Philo 2 Zusammenfassung PDF

Title Philo 2 Zusammenfassung
Course Geschichte der Philosophie II (Mittelalter und frühe Neuzeit)
Institution Universität Wien
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Zusammenfassung GDPII...


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Geschichte der Philosophie II

Funktionen der Philosophie 1. Die Philosophie als ein Instrument der Skepsis (Nikolaus von Autrecourt – gest. 1350) 2. Fiktiver Dialog mit philosophia über das Schicksal (Boethius – gest. 524) 3. Autonomie der Vernunft; Argumentation über das höchste Glück und die Ewigkeit der Welt (Boethius von Dacian – gest. 1284) 4. Weisheit und Erfahrung als Grundelemente der Philosophie (Roger Bacon – gest. 1392) 5. Vernunft und Glaube; Vereinbarung zwischen Philosophie und Theologie (Thomas von Aquin – gest. 1274) 6. Begriffe und die Möglichkeit der intuitiven Erkenntnis des Einzelnen (Willhelm von Ockham – gest. 14. Jh.) 7. Die Philosophie als Weg zum Unendlichen (Giordano Bruno – gest. 1600) 8. Der Zweifel als Methode in der Philosophie (René Descartes – gest. 1650)

Verlauf der Philosophie Im Zuge dieser Vorlesung wird deutlich, welchen Wandel eine, der Theologie nahestehenden, Philosophie durchleben musste, um im Skeptizismus zu münden. Sind anfänglich nur skeptische Tendenzen zu verzeichnen, so werden diese spätestens im Briefwechsel Nicolaus von Autrecourts immer deutlicher sichtbar. Bei Descartes finden sie ihren Höhepunkt.

Boethius von Dacien – Das höchste Gut Kontext Im 13. Jh. steht die Philosophie im (insbesondere der Theologie). Die Philosophie thront inmitten der Artes liberales. Zu ihr zählen das Trivium (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) sowie das Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie).

Das höchste Gut (=Glückseligkeit) Für

von Dacien ist der Verstand bzw.

Was aber dieses höchste Gut sei, das dem Menschen möglich ist, werden wir aufgrund der Vernunft erforschen. Die beste Kraft im Menschen ist aber der Verstand und die Vernunft. Also kommt das höchste Gut, das dem Menschen möglich ist, ihm zu gemäß der Vernunft.

Und weil das höchste Gut, das dem Menschen möglich ist, seine Glückseligkeit ist, ergibt sich, daß die Erkenntnis des Wahren und das Bewirken des Guten sowie die Freude an beidem die menschliche Glückseligkeit ist. Für Boethius sind alle niederen Kräfte (Ernährungskraft, Wahrnehmungskraft und geistige Erkenntnisfähigkeit) um der höchsten Kraft Willen vorhanden. Eudemonia

Denn alle Absichten und Ratschläge, Handlungen und Wünsche des Menschen, die sich auf dieses schon genannte höchste Gut ausrichten, das dem Menschen möglich ist, sind richtig und entsprechen dem Gesollten. Und wenn er so handelt, ist er in der richtigen Ordnung, weil er dann auf sein Bestes und letztes Ziel hingeordnet ist.

Der Philosoph Für Boethius setzen die Philosophen ihr Leben in das Studium der Weisheit: Einen Philosophen aber nenne ich jeden Menschen der lebt nach der richtigen Ordnung der Natur und der das Beste sowie das letzte Ziel des menschlichen Lebens erreicht hat. Dabei setzen sie sich folgende Ziele: 1. Erreichen des letzten Ziels des menschlichen Lebens

2.

