1. VL Lernzettel Politik PDF

Title 1. VL Lernzettel Politik
Course Einführung in die Politische Theorie und Ideengeschichte
Institution Universität Hamburg
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Zusammenfassung 1. VL...


Description

Was heißt Politik? Was heißt Paradigma? (Kuhn)   



allgemeiner Rahmen für Theorien beispielhafte Theorien, die den Rahmen einer bestimmten Epoche besonders vollkommen ausdrücken Paradigmawechsel: wissenschaftliche Paradigmen folgen aufeinander o Späteres das Frühere ablösen o Späteres versucht Probleme besser lösen zu können o Spätere ist aber nicht in jeder Hinsicht besser jedes Paradigma hat Eigenlogik / eigene Standards, die nicht miteinander zu vergleichen sind

Der Gegenstand der Politikwissenschaft (3 Dimensionen) Politik: 1. polity: o Gemeinwesen, das Politik organisiert (Ordnung) o Staat, EU etc. 2. policy: o Norm, die regelt, was politisch gilt (Inhalte) o Klimaschutz, Verkehrsschutz etc. 3. politics: o Prozess, in dem sich policies herausbilden (Verfahren) o Kampf (um Macht, Einfluss etc.), Interessenvermittlung etc.  „Das Politische“: Wesensbestimmung der Politik Drei Paradigmen 1. Anthropologie: Tugendhafte Gemeinschaft Das Leben des städtischen Gemeinwesens (Aristoteles) o Mensch (Anthropus) o welches Politikverständnis universell in der menschlichen Natur verkörpert ist o welche Politik bei allen Menschen genetisch angelegt ist  Politik steckt im Wesen des Menschen und das Wesen des Menschen sagt etwas darüber aus was wir unter Politik verstehen sollen  Mensch = politisches Tier 2. Formales Verständnis: Kollektives Entscheiden Alles, was sich auf die Herbeiführung und Durchsetzung kollektiv verbindlicher Entscheidungen richtet (Max Weber) o o

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was Politik der Form nach ist, nicht der Substanz Politik besteht darin, dass von einer Stelle in der Gesellschaft aus Entscheidungen getroffen werden, die auch möglichst durchgesetzt werden

 Kollektives Entscheiden 3. Intensitätstheorie: Freund- / Feind- Unterscheidung Gekennzeichnet durch den Eskalationsgrad von Konflikten; Feindschaft, die bis zur gewaltsamen Ausschließung führt (Carl Schmitt) o man kann an bestimmten Konflikten ablesen, an einen Punkt, an dem sie ins Politische umschlagen. Natürlich dann, wenn sie eine bestimmte Intensität erreicht haben o Konflikte eskalieren zu einem Punkt, an dem sie zur Erklärung von Freundschaft im Innenverhältnis und Feinderklärung nach außen führen, dann handelt es sich um einen politischen Konflikt Aristoteles: Lebensform des Bürgers Aristoteles Hauptwerk zur Poltischen Theorie: Politik „Da wir sehen, daß jeder Staat eine Gemeinschaft ist und jede Gemeinschaft um eines Guten willen besteht (denn alle Wesen tun alles um dessentwillen, was sie für gut halten), so ist es klar, dass zwar alle Gemeinschaften auf irgendein Gut zielen, am meisten aber und auf das unter allen bedeutendste Gut jene, die von allen Gemeinschaften die bedeutendste ist und alle Übrigen in sich umschließt. Dies ist der sogenannte Staat und die staatliche Gemeinschaft.“ (1. Buch, 1. Absatz)  „Staat“ (polis) vs. „Herd“ (oikos) 

es muss eine relevante politische Gemeinschaft zu identifizieren sein



Mensch ist von seiner menschlichen Natur aus darauf ausgelegt ein Ziel zu verfolgen o



Staat / Polis stellt ein politisches Ziel / Gut dar, welches über allen Gütern steht, welches alle Güter miteinschließt

Das politische Leben: Der Bürger bei Aristoteles o

egalitäre Teilnahme an politischer Beratung an der Rechtsprechung und anderen Ämtern

o

wer in einem demokratischen Staat Bürger heißt, ist dies im vollen Maße

o

jeder Bürger hat gleichen Status, gleiche Kompetenz in politischer Hinsicht

o

Bürger muss davon ausgehen verantwortungsvolle politische Ämter jederzeit zugewiesen bekommen zu können

 Gleichheitsdimension in den politischen Aktivbürgertum o

Bürger geht nur dann seiner Bestimmung nach, wenn er das eingebaute Ziel im Menschen realisiert und das ist ein politisches Leben zu führen, sich in der Politik durch Reden und Übernahme von Ämtern zu betätigen

 Aktivbürgertum ist Bestimmungsmittel der Politik  Heute: Theorietyp des Republikanismus

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Aktivbürgertum: Oikos (Herd) vs. Polis (Staat) 



Oikos: o

Wirtschaft außerhalb des Hauses (Handel etc.)

