Kurzfälle Teil 2 zur Einführung in das öffentliche Recht III PDF

Title Kurzfälle Teil 2 zur Einführung in das öffentliche Recht III
Course Öffentliches Recht
Institution Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Kurzfälle Teil 2 zur Einführung in das öffentliche Recht III...


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AG Öffentliches Recht III – Allgemeines Verwaltungsrecht

WS 2018/2019 Kurzfälle mit Lösungen II

Kurzflle zur Einführung II mit Lösungshinweisen Fall 1: A verpflichtet sich gegenu ber der zusta ndigen Beho rde B, neue Arbeitspla tze zu schaffen. Im Gegenzug soll er Subventionen fu r seinen Betrieb erhalten. Erfu llt die Subventionsbewilligung die Merkmale eines Verwaltungsakts (VA)? Lsung: Es knnte sich bei der Subventionsbewilligung um einen VA iSd § 35 S. 1 VwVfG handeln. Danach ist ein VA jede hoheitliche Maßnahme, die eine Behrde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des ffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Dieser Legaldefinition sind also fnf Merkmale zu entnehmen (hoheitliche Maßnahme (auf dem Gebiet des ffentlichen Rechts), Behrde, Einzelfall, Regelungscharakter, Außenwirkung). Subventionen sind vermgenswerte Zuwendungen, die ein Trger ffentlicher Gewalt einer Privatperson ohne eine entsprechende Gegenleistung gewhrt, um durch deren Verhalten einen im ffentlichen Interesse liegenden Zweck zu frdern (verlorene Zuschsse, Darlehen, Brgschaften, Realfrderung). Problematisch erscheinen hier die Merkmale „auf dem Gebiet des ffentlichen Rechts“ und „hoheitlich“. Zweifel daran, dass es hier um eine Maßnahme auf dem Gebiet des ffentlichen Rechts geht, knnten darin begrndet sein, dass es sich um die Frderung eines Privatbetriebs handelt. Indes ist gerade das Wesen der Subvention die vermgenswerte Zuwendung an eine Privatperson. Zweck der Frderung ist zudem die Schaffung neuer Arbeitspltze und damit ein ffentlicher Zweck. Fraglich ist allerdings, ob die Subventionsbewilligung hoheitlich erfolgte. Das Merkmal „hoheitlich“ kennzeichnet die Einseitigkeit der Maßnahme als Gegenstck zur vertraglichen Regelung. A verpflichtet sich zur Schaffung neuer Arbeitspltze im Gegenzug zu der ihm von der Behrde gewhrten Subvention. Es liegt also keine einseitige Maßnahme vor, sondern es handelt sich um einen Vertrag zwischen A und der Stadt und somit um ein zweiseitiges Rechtsverhltnis. Der ffentlich-rechtliche Vertrag ist in §§ 54 ff. VwVfG geregelt. (Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen subordinationsrechtlichen Vertrag nach § 54 S. 2 VwVfG).

Fall 2: Unternehmer U beantragt bei der Stadt eine Subvention, welche ihm in Form eines zinslosen Darlehens auch gewa hrt wird. Stellt die Gewa hrung einen VA dar? Lsung: Die Vergabe einer Subvention beurteilt sich nach (noch) h.M. in der Rechtsprechung nach der Zweistufentheorie. Hiernach ist die erste Stufe, das „ob“ der Vergabe immer ffentlich-rechtlich, die Art der Vergabe, das „wie“, kann sowohl privatrechtlich als auch ffentlichrechtlich beurteilt werden. Fr die Aufspaltung des Vorgangs streitet, dass die Behrde bei der Entscheidung ber die Vergabe der Subvention ffentlich-rechtlich (insb. an Grundrechte, Art. 1 Abs. 3 GG, und den Gleichheitssatz) gebunden und einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen ist. Kritisch an der Zwei-Stufen-Theorie ist jedoch zu sehen, dass zum einen ein einheitliches Lebensverhltnis in zwei Rechtsverhltnisse aufgespaltet wird, die ggf. verschiedenen Rechtsbereichen und auch Rechtswegen zugeordnet sind, zum anderen, dass die Abgrenzung zwischen erster und zweiter Stufe oft nicht abstrakt voneinander erfolgen kann, sondern dass beide Stufen zueinander in Beziehung stehen. (vgl. ausfhrlich und kritisch Maurer, § 17 Rn. 14). Folgt man jedoch der Zweistufentheorie, so ist die Bewilligung des Darlehens (das „Ob“) ffentlich-rechtlicher Natur, whrend die Abwicklung (das „Wie“) durch einen privatrechtlichen Darlehensvertrag, § 488 BGB, erfolgte. Die Gewhrung stellt somit keinen VA dar.