, d.h. zur Erkenntnis der ersten Ursache

„Ursache von allem“ und „Ziel von allem“ ist für ihn Das erste Seiende – für Theologien und Heilige ist es Gott: Er (der Philosoph) bedenkt auch, daß wie alles aus der ersten Ursache stammt, so auch alles auf sie hingeordnet ist. Denn jenes Seiende, in dem sich der Grund, aus dem alles stammt, vereinigt mit dem Ziel, auf das alle sich beziehen, dies ist das erste Seiende nach Ansicht der Philosophen, und nach Ansicht der Heiligen ist es der gelobte Gott.

Roger Bacon – Kompendium für das Studium der Philosophie Reihenfolge unter den Wissenschaften 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Sprachwissenschaften Mathematisches Wissen (als Grundlage zu den anderen Wissenschaften) Perspectiva Scientia Experimentalis Moralphilosophie Theologie

Das Kompendium für das Studium der Philosophie Das Werk wurde um 1271 verfasst und erhielt seinen Titel durch einen unbekannten Kopisten. Der Gegenstand seiner Untersuchung ist das Studium der Weisheit. Das Programm der Schrift lautet:

3. Die richtige Methode beschreiben 4. Hindernisse beseitigen Alternativ kann die Struktur auch in folgende 4 Teile gegliedert werden: 1. 2. 3. 4.

Einführung, Einteilung der Wissenschaften (spekulativ vs. praktisch) Kritik der Kirche und der Gesellschaft Hindernisse gegenüber der Weisheit Bacons Grammatik – Appell, Griechisch und Hebräisch zu lernen

Dabei treten folgende Aspekte hervor:   

Das Mathematik, Perspektivik, Alchemie und Erfahrungswissenschaft)

(Sprache der Weisheit,

Es gibt vier grundlegende Überlegungen zur Weisheit: 1. Betrachtung der für die theoretische Untersuchung als auch für die praktische Umsetzung) 2. Man sollte wissen, 3. Die Arten und Wege kennen, d.h. die richtige Methode bestimmen 4. Die Hindernisse gegenüber der Weisheit kennen und vermeiden

(sowohl

Die Weisheit hat von Natur aus eine unaussprechliche Schönheit an sich, die unsere Seelen gewinnt und emporhebt. Ihre Nützlichkeit und ihre unbeschreibliche Natur drängen uns zu ihrer Liebe. Ihre Herrlichkeit und ihre Würde treiben uns durch eine unendliche Kraft dazu, ihren Spuren zu folgen.

Das Studium der Weisheit

Die spekulative Seite (Betrachtung der Wahrheit): 

Grammatik

  

Logik Naturphilosophie Metaphysik



Mathematische Wissenschaften

Die praktische Seite (Ausführung von Handlungen):    

Alchemie Medizin Moralphilosophie (weltliches Recht) Theologie

Dabei sieht er das Studium der Philosophie als Teil eines großen Ganzen, Der Nutzen der Wissenschaft ist der, dass er zum Heil der Menschheit beiträgt.

Kritik gegenüber dem Zustand seiner Zeit 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Vorrangstellung der Philosophie gegenüber der Theologie Die Theologie kennen nicht in zureichender Weise die Wissenschaften, die sie benutzen Die „Sentenzen“ des Petrus Lombardus gelten als wichtiger, als die Bibel Der in Paris benutzte Bibeltext ist entstellt Aus Unkenntnis der alten Sprachen gibt es falsche Wörter in der Bibel

4 Hindernisse gegenüber der Weisheit Es bestehen in der Tat vier ganz große Hindernisse, die Wahrheit zu erfassen, welche sich jedem entgegenstellen, mag er noch so weise sein, sodass es kaum jemandem möglich ist, den wahren Titel der Weisheit führen zu können. Diese vier Hindernisse sind: 1. 2. 3. 4.

