Folien Verbandsverantwortlichkeit Hinterhofer PDF

Title Folien Verbandsverantwortlichkeit Hinterhofer
Course Wirtschaftsstrafrecht
Institution Universität Salzburg
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Summary

Foliensatz aus dem Sommersemester 2021 Kurs von Prof. Hinterhofer...


Description

Was muss vorliegen dass sich ein Unternehmen strafbar machen kann (gerichtliche Strafe) Es handelt sich um Kriminalstrafrecht

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Zuerst 28a Finanzstrafgesetz bei Verbänden (dort stehen SOnderregeln sonst VbVG)

•  Rechtsgrundlagen - Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Verbänden nicht im StGB, sondern im - VbVG ist seit 1.1.2006 in Kraft (§ 28 - Zusätzlich: § 28a FinStrG > finanzstrafrechtliche Verbandsverantwortlichkeit > einzelne Sonderregeln > ansonsten: Verweis auf VbVG

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• Wesen der Verbandsverantwortlichkeit -  Zurechnungsmodell: unter bestimmten Voraussetzungen Zurechnung der Straftat eines Entscheidungsträgers oder Mitarbeiters zum Verband als juristische Person > Verbandsgeldbuße als mögliche Folge -  Einordnung in das Kriminalstrafrecht > Verbandsgeldbuße = Strafe (Unwerturteil + Tadelsfunktion + Übelszufügung) -  Unabhängigkeit von Individual- und Verbandsstrafe: Nebeneinander der Strafbarkeit von Entscheidungsträgern/Mitarbeitern und der Verantwortlichkeit von Verbänden (§ 3/4 VbVG) 3

Verband haftet immer über seine Organe daher ein bloßes Zurechnungsmodell Verbandsgeldbuße (gleich wie Freiheitsstrafe bzw Geldstrafe gegen natürliche Personen) —> unwerturteil Kein Problem mit nebis in idem (gegen verschiedene Personen; juristische Person vs natürliche Person)

Keine Eintragung im Strafregister der Verbandsgeldbuße Im Finanzstrafrecht wird es schon eingetragen!

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Die Verbände hatten früher die Möglichkeit den wirklichen Täter zu verschleiern Die Geldstrafe wurde meistens vom Verband beglichen

• Kriminalpolitische Hintergründe - Häufig fehlende strafrechtliche Zurechenbarkeit (insb fehlende Beweisbarkeit) von individuellen Straftaten im Verband aufgrund Verbandsorganisation > „organisierte Unverantwortlichkeit“ - Präventionsdefizite der Individualstrafe > Begleichung der Geldstrafen für Entscheidungsträger oder Mitarbeiter häufig durch Verband

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In Deutschland nur Ordnungswidrigkeiten (Mittelweg, echtes Kriminalstrafrecht von Verbänden existiert in D nicht)

• Rechtsvergleichende Aspekte - Verbandsstrafbarkeit in fast allen EU-Staaten - Zusätzlich: Schweiz, Norwegen, Island - Fast ausschließlich: Kriminalstrafrecht - EU-Kartellstrafrecht > Kartellgeldbußen durch Kommission - Internationale Vorgaben (insb EURahmenbeschlüsse, EU-Richtlinien)

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Es gilt das Oppurtunitätsprinzip Verfolgungsermessen §16 VbVG statt Anklagezwang (Opportunitätsprinzip)

• Ziele des VbVG -  Repression durch maßgeschneiderte Sanktion -  Bedachtnahme auf Schwere des Vorwurfs und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verbands -  Im Vordergrund: Prävention (erweiterte bedingte Nachsicht, Diversion, Opportunitätsprinzip statt Anklagezwang)

VbVG spielt nicht die Rolle die der GG erwartet hätte

-  Anreiz zu Vorbeugung und besserem Risikomanagement > Vermeidung künftiger Strafbarkeit -  Opferschutz: Weisung zu Schadensgutmachung; Schadensgutmachung = Voraussetzung der Diversion 6

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Sobald das VbVG für die materiellen VS auf das StGB bzw die StPO verweist gilt §12/1 bzw §14/1 zB §39 StGB gilt nur für natürliche Personen und ist nicht auf den Verband anwendbar

• Subsidiäre Anwendbarkeit des StGB und der StPO - StGB gilt subsidiär, soweit nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar (§ 12/1 VbVG) - StPO gilt subsidiär, soweit nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar (§ 14/1 VbVG)

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• Überblick - Betro!ene Verbände - Deliktsbereiche - Allgemeine Zurechnungsvoraussetzungen - Spezielle Zurechnungsvoraussetzungen • Tatbegehung durch Entscheidungsträger • Tatbegehung durch Mitarbeiter