Fall 3: A bringt seinen Pkw zum TU V. Nach der Untersuchung des Wagens erfa hrt A, dass dieser solch schwere Ma ngel aufweist, dass er nicht wieder zum Straßenverkehr zugelassen wird. A meint, sich nicht an die Entscheidung des TU V halten zu mu ssen, da dieser gar keine „richtige Beho rde“ sei. Zu Recht? 1

AG Öffentliches Recht III – Allgemeines Verwaltungsrecht

WS 2018/2019 Kurzfälle mit Lösungen II

Lsung: A msste sich an die Entscheidung des TV halten, wenn diese einen wirksamen VA iSd § 35 S. 1 VwVfG darstellen wrde. Problematisch in diesem Fall ist das Merkmal der „Behrde“ aus § 35 S. 1 VwVfG. Behrde iSd VwVfG ist nach § 1 Abs. 4 VwVfG/ § 1 Abs. 2 VwVfG NRW jede Stelle, die Aufgaben der ffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Die Verwaltungsverfahrensgesetze gehen somit von einem funktionellen Behrdenbegriff aus. Der TV gehrt zwar nicht zur Staatsgewalt, sondern stellt ein Privatrechtssubjekt dar. Die Sachverstndigen beim TV werden aber bei der Erteilung der Prfplakette gem. § 29 StVZO als Beliehene ttig, da ihnen durch Gesetz Hoheitsbefugnisse bertragen wurden. Beliehene werden natrliche oder juristische Privatpersonen genannt, denen durch Gesetz oder Verwaltungsakt hoheitliche Befugnisse bertragen wurden, um Hoheitsaufgaben zu erfllen. Beliehene sind somit Behrden i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG/ § 1 Abs. 2 VwVfG NRW. Bei der Entscheidung ber die Nichterteilung der Plakette handelt es sich somit um einen VA, den A befolgen muss. Von den Beliehenen sind private Verwaltungshelfer, Amtshelfer oder Erfllungsgehilfen zu unterscheiden. Sie handeln unselbstndig und sind weisungsgebunden, man spricht auch davon, dass sie Werkzeuge der Behrde sind. Ihr Handeln wird daher dem Hoheitstrger zugerechnet (Werkzeugtheorie). Entscheidend ist, dass ihnen gerade keine Aufgabenzuweisung durch Gesetz zukommt.