Das Beispiel einer brüchigen und der Würde entbehrenden Autorität Die alltägliche Gewohnheit Die Haltung der unwissenden Menge Die Verheimlichung der eigenen Unwissenheit durch Herausstellen des Anscheins von Weisheit (d.h. die Unbelehrbarkeit unserer natürlichen Sinne)

Ordnung der Wissenschaften Opus tertium (ed. S. 32): So hat Gott seinen Heiligen die Philosophie zuerst geoffenbart, denen er auch sein Gesetz gegeben hat; denn die Philosophie ist dem Gesetz Gottes äußerst nützlich: Sowohl, um es zu verstehen, als auch, um es voranzubringen, es zu beweisen, zu verteidigen und auch auf viele andere Arten, wie es in den Werken, die ich schreibe, offensichtlich ist. Zuerst ist die Philosophie grundlegend und vollständig in hebräischer Sprache überliefert worden. Dann ist sie grundsätzlich von Aristoteles in griechischer Sprache erneuert worden und darauf von Avicenna auf Arabisch. Auf Latein wurde sie jedoch nie abgefasst, sondern nur aus anderen Sprachen übersetzt, wobei die wertvollen Dinge nicht übersetzt worden sind. Und von den Wissenschaften, die übersetzt sind, ist nichts vollkommen.

Roger Bacon – Opus maius Gesamtstruktur des Opus maius 







Definition der Erfahrungswissenschaften  Durch äußere Sinne  Durch innere Illumination Über den ersten Vorzug der Erfahrungswissenschaft  Sie überprüft alle Konklusionen der anderen Wissenschaften durch die Erfahrung  Ausführliches Beispiel des Regenbogens (Farben, Größe, Gestalt, Entstehungsort, Entstehungszeit, durch Reflexion des Lichts, als Erscheinung, ähnliche Phänomene) Über den zweiten Vorzug der Erfahrungswissenschaft  Sie kann die herrlichen Wahrheiten an den Grenzen der anderen Wissenschaften angeben  3 Beispiele: sphärisches Astrolabium, Verlängerung des Lebens, Goldherstellung durch die Alchemie Über den dritten Vorzug der Erfahrungswissenschaft  Sie kann zukünftige Ereignisse vorhersagen und Magie von der Wissenschaft unterscheiden

Rolle der Erfahrungswissenschaften Für Bacon steht die Erfahrung über den Argumenten und somit auch die Erfahrungswissenschaft über der Experimentalwissenschaft. Opus tertium (S. 43): Doch über diese Wissenschaften hinausgehend gibt es noch eine weitere Wissenschaft, die alle anderen übertrifft, der alle anderen dienen, und die alle anderen Wissenschaften auf wunderbare Weise bestätigt: Diese Wissenschaft wird Erfahrungswissenschaft genannt. Sie verlässt sich nicht auf Argumente, weil diese Wissenschaften nicht bestätigen, wie beweiskräftig sie auch sein mögen, wenn ihre Schlussfolgerungen nicht durch die Erfahrung bestätigt werden. Diese Wissenschaft lehrt, die Schlussfolgerungen aller anderen Wissenschaften durch Erfahrung zu prüfen, die in den anderen Wissenschaften entweder durch bloße Argumente oder durch die Untersuchung natürlicher und unvollkommener Erfahrungen belegt werden.

2 Arten des Wissenserwerbs Ohne Erfahrung ist es lt. Bacon nicht möglich, etwas wirklich zu wissen. Trotzdem unterscheidet er zwei Arten des Wissenserwerbs: das Argument und die Erfahrung. 

Das Argument folgert und führt uns dazu, der Schlussfolgerung zuzustimmen, doch es beweist (diese Schlussfolgerung) nicht und beseitigt nicht den Zweifel, sodass unser Geist durch den Anblick der Wahrheit nicht zur Ruhe kommen kann, es sei denn, er findet sie auf



dem Weg der Erfahrung. Denn viele haben zwar Argumente für das Wissbare, doch da sie keine Erfahrung davon haben, ignorieren sie es und vermeiden daher weder das Schlechte, noch folgen sie dem Guten. Wer sich also ohne Beweis an den Wahrheiten der Dinge erfreuen will, muss sich für die Erfahrung freizumachen wissen, was auch durch Beispiele belegt wird (z.B. zu Aristoteles, Meteorologie: Wenn heißes und kaltes Wasser auf eine kalte Oberfläche gegossen werden, wie zum Beispiel über Eis, dann gefriert das heiße Wasser schneller, und das ist wahr. Doch wenn heißes und kaltes in zwei Gefäße gegossen werden, gefriert das kalte Wasser schneller. Daher müssen alle Dinge auf dem Weg der Erfahrung bestätigt werden.

