Kriterien der Wissenschaftlichkeit PDF

Title Kriterien der Wissenschaftlichkeit
Course Einführung in die Geschichtswissenschaft
Institution Universität Wien
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Summary

Dies ist eine Zusammenfassung der Vorlesung zu den Kriterien der Wissenschaftlichkeit von Margareth Lanzinger....


Description

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020

Kriterien der Wissenschaftlichkeit Wissenschaftlichkeit drückt sich 1. dadurch aus, ➢dass die Forschungsinteressen und -ziele explizit gemacht werden ➢dass persönliche Standpunkte und Forschungsperspektiven benannt werden  Von welchem Standpunkt aus und mit welcher Perspektive gehe ich an eine historische Frage heran? ➢ Was möchte ich warum zeigen, belegen etc.? → Relevanz?

Wissenschaftlichkeit heißt 2., ➢dass das, was man erforscht, auf dem bestehenden wissenschaftlichen Diskussionsstand aufbaut und darauf Bezug nimmt → Wissenschaft als nie abgeschlossene Kommunikation

Wissenschaftlichkeit bedeutet 3., ➢dass man davon ausgehend neue Fragestellungen und Hypothesen/Annahmen entwickelt  Hypothesen sind Aussagen, die man unter bestimmten (historischen) Bedingungen für plausibel hält, die aber noch nicht – oder noch nicht für den konkreten Fall – verifiziert oder falsifiziert sind.

Wissenschaftlichkeit impliziert 4. auch, ➢dass die zentralen Begriffe einer wissenschaftlichen Arbeit geklärt und definiert werden damit sie für Fachkolleg*innen eindeutig (verstehbar) sind z.B.: Was bezeichnet der Begriff „Verwandtschaft“? Begriff „Verwandtschaft“? ➢nahe und fernere Angehörige → ‚Blutsverwandtschaft‘ ➢ Wie weit reicht ihr Verständnis von Verwandtschaft? ➢ im kanonischen (katholischen) Recht bis in den 4. Grad relevant 1215 bis 1917 ➢ für adelige Ahnenproben meist in den 3. oder 4. Grad zurückgehend ➢Schwägerschaft ➢ Im kanonischen Recht parallel zu Blutsverwandtschaft als Verwandtschaft verstanden ➢Patenschaft ➢ auch diese erzeugte – dem kanonischen Recht zufolge – ein Verwandtschaftsverhältnis ➢ Milchverwandtschaft ➢ Kinder, die von derselben Amme gestillt wurden, wurden als verwandt erachtet  Problem der Übertragung dieser Konzepte auf außereuropäische Gesellschaften Wissenschaftlichkeit heißt 5.,

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020 ➢ dass die Forschungsarbeit methodisch angelegt ist ➢damit soll gewährleistet werden, dass dieselben Ergebnisse erzielt werden, wenn dieselbe Methode angewendet wird – etwa wenn man quantifiziert ➢ Intersubjektivität soll dadurch gewährleistet werden

Wissenschaftlichkeit zeigt sich 6. auch darin, ➢ dass ein Text logisch aufgebaut ist und eine fundierte Argumentation enthält, die die wissenschaftliche Diskussion ermöglicht

Wissenschaftlichkeit gründet 7. darauf, dass ➢Quellen die Grundlage für die Auswertung und Interpretation historischer Ereignisse, Prozesse, Phänomene etc. bilden ➢ dazu gehört auch eine kritische Reflexion des Kontextes, in dem die jeweilige Quelle entstanden ist und des Weges, auf dem das Quellenmaterial überliefert wurde →Überlieferungskritik ➢oder kritische Reflexion der Art und Weise, in der das Quellenmaterial erzeugt wurde – Interviews z.B. oder Autobiographien → Quellenkritik

Wissenschaftlichkeit ist vor allem dann erzielbar 8., wenn ➢ein klar abgrenzbarer Gegenstand im Zentrum des wissenschaftlichen Arbeitens steht, ein konkreter Forschungsgegenstand oder Untersuchungsgegenstand  zB ist ‚die‘ Industrialisierung als Untersuchungsgegenstand nicht zu bewältigen  die Einführung von Dampfmaschinen in Habsburgermonarchie schon →Raum, Zeit und Zugriff/Fokussierung sind damit konkretisiert