Fall 4: Baulo we B erha lt von der Stadt S in NRW den Auftrag, die Hauptstraße zu reparieren, da diese durch U berfrierungen im letzten Winter schwer bescha digt ist. Anstatt seinen Auftrag auszufu hren, stellt B aber lieber ein Straßenschild auf, was das Befahren der Straße verbietet. Handelt es sich dabei um einen VA, wenn B ohne Wissen der Stadt handelte? A ndert sich die Rechtslage, wenn die Stadt S den B dazu erma chtigt hat? Lsung: Es mssten die Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG NRW vorliegen. Problematisch ist hier, ob B als Behrde ttig geworden ist. Baulwe B ist kein ffentlich-rechtlicher Hoheitstrger, sondern Privatrechtssubjekt. Ihm wurden auch keine Hoheitsbefugnisse bertragen, sodass er kein Beliehener ist. Es liegt vorliegend ein sogenannter Nichtakt vor. Hierunter ist nach berwiegendem Begriffsverstndnis ein rechtlich nicht existenter VA zu verstehen. Darunter fllt nach der Rechtsprechung auch der Fall eines Verhaltens, das nach außen hin eine Behrde als maßgebliche Entscheidungstrgerin ausweist, intern jedoch von einem Privaten, der nicht von der Behrde hierzu beauftragt worden ist, getroffen worden ist. Zu beachten ist, dass in der Literatur und der Rspr. teilweise eine uneinheitliche Terminologie von Scheinverwaltungsakt und Nichtakt verwendet wird. Er kann keine Grundlage fr die Verwaltungsvollstreckung bilden. Der von ihm trotzdem ausgehende Rechtsschein soll aus Grnden der Rechtsklarheit jedoch verwaltungsprozessual angreifbar sein. Ein VA liegt hier somit nicht vor. Sofern B jedoch im Auftrag der zustndigen Behrde ohne eigenen Entscheidungsspielraum handelt, wird er als Verwaltungshelfer ttig. Er setzt dann lediglich die Entscheidung einer Behrde mit der Folge um, dass ein VA gegeben ist. Wenn die zustndige Straßenverkehrsbehrde das Verkehrsschild aufstellt, handelt es sich um einen VA in Form einer Allgemeinverfgung, § 35 S. 2, 3. Var. VwVfG.

Fall 5: A hat im Halteverbot geparkt und findet bei seiner Ru ckkehr ein „Kno llchen“ an seinem Auto. Dieses belegt ihn mit einem Ordnungsgeld in Ho he von 30 Euro. Handelt es sich dabei um einen VA? Lsung: Es mssten die Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG vorliegen.

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Problematisch ist zunächst das Merkmal „Regelung“. Die Maßnahme stellt dann eine Regelung dar, wenn sie darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Das „Knllchen“ stellt rechtlich eine Verwarnung mit Verwarngeld dar (vgl. § 56 Abs. 1 OWiG). Inhalt des Knöllchens ist die Feststellung, dass A einen geringfügigen Ordnungsverstoß begangen hat und er mit einem Verwarngeld i.H.v. 30 Euro belegt wird. Die Regelungswirkung ergibt sich aus der verbindlichen Feststellung sowie der Zahlungsaufforderung. Bei dem „Knllchen“ handelt es sich um einen VA. [Exkurs: die Verwarnung mit Verwarnungsgeld bedarf zur Wirksamkeit des Einverständnisses des Betroffenen und der Zahlung (vgl. § 56 Abs. 2 S.1 OWiG), d.h. es ist zwar eine einseitige behördliche Regelung, aber die Regelungswirkung lässt sich nicht einseitig herbeiführen -> sog. mitwirkungsbedürftiger VA]

Fall 6: Polizist P schla gt einen Demonstranten mit seinem Schlagstock. Stellt dies einen VA dar? Lsung: Der Schlag mit dem Knppel durch P knnte einen VA iSd § 35 S. 1 VwVfG NRW darstellen. Ein VA ist gem. § 35 S. 1 VwVfG NRW eine hoheitliche Maßnahme einer Behrde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des ffentlichen Rechts mit unmittelbarer Außenwirkung. Der Schlag stellt ein einseitiges Handeln des P und folglich eine hoheitliche Maßnahme dar. P handelt zur Abwehr von Gefahren fr die ffentlichen Sicherheit oder Ordnung (§ 1 Abs. 1 S. 1 PolG NRW) und nimmt demnach Aufgaben der ffentlichen Verwaltung wahr. Er ist somit Behrde iSv § 1 Abs. 2 VwVfG NRW. Es msste sich bei dem Schlag durch P auch um eine Regelung handeln. Eine Regelung ist jede rechtsverbindliche Anordnung, die unmittelbar auf die Herbeifhrung einer verbindlichen Rechtsfolge, d.h. auf die Begrndung, nderung oder Aufhebung von Rechten und/oder Pflichten, gerichtet ist. Mit dem Schlag durch P sollen dem D weder Handlungsgebote (z.B. Platzverweis) auferlegt werden, noch sollen bestehende Rechte (z.B. sich an einem bestimmten Ort aufhalten zu knnen) oder Pflichten (z.B. die Pflicht einen bestimmten Ort zu verlassen) verndert oder aufgehoben werden. Der Schlag stellt ein tatschliches Handeln dar und ist nicht auf die Herbeifhrung einer Rechtsfolge gerichtet. Er ist nicht als Regelung zu qualifizieren. Der Schlag des P ist mangels Regelungswirkung kein VA iSv § 35 S. 1 VwVfG NRW. Es handelt sich um einen Realakt. Teilweise wird angenommen, dass der Schlag gleichzeitig die Regelung enthlt, diesen zu dulden, sodass ein konkludenter VA konstruiert wird. Dies hatte vor allem verwaltungsprozessrechtliche Hintergrnde, die mittlerweile berholt sind. Auch gegen Realakte ist Rechtsschutz gegeben (im Wege der Feststellungsklage).