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•  Betro!ene Verbände (§ 1 Abs 2 VbVG) - Juristische Personen des privaten und ö!entlichen Rechts (zB GmbH, AG, Societas Europaea [SE = Europa-AG], Genossenschaften, Kammern, SVTräger, andere Körperschaften ö!entlichen Rechts, wie zB Universitäten) - Eingetragene Personengesellschaften (OG; KG) > ab Eintragung im Firmenbuch - Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWIV) > auf EU-Recht basierende Personengesellschaften 9

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Für den Unternehmerischen Bereich von Kirchen gilt das VbVG schon

• - Hoheitliche Tätigkeit von Gebietskörperschaften > privatwirtschaftliche Tätigkeit von Gebietskörperschaften (Bund/Länder/Gemeinden) im Anwendungsbereich des VbVG (!)

zB Land Salzburg handelt mit Swaps —> man tritt wie ein privater auf, das VbVG gilt, Salzburg tritt mit keinem Imperium auf

- Kirchen, Religionsgesellschaften und religiöse Bekenntnisgemeinschaften > soweit seelsorgerisch tätig - Verlassenschaft

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• Deliktsbereiche (§ 1/1 VbVG; § 28a FinStrG) - Alle gerichtlich strafbaren Handlungen - Alle Finanzvergehen (gerichtliche und verwaltungsbehördliche) - Außerhalb des FinStrG: einzelne Verwaltungsübertretungen im BörseG, im BWG und in GewO

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• Allgemeine Zurechnungskriterien (§ 3/1 VbVG) - Begehung zu Gunsten des Verbandes • Insb Bereicherung beim Verband (Ersparnis von Aufwendungen, Umsatzplus) • Erweiterung des Kundenstocks • Verbesserte Wettbewerbsposition

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4

• Allgemeine Zurechnungskriterien (§ 3/1 VbVG) - Verletzung von Pflichten, die Verband tre!en > insb Verstoß gegen Rechtsvorschriften (zB Baurecht, Gewerberecht, Umweltrecht, Arbeitnehmerschutz) - Aber: Ausschluss von Straftaten, die gegen den Verband selbst gerichtet sind > insb Untreue - Aber: Ausschluss von Exzesstaten (im reinen Privatinteresse begangene Straftaten eines Entscheidungsträgers oder Mitarbeiters)

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Wenn der Verband schon selbst Opfer ist, Vermögensschaden bei Untreue muss auch beim Verband entstanden sein —> keine Strafe Auch keine Exzesstaten, zB Handwerker begeht im Zuge seiner Tätigkeiten einen Diebstahl beim Bauherren, keine Verbandverantwortlichkeit, rein im Privatinteresse (will den Verband nicht bereichern)

Entscheidungsträger übt tätige Reue —> muss auf den Verband auch durchschlagen tendenziell ja

• Fall 1: Tatbegehung durch Entscheidungsträger (§ 3/2 VbVG) - Entscheidungsträger (§ 2/1) • Leitungsfunktion aufgrund Außenvertretungsbefugnis, Kontrollbefugnis oder g

§3 Abs 3 VbVG bzw §12 VbVG

• ZB Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen, Aufsichtsräte, Compliance-Beauftragte

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Entscheidungsträger zugunsten des Verbandes —> dann direkte Zurechnung zum Verband, das VbVG geht von einem Organisationsverschulden aus (wird dazugerechnet)

• Fall 1: Tatbegehung durch Entscheidungsträger (§ 3/2 VbVG) - Straftat des Entscheidungsträgers: - Direkte Zurechnung der Straftat zum Verband > keine weiteren Voraussetzungen (insb kein zusätzliches „Organisationsverschulden“) erforderlich

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• Fall 2: Tatbegehung durch Mitarbeiter (§ 3/3) - Mitarbeiter (§ 2/2) > Arbeitsleistungen für Verband •  Arbeits-, Lehr- und Ausbildungsverhältnis •  Tätigkeit nach HeimarbeitsG •  Arbeitnehmerähnliches Verhältnis (zB Handelsvertreter) •  ArbeitskräfteüberlassungsG > Zurechnung zum Unternehmen, nicht zum „Überlassenden“ •  Ö!entlichrechtliches Dienstverhältnis (zB Soldaten, Zivildiener, Strafgefangene)

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• Fall 2: Tatbegehung durch Mitarbeiter (§ 3/3) - Tat eines oder mehrerer Mitarbeiter • Tatbildmäßig und rechtswidrig > schuldhaftes Verhalten eines Mitarbeiters nicht erforderlich • Vorsatztat: Vorsatz des Mitarbeiters • Fahrlässigkeitstat -  Nur objektive Sorgfaltswidrigkeit -  Nicht auch: subjektive Sorgfaltswidrigkeit; Zumutbarkeit; sonstige Schuldkriterien

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Ich muss nicht wissen wer er genau war von den Mitarbeitern ohne dass ich den Mitarbeiter kenne, es muss nur klar sein dass ein oder mehrere Mitarbeitern Tatbildmäßig und rechtswidrig gehandelt haben Zusätzlich aber noch Organisationsverschulden

