründet eigenen Gewahrsam, indem er den Kodex in seine Umhängetasche einsteckt. Bei kleinen Gegenständen ist mit dem Einstecken die Wegnahme (= Bruch fremden Gewahrsams und Begründen eigenen Gewahrsams) als Taterfolg bewirkt und das Delikt vollendet. Subjektiver Tatbestand: er weiß nicht, dass es sich um eine Fremde bewegliche Sache handelt, er glaubt es wäre sein Kodex

Tatbestandsirrtum = wenn zwar der Tatbestand eines bestimmten Deliktes objektiv verwirklicht ist, jedoch das Wissen oder Wollen hinsichtlich mindestens eines Tatbildelements fehlt • Tatsachenirrtum • Irrtum über den sozialen Bedeutungsgehalt eines normativen Tatbestandsmerkmals

Rechtsfolgen → KEINE Strafbarkeit wegen des Vorsatzdelikts → Doppelt bedingte Fahrlässigkeitsprüfung …existiert ein entsprechendes Fahrlässigkeitsdelikt?  ? …UND beruht der Irrtum auf Fahrlässigkeit?  Kann man diskutieren. Tatbildirrtum :Keine Strafbarkeit wegen des Vorsatzdelikts → Doppelt bedingte Fahrlässigkeitsprüfung …existiert ein entsprechendes Fahrlässigkeitsdelikt?  Nein.

Ergebnis: B ist nicht wegen Diebstahles nach § 127 StGB strafbar

Fall 3 X möchte sich gegen Tollwut impfen lassen. Seine Ärztin A hat jedoch bei einer Voruntersuchung des X herausgefunden, dass dieser in wenigen Tagen krankheitsbedingt an einem qualvollen Tod sterben wird. A injiziert ihm daher nicht das entsprechende Impfserum, sondern tödliches Gift, um X dieses Leid zu ersparen. Noch bevor das Gift wirken kann, trennt sich Xs Frau von X. X sieht daraufhin in seinem Leben keinen ausreichenden Sinn mehr und erhängt sich.

Fallprüfungsschema für Vorsatzdelikte (vereinfacht) I.

Tatbestand Objektiver (äußerer) Tatbestand tatbestandsmäßige Handlung – A tötet einen anderen, den X durch das verabreichen eines tödlichen Gifts Handlungsobjekt- X objektiv-täterschaftliche Merkmale (beim Sonderdelikt) Bei Erfolgsdelikten zusätzlich:

Erfolgseintritt: Tod des X -objektive Zurechnung des Erfolges zum Täterhandeln - Kausalität - Adäquanz Risikozusammenhang - Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigem Alternativverhalten Objektive Zurechnung I = die Prüfung, ob ein eingetretener Erfolg der objektiv sorgfaltswidrigen Handlung zugerechnet und der Erfolg in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als ein Werk des Täters angesehen werden kann (1) Kausalität: Handlung war für Erfolg kausal, wenn sie bei objektiver ex post Betrachtung eine Bedingung für den Erfolgseintritt war = naturgesetzmäßiger (tatsächlicher) Zusammenhang! Überprüfung mittels sog Eliminationsmethode: Conditio-sine-qua-non-FORMEL Kausalität liegt vor, wenn die Handlung nicht weggedacht werden kann, ohne dass zugleich auch der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele Wenn mann sich Ihre Handlung wegdenkt, ändert sich nichts

Subjektiver (innerer) Tatbestand

Tatbildvorsatz iSd § 7 Abs 1 StGB ggf erweiterter Vorsatz (bei manchen Delikten) Sie haltet es ernsthaft für möglich und findet sich damit ab II.

Rechtswidrigkeit

III.

Schuld

IV.

IV. Zusätzliche Voraussetzungen der Strafbarkeit

Ergebnis: A ist nicht strafbar wegen der Injektion nach § 75 StGB → Prüfung der Strafbarkeit der A wegen der Injektion nach §§ 15, 75 StG

Fallprüfungsschema für Fahrlässigkeitsdelikte (vereinfacht) I. Tatbestand 1. objektive Sorgfaltswidrigkeit - tatbestandsmäßige Handlung Fahrlässiges Handeln I I § 6 Abs 1 StGB – unbewusste Fahrlässigkeit „Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. “ § 6 Abs 2 StGB – bewusste Fahrlässigkeit „Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.“ daraus ergibt sich: Fahrlässigkeit = kein bewusstes Hinsteuern auf die Rechtsgutsverletzung, lediglich Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt Fahrlässiges Handeln II Fahrlässigkeit besteht aus objektiven und subjektiven Komponenten: - objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens (Unrecht) Verstoß gegen Rechtsnormen Verstoß gegen Verkehrsnormen Vergleich mit dem Verhalten einer differenzierten Maßfigur - subjektive Sorgfaltswidrigkeit (Schuld) der Täter wäre nach seinen individuellen geistigen und körperlichen Verhältnissen im Tatzeitpunkt in der Lage gewesen, die objektiv gebotenen Sorgfalt einzuhalten - Zumutbarkeit der Einhaltung der nötigen Sorgfalt (Schuld)