Fall 7: Bu rgermeister B beschimpft und verleumdet ein Ratsmitglied der anderen Fraktion wa hrend eines Fernsehinterviews. Stellt diese Erkla rung einen VA dar? Lsung: Die Erklrung stellt einen VA dar, wenn sie die Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG erfllt. Problematisch ist wieder, ob eine Regelung vorliegt. Eine Regelung ist anzunehmen, wenn die Maßnahme der Behrde darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begrndet, gendert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Durch die Beleidigung knnen zwar Unterlassungsansprche, etc. und somit Rechtsfolgen ausgelst werden. Entscheidend ist aber, dass die rechtliche Wirkung deshalb eintritt, weil sie gewollt ist, also nicht von Gesetzes wegen unabhngig vom Willen der handelnden Behrde. Vorliegend werden durch die Beleidigungen des Brgermeisters B gerade keine Rechtsfolgen gesetzt. Ein VA liegt nicht vor.

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WS 2018/2019 Kurzfälle mit Lösungen II

Fall 8: Rentner R beantragt bei der Stadt D eine Erho hung seiner Rente. Als die Sachbearbeiterin erkla rt, hierfu r sei sie nicht zusta ndig, beschimpft er sie und beginnt, in den Beho rdenra umen zu randalieren. Daraufhin erteilt Beho rdenleiter B dem R ein Hausverbot. Liegt ein VA vor? Lsung: Es mssten die Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG vorliegen. Fraglich ist, ob das Hausverbot ffentlich-rechtlichen Charakter hat, da es sowohl auf ffentlich-rechtliche Vorschriften (Annexkompetenz zu den Aufgabennormen, d.h. es handelt sich um die Sicherung einer widmungsgemßen Aufgabenwahrnehmung der jeweiligen Behrde) als auch privatrechtliche Regelungen (§§ 859, 903, 1004 BGB) gesttzt werden kann. Die Rechtsprechung stellt zur Differenzierung auf den Zweck des Besuchs ab, die Literatur grenzt nach dem Zweck des Hausverbots ab. Vorliegend kommen beide Ansichten zum gleichen Ergebnis: das Hausverbot hat ffentlich-rechtlichen Charakter. Alle anderen Merkmale sind ebenfalls gegeben. Das Hausverbot stellt somit einen VA dar.

