3. Das Schulwesen - von Herbart bis zur Gegenwart PDF

Title 3. Das Schulwesen - von Herbart bis zur Gegenwart
Course Einführung in die Grundschulpädagogik
Institution Universität Augsburg
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Grundschulpädagogik...


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3. Das Schulwesen – von Herbart bis zur Gegenwart Übersicht

Deutsche Klassik  man setzt weiterhin auf Idee der Aufklärung  Fortschritt ist danach vor allem durch rationales Denken zu erringen  dennoch herrschte auch im 19. Jh. in den Schulen oft noch finsteres Mittelalter  dies wird deutlich an drastischen Strafen, die als Erziehungsmittel eingesetzt wurden  noch bis weit in das 20. Jh. waren harte Strafen bei schlechtem Charakter gang und gäbe Strafen in der Schule  erst seit 2000 sind in Deutschland alle Körperstrafen in der Kindererziehung verboten  das Erzeugen von Angst, Scham und Schuldgefühlen war im 19. Jh. ein gängiges Erziehungsmittel 19. JAHRHUNDERT  im Mittelpunkt der humboldtschen Bildungsvorstellung steht die Persönlichkeitsbildung, die als lebenslanger Prozess verstanden wird  Zitat: „Erstes Gesetz ist: Bilde dich selbst und nur ihr zweites: wirke auf andere durch das, was du bist.“  die drei wichtigsten Bildungskategorien zielen auf Individualität, Totalität (alle Kräfte des Menschen), Universalität (alle Lebens- und Kulturbereiche)  Wilhelm von Humboldt setzt ein dreigliedriges Schulsystem um (um 1810) allerdings war eher die soziale Herkunft als Begabung ausschlaggebend  Lehrer sollten professionell ausgebildet werden, er setzt sich für Elementarschulen ein  er wollte, dass JEDER lesen, schreiben und rechnen lernen sollte  er reformierte Universitäten  Gymnasien waren eher für Adel, Realschulen für den Mittelstand, Volksschulen für die Kinder der Armen  Kirchen waren trotzdem weiter involviert  1837 verpflichtende Lehrpläne  Schulpflicht ab 1880 Kinderarbeit im 19. Jahrhundert  das preußische Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken vom 9.März 1839 verbot Kinderarbeit zwar nicht, versuchte aber, die schlimmsten Auswüchse zu mindern  Anlass des Gesetzes war der schlechte Gesundheitszustand von Rekruten aus dem Ruhrgebiet

etwa zeitgleich versuchte Johann Friedrich Herbart (1776-1841) – ausgehend vom Begriff der Bildsamkeit des Menschen – Erziehung und Unterricht theoretisch zu untermauern









JOHANN FRIEDRICH HERBART (1776-1841) o entwickelte die „Formalstufentheorie“ o er gilt als einer der Begründer der modernen Pädagogik als Wissenschaft o ausgehend vom Begriff der Bildsamkeit des Menschen versuchte er, Erziehung und Unterricht theoretisch zu untermauern o er entwickelte eine komplexe Methodenlehre, die sog. Formalstufentheorie o dieses System schloss zunächst vier formale Lehrstufen ein o „Kaum Angefangen, Schon Müde“ o Klarheit, Assoziation, System, Methode HERBARTIANISMUS o Herbarts Anhänger setzten seine Ideen in ein strenges Regelwerk für den Unterricht um o der sog. „Herbartianismus“ beherrschte im 19. Jh. die wissenschaftliche Pädagogik STIEHLSCHE REGULATIVEN (Ferdinand Stiehl 1812-1878) o diese machen noch strengere Vorgaben, der erste verbindliche Lehrplan für die Volksschulen o der Geist der Demut, des Gebetes, der Liebe und Gottesfurcht soll Lehrer und Schule bestimmen als Gegenbewegung zu diesem regulativen Erziehungsstil entwickelten sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. die Jugendbewegung und die Reformpädagogik mit dem Anliegen einer demokratischen Erziehung o man forderte nun eine gewaltfreie Erziehung, die sich – in Anlehnung an Rousseau – am Kind und seinen Besonderheiten orientieren soll (Erziehung vom Kinde aus) o Kindheit und Jugend erschienen erstmals als eigenständige Bildungsabschnitte o Jugendliche versuchten – in Abgrenzung zur Industrialisierung – auf Fahrten „ins Grüne“ ihre Sehnsucht nach Freiheit und Natur zu verwirklichen o allerdings entwickelten sich damit einhergehend auch völkische und antisemitische Strömungen

