Schaper 2019 Chapter Neue Formen Der Arbeit Das Beispiel PDF

Title Schaper 2019 Chapter Neue Formen Der Arbeit Das Beispiel
Author Niclas Schaper
Course Arbeits- und Personalpsychologie
Institution Universität Paderborn
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Neue Formen der Arbeit: Das Beispiel Telekooperation NiclasSchaper

29.1

Veränderungstrends in der Arbeitswelt – 602

29.1.1

Organisationsbezogene Veränderungen – 602

29.1.2

Veränderungen der Arbeitswelt – 607

29.2

Telekooperation und Telearbeit – 614

29.2.1

Definition und Formen – 614

29.2.2 29.2.3

Zielsetzungen sowie Vor- und Nachteile der Telearbeit – 616 Gestaltungsaspekte der Telearbeit – 616

29.2.4

Arbeitspsychologische Untersuchungen zur Telearbeit – 618

29.2.5

Gestaltung virtueller Teamarbeit – 621

29.2.6

Ausblick – 623

Literatur – 624

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 F. W. Nerdinger, G. Blickle, N. Schaper, Arbeits- und Organisationspsychologie, Springer-Lehrbuch, https://doi.org/10.1007/978-3-662-56666-4_29

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Kapitel 29 • Neue Formen der Arbeit: Das Beispiel Telekooperation

Arbeitsbedingungen und Märkte verändern sich immer rascher und damit ändern sich neben den Anforderungen an die Organisation auch die Anforderungen an die Beschäftigten. In diesem Zusammenhang ergeben sich insbesondere erhöhte Anforderungen an die Flexibilität der Unternehmen und Mitarbeiter sowie die Nutzung der neuen Informationsund Telekommunikationsmedien. Im Kasten ▶ Telearbeit und Telekooperation ist ein typisches Beispiel für telekooperatives Arbeiten dargestellt. Dieses Beispiel macht deutlich, wie vielfältig und komplex die Möglichkeiten und Anforderungen bei der Gestaltung telekooperativer Arbeit mittlerweile sind. Unter anderem sollen folgende Fragen in diesem Kapitel beantwortet werden: Welche Arten und Formen der Telearbeit und Telekooperation kann man unterscheiden, und welche Zielsetzungen sowie Vor- und Nachteile sind damit verbunden? Darüber hinaus wird erörtert, welche Anforderungen eine durch telekooperative Technologien unterstützte virtuelle Teamarbeit stellt und welche Aspekte bei der Gestaltung dieser überwiegend netzgestützten Koope rationsform zu berücksichtigen sind. Zu Beginn des Kapitels werden allgemeine Trends der Organisations- und Arbeitsveränderung vorgestellt. Hier handelt es sich einerseits um Veränderungen auf einer organisationsbezogenen Ebene, die durch Begriffe wie Modularisierung, Virtualisierung, Netzwerkbildung sowie Internationalisierung und Globalisierung beschrieben werden. Andererseits werden Veränderungen in Bezug auf die Arbeitsebene wie Wissensarbeit und Flexibilisierung angesprochen.

29.1

Veränderungstrends in der Arbeitswelt

14 29.1.1

15 16 17 18 19 20 21 22

Organisationsbezogene Veränderungen

Unternehmen sind heute gezwungen, neue Kompetenzen und Strukturen zu entwickeln, die Flexibilität und Innovation ermöglichen. Ziel dabei ist, sich schnell an verändernde Märkte anzupassen, durch Vernetzung neue Kooperationspartner zu gewinnen und die Mitarbeiterpotenziale effektiver auszuschöpfen. Die . Abb.29.1 zeigt, dass in Abhängigkeit von verschiedenen Wettbewerbsbedingungen und der Produktkomplexität unterschiedliche Organisationsformen geeignet sind. Die hierarchische Organisation ist insbesondere durch eine hohe funktionale Arbeitsteilung sowie die Optimierung von Arbeitsvorgängen, z. B. durch Zeit- und Bewegungsstudien, im Sinne der tayloristischen Betriebsorganisation gekennzeichnet (▶ Kap. 2 und ▶ Kap. 4 ). Liegen stabile Bedingungen auf dem Markt vor und handelt es sich um weniger komplexe oder konventionelle