Des Weiteren unterscheidet Bacon allerdings zwei verschiedene Arten von Erfahrung: 



Eine Art von Erfahrung gewinnen wir durch äußere Sinne. Durch sie gewinnen wir mit der Hilfe von Instrumenten Erfahrung von den Himmelsdingen, und durch den Gesichtssinn von den Dingen auf der Erde. […] Diese Art der Erfahrung ist eine menschliche und philosophische Erfahrung, die so weit reicht, wie der Mensch durch die ihm zuteil gewordene Gnade gelangen kann. Deshalb muss dem Intellekt des Menschen anders geholfen werden, weshalb die heiligen Patriarchen und Propheten, die als erste der Welt die Wissenschaften gegeben habe, innere Illuminationen erhalten haben und daher nicht ausschließlich von den Sinnen abhängig waren. Denn die Gnade des Glaubens und die göttlichen Eingebungen erleuchten vieles, nicht nur im Bereich der geistigen Dinge, sondern auch in der körperlichen Welt und in den philosophischen Wissenschaften.

Er beschreibt 7 Stufen des inneren Wissens: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Rein wissenschaftliche Erkenntnisse Aus Tugenden Die sieben Gaben des Heiligen Geistes Die Glückseligkeiten Der Spiritualsinn In den Früchten, aus denen der Friede des Herrn gemacht Die verschiedenen Arten von Verzückungen

Alchemie Die Alchemie spielt bei Roger Bacon eine zentrale Rolle, denn Diese Wissenschaft ist größer als alle vorher genannten, weil sie die größten Nützlichkeiten hervorbringt: Denn sie kann dem Gemeinwohl nicht nur Geldmittel und andere nützliche Dinge in unendlicher Zahl zur Verfügung stellen, sondern sie erlaubt es auch, die Dinge zu finden, die das Leben des Menschen weit über die natürliche Lebensspanne hinaus verlängern können. Roger Bacon war ein unzeitgemäßer Vorläufer des diesseitsbezogenen Denkens der Renaissance. Doch obwohl er die Erfahrung in die Wissenschaft einbringen wollte, war sein Denken noch stark alchemistisch und mystisch geprägt.

Thomas von Aquin – Summa Theologica Die Philosophie und die Tätigkeit der Vernunft als Erkenntnis von sich selbst und von materiellen Dingen: Was unser Verstand an den materiellen Dingen erkennt: Hierauf müssen wir unsere Betrachtung auf die Frage richten, was unser Verstand an den materiellen Dingen erkennt. Und diesbezüglich fragt es sich um vier Dinge 1. 2. 3. 4.

Ob er das Einzelne erkennt Ob er unendlich vieles erkennt Ob er das Zufällige erkennt Ob er das Zukünftige erkennt

Wie die Denkseele sich selbst und das, was in ihr ist, erkennt: Und in Bezug hierauf fragt es sich um 4 Dinge 1. 2. 3. 4.

Ob sie sich selbst durch ihre Wesenheit erkennt Wie sie die in ihr vorhandenen habituellen Eigenschaften erkennt Wie der Verstand seinen eigenen Akt erkennt Wie er den Akt des Willens erkennt

Thomas versucht anhand eines Systems (in dem er Glauben und Wissen seiner Zeit aufeinander bezieht) zu zeigen, dass Gott das Sein selbst ist. Sein Wesen fällt (im Gegensatz zu allem Geschöpflichen) mit seinem Sein zusammen. Die Ontologie (=Lehre vom Sein) übernahm er von Aristoteles und entwickelte sie weiter. Die Summa Theologica wird in 3 Teile gegliedert.

