Fälle aus dem Fallbuch Hemmer Erbrecht PDF

Title Fälle aus dem Fallbuch Hemmer Erbrecht
Author FInja Schmale
Course Erbrecht
Institution Universität Hamburg
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Summary

Wintersemester 2016/2017 ...


Description

Fälle aus dem Fallbuch Hemmer 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Erbfähigkeit Die gesetzliche Erbfolge (6 Fälle) Der Widerruf eines Testaments Die Anfechtung eines Testaments Grundfall zum gemeinschaftlichen Testament (§§ 2265 ff.) Umfang der Erbschaft Annahme und Ausschlagung der Erbschaft Die Miterbengemeinschaft (§§ 2032 ff.) Pflichtteilsrecht (3 Fälle)

zu 1: Erbfähigkeit (Fall 1) (Fall des gleichzeitigen Sterbens) Ausgangsfall: Was ist wenn sich die Eheleuten L und T in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben und beide bei einem Verkehrsunfall sterben und nicht festgestellt werden kann, wer von beiden schneller gestorben ist? -> L hat einen Sohn aus erster Ehe (A) und T hat ebenfalls aus erster Ehe einen Sohn (B) zum Ausgangsfall: 1. Gemeinschaftliches Testament gem. § 2265 - aus § 1937 folgt der Vorrang der gewillkürten Erbfolge vor der gesetzlichen Erbfolge der §§ 1924 ff. BGB - hier liegt ein gemeinschaftliches Testament iSd §§ 2265 ff. vor - hierbei haben sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben eingesetzt, vgl. § 2269 I 2. Erbfähigkeit gem. § 1923 I - VSS für die Erbenstellung ist jedoch, dass einer der beiden überhaupt erbfähig iSd § 1923 I ist - der eine Ehegatte müsste also den anderen Ehegatten überleben - (P) was ist wenn die Eheleute gleichzeitig versterben oder nicht nachgewiesen werden kann, wer als erstes gestorben ist? - auch hier lässt sich nicht aufklären, wer als erstes gestorben ist -> damit ist auch unklar, wer erbfähig iSd § 1923 I war - in solchen Fällen greift die Regelung des § 11 VerschollenheitsG ein -> dabei wird vermutet, dass sie gleichzeitig verstorben sind, sog. Kommorientenvermutung - mangels Erbfähigkeit kann dann jedoch keiner den anderen beerben - hier hat also weder der L die T, noch die T den L beerbt -> der Nachlass der beiden hat sich also grds. bei keinem der beiden vereinigt - greifen denn dann bzgl. A und B die Vermutungen der §§ 2269 I, 2270 II?  dafür müsste die dritte Person überhaupt als testamentarisch eingesetzt worden sein  dies trifft aber weder auf A noch auf B zu 3. Ergebnis Somit bleibt es bei der gesetzlichen Erbfolge, wonach dann A Alleinerbe des L gem. § 1924 I ist, sowie B Alleinerbe der T. Abwandlung: T stirbt erst einige Stunden nach E im Krankenhaus Abwandlung: - § 1923 I setzt nur voraus, dass der eine Ehegatte den anderen nachweisbar überlebt haben muss und sei es nur noch für eine kurze Zeitspanne

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hier können also die Regelungen des gemeinschaftlichen Testaments gem. §§ 2265 ihre Wirkung entfalten  die T ist also Alleinerbin des L geworden, bei ihr hat sich somit für einige Stunden das gesamte Vermögen beider Ehegatten vereinigt  somit ist die gesetzliche Erbfolge nach T entscheidend  Alleinerbe des vereinigten Nachlasses ist somit gem. § 1924 I der Sohn B aus erster Ehe  A ist jedoch nicht rechtlos, denn er war gem. § 2303 I S. 1 für den Erbfall nach seinem Vater pflichtteilsberechtigt  ihm stand also unmittelbar gegen T ein Pflichtteilsanspruch zu (da dieser bereits unmittelbar mit dem Erbfall entsteht, § 1967 II)  diese schuldrechtliche Verpflichtung hat B von seiner Mutter T geerbt, sodass A nun gegen B diesen Anspruch geltend machen kann, §§ 2303 I S. 1, 1967