Wissenschaft – einfach und allgemein definiert Wissenschaft ist ein System methodisch gewonnener Aussagen über einen Forschungsgegenstand und beinhaltet damit die Trias   

Dazu gehört auch,

Gegenstand, Methode, Aussagen

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020 ➢dass man sich intensiv mit Forschungsliteratur auseinandersetzt  breites Einlesen als Grundlage des wissenschaftlichen Arbeitens! ➢dass man auf die Ausführungen, Erkenntnisse und Ergebnisse der Historiker*innen verweist, die über ein Thema bereits geschrieben haben, → indem man paraphrasiert, kommentiert oder daraus wörtlich zitiert → unbedingt eine Fußnote setzen! → ungekennzeichnetes Abschreiben ist Plagiat!

Was gehört nicht immer oder nicht unbedingt zum Wissenschaftskanon? ➢nicht unbedingt immer der Öffentlichkeitsanspruch (so zu schreiben, dass es auch ein breiteres Publikum versteht) →Ausstellungskataloge oder Artikel in Printmedien, auf blogs z.B. ➢Schreiben in einer literarischen, ‚schönen‘ Sprache ➢Relevanz der Forschung für eine breitere Öffentlichkeit

Wissenschaftlichkeit herausfordern: Fake-Artikel ➢Immer wieder erscheinen Artikel, die erfundene oder gefälschte Forschungsergebnisse beinhalten, auch in renommierten Publikationsorganen ➢oft anregend für den wissenschaftlichen Diskurs – vor allem in Hinblick auf Fragen der Qualitätskontrolle, auf das Funktionieren des Wissenschaftsbetriebs ➢Berühmt ist die so genannte Sokal-Affäre: Alan Sokal hat einen Artikel über die soziale Konstruiertheit der Naturwissenschaft geschrieben: Die Quantengravitation könne als sprachliches and soziales Konstrukt gedeutet werden →Persiflage von und Kritik an postmoderner Wissenschaft

Zwei Arten von Literatur 1. Selbständige Literatur: Druckwerke – inzwischen auch rein digital – ,die die Form eines Buches haben, also eine eigene Medieneinheit darstellen ➢ Monographie: ein Buch, verfasst von einem/einer oder mehreren Autor*innen ➢ Sammelband: von einem/einer oder mehreren Herausgeber*innen publiziert, umfasst Aufsätze/Beiträge von mehreren Autor*innen ➢ Hochschulschriften zur Erlangung eines akademischen Abschlusses: unpublizierte Diplomarbeiten, Masterarbeiten, Dissertationen, Habilitationsschriften

2. Unselbständige Literatur: Texte, die als Teil eines Druckwerks erschienen oder zugänglich sind, wie zum Beispiel?

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020 ➢Aufsätze in einem Sammelband ➢Aufsätze in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ➢Lexikonartikel ➢Forschungsberichte ➢Rezensionen in Zeitschriften oder auf wissenschaftlichen WebPortalen wie H-Soz-Kult, H-net, Sehepunkte, recensio.net, …

Schreiben über geschichtswissenschaftliche Literatur Geschichte studieren heißt u.a. schreibend studieren und lernen auch das erfolgt in unterschiedlichen Textsorten ➢ Abstracts sind kurze Zusammenfassungen, die der inhaltlichen Erschließung eines wissenschaftlichen Textes dienen ➢ Einzel- und Sammelrezensionen geben eine inhaltliche Zusammenfassung, sollen aber auch den wissenschaftlichen Wert eines Buches (oder Aufsatzes) reflektieren ➢ Review Articles geben einen aktuellen Überblick über den Forschungsund Publikationsstand in einem Forschungsgebiet