1.Teil der ST Im Gegensatz zu Bacon sieht TvA die Theologie sehr wohl als Wissenschaft, nämlich als die Oberste. Hier wird klargestellt, dass Gott die Ursache alles Seienden ist und zwar durch seinen Willen (womit er auch die materia prima geschaffen hat). Ob Gott die Welt mit einem zeitlichen Anfang geschaffen hat, kann allerdings nicht eindeutig gesagt werden, lediglich die Glaubenslehre besage, dass dies der Fall sei. Bei der Frage nach dem Schlechten wird unterschieden zwischen dem Schlechten, das aus einer mangelhaften Tätigkeit resultiert und dem Schlechten, das manche Dinge zerstört. Mangelnde Tätigkeit kann nicht auf Gott rückgeführt werden, die Zerstörung von Natur hingegen schon. Dies ist Teil einer Ordnung, in der Sünder bestraft werden. Im 1. Teil befinden sich auch die wichtigen Fragen über geistige Erkenntnis.

Einsicht und Schließendes Denken Intellectus:

Denn Einsicht (intellectus) scheint die einfache und absolute Erkenntnis zu bezeichnen; dass jemand Einsicht habe, sagt nämlich auf Grund dessen, dass er gleichsam innen, im Wesen der Sache selbst die Wahrheit liest. Ratio: Schließendes Denken aber bezeichnet ein Fortschreiten, wodurch die menschliche Seele von einem aus zur Erkenntnis von etwas anderm vordringt oder gelangt. Darum sagt Isaak im Buch „Über die Definitionen“, schließendes Denken sei der Übergang von der Ursache zum Verursachten. […] Und wie die Bewegung sich zur Ruhe zugleich wie zu ihrem Ausgangspunkt und zu ihrem Ziel verhält, so verhält sich auch das schließende Denken zur Einsicht […] so erweist sich die Einsicht als Ausgangspunkt des Vernunftverfahrens im Hinblick auf den Weg des Forschens, als Ziel im Hinblick auf den Weg des Urteilens.

Struktur einer quaestio in ST Thomas von Aquin verfasst 12 Kommentare zu Aristoteles. Dabei geht er häufig, wie folgt, vor: q. 86, a. 1. Ob unser Verstand das Einzelne erkennt Es werden zuerst Argument dafür und Argumente dagegen gesammelt, um anschließend durch den Magister (= Thomas von Aquin) eine Responsio zu erstellen: Ich antworte, man müsse sagen, dass unser Verstand das Einzelne in den materiellen Dingen nicht unmittelbar und ursprünglich erkennen kann. Unmittelbar:

Der menschliche Verstand erkennt unmittelbar das Allgemeine.

Mittelbar:

Der menschliche Verstand erkennt mittelbar das Einzelne.

Die Erkenntnis des Allgemeinen Das Einzelne im Bereich der stofflichen Dinge kann unser Verstand nicht geradewegs und zuerst erkennen. Dies gelingt uns deshalb nicht, weil der Grund der Vereinzelung in den stofflichen Dingen der einzelbestimmte Stoff ist. Unser Verstand erkennt aber, indem er die verstehbare Artform aus diesem Stoff abzieht. Was aber aus dem vereinzelten Stoff abgezogen wird, ist das Allgemeine. Daher erkennt unser Verstand geradewegs nur das Allgemeine.

Quaestio 86 – Was unser Verstand an den materiellen Dingen erkennt Art. 1: Ob unser Verstand das Einzelne erkennt Ich antworte, man müsse sagen, daß unser Verstand das Einzelne in den materiellen Dingen nicht unmittelbar und ursprünglich erkennen kann.