WEIMARER REPUBLIK  nach dem verlorenen 1. WK und dem Ende der Monarchie kam es zu einer politischen Konstellation, die im Hinblick auf das Schulwesen zu einer „Sternstunde“ führte, in der die gemeinsame GS für alle Kinder gegründet wurde  1918 Etablierung des Schulsystems  Schulgesetze, Schulpflicht  alle Kinder  es gab nach wie vor die Einteilung von höherem und niederem Schulsystem  Comenius forderte die Gleichstellung der Kinder  Rousseau: alle Menschen sind gleich  Januar 1919 Wahlen: konservativen Kräfte (hohe und niedere Schulen) mussten sich mit sozialdemokratischen Kräften einigen, jedoch nur 1,5 Jahre   dennoch war dies die Geburtsstunde für eine gemeinsame Schule  Heterogenität  Bildungsweg wird nun auch von Anlage und Neigung bestimmt, nicht von Status der Eltern  Doppelfunktion der GS: Förderung und Selektion  Geburtsurkunde der allg. deutschen GS ist die im August 1919 von der Nationalversammlung verabschiedete Weimarer Reichsverfassung  Art. 146 der Weimarer Verfassung:  auf einer für alle gemeinsamen GS baut sich das mittlere und höhere Schulwesen auf  für die Aufnahme ist die Anlage und Neigung des Kindes maßgeblich  anstelle von Zersplitterung und Zusammenhanglosigkeit für die Gestaltung eines organischen Schulsystems  die Einführung des Begriffs Grundschule als einer für alle gemeinsamen Schulen  Anlage und Neigung des Kindes, nicht gesellschaftlicher Rang der Eltern als Entscheidungsgrundlage für den Bildungsweg  die Neuerungen als „Weimarer Schulkompromiss“  die Neuerungen fanden auch Niederschlag im Reichsgrundschulgesetz 1920

Die Schulartikel der Weimarer Verfassung  zielt auf Bildungsgerechtigkeit ab und stellt die Grundlage für die Entwicklung eines demokratischen Bildungswesens in staatlicher Verantwortung dar… das betrifft u.a.  die allgemeine Schulpflicht bis zum vollendeten 18. Lebensjahr  den unentgeltlichen Besuch von Volksschulen und Fortbildungsschulen (= Berufsschulen)  Erziehungsbeihilfen für begabte Kinder  eine hauptamtliche, fachlich qualifizierte Schulaufsicht  die reichseinheitliche Lehrerausbildung nach den für die höhere Bildung geltenden Grundsätzen  Rechte und Pflichten von Staatsbeamten auch für Lehrkräfte und  die Aufhebung privater Vorschulen Unterricht in der GS  Bildungsinhalte sollen innerlich erlebt und selbstständig erworben werden  ihre Auswahl orientiert sich an deren Lebensbedeutsamkeit und am Entwicklungsstand der Kinder (neben traditionellem Unterricht auch Spiel, handwerkliche, musische und künstlerische Aktivitäten etc.)  heimatkundlicher Anschauungsunterricht im Mittelpunkt  ab der 3. Jahrgangsstufe soll Unterricht in Fächer gegliedert werden: Religion, Deutsch etc. Heterogenität in unseren GS  alle Kinder besuchen die GS, unabhängig o von Berufsstand und Einkommen der Eltern, o vom Geschlecht, o von der Religion Was stimmt? Die Grundschule der Weimarer Republik…  Aufgabe der GS ist die Vermittlung grundlegender Schulbildung, die jedem Schulkind grundsätzlich jede Form weiterführender Bildung eröffnet  bis 1919 ist die GS teils dem niederem und teils dem höheren Schulwesen zugeordnet: Zum einen ist sie Teil des Elementar- bzw. des Volksschulwesens, zum anderen fungiert sie als Vorschule höherer Lehranstalten  die GS war ein Kompromiss zwischen den Forderungen der entschiedenen Einheitsschul-Befürworter und denen der eher konservativen Kräften  die GS erhielt eine problematische Doppelfunktion zugewiesen: Förderung und Auslese  die GS als undifferenzierte Elementarschule für alle schulpflichtigen Kinder besteht seit 1920 Schulorganisation und -entwicklung des 19. und auch noch des 20. Jahrhunderts spiegeln die ständische Prägung der Gesellschaft mit ihren spezifischen Bildungsbegrenzungen. Welche sind das?  soziale Herkunft, die Konfession, das Geschlecht Höheres und niederes Schulwesen dienen unterschiedlichen Absichten: Worauf zielt das höhere Schulwesen?  zweckfreie Bildung und Berechtigung zu Studium (und Karriere) Die Grundschule ist ideengeschichtlich der Einheitsschulbewegung zuzuordnen. Deren Konzeptionen sind allerdings sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist den verschiedenen Einheitsschulbewegungen das Ziel der Liberalisierung und Demokratisierung von Bildung. Wer steht für die Einheitsschulbewegung?  Lehrervereine, Sozialdemokraten, Comenius – er begründete seine Einheitsschulentwürfe religiös Die Einrichtung der Grundschule ist in der Weimarer Verfassung verankert.