Fall 9: Lehrer L erwischt Schu ler S beim Spicken wa hrend einer Klausur und ordnet Strafaufgaben an. Handelt es sich um einen VA? Lsung: Es mssten die Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG NRW vorliegen. Zu klren ist hier, ob innerhalb des Schulbetriebs Außenwirkung vorliegen kann. Frher wurden Sonderrechtsverhltnisse, in denen der Brger in besonderer Weise in den Verwaltungsbereich eingegliedert ist (Schulverhltnis, Strafgefangene, Soldaten, Beamten) generell als verwaltungsinterne Angelegenheit angesehen (sog. Lehre vom Besonderen Gewaltverhltnis). Demnach htte die Maßnahme keine Außenwirkung und stellt keinen VA dar. Die Lehre vom Besonderen Gewaltverhltnis ist jedoch abzulehnen. Grundrechte, Rechtsstaatsprinzip und Vorbehalt des Gesetzes gelten umfassend, das besondere Nheverhltnis von Brger und Staat begrndet keinen rechtsfreien Raum. Auch in solchen Nheverhltnissen kann daher Außenwirkung vorliegen. Insb. im Bereich des Schulwesens ist hier weiter zu differenzieren: Nach § 53 SchulG NRW ist zwischen erzieherischen Maßnahmen, § 53 Abs. 2 SchulG NRW, und Ordnungsmaßnahmen, § 53 Abs. 3 SchulG NRW, zu differenzieren. Die Strafaufgabe stellt eine erzieherische Maßnahme iSd § 53 Abs. 2 SchulG NRW dar. Mit ihr soll das Fehlverhalten aufgezeigt und auf die Einhaltung der allg. „Spielregeln“ im Schulbetrieb hingewiesen werden. Die Strafaufgabe lsst das Rechtsverhltnis zwischen Schule und Schler somit unberhrt. Demzufolge entfaltet die Strafaufgabe des Lehrers keine Außenwirkung und stellt keinen VA dar.

Fall 10: Beho rdenchef C trifft im Hinblick auf den Beamten B folgende Regelungen: 1. 2. 3.

a) die Umsetzung des B innerhalb derselben Beho rde, b) die Versetzung des B in eine andere Beho rde, c) die fru hzeitige Pensionierung des B.

Stellen dies VAe dar? Lsung: Auch hier ist wieder die Außenwirkung der Weisungen zu problematisieren. Weisungen an einen Beamten stellen grundstzlich verwaltungsinterne Maßnahmen dar und entfalten keine Außenwirkung. Anders ist dies, wenn der Beamte als selbstndige Rechtsperson betroffen ist. Daher ist folgendermaßen zu differenzieren: sofern der Beamte in seiner persnlichen Rechtsstellung betroffen ist, liegt Außenwirkung vor (sog. Grundverhltnis), wenn er in seiner beamtenrechtlichen Funktion als Glied der Verwaltungsorganisation betroffen ist, ist Außenwirkung abzulehnen (sog. Betriebsverhltnis). In seiner persnlichen Rechtsstellung ist ein Beamter vor allem betroffen, wenn es um die Begrndung, Vernderung oder Beendigung seines Dienstverhltnisses geht. Demzufolge entfaltet die Maßnahme zu a) keine Außenwirkung, da sie den B nicht als Person betreffen, wohl aber die zu b) und c). 4

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Fall 11: Die Beho rde B schickt dem Anlieger A einen Bescheid mit folgendem Inhalt: 1. 2. 3. 4.

a) A soll heute Mittag die Straße kehren, b) A soll immer dann kehren, wenn die Straße verschmutzt wird, c) alle Passanten, die die Straße betreten (inkl. A), sollen heute die Straße kehren, d) alle Passanten, die die Straße betreten (inkl. A), sollen immer dann kehren, wenn die Straße verschmutzt ist.

Handelt es sich um VAe? Lsung: a)

Es wird ein konkreter Sachverhalt geregelt und es liegt ein individueller Adressat vor, somit liegt eindeutig eine Einzelfallregelung vor.

b)

Der Bescheid richtet sich zwar nur an A und damit an eine einzelne natrliche Person, sodass er individuell ist. Der geregelte Sachverhalt, namentlich die Verpflichtung immer dann die Straße zu kehren, wenn sie verschmutzt ist, betrifft aber gerade nicht eine zahlenmßig bestimmte Zahl von Fllen. Vielmehr ist zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nicht abzusehen, wie viele Flle sich im Laufe der Zeit ergeben werden. Insofern handelt es sich um eine abstrakt-individuelle Regelung. Diese ist als abstrakt- individuelle Regelung gleichwohl noch als VA i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG NRW anzusehen. Daher wird dieser Fall teilweise auch als Sonderfall der konkret-individuellen Regelung bezeichnet. Jedenfalls handelt es sich auch bei dieser Maßnahme um einen VA.