zu 2: Die gesetzliche Erbfolge Fall 2: die gesetzlichen Erben erster Ordnung (§ 1924) (P) Außerehelicher Sohn, den der Erblasser jedoch anerkannt hat Allgemeine Infos: - die wichtigsten Grundprinzipien des Erbrechts sind  der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession, §§ 1922, 1967),  die Testierfreiheit und  das Prinzip des Vonselbsterwerbs - Universalsukzession = das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes auf den Erben über (also nicht jede Vermögensposition einzeln getrennt) - Vonselbsterwerb = die Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes, d.h. diese tritt auch ohne Kenntnis und Willen des Erben ein - Besonderheiten des Erbrechts:  Formstrenge  Höchstpersönlichkeit (grds. keine Stellevertretung bei Verf. vTw) 1. Abkömmlinge des E - E hat keine Verfügung von Todes wegen errichtet -> gesetzliche Erbfolge, § 1937 - hier gelten zwei zentrale Grundprinzipien:  die Verwandten werden je nach Abstammung in Ordnungen eingestuft (§§ 1924-1926, 1928 f.)  jedweder Verwandte einer niedrigeren Ordnung schließt jedweden Verwandten einer höheren Ordnung von der Erbfolge aus, § 1930 d.h., dass die gesetzliche Erbfolge ein Verwandten- bzw. Familienerbrecht darstellt und die einzelnen erben sich nach dem Ordnungs- oder Parantelsystm bestimmen - nur wenn sich gar kein Verwandter findet, erbt der Staat, § 1936 a) Erben erster Ordnung, § 1924 I - Abkömmlinge des Erblassers -> die mit ihm in gerader Linie absteigend verwandten Personen, also Kinder, Enkelkinder, Urenkel usw. - hier kommen demnach A, B du F als Erben in Betracht (Kinder des Erblassers) - (P) F ist bereits vorverstorben und damit nicht erbfähig iSd § 1923 I - erbfähig (d.h. rechtsfähig) ist nur, wer zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt b) Problem: nichtehelicher Sohn C -

nach heutiger Rechtslage ist auch das nichteheliche Kind Abkömmling des Erblassers, sofern dessen Vaterschaft anerkennt (§§ 1592 Nr. 2, 1594, 1596 ff.) oder festgestellt wurde (§§ 1592 Nr. 3, 1600d) - E hat C anerkannt, somit ist C ebenfalls Erbe erster Ordnung c) Problem: außereheliche Tochter D der Ehefrau - wer Vater ist bestimmt § 1592 - in Betracht käme § 1592 Nr. 1, aber D wurde vor der Ehe geboren, somit greift § 1592 nicht ein - D und E sind nicht verwandt und D kommt nicht als Erbin in Betracht d) Die übrigen Erben der ersten Ordnung - die Kinder des E (A, B, C) sowie die Enkel (G, H, J) sind Erben erster Ordnung 2. Die Erbfolge innerhalb der ersten Ordnung - sind alle Erben der ersten Ordnung tatsächlich zur Erbfolge nach E berufen? - innerhalb der Ordnungen gelten nämlich weitere bestimmte Rangprinzipien:  Stammprinzip (§ 1924 IV)  Repräsentationsprinzip (§ 1924 II)  Eintrittsrecht (§ 1924 III) a) Das Stammprinzip, § 1924 IV - innerhalb der ersten Ordnung erfolgt die Erbfolge nach Stämmen - jedes Kind des Erblassers bildet mit seinen Nachkommen einen Stamm, jeder Stamm erhält den gleichen Erbteil - den E beerben hier also vier Stämme -> jeder Stamm erbt ¼ b) Das Rechtsträgerprinzip, § 1924 II - noch lebende Stammeltern schließen ihre Kinder von der Erbfolge aus - somit wird J nicht Erbe des E, da seine Mutter A noch lebt c) Das Eintrittsrecht, § 1924 III - sterben die Eltern, rücken ihre Kinder nach - folglich werden G und H Erben des E, da sie an die Stelle ihres bereits verstorbenen Vaters F nachrücken 3. Ergebnis Gesetzliche Erben nach E werden dessen Kinder A, B und C zu je ¼ und dessen Enkel G und H zu je 1/8. -

