Baurecht 8 - Nachbarschutz im Baurecht PDF

Title Baurecht 8 - Nachbarschutz im Baurecht
Course Baurecht und Kommunalrecht
Institution Universität Mannheim
Pages 7
File Size 156.8 KB
File Type PDF
Total Downloads 95
Total Views 180

Summary

Zusammenfassung zum Nachbarschutz im Baurecht (2021)...


Description

BauR

Zsf.8

Nachbarschutz im Baurecht A. Drittschutz aus gesetzlichen Vorschriften I.

Bauplanungsrecht

1.) Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans a) § 30 BauGB � Zulässigkeit von derartigen Vorhaben richtet sich grds. nach § 30 BauGB ● § 30 BauGB ist KEINE nachbarschützende Vorschrif - Ob die einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplans nachbarschützend sind, entscheidet die Gemeinde b) §§ 3 ff. BauNVO ● ABER: Die Festsetzungen des Gebietscharakters nach §§ 3 ff. BauNVO sind grundsätzlich nachbarschützend - Es handelt sich um die ART der baulichen Nutzung MERKE: Die Regelungen bzgl. der Art der baulichen Nutzung (§§ 1-15 BauNVO) sind grds. nachbarschützend, während die Regelungen bzgl. des Maßes (§§ 16 ff. BauNVO) im Regelfall nicht nachbarschützend sind. c) § 23 BauNVO � § 23 BauNVO regelt überbaubare Grundstücksflächen ● Vorschrifen über Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefe ● Diese städtebaulichen Regeln begründen nicht automatisch Nachbarschutz - Die Gemeinde kann aber im Bebauungsplan eine nachbarschützende Wirkung festlegen ● Baugrenzen entfalten Nachbarschutz zugunsten der Nachbarn von gegenüberliegenden Grundstücken MERKE: In der Regel entfalten die seitlichen Baulinien und -grenzen Nachbarschutz, während die straßenseitigen Baugrenzen und -linien dem Allgemeininteresse dienen d) § 12 II BauNVO � Festsetzungen nach § 21 II BauNVO sind nachbarschützend e) § 31 I BauGB � Nur nachbarschützend, wenn die Befreiung von einer nachbarschützenden Regelung erfolgt ● § 31 II BauGB ist nachbarschützend, soweit von drittschützenden Festsetzungen befreit wird

BauR

Zsf.8

-

Betrifft die Befreiung KEINE nachbarschützende Bestimmung, kann Nachbar nur geltend machen, dass seine Interessen im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind ● Zu beachten ist bei § 31 II BauGB auch das Rücksichtnahmegebot f) § 15 I BauNVO � Enthält das Rücksichtnahmegebot ● Rücksichtnahmegebot schafft in angemessener Art und Weise einen Ausgleich zwischen dem Bauherren und seiner Umgebung - Herleitung aus § 242 BGB - Verpflichtet zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen sowie zu einem redlichen und sozialen Verhalten - Verletzung liegt vor, wenn durch ein geplantes Bauvorhaben eine Person oder ein konkreter Personenkreis individualisiert und qualifiziert betroffen ist ● Betrifft die ART der baulichen Nutzung nach §§ 2 – 14 BauNVO - NICHT das Maß der baulichen Nutzung nach §§ 16 ff. BauNVO ● § 15 I 1 BauNVO bezieht sich auf den Schutz des Gebietscharakters - § 15 I 1 BauNVO betrifft Zumutbarkeit konkreter Belästigungen und Störungen ● Die Eigenart des Gebiets ergibt sich aus den allgemeinen Zweckbestimmungen der Baugebiete nach §§ 2 I – 9 I BauNVO ● Verstößt ein Vorhaben gegen § 15 I BauNVO, ist es rechtswidrig - Es besteht KEIN Beurteilungsspielraum und KEIN Ermessen - Ausnahmen und Befreiungen sind ausgeschlossen, wenn Vorhaben der Eigenart des Baugebiets widerspricht oder unzumutbare Beeinträchtigungen oder Störungen verursacht � Gilt gebietsüberschreitend ● Gilt auch bei Konflikten zwischen Vorhaben im Außenbereich und Innenbereich 2.) Vorhaben im unbeplanten Innenbereich � Richtet sich nach § 34 BauGB � Nicht generell nachbarschützend (Rspr.) ● Regelung dient nur dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ● § 34 II BauGB hat nachbarschützende Wirkung, wenn die nähere Umgebung bzgl. Art der Nutzung einem Gebiet der §§ 3 ff. BauNVO entspricht ● Bzgl. § 34 I BauGB gilt das Rücksichtnahmegebot - Vorhaben muss sich in nähere Umgebung einfügen - Dann ist § 34 I BauGB nachbarschützend - ACHTUNG: Rücksichtnahmegebot ist in Anforderung des „Einfügens“ enthalten 3.) Vorhaben im Außenbereich