Produkte, dann ist eine hierarchische Organisationeine durchaus angemessene Lösung. Sind jedoch komplexere Produkte herzustellen und ist das Unternehmen mit unsicheren Märkten konfrontiert, dann sollten andere Grundstrategien der organisatorischen Aufgabenverteilung und Innovation gewählt werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Modularisierung der Geschäftsprozesse und Unternehmensstrukturen zu nennen, die durch neue Koordinationsformen innerhalb des Unternehmens gekennzeichnet ist. Neue Koordinationsformen außerhalb des Unternehmens bzw. über Unternehmensgrenzen hinweg werden z. B. durch die „Netzwerkorganisation“ ermöglicht. Dies erfolgt beispielsweise durch strategische Allianzen oder Unternehmenskooperationen. Die Virtualisierung von Geschäftsprozessen sorgt schließlich für dynamische Vernetzungen und Koordinationsformen sowohl innerhalb der Organisation als auch zwischen Organisationen bei ortsverteilten Akteuren bzw. Organisationseinheiten mithilfe von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Die Unternehmen verfolgen in diesem Zusammenhang außerdem Strategien der Internationalisierung und Globalisierung, um Märkte weltweit mit ihren Produkten und Dienstleistungen zu bedienen und entsprechende Marktpotenziale für sich zu nutzen.

Modularisierung Definition Modularisierung beinhaltet die Restrukturierung der Unternehmensorganisation auf der Basis integrierter, kundenorientierter Prozesse in relativ kleine, überschaubare Einheiten (Module). Diese zeichnen sich durch dezentrale Entscheidungskompetenz und Ergebnisverantwortung aus, wobei die Koordination zwischen den Modulen verstärkt durch nichthierarchische Koordinationsformen erfolgt (Reichwald & Möslein, 1999).

Bei der Modularisierung handelt es sich um eine intraorganisationale Strategie. Durch eine starke Prozessorientierung (d. h. eine Verknüpfung und Anordnung von Arbeitsfunktionen und Organisationselementen gemäß der Reihenfolge der Herstellungs- bzw. Bearbeitungsschritte) sollen Arbeitsabläufe vereinfacht werden. Dies führt auch zu einer Reduktion von organisatorischen Schnittstellen (Picot & Franck, 1995). Außerdem wird die Philosophie einer durchgängigen Kundenorientierung nicht nur auf externe Bereiche beschränkt. Auch interne Einheiten (z. B. Abnehmer von Zwischenleistungen) werden als Kunden angesehen und behandelt.

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29.1 • Veränderungstrends in der Arbeitswelt

hoch

Netzwerkorganisation

Virtuelle Organisation

Marktvernetzung: Kunde – Lieferant Strategische Allianzen: Wettbewerber Joint Ventures: Partner

Aufgabenorientierte Ad-hocTeams Aufgabenorientierte Ad-hocKooperationen

Hierarchische Organisation

Modulare Organisation

Marktunsicherheit

Koordinationsaufgabe Prozessoptimierung

Massenproduktion Standardisierte Dienstleistung niedrig niedrig

Produktkomplexität

hoch

. Abb. 29.1 Wettbewerbsbedingungen und Organisationsstrategien. (Nach Pribilla, Reichwald & Goecke, 1996, © Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft·Steuern·Recht GmbH in Stuttgart)

Unter dem Aspekt der Integriertheit der Aufgaben wird die Abgeschlossenheit der in einem Modul bearbeiteten Aufgabe(n) verstanden. Ein Produkt (z. B. eine Getriebewelle) wird dabei in verschiedenen Schritten (z. B. Fräsen, Drehen und Schaben einer Welle) in einem Modul bearbeitet bis ein bestimmter Grad der Fertigstellung (z. B. die mechanische Bearbeitung der Welle) erreicht ist. Ab hier kümmert sich ein neues Modul (das sich z. B. mit dem Härten der Welle befasst) um die weiteren bzw. nächsten Arbeitsschritte, bis wieder ein bestimmtes abgeschlossenes Zwischenergebnis erreicht ist. Bei der Modulgliederung wird darauf geachtet, dass kleine überschaubare Einheiten gebildet werden (z. B. Arbeitssysteme mit 8–20Fertigungsmaschinen). Die jeweilige Arbeitsgruppe (mit etwa 8–12Mitarbeitern), die für ein Modul verantwortlich ist, besitzt daher auch entsprechende Entscheidungskompetenzen und Ergebnisverantwortung für die Teilergebnisse des Fertigungsprozesses (z. B. zur Überprüfung und Einhaltung der Qualitätskriterien und zur termingetreuen Herstellung und Lieferung von angeforderten Wellenchargen). Die Entscheidungskompetenzen werden demnach so weit wie möglich in den eigentlichen Wertschöpfungsprozess verlagert, d. h. auf die untersten Hierarchiestufen bzw. die dezentralisierten Moduleinheiten. Man verspricht sich von einer solchen ganzheitlichen Aufgabengestaltung eine Motivationssteigerung bei den Mitarbeitern (▶ Kap.24 ) und versucht darüber hinaus unternehmerisches Handeln zu fördern.