Fall 3: Verhältnis von gesetzlicher zu gewillkürter Erbfolge (§ 1937) und gesetzliche Erben zweiter Ordnung (§ 1925) - die gewillkürte Erbfolge ist grds. subsidiär zur gesetzlichen Erbfolge - jedoch ist in bestimmten Fällen ein Nebeneinander von gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge möglich - wichtiger Fall: § 2088 -> wenn der Erblasser nur hinsichtlich eines Teils des Nachlasses verfügt hat 1. Erbteil des F - F wurde von E wirksam durch Testament zum Erben bestimmt - da die gewillkürte Erbfolge der gesetzlichen Erbfolge vorgeht, ist F Erbe des E zu ½ - die Auslegung des Testaments gem. § 133 ergibt, dass F Erbe zu ½ hinsichtlich des gesamten Nachlasses werden soll (nur § 133 und nicht auch noch § 157, da das Testament keine empfangsbedürftige WE ist! 2. Der Erbteil der Verwandten - sind auch noch die Verwandten von E zu Erben berufen? - E hat eine Verfügung vTw nur über die Hälfte seines Nachlasses getroffen

 im Übrigen greift die gesetzliche Erbfolge ein, § 2088 I a) Erben erster Ordnung, § 1924 I - nicht vorhanden b) Erben zweiter Ordnung, § 1925 I - Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (also ins. Geschwister, etc.) - somit ist jedenfalls der V als Vater des Erblassers zum Erben des E berufen c) Das Linienprinzip - in der zweiten Ordnung werden die Erben nach Linien bestimmt - jeder Elternteil bildet mit seinem Nachkommen eine Linie, wobei jede Linie zu gleichen Teilen erbt - innerhalb einer Linie gelten das Repräsentationsprinzip (§ 1925 II) und das Eintrittsrecht (§ 1925 III) (diese Grundsätze gelten auch für die 3. Ordnung, ab der 4. Ordnung findet zur Vereinfachung ein Wechsel zum Gradualsystem statt) - vorliegend bilden V und die Mutter des E jeweils eine Linie  die Mutter ist bereits verstorben -> S rückt demnach in dieser Linie nach (Eintrittsrecht, § 1925 III S. 1) -> sie wird somit ebenfalls Erbin des E  ausgeschlossen wegen des Repräsentationsprinzips (§ 1925 II) ist dagegen B, da sein Vater noch lebt und so seinen Abkömmling von der Erbfolge ausschließt 3. Ergebnis Erben des E werden als gewillkürter Erbe F zu ½ und als gesetzliche Erben V und S zu je ¼. Fall 4: Grundfall zum Ehegattenerbrecht Wichtige Aspekte: - Bestehen einer Ehe im Zeitpunkt des Todes (§§ 1310 ff.) - der (gewählte) Güterstand (§§ 1310 ff.) - die VSS der Scheidung (§ 1933 iVm §§ 1565 ff.) -

steht das Erbrecht des Ehegatten im Raum, so ist die Prüfung zwingend damit zu beginnen, da die Quote der Miterben vom Bestehen des Ehegattenerbrechts abhängt (vgl. § 1931)

1. Bestehende Ehe im Zeitpunkt des Erbfalls - E und F müssten im Zeitpunkt des Erbfalls miteinander verheiratet gewesen sein, § 1931 iVm §§ 1310 ff. - dies bedeutet, dass die Ehe zu diesem Zeitpunkt weder aufgehoben (§§ 1313 ff.) noch geschieden (§§ 1565 ff.) sein darf - E und F waren verheiratet 2. Ehefrau neben Verwandten der ersten Ordnung - da ein Ehegattenerbrecht vorliegt, ist nur fraglich, mit welcher Quote F den E beerbt - dazu ist zu prüfen, welcher Ordnung die miterbenden Verwandten angehören, vgl. § 1931 - hier: Kinder des E, also A und B -> Abkömmlinge des E und somit Erben erster Ordnung (§ 1924 I) - neben Verwandten der ersten Ordnung erbt der Ehegatte gem. § 1931 I zu ¼ 3. Bestehender Güterstand der Zugewinngemeinschaft