Abstracts ➢ geben in Kurzform Fragestellung, Zugang, Inhalt und die wesentlichen Aussagen eines Buches oder Aufsatzes wieder ➢ finden sich oft in Fachzeitschriften und Abstract-Diensten wie z.B. Historical Abstracts, zugänglich über den Datenbankservice der UB Wien Rezensionen ➢ geben in Kurzform die wesentlichen Aussagen eines Buches oder Aufsatzes wieder ➢ beinhalten Aussage über den wissenschaftlichen Wert und die Bedeutung eines Textes für die Forschung ➢ beeinflussen die fachwissenschaftliche Diskussion und Rezeption einer Veröffentlichung ➢ zu finden in Fachzeitschriften und auf Fachinformations-Portalen Größere schriftliche Arbeiten im Geschichtestudium Kurs-, Übungs-, Proseminar-, Bachelor- und Seminararbeiten*… ➢ dienen der Erarbeitung eines Themas, der Ausformulierung einer mündlichen Präsentation und als Leistungsnachweis für eine LV ➢ zeigen, dass Sie ein Thema erarbeiten können: Literatur suchen, Aspekte auswählen, strukturieren und schriftlich darstellen ➢ meist von einer oder mehreren Personen verfasster durchgängiger Text (5 bis 25 Seiten) ➢ manchmal auch andere Darstellungsformen – z.B. als Wiki, Film, Ausstellung, …

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020

→ *…folgen den Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens! ➢ verfolgen bestimmte Leitfragen und Thesen/Hypothesen ➢ versuchen Sie zu argumentieren, zu begründen, nicht nur zu beschreiben oder und nachzuerzählen, was Sie gelesen haben ➢ auch im Studium verfasste Texte müssen nachprüfbar sein → Verweise auf die verwendete Literatur, auf Quellen etc. ➢ selbst erarbeitete und von anderen übernommene Aussagen sind zu unterscheiden ➢ präzise und verständlich formulieren ➢ klar strukturierter Aufbau (Deckblatt, Inhaltsverzeichnis, Einleitung, Hauptteil, Schlusskapitel, Literaturverzeichnis)

Grundsätzliche Suchstrategien ➢nach Stichworten: Titelwörter oder Teile davon ➢nach Schlagworten: systematisch vergebene übergeordnete Begriffe wie „Medizingeschichte“, „Mittelalter“, oft auch in Schlagwortketten wie: Deutschland, Landwirtschaft, Geschichte, Frühen Neuzeit ➢in digitalisierten Werken wird auch der Inhalt durchsucht →vieles ist leichter auffindbar, zugänglich → zugleich auch unübersichtlich

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

Recherche nach Literatur zu einem Thema Zitate, Zitierregeln, Anmerkungen (Fußnoten oder Endnoten) siehe dazu auch auf Geschichte Online die Abschnitte: Zitate und Zitierregeln ➢ wörtliche Zitate und sinngemäße Paraphrasen sind Textübernahmen aus der Forschungsliteratur und aus Quellen ➢ sie belegen die Urheberschaft und Herkunft von Aussagen, Texten, Materialien ➢ sie MÜSSEN in den Anmerkungen – Fußnoten oder Endnoten (oder in Klammer im Text) angegeben werden → zur Nachprüfbarkeit ➢ Zitate und Paraphrasen stellen Bezüge zur bestehenden Forschung her, betten Texte in den Forschungszusammenhang ein und signalisieren Zustimmung oder Widerspruch ➢ Zitierregeln enthalten formale Vorgaben für das Zitieren (z.B. der ÖZG oder des Instituts für Geschichte)

Anmerkungsapparat ➢ Im Anmerkungsapparat werden Zitate sowie alle im Text referenzierten Quellen mit einer Titelangabe bzw. einem Herkunftsbeleg nachgewiesen

Einführung in die Geschichtswissenschaft 2020 ➢ dies geschieht mittels Fußnoten am Ende einer Seite oder mittels Endnoten am Ende eines Aufsatzes, Buchkapitels oder Buches ➢ In Anmerkungen können Sie auch Definitionen, Erklärungen, weiterführende Aspekte etc. anführen ➢ und weiterführende Literaturangaben machen ➢ er sollte nicht zum Paratext werden!...


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