o

ein politischer Kontext, in dem sich die Personen als Gleiche anerkennen

o

Frauen, Metöken, Sklaven

Polis: o

politische Gemeinschaft als ein Raum des Gleichen

o

Exklusion von 

Frauen



Metöken (nicht-athenische Griechen)



Sklaven (nicht-griechische „Barbaren“)

o

Politische Gleichheit: Erwachsene Männer mit athenischer Abstammung

o

Männer eignen sich für ein vollständig ausgeprägtes Vernunftvermögen und andere eignen sich nicht dafür 

Frauen haben zwar ein vollständig entwicklungsfähiges Vernunftvermögen, aber dieses wird durch ihre Leidenschaften dominiert und deshalb kommen sie nicht als vollgültige Bürgerin in Frage



Frauen können nicht abstrakt genug, leidenschaftslos argumentieren und ihre Ämter führen



nicht-griechische Sklaven sind nicht in der Lage als politische Freie und Gleiche zu agieren, weil es sich bei ihnen um Barbaren handelt, die nicht aus Griechenland stammen

Was ist das Wesen der Politik bei Aristoteles?

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gemeinschaftliches Leben in einem institutionellen Rahmen (Stadtstaat, Staat etc.) und in diesem institutionellen Rahmen behandeln sich die Akteure als Gleiche und fordern voneinander, dass sie sich politisch betätigen

Wer qualifiziert in Athen nicht zum Bürger? 

alle außer Mittellose erwachsene athenische Männer

Politik als Wesensbestimmung des Menschen (Aristoteles) Vorteile:  

Der etymologische Ursprung von „Politik“ liegt in der polis und ihrem Bürger, polites. Politik bezieht sich auf öffentliche Angelegenheiten (vs. Privatleben, oikos). o auch Nachteil, weil die Politik nichts Privates mitbekommt und regeln kann; nur was veröffentlicht wird, wird durch Politik geregelt

Nachteile:  

Sachgebiet kann zu eng geschnitten sein (Ökonomie?) Sachgebiet ist mit einer Zielbestimmung (griech. telos) verbunden

Max Weber: Bezug auf kollektiv verbindliches Entscheiden Aristoteles vs. Max Weber  

Aristoteles: Politik zum Zweck menschliches Wesen Max Weber: Politik als Mittel zum Zweck; ist nicht der Zweck kann aber Mittel zum jeden Zweck sein

Was heißt Politik bei Weber? (politikwissenschaftliches Hauptwerk: Politik als Beruf) 

Def. Politik: „[D]ie Leitung oder Beeinflussung der Leitung eines politischen Verbandes, heute also: eines Staates“ o

Politik besteht darin, dass man entscheidet, wo es lang geht, dass man die Leitung eines politischen Verbandes übernimmt und dass man diese Entscheidung nicht nur trifft, sondern dass man such sicher ist, dass diese Entscheidungen durchgesetzt werden können

o

moderne Interpretation: 

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Politik ist die Bereitstellung der Kapazität zu kollektiv (alle im Territorium) verbindlichem (bindend zur Durchführung) Entscheiden







Politik ist also stets auf das Herbeiführen und Durchführen bindender Entscheidungen gerichtet.

Def. politischer Verband: o

soziale Gruppe / Organisation, die bestimmte Ordnung hat

o

geschlossene Gruppe: nur für Mitglieder gelten diese Entscheidungen

o

politischer Verband = Staat

Def. Staat: Der Verband, der das Monopol legitimer physischer (Druck ausüben) Gewaltsamkeit auf einem bestimmten Gebiet (Territorium) mit Erfolg beansprucht o

kollektives Entscheiden ist gewaltgedeckt

o

Gewalt aber nur als letztes Mittel, wenn sich sonst keiner daranhält (Drohung mit Gewalt)

o

Der Staat verfügt Max Weber zufolge über ein Monopol der physischen Gewaltsamkeit.

Worin liegt für Max Weber die Formbestimmung der Politik im modernen Staat? In der Herbeiführung (und Durchführung) kollektiv verbindlicher Entscheidungen. Webers Gesellschaftstheorie: Wertsphären 

in der Modernen treten unterschiedliche soziale Bereiche (Sphären) unabhängig voneinander auseinander, die von jeweils eigenen Normen („Rationalitäten“ = Werthaftigkiet) bestimmt werden



z.B. die religiöse, politische, ökonomische, wissenschaftliche und ästhetische Sphäre



Die politische „Sphäre“ erfüllt eine Art Dienstleistung (Regieren) für die anderen Sphären



politische Sphäre = dominante Sphäre



Gleichzeitig gibt es einen Primat der Politik aufgrund des Mittels physischer Gewaltsamkeit

Politik als Herbeiführung und Durchsetzung kollektiv verbindlicher Entscheidungen Vorteile:  

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Entscheidungsbezug spiegelt die Kontingenz (moderner) Politik und vermeidet Kontroversen über ihr Wesen und Ziel Streben nach Macht als Streben nach Entscheidung(sbeteiligung)