erhöht sich die Erbquote noch, weil E und F in Zugewinngemeinschaft lebten? § 1931 regelt das Ehegattenerbrecht allgemein -> dieses kann jedoch auch modifiziert werden, je nachdem, welcher Güterstand bestand  E und F lebten in Zugewinngemeinschaft (= gesetzlicher Güterstand = Regelfall, wenn nichts anderes vereinbart worden ist, § 1931)  für die Fälle der Zugewinngemeinschaft ergänzt § 1371 die erbrechtliche Regelung des § 1931 a) Die erbrechtliche Lösung, §§ 1931 I, III, 1371 I - wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet und wird der Ehegatte gesetzlicher Erbe des Erblassers, erfolgt der Zugewinnausgleich durch pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ¼ - F würde somit Erbin zu ½ (¼ + ¼), A und B jeweils Erben zu ¼ -

b) Die güterrechtliche Lösung, §§ 1931 III, 1371 III, II - der Ehegatte kann jedoch auch diese Lösung wählen - d.h. die Erbschaft ausschlagen und statt derer den Zugewinnausgleich sowie einen Pflichtteilsanspruch geltend machen - wird der Ehegatte nicht Erbe des Erblassers, erfolgt also eine genaue Berechnung des Zugewinnausgleichs, §§ 1371 II, 1378, und der Ehegatte erhält zusätzlich den kleinen Pflichtteil, der sich nur aus § 1931 I, II errechnet, §§ 1371 II, 2303, 1931 - da neben dem Ehegatten hier Abkömmlinge zu gesetzlichen Erben berufen sind, beträgt der kleine Pflichtteil 1/8  (str.), ob der Ehegatte neben dem kleinen auch den großen Pflichtteil verlangen kann  dieser errechnet sich gem. § 2303 II S. 2 aus dem nach § 1371 I erhöhten gesetzlichen Erbteil, also x ½ d.h. neben Verwandten erster Ordnung ¼  h.M.: der Ehegatte hat kein Wahlrecht -> dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 1371 (dieser ermöglicht zwar einen pauschalisierten Ausgleich, er schreibt ihn jedoch nicht vor) o hat der Erblasser den Ehegatten von der Erbfolge ausgeschlossen, bedeutet dies, dass er den pauschalisierten Ausgleich nicht will - nach der güterrechtlichen Lösung hätte F Anspruch auf den Zugewinnausgleich und auf einen Pflichtteilsanspruch iHv 1/8 4. „Voraus“, § 1932 - der überlebende Ehegatte als gesetzlicher Erbe hat A´ auf den Voraus - § 1932 I S. 1 -> die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, sofern sie nicht Grundstückszubehör sind - neben Erben der ersten Ordnung muss der Ehegatte die Gegenstände zudem zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigen (§ 1932 I S. 2) 5. Der „Dreißigste“, § 1969 - unter den VSS dieser Norm hat der Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen den Erben für 30 Tage

Anmerkungen: Es genügt gem. § 1933 bereits, wenn die VSS der Scheidung vorliegen und der Scheidungsantrag des Erblassers rechtshängig ist oder er zumindest dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zugestimmt hat. (dazu Fall 7) Das Verhältnis der Quote regelt § 1931 für alle Verwandten. So erbt der Ehegatte neben - erben der 2. Ordnung ½ - Erben der 3. Ordnung ½ - Erben der 4. Ordnung alles, § 1931 II Besonderheit des § 1371 III: der überlebende Ehegatte kann trotz Ausschlagung den Pflichtteil verlangen -> nach § 2303 II, I erhält er eigentlich nur der vom Erblasser enterbte Ehegatte