Telearbeit und Telekooperation Frau Gerber ist Diplom-Informatikerin und hat sich auf das Programmieren von Datenbanken spezialisiert. Die 44-jährige Fachkraft ist Mutter von 2Kindern, die beide im Kindergartenalter sind. Seit 2Jahren ist sie Leiterin einer Arbeitsgruppe von bis zu 16Programmierern in einem Unternehmen der Kommunikationstechnik. Die Übernahme der Leitungsposition wäre eigentlich mit einem Ortswechsel von Münster in das 450 km entfernte Berlin verbunden gewesen. Aufgrund ihrer Verbundenheit mit Münster und dem vorhandenen sozialen Netzwerk (ihre Mutter kümmert sich nach dem Kindergarten um ihre Kinder) hat sich Frau Gerber allerdings mit dem Bereichsmanagement darauf geeinigt, die Leitung der Arbeitsgruppe unter Verwendung telekooperativer Kommunikationstechniken zu übernehmen, sodass sie weiterhin überwiegend in Münster leben und arbeiten kann. Die im Unternehmen bestehenden Infrastrukturen sind für einen solchen Fall vorbereitet und unterstützen Frau Gerber bei dieser Art von telekooperativer Arbeit. Neben ihrem Arbeitsplatz im Münsteraner Büro arbeitet Frau Gerber die Hälfte ihrer Arbeitszeit an ihrem häuslichen Arbeitsplatz. Das Programmieren von Datenbanken eignet sich gut für die Ausführung dieser Aufgaben als Telearbeit. Die Arbeitsgruppe der Programmierer zu führen, stellt allerdings eine komplexere Aufgabe dar: Einige der Teammitglieder arbeiten selbst an unterschiedlichen Standorten und sind viel unterwegs, sodass auch dadurch ein hoher Anteil an telekooperativer Zusammenarbeit erforderlich ist. Durch ein ausgefeiltes Telemanagement gelingt es Frau Gerber die Koordination und Führung der standortverteilten Gruppe zu übernehmen. Dies ist für sie mit einem nicht unerheblichen Mehraufwand verbunden, da sie viel Kommunikationsarbeit im Team leisten muss. Seit Beginn der Übernahme ihrer Leitungsfunktion konnte ihre Gruppe aber ihre Produktivität halten. Frau Gerber sieht ihr Team an nur einem festen Tag im Monat. Alle weiteren Arbeitsbesprechungen laufen per Videokonferenz, per E-Mail oder per Telefon.

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Kapitel 29 • Neue Formen der Arbeit: Das Beispiel Telekooperation

Virtualisierung

Netzwerkbildung

Definition

Definition

Grundgedanke der Virtualisierung ist eine auf gabenorientierte Vernetzung von räumlich verteilten Organisationseinheiten (oft über Ländergrenzen hinweg) mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, die sich als Partner an einem arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozess verstehen.

Der Grundgedanke der Netzwerkbildung ist die längerfristig angelegte Entwicklung und Pflege von Netzwerken mit anderen (mehr oder weniger selbstständigen) Partnern, die auch Unternehmen sein können (Corsten, 2001).