Bei Erfolgsdelikten zusätzlich: 2. Eintritt des (Verletzungs- oder Gefährdungs-)Erfolges 3. objektive Zurechnung dieses Erfolges zum Handeln des Täters - Kausalität - Adäquanz Risikozusammenhang - Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigem Alternativverhalten = die Prüfung, ob ein eingetretener Erfolg der objektiv sorgfaltswidrigen Handlung zugerechnet und der Erfolg in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als ein Werk des Täters angesehen werden kann (1) Kausalität Handlung war für Erfolg kausal, wenn sie bei objektiver ex post Betrachtung eine Bedingung für den Erfolgseintritt war = naturgesetzmäßiger (tatsächlicher) Zusammenhang!

Überprüfung mittels sog Eliminationsmethode: Conditio-sine-qua-non-FORMEL Kausalität liegt vor, wenn die Handlung nicht weggedacht werden kann, ohne dass zugleich auch der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele Normative Zurechnung (= rechtlicher Zusammenhang): (2) Adäquanz: Liegt der Erfolgseintritt außerhalb jeder Lebenserfahrung? (3) Risikozusammenhang: Ist der eingetretene Erfolg eine Verwirklichung gerade desjenigen Risikos, dem die übertretene Norm entgegenwirken wollte? I. Welche Verhaltensnorm wurde konkret übertreten? II. Welcher Gefahr sollte die übertretene Verhaltensnorm entgegenwirken? III. Hat sich diese Gefahr im konkreten Fall verwirklicht? Risikozusammenhang ist dann nicht gegeben wenn: (durchbricht) - Erfolg liegt außerhalb des räumlich begrenzten oder außerhalb der sachlichen Grenzen des Schutzzwecks der verletzten Norm - Erfolg ist eine Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos - Erfolg ist auf zumindest grob sorgfaltswidriges oder vorsätzliches nachträgliches Verhalten eines Dritten/Täters zurückzuführen - Erfolg ist auf grob unvernünftiges nachträgliches Fehlverhalten des Verletzten selbst zurückzuführen (objektiv-individuelle Betrachtung) - Erfolg ist durch Mitwirkung an fremder freiwilliger Selbstgefährdung eingetreten (sog Retterproblematik beachten!) (4) Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigem Alternativverhalten: Hat sich der Normverstoß des Täters im Einzelfall konkret ausgewirkt? (Vergleich: sorgfaltswidriges Verhalten – rechtmäßiges Alternativverhalten)

II. Rechtswidrigkeit III. Schuld Positiv zu prüfende Merkmale: -Subjektive Sorgfaltswidrigkeit = Vorwerfbarkeit der objektiv sorgfaltswidrigen Handlung Bei Erfolgsdelikten zusätzlich: Subjektive Zurechenbarkeit (Vorhersehbarkeit) des Erfolges Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens IV. Zusätzliche Voraussetzungen der Strafbarkeit