Fall 5: Der Einfluss des familienrechtlichen Güterstandes auf das Erbrecht des Ehegatten Unterschieden werden drei eheliche Güterstände: - die Gütertrennung (§ 1414) - die Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff.) - den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff.) (dieser gilt, wenn nichts anderes vereinbart worden ist!) - Je nach dem, welcher Güterstand gewählt wurde, hat dies Einfluss auf das Erbrecht des überlebenden Ehegatten 1. Bei Gütertrennung - das gesetzliche Erbrecht ergibt sich hier aus § 1931 IV - sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten noch ein oder zwei Kinder berufen, erben der Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen - folglich erben F, A und B zu jeweils gleichen Teilen, also zu je 1/3 2. Bei Gütergemeinschaft - wurde dagegen durch Ehevertrag Gütergemeinschaft vereinbart (§§ 1408 I, 1415), richtet sich das Erbrecht des überlebenden Ehegatten allein nach § 1931 I  die Sonderregel des § 1931 IV gilt nur bei Gütertrennung, die Regel über den pauschalen Zugewinnausgleich (§ 1371 I) gilt nur bei Zugewinngemeinschaft - somit erbt F neben ihren Kindern, also den Abkömmlingen des E und Erben erster Ordnung, mit ¼ - die beiden Kinder erben zu gleichen Teilen, folglich zu je 3/8 3. Bei Zugewinngemeinschaft - haben die Ehegatten keine güterrechtliche Vereinbarung getroffen, gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 I) - dann richtet sich das Erbrecht des Ehegatten grds. nach §§ 1931 I, III, 137 - im Falle der erbrechtlichen Lösung erbt F deshalb ½, die Kinder A und B zu jeweils gleichen Teilen als Erben erster Ordnung zu je ¼ Fall 6: Das Ehegattenerbrecht aus Sicht des Anwalts („Wahlrecht“ des § 1371 III S.1) - § 1371 III S. 1 eröffnet dem Ehegatten ein faktisches Wahlrecht zwischen der erbrechtlichen und güterrechtlichen Lösung

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dabei muss man prüfen, welche Variante für den Ehegatten vorteilhafter ist

F wurde testamentarisch bedacht und ich steht ein faktisches Wahlrecht zwischen der erbrechtlichen und güterrechtlichen Lösung zu -> um die güterrechtliche Lösung zu wählen, müsste F die Erbschaft ausschlagen, § 1371 III S. 1 -> Frist beachten, § 1944 I 1. Stellung der F bei erbrechtlicher Lösung F könnte die Erbschaft annehmen (§ 1943) a) Erbquote - F wurde in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils zur Erbin eingesetzt - gem. § 1931 I S. 1 erhält sie als überlebender Ehegatte neben Verwandten erster Ordnung ¼ - Zugewinngemeinschaft: ihr Erbteil erhöht sich gem. § 1371 I um ein weiteres Viertel - somit wird F Miterbin zu ½ b) Wert des Nachlasses - Nachlasswert beträgt 100.000€ -> somit beläuft sich der Erbteil der F auf 50.000€ 2. Stellung der F bei güterrechtlicher Lösung F könnte auch die anfallende Erbschaft ausschlagen (§§ 1943 ff.) - F könnte einen Zugewinnausgleich gegen die Miterbengemeinschaft haben, §§ 1371 II, III HS. 1, 1378 I - da F mit der Wirkung des § 1953 ausschlägt, ist sie weder Erbin noch Vermächtnisnehmerin, sodass ihr die güterrechtliche Lösung offensteht, § 1371 II a) Zugewinnausgleich - zunächst müsste ein Zugewinnüberschuss zugunsten der F bestehen, § 1378 I aa) Vermögen des M - Das Anfangsvermögen des M betrug Null, sein Endvermögen (§ 1375) 100.000€ - diesem müssen evtl. die der N geschenkten 120.000€ hinzugerechnet werden, § 1375 II Nr. 1 - allerdings liegt diese Zuwendung länger als zehn Jahre vor der Beendigung des Güterstandes zurück, sodass eine Berücksichtigung ausscheidet, § 1375 III bb) Vermögen der F Anfangs- und Endvermögen von Null cc) Zwischenergebnis -> somit steht F die Hälfte des Zugewinnüberschusses, also 50.000€ zu b) Pflichtteilsanspruch gegen die Erbengemeinschaft - F könnte zudem einen Pflichtteilsanspruch gem. §§ 2303 I, II, 1371 III geltend machen - der Ehegatte kann demnach auch den Pflichtteil verlangen, wenn er die Erbschaft ausschlägt, § 1371 III - der Pflichtteil berechnet sich nach dem gesetzlichen Erbteil aus § 1931 I, II, sodass F hier 1/8 zusteht - jedoch wird vom Wert des Nachlasses der Wert des Zugewinnausgleichs abgezogen, sodass ein Nachlass von 50.000€ übrig bleibt - der Pflichtteilsanspruch beträgt 6250€