c)

Der Fall, dass ein bestimmter Fall (konkret) aber eine unbestimmte Anzahl an Adressaten (generell) vorliegt, ist innerhalb des § 35 VwVfG abzugrenzen. Stellt man auf die Konkretheit der Regelung ab, liegt ein VA vor, stellt man auf die Individualitt der Adressaten ab, ein Rechtssatz. Allerdings regelt § 35 S. 2 VwVfG auch Flle, in denen kein feststehender Adressatenkreis besteht und ordnet sie den VAen zu. Indem alle Passanten (unbestimmter, aber bestimmbarer Personenkreis) seitens der Behrde aufgefordert werden an einem bestimmten Tag (konkreter Fall) die Straße zu reinigen, liegt ein konkret-genereller Fall vor. Nach § 35 S. 2 VwVfG liegt somit ein VA in Form der Allgemeinverfgung vor.

d) Der Fall, dass eine unbestimmte Anzahl von Fllen (generell) fr eine unbestimmte Anzahl von Personen (abstrakt) geregelt wird, stellt den typischen Fall einer Rechtsnorm dar, so dass insbesondere eine RVO in Frage kommt. Indem allen Passanten inkl. dem A, seitens der Behrde auferlegt wird, die Straße zu reinigen, wenn sie dreckig ist, liegt gerade eine abstrakt-generelle Regelung vor, sodass kein VA vorliegt.

Fall 12: Der iranische Regierungschef hat sich zu einem Staatsbesuch in Deutschland angeku ndigt. Aus Angst vor Krawallen verbietet die zusta ndige Beho rde wa hrend des Staatsbesuches alle Demonstrationen in einem bestimmten Umkreis um den Aufenthaltsort des Staatsgastes. A ha lt diese Anordnung fu r rechtswidrig und fragt sich, ob er ihr trotzdem nachkommen muss.

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WS 2018/2019 Kurzfälle mit Lösungen II

Lsung: A muss der Anordnung dann nachkommen, wenn es sich bei dem Verbot um einen VA handelt. Ein VA ist nmlich auch dann wirksam, wenn er rechtswidrig ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG; an dieser Stelle berwiegt der Grundsatz der Rechtssicherheit den Grundsatz der Gesetzmßigkeit der Verwaltung). Stellt die Anordnung dagegen eine Rechtsnorm dar, so wre diese, wenn sie rechtswidrig wre, sofort nichtig und msste nicht befolgt werden. Das Verbot betrifft einen bestimmten Ort und Zeitraum und ist daher konkret. Da noch nicht abzuse-hen ist, welche Personen fr diesen Zeitraum planen, gegen den iranischen Regierungschef zu protestieren, ist die Regelung generell. Nach h.M. handelt es sich dabei um einen VA in Form der adressatenbezogenen Allgemeinverfgung gem. § 35 S. 2 1. Alt. VwVfG. A muss daher der Anordnung nachkommen. Er kann jedoch eine Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO erheben und somit die Aufhebung der Allgemeinverfgung begehren.

Fall 13: Die Stadt S weiht eine neue Straße ein und gibt diese fu r den Verkehr frei. Ist dies ein VA? Lsung: Problematisch erscheint auch hier die Einzelfallbezogenheit der Regelung. Der Adressatenkreis, d.h. die Autofahrer, die die Straße potentiell nutzen werden, ist noch nicht abschließend bestimmt. Allerdings regelt § 35 S. 2 2. Var. VwVfG, dass auch eine sachbezogene Allgemeinverfgung einen VA darstellt. Eine sachbezogene Allgemeinver...


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