• Fall 2: Tatbegehung durch Mitarbeiter (§ 3/3) - Tat eines oder mehrerer Mitarbeiter • 

n n technischer, organisatorischer oder personeller Maßnahmen zur Strafbarkeitsvermeidung („Criminal Compliance“)

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• Prüfungsschema -  Verband? -  Kriminalstraftat/Finanzvergehen/bestimmte Verwaltungsstraftaten nach zB BWG/BörseG? -  Zu Gunsten des Verbandes/Verletzung von Verbandspflichten? -  Tatbegehung durch Entscheidungsträger/Mitarbeiter? -  Haftungsfall 1: tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Tat eines Entscheidungsträgers -  Haftungsfall 2: tatbildmäßige (bei Vorsatztaten auch vorsätzliche), rechtswidrige Tat durch Mitarbeiter und Organisationsverschulden durch Entscheidungsträger 19

SCHEMA VERBANDSVERANTWORTLICHKEIT Verband ?

Straftat zu Gunsten des Verbandes oder Straftat unter Verletzung verbandsrelevanter Pflichten

ET

MA

tatbildmäßiges, rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten

Verbandsgeld-! buße

tatbildmäßig, obj. sw/vorsätzlich, rechtswidrig Kein schuldhaftes Verhalten erforderlich

+

„Organisationsverschulden“: Unterlassen der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt durch ET

• Verbandsgeldbuße (§§ 4-7, 9 VbVG) - Tagessatzsystem - Anzahl • Sta!elung je nach Schwere der vom Entscheidungsträger oder Mitarbeiter begangenen Straftat (1-180 TS) > Unrechtsbezug (§ 4/3) • Zusätzlich: Berücksichtigung von Erschwerungsund Milderungsgründen > aus Verbandsperspektive > eigener Katalog in § 5

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Wie bei Individualgeldstrafe das Tagessatzsystem Anzahl richtet sich nach dem betreffenden Delikt Je nachdem ob mehr Erschwerungoder Milderungsgründe vorliegen wird der Richter die Tagessätze wählen

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Ertragslage wird in keinem anderen Gesetz definiert, Ertrag ist nicht gleich Umsatz/Gewinn aber sowas ähnliches Im EU Kartellrecht zählt der Umsatz

• Verbandsgeldbuße (§§ 4-7, 9 VbVG) - Höhe (§ 4/4) • Ertragslage (1 TS = 1/360 des Jahresertrages) • Mindestens 50 €, maximal 10.000 € > Maximale Verbandsgeldbuße: 1,8 Mio € (!?) • Nicht auf Gewinn gerichtete Verbände: mindestens 2 €, maximal 500 €

- Unbedingt/teilbedingt/bedingt (siehe §§ 6, 7) - Besonderheiten bei Finanzvergehen (§ 28a FinStrG) > kein Tagessatzsystem 22

• Weisungen (§ 8 VbVG) - Weisungen nach (teil-)bedingter Nachsicht - Schadensgutmachung: zwingend - Technische, organisatorische und personelle Maßnahmen: Verbesserung der criminal compliance (strafrechtliches Risikomanagement) > jedoch nur mit Zustimmung des Verbandes (!?)

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• Diversion (§ 19 VbVG) - Zahlung eines Geldbetrages - Probezeit iVm Maßnahmen - Gemeinnützige Leistungen - Jeweils iVm Schadensgutmachung und Tatfolgenbeseitigung

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Sanktionen gelten auch gegen den Gesamtrechtsnachfolger mit den gleichen Konsequenzen, bei Spaltung Abs 3 ist anzuwenden

• Rechtsnachfolger (§ 10 VbVG) - Verhängte Sanktionen gelten auch für Gesamtrechtsnachfolger > Sanktionen auch gegen diesen (Abs 1) - Einzelrechtsnachfolge ist Gesamtrechtsnachfolge unter bestimmten Voraussetzungen gleichzuhalten (Abs 2) - Sonderregelung bei mehreren Rechtsnachfolgern (insb bei Spaltung; Abs 3)

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• Verständigung der zuständigen Verwaltungsund Aufsichtsbehörde (§ 26 VbVG) - ZB: Gewerbebehörde; FMA; Arbeitsinspektorat - Verständigung von Einleitung oder Beendigung des Verbandsstrafverfahrens

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Rückgriff ist ausgeschlossen • Ausschluss des Rückgri!s auf Entscheidungsträger/Mitarbeiter (§ 11 VbVG) - Für Sanktionen und Rechtsfolgen, die Verband auf Grund VbVG tre!en - Keine Regression beim Entscheidungsträger oder Mitarbeiter durch Verband

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• Ausschluss der Absetzbarkeit der Verbandsgeldbuße - § 20/1 Z 5 EinkommenssteuerG - § 12/1 Z 4 KörperschaftssteuerG

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