Hierbei handelt es sich um eine interorganisationale Strategie. Durch die Vernetzung mit anderen Unternehmen wird Prototyp für ein virtuell arbeitendes Unternehmen ist bei- eine Absicherung und Aufteilung von unternehmerischen spielsweise ein Softwareentwicklungsunternehmen, das Risiken erreicht (z. B. wenn es um die gemeinsame Entseine Softwareentwicklungsprojekte nicht mehr an einem wicklung von neuen Produkten geht). Es gibt eine VielStandort mit einem festen Stamm von Entwicklern durch- zahl von Netzwerkformen. Zum Beispiel unterscheidet führt. Vielmehr werden in diesem Unternehmenstyp je man zwischen vertikaler und horizontaler Kooperation nach Entwicklungsprojekt unterschiedliche Softwareent- (Schreyögg, 2003). Unternehmen mit aufeinanderfolgenwicklungsexperten zusammengeführt, die ihre Mitarbeit den Stufen der Wertschöpfung (z. B. bei Automobilherweltweit anbieten und als Freiberufler dem Unternehmen stellern und ihren Lieferanten) sind typisch für vertikale nicht fest angehören. Die Softwareentwicklungsexperten Kooperationen. Unternehmen auf der gleichen Stufe der werden im Rahmen des Entwicklungsprojekts durch einen Wertschöpfung (z. B. Forschungs- und EntwicklungskoProjektleiter aus dem Unternehmen koordiniert und sie operationen) kennzeichnen horizontale Kooperationen. arbeiten dabei an ganz unterschiedlichen geografischen Andere Beispiele von Netzwerken sind Joint Ventures Standorten (d. h. z. B. auch von zu Hause oder von un- und strategische Allianzen. Bei Joint Ventures handelt terwegs aus oder vor Ort beim Kunden). Die Zusammen- es sich um Gemeinschaftsunternehmen bzw. Koopearbeit und Koordination der Projektmitglieder erfolgt rationen von Unternehmen, bei denen es zur Gründung überwiegend oder vollständig mithilfe verschiedener einer neuen, rechtlich selbstständigen Geschäftseinheit Informations- und Kommunikationstechnologien (z. B. kommt, an der beide Gründungsunternehmen mit ihrem E-Mail, Videokonferenzsysteme, elektronische Kalender- Kapital und anderen Ressourcen beteiligtsind. Strategisysteme, Online-Datenbanksysteme, Koautorensysteme, sche Allianzen beinhalten dagegen eine Zusammenarbeit Groupware-Systeme etc.). Virtualisierte Unternehmen fin- zwischen verschiedenen Unternehmen zur Durchführung den sich u. a. in der IT-Branche – bedingt durch die Nähe von Großprojekten. Abhängigkeiten sind im Falle der zu den technologischen Grundlagen der Virtualisierung. Netzwerkbildung eher negativ und Synergien eher positiv Auch in dieser Branche spielt der computer-, medien- und zu bewerten. Nachteile von Netzwerken liegen möglichernetzbasierte Austausch von Informationen, Wissen und weise im Know-how-Verlust und in einem erhöhten KoorArbeitsresultaten (z. B. Software oder Medienerzeugnisse) dinationsaufwand. So muss z. B. eine Prozessveränderung eine große Rolle. Eine räumliche und zeitliche Verteilung nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch in den der einzelnen Arbeitsmodule steht im Vordergrund. Vor- Netzwerkunternehmen kommuniziert werden. teile dieses Organisationsprinzips sind neben der hohen Für die Mitarbeiter bringen solche UnternehmensnetzFlexibilität vor allem in einer breiteren und effektiveren werke einerseits Vorteile mit sich, da die UnternehmensNutzung von Ressourcen und Spezialisten zu sehen. Nach- grenzen in Netzwerken durchlässiger werden und sich teile des Virtualisierungsansatzes liegen eventuell in der damit oftmals erweiterte Arbeitsmärkte und Entwickfehlenden Praktikabilität und in einer Profillosigkeit des lungsmöglichkeiten ergeben. Andererseits erfordert die Unternehmens (z. B. können die Kunden nur schwer nach- Kommunikation und Kooperation in Unternehmensnetzvollziehen, was genau das Unternehmen ausmacht). Die werken auch zusätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten der Virtualisierung stellt auch veränderte Anforderungen an Mitarbeiter, da aufgabenbezogene Transaktionen nicht nur die Mitarbeiter, die deutlich flexibler sein müssen und im Unternehmen selbst, sondern in besonderem Maße vor allem eine hohe Medienkompetenz besitzen sollten auch mit den Netzwerkpartnern auszuführen, zu gestalten (▶ Abschn.29.2.3 ). Welche Folgen virtuelle Organisationen und zu überwachen sind. für die Arbeitsorganisation, die Mitarbeiter und Führungskräfte haben, wird in ▶ Arbeitsstrukturen in virtuellen Organisationen beschrieben.