Weber koppelt Politik an ein charakteristisches Mittel, Verbindlichkeit zu erzeugen: legitime Gewaltsamkeit als Steuerungsform

Nachteil:  

weniger geeignet für die Erfassung nicht-hierarchischer, nicht-gewaltsamer, informeller Machtbeziehungen, insbesondere in der internationalen Politik Perspektive bürgerlicher Selbstbestimmung fehlt völlig

Paradigmenwechsel: immer ein Fortschritt? Siegfried Landshut (1897-1968): „was es mit dem Politischen auf sich habe“:    

Siegfried Landshut übernahm 1951 die erste Professur für Politikwissenschaft an der Universität Hamburg Gegen die Reduktion der Politik auf das Staatliche „Verpflichtungsgrund“ des Gesetzes in der Sittlichkeit, nicht der Sanktionsgewalt Die „politische Gemeinschaft“ als „Lebensgemeinschaft“ von Menschen

 Politikverständnis angelehnt an Aristoteles 

Paradigmenwechsel: immer ein Fortschritt? o Nein, weil Vorzüge des alten Paradigmas auf eine andere Art und Weise in das heutige Politikverständnis integriert wird (= Mangel an neues Paradigma)

Carl Schmitt: Das Politische vs. Webers Politik Politikwissenschaftliche und politische Hauptwerk: Der Begriff des Politischen „Der Begriff des Staates setzt den Begriff des Politischen voraus. ... Das Politische hat nämlich seine eigenen Kriterien, die gegenüber den verschiedenen, relativ selbständigen Sachgebieten menschlichen Denkens und Handelns, insbesondere dem Moralischen, Ästhetischen, Ökonomischen in eigenartiger Weise wirksam werden. Das Politische muss daher in eigenen letzten Unterscheidungen liegen, auf die alles im spezifischen Sinn zurückgeführt werden kann. ... Die spezifische politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Feind. ... Die Unterscheidung zwischen Freund und Feind hat den Sinn, den äußersten Intensitätsgrad einer Verbindung oder Trennung, einer Assoziation oder Dissoziation zu bezeichnen.“ 

Wertsphären



Politics: Kampf und Konflikt



Intensitätsgrad von Konflikten ist maßgeblich darüber, wer zur politischen Gemeinschaft gehört und wer aus ihr ausgestoßen wird (Freund / Feind)



keine Definition über Politik, sondern um dem Politischen (als eine Art Kriterium / Merkmal) an sich

 Das Kriterium des Politischen bei Carl Schmitt ist die Unterscheidung zwischen Freund und Feind

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Weber: 

Politik ist eigene Wertsphäre, die nicht in die anderen Wertsphären hineinregiert



Politik ist nur Monopol physischer Gewaltsamkeiten für allgemein gültige Entscheidungen



Wertsphären existieren unabhängig voneinander

Schmitt: 

Das Politische kann sich in allen Wertsphären in der Gesellschaft entfalten



es bricht aus in Form von Feinderklärungen oder Freundschaft im Zuge von Konflikten

Das Politische als höchster Intensitätsgrad von Auseinandersetzungen (C. Schmitt) Vorteil: 

Jedes Thema, jeder Sachbereich kann zum politischen Konfliktgegenstand werden.

Nachteil: 

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Irrationalismus. Die eskalierende Logik von Feindschaft und Ausschließung ist nicht für alle politischen Auseinandersetzungen charakteristisch (Kompromiss, Wahl, Deliberation)



Anti-Institutionalismus. Der Bewegungscharakter von Politik genießt Vorrang vor den verfahrensförmigen Abläufen und Autorisierungen.

Das Politische vs. Die Politik 

Wesen des Politischen (Aristoteles (= gemeinsame Lebensform von gleichen Bürgern): normativ, Schmitt: nicht-normativ) vs. Form der Politik (Weber)



Das Politische ist nicht „das Staatliche“



Das Politische ist nicht ein eigener Seinsbereich neben anderen (eine „Wertsphäre“, Weber)



Das Politische unterliegt einem einheitlichen Prinzip und ist keine Kombination aus unterschiedlichen Merkmalen



Außeralltägliche (Politische) vs. alltägliche Politik (Verfahren, „Mühen der Ebene“)

„Le politique“ und „la politique“: „Das Politische“ vs. „Die Polizei“ (Jacques RanciPre 2002) Politik vs. „Polizei“ (Normen, Regelungen, Ordnungen) als Unterscheidung zwischen widerständigen Praktiken und der Verwaltung der Staatsgewalt Politik =

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Der Bereich öffentlich wahrgenommener Themen, die



Gegenstände sozialer (von bürgerlichen Initiativen inszeniert, Aristoteles) Konflikte (die konfliktiv sind), Interessengegensätze oder Meinungsverschiedenheiten (Schmitt) und



kollektiv bindenden Entscheidungen zugeführt werden oder werden sollen (Weber)

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