BauR

Zsf.8

� Richtet sich nach § 35 BauGB � Nicht nachbarschützend ● § 35 I und II dienen nur Schutz öffentlicher Belange - Auch bei privilegierten Vorhaben ● Nachbarschutz richtet sich nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots - Wird im Rahmen der öffentlichen Belange mitberücksichtigt - Bestandteil der schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 35 III Nr.3 BauGB iVm. § 3 BImSchG

B. Anspruch auf Erhaltung eines Gebietscharakters I. Schutz des Nachbarn gegen eine gebietsfremde Nutzung � Den Eigentümern im Plangebiet steht ein Gebietserhaltungsanspruch zu ● Anspruch basiert auf der plangebundenen, rein formalen Kategorie der nachbarlichen Wechselbeziehung ● Jeder Planbetroffene kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung verhindern - Dadurch Verhinderung einer schleichenden Umwandlung des Gebiets ● Hierbei muss der Nachbar NICHT individualisierend und qualifiziert betroffen sein - Kein spürbarer Nachteil erforderlich ● Beruht auf Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses - Weil Eigentümer bei Ausnutzung seines Grundstücks öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterliegt kann er sie auch ggü. Nachbarn durchsetzen ● Maßgebend sind Festsetzungen des Bebauungsplans

● Der Anspruch besteht sowohl im Bereich eines Bebauungsplans, als auch im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet der BauNVO entspricht ● Auch Festsetzungen nach § 12 II BauNVO sind nachbarschützend! II. Voraussetzungen ● Anspruch besteht nur, wenn sich Bauherr und Nachbar im selben Plangebiet befinden - Nur dann liegt „Schicksalsgemeinschaf“ der Nachbarn vor! ⇨ Vorteile des einen und Nachteile des anderen Grundstückseigentümers korrespondieren miteinander

III. Gebietsprägungserhaltungsanspruch � Speziellere Ausprägung des Gebietserhaltungsanspruchs ● Gewährleistet die Erhaltung der typischen Prägung der jeweiligen Gebietsart

BauR

Zsf.8

● Abgrenzung vom Gebietserhaltungsanspruch - Gebietsprägungserhaltungsanspruch nur einschlägig, wenn Bauvorhaben bauplanungsrechtlich in dem in Frage stehenden Gebiet an sich mit der Gebietsart generell vereinbar wäre, es aber generell gebietsunverträglich ist, weil Vorhaben der allgemeinen Zweckbestimmung widerspricht ● Erst NACH dem Gebietserhaltungsanspruch zu prüfen!

C. Drittschutz aus einfachgesetzlichen Normen in Verbindung mit dem Rücksichtnahmegebot I. Grundlagen zum Rücksichtnahmegebot � Rücksichtnahmegebot ist in einfachgesetzlichen Normen verankert ● Entfaltet nachbarschützende Wirkung, wenn es durch Gesetzgeber in baurechtlichen Normen verankert wird - Ist von der Gemeinde bei Aufstellung der Bebauungspläne zu beachten - Ist von der Baugenehmigungsbehörde bei Erteilung der Baugenehmigung zu beachten � Erforderlich ist tatsächliche persönliche Betroffenheit in unzumutbarer Weise II. Drittschützende Wirkung 1.) Grundlagen ● Drittschützende Wirkung liegt vor, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines abgegrenzten Personenkreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist ● Entscheidend: - Personenkreis muss erkennbar sein (= individualisierte Betroffenheit) - Besondere rechtliche Schutzwürdigkeit der Betroffenen liegt vor - Intensität der Beeinträchtigung - Gewichtigkeit der beteiligten Interessen - Nachbar ist handgreiflich betroffen (qualifizierte Betroffenheit!) 2.) Schutzwürdigkeit des Nachbarn ● Ergibt sich aus Gesamtsituation - Abwägung zwischen den mit Vorhaben bezweckten Interessen und den Interessen der vom Vorhaben betroffenen anderen Nutzungen erforderlich ● Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Betroffenen, desto mehr Rücksichtnahme kann er verlangen - Je verständlicher die mit Vorhaben verfolgten Interessen, desto weniger Rücksicht muss Bauherr nehmen ● Maßgebend, was Nachbarn und Bauherr nach Einzelfall zumutbar ist - Hier kann vergleichend das BImSchG herangezogen werden 3.) Inhalt des Rücksichtnahmegebotes � Inhalt hängt von Umständen des Einzelfalls ab