3. Ergebnis Der Rechtsanwalt wird F raten, die Erbschaft auszuschlagen und die güterrechtliche Lösung zu wählen. Dann erhält sie jedenfalls 56.250€, anstelle von 50.000€ 7. Fall: Auswirkungen einer Scheidung auf das Erbrecht des Ehegatten 1. Auswirkungen auf das gesetzliche Erbrecht - kein Testament errichtet und somit greift die gesetzliche Erbfolge nach M (§ 1937) - das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten richtet sich folglich nach § 1931 - VSS des Ehegattenerbrechts ist allerdings das Bestehen der Ehe beim Tod des Erblassers -> die Ehe darf weder geschieden (§ 1564), noch aufgehoben (§ 1313) worden sein - gesetzliche Erbrecht des Ehegatten entfällt jedoch dann, wenn im Todeszeitpunkt die VSS der Scheidung vorgelegen haben und der Erblasser die Scheidung beantragt oder dem Antrag des Anderen zumindest zugestimmt hat, § 1933 S. 1 - hier war die Ehe gescheitert iSd § 1565 I S. 1 -> da sie unwiderleglich als zerrüttet vermutet wird, § 1566 II - M hat auch zu Lebzeiten die Scheidung beantragt -> ein Antrag iSd § 1933 ist allerdings erst mit Rechtshängigkeit, d.h. erst mit Zustellung an den Antragsgegner gegeben - hier (+), der M hat somit noch zu Lebzeiten die Scheidung von F beantragt - die VSS des § 1933 sind gegeben, sodass das gesetzliche Erbrecht der F wegen § 1933 S. 1 wegfällt 2. Auswirkungen auf ein Testament - ein einfaches Testament, in dem der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist im Zweifel unwirksam, wenn im Todeszeitpunkt der Erblasser die Scheidung beantragt hat, § 2077 I S. 1 und S. 2 - greift § 2077 III? nein, denn es wird nichts über eine abweichende Vereinbarung oder einen abweichenden Willen des M mitgeteilt (wenn 2077 III (+): Verfügung wäre ausnahmsweise wirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für den Fall der Scheidung so getroffen hätte) -> hierzu ist der wirkliche Erblasserwille durch Auslegung zu ermitteln - es ist daher von großer Bedeutung, ob der Erblasser das Testament vor oder nach der Scheidung errichtet hat: hat der Erblasser die Möglichkeit der Scheidung nicht bedacht, so ist auf seinen hypothetischen Willen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung abzustellen - hier hat der M kurz nach der Hochzeit testiert und damit nach allgemeiner Lebenserfahrung den Fall der Scheidung nicht bedacht -> es spricht dann vieles für die Annahme, dass der Erblasser den geschiedenen Ehegatten nicht zum Alleinerben einsetzen will - hypothetischer Wille des M: Verfügung im Fall der Scheidung unwirksam - folglich ist das Testament des M nach § 2077 I S. 1 u. S. 2 nichtig 3. Auswirkungen auf ein gemeinschaftliches Testament, § 2268 I - danach wird das gemeinschaftliche Testament insgesamt unwirksam, d.h. auch dann, wenn sich die Ehegatten nicht gegenseitig eingesetzt haben oder keine wechselbezüglichen Verfügungen zwischen den Ehegatten vorliegen - § 2268 I ist lex spaecialis zu § 2077

VSS der Scheidung liegen vor nach § 2268 II ist bei wechselbezüglichen Verfügungen auf den Fortgeltungswillen beider Ehegatten abzustellen - nach h.M. muss hier im Falle der Wiederheirat ein neues gemeinschaftliches Testament errichtet werden - F ist nicht Erbin des M ...


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