Fall 4 B hat sich noch im Winter ein neues Motorrad gekauft. Bei den ersten Sonnenstrahlen schwingt er sich auf sein vor dem Haus geparktes Motorrad und fährt los. B konzentriert sich aber nicht auf den Straßenverkehr, da seiner Meinung nach ein noch tolleres Motorrad vor ihm fährt und er davon abgelenkt ist. In Folge sieht er den Passanten Y am Fußgängerübergang zu spät und kann nicht rechtzeitig bremsen. Er fährt Y nieder, wodurch Y schwerste innere Verletzungen erleidet. B ruft sofort die Rettung. Y wird daraufhin mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen und einer Notoperation unterzogen, die gut verläuft, bis ein Anästhesist grob fahrlässig eine falsche Infusion verabreicht. Y stirbt am OP-Tisch. Prüfung der Strafbarkeit des B wegen fahrlässiger Tötung nach § 80 StGB B hat nicht vorsätzlich gehandelt, es kommt daher kein Mord (§ 75 StGB) in Betracht! [Hinweis: Es kommt auch keine Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB) in Betracht, weil B weder Vorsatz auf eine Verletzung noch auf eine Misshandlung hat.] 1.) Prüfung der Strafbarkeit von B wegen fahrlässiger Tötung des Y nach § 80 StGB Tatbestandsebene - B handelt objektiv sorgfaltswidrig, weil er eine Rechtsnorm der StVO übertritt, indem er vor dem Zebrastreifen nicht hält, obwohl ein Fußgänger queren möchte. Y stirbt. Das Verhalten des B lässt sich nicht wegdenken, ohne dass der Tod des Y entfiele. Das Verhalten des B ist daher kausal. Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass infolge der Kollision mit einem Motorrad eine Person operiert werden muss und ein Anästhesist eine falsche Infusion verabreicht. Die Adäquanz ist daher zu bejahen. Die von B verletzte Norm (Pflicht vor Zebrastreifen zu halten) soll vor Verletzungen und dem Tod durch Kollision schützen. Es liegt allerdings nicht im Schutzweck der Norm vor grob fahrlässigem Handeln Dritter zu schützen: Der Anästhesist verabreicht grob fahrlässig eine falsche Infusion. Der Risikozusammenhang ist daher durchbrochen. Der Tod des Y ist dem Handeln des B nicht objektiv zurechenbar. Ergebnis: B ist nicht strafbar wegen fahrlässiger Tötung des Y nach § 80 StGB. ➔ Prüfung der Strafbarkeit von B wegen fahrlässiger Körperverletzung des Y nach § 88 Abs 1, Abs 4 1. Fall StGB 1- Tatbestandsebene - B handelt objektiv sorgfaltswidrig, weil er eine Rechtsnorm der StVO übertritt, indem er vor dem Zebrastreifen nicht hält, obwohl ein Fußgänger queren möchte. Y erleidet schwerste innere Verletzungen. [Hinweis: Verweis auf vorherige Prüfung hinsichtlich objektiver Sorgfaltswidrigkeit möglich. Aber achten Sie darauf, dass Sie den richtigen Erfolg – Verletzungserfolg: schwerste innere Verletzungen – anführen!] Obj.Zurecnhung:

Das Verhalten des B lässt sich nicht wegdenken, ohne dass die schwersten inneren Verletzungen des Y entfielen. Das Verhalten des B ist daher kausal. Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass infolge der Kollision mit einem Motorrad eine Person schwerste innere Verletzungen erleidet. Die Adäquanz ist daher zu bejahen. Die von B verletzte Norm (Pflicht vor Zebrastreifen zu halten) soll vor Verletzungen wie zB schwerste inneren Verletzungen schützen. Der Risikozusammenhang ist daher gegeben. Das rechtwidrige Verhalten des B hat das Risiko einer Verletzung des Y mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegenüber rechtmäßigen Alternativverhalten – Stehenbleiben vom dem Zebrastreifen – erhöht. [Hinweis: Nach Fuchs reicht schon eine „einfache“ Wahrscheinlichkeit. Beachten Sie, dass Sie einen Meinungsstreit dann anzuführen haben, wenn die verschiedenen Meinungen zu anderen Lösungen führen.] [Hinweis: Ergeben sich bei den einzelnen Elementen der Prüfung der objektiven Zurechnung keine Probleme aus dem Sachverhalt, kann die Prüfung verkürzt erfolgen. Es reicht sodann die Anmerkung „Die (Kausalität ODER die Adäquanz ODER der Risikozusammenhang ODER die Risikoerhöhung=) objektive Zurechnung ist unproblematisch.] Qualifikation – § 88 Abs 4 1. Fall StGB: Es handelt sich bei den schwersten inneren Verletzungen um eine an sich schwere Körperverletzung gemäß § 84 Abs 1 StGB. – 22.Rechtfertigungsebene - Es liegen keine Rechtfertigungsgründe vor. 3. Schuldebene - B handelt subjektiv sorgfaltswidrig, weil er nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen im Tatzeitpunkt in der Lage gewesen wäre, vor dem Zebrastreifen zu halten. Subjektive Voraussehbarkeit und Zumutbarkeit sorgfaltsgemäßen Verhaltens sind gegeben. Es liegen keine Schuldausschließungsgründe vor. Ergebnis: B ist strafbar nach § 88 Abs 1, Abs 4 1. Fall StGB.

Einheit 5 – Vorsatz-Fahrlässigkeits-Delikt# Fall 5 Z möchte sich in der Kinoschlange an C vorbeidrängeln. C ist über dieses Verhalten erzürnt und stößt Z, sodass dieser hinfällt. Z erleidet nicht nur die von C erwarteten blauen Flecken, sondern zudem einen Oberschenkelhalsbruch.

Prüfung der Strafbarkeit des C wegen Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB Fall 5 – Strafbarkeit des C nach § 84 Abs 4 StGB? I. Tatbestand Objektiver Tatbestand

- Vorsatzanteil: tatbestandsmäßige Handlung … verletzen = stoßen führt zu blauen Flecken Handlungsobjekt … einen anderen = Z Erfolgseintritt … Körperverletzung = blauen Flecken; (Oberschenkelhalsbruch = an sich schwere Körperverletzung) objektive Zurechnun...


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