BauR

Zsf.8

● Interessenabwägung - Einbeziehung der Intensität der Beeinträchtigung - Vorbelastung des Gebiets zu beachten ● Möglicherweise kann Minderung der Störung verlangt werden BEACHTE: Bei der Abwägung gehen die Interessen des Bauherrn gleichwertigen Interessen des Nachbarn vor! ● Die Zumutbarkeit ist nach einem objektiven Maßstab zu bewerten! 4.) Normen mit Rücksichtnahmegebot ● In folgenden Normen ist das Rücksichtnahmegebot enthalten: - § 15 I BauNVO - § 31 II BauGB - § 34 I BauGB - § 34 IIIa BauGB - § 35 II, III BauGB ● Übersicht: § 15 BauNVO

Entfaltet als normative Verankerung des Rücksichtnahmegebotes partiellen Drittschutz � Insb. § 15 I 2 Alt.2 BauNVO als Schutz gegen heranrückende Wohnbebauung

§ 34 I 1 BauGB

Entfaltet partiellen Drittschutz durch Begriff des „Einfügens“ � Rücksichtnahmegebot ist verletzt, wenn Unzumutbarkeit gegeben ist

§ 35 BauGB

Gewährt partiellen Drittschutz � Abs.1: Schutz vor Beeinträchtigung der Privilegierung (vgl. § 15 I 2 Alt.2 BauNVO) � Abs.2: „Sonstiger öffentlicher Belang“ � Abs.3 Nr.3: „Schädliche Umwelteinwirkung“

5.) Folgen ● Rücksichtnahmegebot ist selbst kein subjektiv öffentliches Recht! - Klagebefugnis gestützt allein auf Verletzung des Rücksichtnahmegebotes scheidet aus ● Rücksichtnahmegebot ist Auslegungshilfe dafür, OB eine bereits vorhandene Norm einen drittschützenden Charakter haben kann oder nicht ● Auch WIE des Nachbarschutzes einer Norm kann dadurch ermittelt werden ● Rücksichtnahmegebot wird wie Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprüf - Je höher Interessen des Betroffenen gegenüber Interessen des Allgemeinheit, desto mehr gewährt Norm einen Abwehranspruch

BauR

Zsf.8

D. Nachbarschutz im Bauordnungsrecht MERKE: Die Vorschrifen des Bauordnungsrechts dienen grds. nur öffentlich-rechtlichen Interessen und begründen KEINE subjektiven Rechte. Sie gewähren Nachbarschutz, wenn sie das Leben, die Gesundheit oder Persönlichkeitsrechte schützen.

I. Vorschriften über Abstandsflächen � Sind nachbarschützend ● Dienen Brandschutz, Belichtung, Belüfung ● Nachbar steht subjektiv-öffentliches Recht bzgl. Einhaltung zu II. Vorschriften über Stellplätze � Dienen nur Allgemeininteressen III. Schutz vor Verunstaltung � Dient nur Allgemeininteressen IV.

Anspruch auf Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens (-)

E. Nachbarschutz aus Grundrechten I. Art.14 GG ● Das Eigentum wird nur durch die gesetzlichen Bestimmungen geschützt - BauGB, BauNVO, LBO sind gerade Ausfluss des Art.14 GG - Ein darüberhinausgehender Schutz aus Art.14 GG besteht nicht ● Nachbarschutz wird abschließend durch einfachgesetzliche Vorschrifen geregelt II. Art.2 II GG ● Ebenfalls durch Anwendung der gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen III. Kunstfreiheit ● Einziger Fall im Baurecht, bei dem Grundrechte relevant werden ist § 11 LBO - Die Kunstfreiheit schützt dabei Gebäude entgegen dem Verunstaltungsverbot - Fallen die Gebäude unter die Kunstfreiheit, können sie nicht als verunstaltend gelten

F. Prüfung MERKE: Bei der Prüfung in der Klausur sollte folgendermaßen vorgegangen werden 1. Bei der Klagebefugnis ansprechen, welche Norm verletzt sein könnte

BauR

Zsf.8

2. Dann anführen, dass nicht alle Normen im Baurecht drittschützend sind 3. Grundregel nennen (bei Art. Grds (+) bei Maß grds. (-)) 4. Sagen, dass auch aus dem Rücksichtnahmegebot (subsidiär) ein Nachbarschutz resultieren kann 5. Darlegen, dass auch die Festsetzungen des Bebauungsplans drittschützende Wirkung haben 6. Daher Klagebefugnis annehmen 7. In der Begründetheit die erteilte Baugenehmigung prüfen 8. Liegt dabei ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschrif vor, ist Rücksichtnahmegebot subsidiär 9. Ansonsten Rücksichtnahmegebot darlegen 10. In extra Prüfungspunkt danach die Rechtsverletzung des Klägers prüfen...


Similar Free PDFs