Der Grund davon ist, daß das Prinzip der Singularität in den materiellen Dingen die individuelle Materie ist: unser Verstand aber denkt, wie oben erklärt worden, indem er die intelligible Spezies von dieser Art von Materie abstrahiert. Was aber von der individuellen Materie abstrahiert wird, ist allgemein. Und daher kann unser Verstand unmittelbar nur das Allgemeine erkennen. […] So denkt er denn das Allgemeine selbst durch das Gedankenbild unmittelbar, mittelbar aber das Einzelne, das in den Phantasmen erscheint.

Art. 2: Ob unser Verstand unendlich vieles erkennen kann Ich antworte, man müsse sagen, daß da das Vermögen zu seinem Objekt im Verhältnis steht, der Verstand sich auf die Weise zu dem Unendlichen verhalten muß, wie sich sein Objekt, d.i. die Wesenheit des materiellen Dinges, zu ihm verhält. In den materiellen Dingen gibt es aber kein aktuell, sondern nur ein potenziell Unendliches, sofern eins auf das andere folgt, wie es Physik heißt. Und deshalb findet sich in unserem Verstand ein potenziell Unendliches, indem man nämlich eins nach dem anderen nimmt, weil unser Verstand nie so viel denkt, daß er nicht noch mehr denken könnte. Aktuell aber oder habituell kann unser Verstand nicht unendlich vieles denken.

Art. 3: Ob der Verstand das Zufällige erkennen kann Ich antworte, man müsse sagen, daß man das Zufällige in zweifacher Weise betrachten kann. Einmal sofern es [1] zufällig ist. Dann, [2] sofern sich in ihm etwas Notwendiges findet. Es ist aber oben erklärt worden, art. 1, daß an sich und unmittelbar der Verstand auf das Allgemeine geht, der Sinn aber auf das Einzelne, worauf auch mittelbar gewissermaßen der Verstand geht, wie oben erklärt worden, ebd. So wird folglich das Zufällige, sofern es zufällig ist, unmittelbar zwar durch den Sinn, mittelbar aber von dem Verstande erkannt, die allgemeinen und notwendigen Momente des Zufälligen aber werden mit dem Verstand erkannt.

Art. 4: Ob der Verstand das Zukünftige erkennen kann Ich antworte, […], um jedoch allgemein von der Erkenntnis des Zukünftigen zu reden, so muß man wissen, daß man das Zukünftige in zweifacher Weise erkennen kann: einmal in sich selbst, und dann in seinen Ursachen. In sich selbst kann das Zukünftige nur von Gott erkannt werden, für den es auch gegenwärtig ist, während es im Lauf der Dinge zukünftig ist, während es im Lauf der Dinge zukünftig ist, insofern als sein ewiges Schauen den ganzen Verlauf der Zeit zugleich umfaßt, wie oben erklärt worden, als von dem Wissen Gottes gehandelt wurde, q. 14, art. 13. Aber sofern es in seinen Ursachen ist, kann es auch von uns erkannt werden. Und wenn es in seinen Ursachen in der Weise ist, daß es notwendig aus ihnen hervorgeht, so erkennt man es mit wissenschaftlicher Gewißheit, wie der Astronom die bevorstehende Finsternis vorauserkennt. Wenn es aber so in seinen Ursachen existiert, daß es meistens aus ihnen hervorgeht, dann kann es durch mehr oder minder sichere Mutmaßung erkannt werden, je nachdem die Ursachen entweder mehr oder minder nach den Wirkungen inklinieren.

Das bedeutet, Gott ist chronologisch allgegenwärtig. Nur er erkennt Zukünftiges in sich selbst und in seinen Ursachen. Der Mensch erkennt Zukünftiges nur in seinen Ursachen.

Quaestio 87 – Wie die Denkseele sich selbst erkennt Die Wesenheit Gottes   

Reine und vollkommene Wirklichkeit Vollkommen an und für sich intelligibel...


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