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29.1 • Veränderungstrends in der Arbeitswelt

Arbeitsstrukturen in virtuellen Organisationen Picot und Neuburger (2008) diskutieren in einem Beitrag zur Digitalisierung der Arbeitswelt, welche Konsequenzen der Trend zu virtuellen Organisationen für die Arbeitsstrukturen in dieser Organisationsform hat und welche Anforderungen sich daraus für die Mitarbeiter und Führungskräfte ergeben. Die Autoren erläutern dies anhand von verschiedenen Thesen: 1. Zunächst gehen die Autoren davon aus, dass virtuelle Organisationsformen die inner- und zwischenbetriebliche Arbeitsteilung verändern, wobei sie zwei gegenläufige Effekte in diesem Zusammenhang beobachten: Einerseits nimmt die Arbeitsteilung innerhalb des Unternehmens ab, da die zunehmende Automatisierung von Routinefunktionen und der vereinfachte Informationszugriff zu einer Integration von Funktionen und Tätigkeiten auf der Arbeitsebene führen. Dadurch werden arbeitsteilige Strukturen zunehmend abgebaut und Hierarchien reduziert. Formale Arbeits- und Kommunikationsstrukturen im Unternehmen nehmen dadurch eher ab, während informelle Strukturen zunehmen und an Bedeutung gewinnen. Andererseits nimmt die Arbeitsteilung zwischen den Unternehmen zu, da die Umsetzung virtueller Unternehmen zu deren Spezialisierung durch die Auslagerung von Aufgaben und Prozessen auf externe Partner führt. Hierdurch müssen die Prozesse verschiedener Unternehmen aufeinander abgestimmt werden, sodass als Folge die Kommunikations- und Kooperationsstrukturen vielfältiger werden und unterschiedlicher Formen der Formalisierung und Standardisierung bedürfen. 2. In einer weiteren These nehmen die Autoren an, dass virtuelle Organisationen auf modularen Arbeitsformen basieren, mit denen ein verstärkter Grad an Delegation und Dezentralisierung sowie eine Tendenz zur Enthierarchisierung verbunden sind. Solche modulartigen Strukturen dienen vor allem dazu, integrierte, kundenorientierte Prozesse in überschaubaren Einheiten abzuwickeln. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die erforderlichen planenden, ausführenden und kontrollierenden Aufgaben vom Modul selbst wahrgenommen werden und die Module

3.

sich somit weitgehend selbst steuern dürfen. Die verstärkte Integration von Aufgaben und Prozessen in die Module führt damit auch zu mehr Verantwortung dieser Einheiten bzw. der zuständigen Mitarbeiter oder Teams. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass geringere formal-hierarchische Strukturen in virtuellen Organisationen die Handlungsspielräume erhöhen und neuartige Freiheitsgrade für Organisation und Gestaltung der Arbeit eröffnen; d. h., die zunehmend selbststeuernden Strukturen führen auch zu Handlungsspielräumen, die neuartige Räume zur eigenständigen Organisation und Gestaltung der eigenen Arbeit eröffnen, darüber hinaus aber auch besondere Fähigkeiten des Selbstmanagements und der Verantwortungsübernahme erfordern. Gleichzeitig entstehen neue Risiken, da sich das Verhalten der beteiligten Akteure oftmals nur schwer oder gar nicht beobachten lässt – insbesondere wenn diese an unterschiedlichen Standorten agieren. In virtuellen Organisationen kommt es somit zu sog. PrincipalAgent-Problemen (Picot & Neuburger, 2005), die bespielhaft am Problem der „hidden actions“ verdeutlicht werden. Der „Prinzipal“ – in diesem Fall das steuernde bzw. koordinierende Unternehmen – kann das Verhalten des „Agenten“ – der an der virtuellen Organisation beteiligten Module – nicht beobachten, sodass in der Folge Informationsasymmetrien (z. B. sog. „hidden actions“) entstehen. „Hidden action“ bedeutet, dass dem Prinzipal nur die Ergebnisse der Handlungen eines Agenten bekannt sind, während ihm die Handlungen selber verborgen bleiben. Insofern kann der Auftraggeber bzw. die koordinierende Instanz nicht unterscheiden, ob für ein schlechtes Ergebnis der Ausführende bzw. der Agent selbst oder ungünstige Rahmenbedingungen des Handelns verantwortlich sind. Hieraus resultiert die Gefahr, dass der Agent seine Handlungsspielräume opportunistisch ausnutzt und den Interessen des Prinzipals zuwider handelt. Dieses Risiko entsteht in virtuellen Organisationen sowohl inner- als auch zwischenbetrieblich. Die Principal-Agent-Theorie empfiehlt

4.

5.

zur Reduktion des Risikos Monitoringsysteme (z. B. Berichtssysteme oder Kontrollinstanzen), aber auch Anreizsysteme (z. B. zur Erfolgsbeteiligung), um eine Interessensangleichung von Prinzipal und Agent zu erreichen. Hierarchische Kontroll- und Sanktionsmechanismen stoßen bei der Bewältigung derartiger Risiken an ihre Grenzen. In virtuellen Organisationen bedarf es daher z...


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