Das Schulwesen zur Zeit des Nationalsozialismus bis hin zur Gegenwart

also von einer Zeit, in der das Schulwesen geprägt war von Ideologisierung bis hin zu unserer heutigen GS, in der das Kind als eigenständiges und zunehmend selbstgesteuert lernendes Wesen betrachtet wird, dem zuverlässige Bedingungen für eine individuelle Förderung und für kooperative Lernerfahrungen gewährleistet werden sollen Hitler über die Lehrerausbildung  man soll möglichst vielen der zwei Millionen unverheirateten Frauen die Möglichkeit geben, einen ihren mündlichen Empfindungen entsprechenden Beruf zu erhalten (Lehrer)  insgesamt schlagen der Schule im Nationalsozialismus, speziell der Volksschule, Misstrauen, Kritik und Geringschätzung entgegen  besonders Hitler bezeichnet die Volksschullehrerschaft als ganz besonders dummes und unselbstständiges geistiges Proletariat  Als Folge der 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze werden aus rassepolitischen Gründen systematisch jüdische Kinder aus den öffentlichen Schulen ausgeschlossen  es wird über Schulbücher, vor allem über Fibeln und Erstlesebücher indoktriniert Die Grundschule in der Zeit des Nationalsozialismus – was trifft zu?  die GS soll die Kinder zu physisch robusten, für Führer und Volk stets einsatzbereiten Menschen erziehen  die Ideologisierung der GS-Erziehung konkretisiert sich u.a. in der Aufwertung und Politisierung von Schulfeiern  vermeintliche biologische Anlagen werden höher geachtet als geistige Werte  körperliche Tüchtigkeit wird zu einem für die Schullaufbahn einflussreichen Auslesekriterium  Heimatkunde-, Deutsch- und Musikunterricht wurden durch Umdeutungen, Weglassungen und Erweiterungen ideologiekonform ausgerichtet RE-EDUCATION  mit der Befreiung Europas vom Faschismus tat sich für die Alliierten die Frage auf, wie sie mit der indoktrinierten deutschen Bevölkerung umgehen sollen  erste Maßnahmen waren: o die Aufhebung der NS-Erziehungsansätze o die Aufklärung über die Verbrechen des Holocausts o die Neugestaltung des Unterrichts  im Westen wurde das dreigliedrige Schulsystem der Weimarer Republik weitgehend hergestellt  in der DDR wurde die Idee der „Einheitsschule“ wieder aufgegriffen  10 Jahre gemeinsame Schulzeit unter der Bezeichnung „Polytechnische Oberstufe“  

Wie versucht man nach der Niederlage des nationalsozialistischen Deutschlands Nationalsozialismus und Militarismus endgültig zu überwinden und Deutschland nachhaltig zu demokratisieren?  Revision der Inhalte  Neugestaltung des Schulsystems nach den demokratischen Prinzipien der Chancengleichheit und des unentgeltlichen Unterrichts  Entfernung nationalsozialistischer Lehrkräfte aus der Schule Mit dem heraufziehenden „Kalten Krieg“ geriet jede Form von Einheitsschulbewegung unter Kommunismusverdacht. Wie war das in der damaligen DDR?  in der DDR besuchten die Kinder die Polytechnische Oberschule Prägend für die Auffassungen, die sich zu moderner Pädagogik in der Bundesrepublik entwickelt haben, ist die Reaktion Adornos auf die braune »Pädagogik«. Er forderte, das oberste Erziehungsziel müsse sein, "dass Auschwitz nicht noch einmal sei". Seit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurde Schulbildung in Deutschland – abgesehen von den 41 Jahren in der DDR, wo es eine zentrale Bildungsverwaltung gab – föderativ organisiert.  das föderative Prinzip führt dazu, dass lokale oder regionale Lösungen gesucht und gefunden werden  Förderalismus bedeutet hier, dass die Bundesländer ihre Schulsysteme selbst organisieren Was trifft auf das Bildungssystem in der DDR zu?  Erziehungsziel war die „Liebe zum sozialistischen Vaterland“  Es gab eine Einheitsschule  nach dem Mauerfall wurde das System der BRD übernommen; das Abitur nach 12 Jahren wurde jedoch beibehalten

BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND  ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK)

 1957 Sputnik-Schock  1964 Georg Pichts Artikelserie: „Die deutsche Bildungskatastrophe) Die sozialdemokratische Bildungsanstrengung wurde ein Erfolg. In keinem anderen Land hatten Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern bessere Aufstiegschancen als in Deutschland von der Mitte der siebziger bis tief in die achtziger Jahre. Viele aus der von Picht diagnostizierten "Bildungsreserve" der Arbeiterkinder nutzten ihre Chance zum Abitur und zum Studium. Aus dem PISA-Schock zog man Konsequenzen und entwickelte Maßnahmen zur  Verbesserung der Sprachkompetenz (auch im vorschulischen Bereich)  besseren Verzahnung von vorschulischem Bereich und Grundschule (frühzeitige Einschulung)  Verbesserung der Grundschulbildung (Lesekompetenz, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung)  Förderung bildungsbenachteiligter Kinder (Migrationshintergrund)  Weiterentwicklung der Qualität von Unterricht (verbindliche Standards, Evaluation)  Verbesserung der Professionalität der Lehrertätigkeit (diagnostische und methodische Kompetenz)  Ausbau von Ganztagsangeboten (erweiterte Bildungs- und Fördermöglichkeiten) Einige erhalten gebliebene schulische Rahmenbedingungen werden kontrovers diskutiert, z.B.  dass Kinder sitzen bleiben oder an Förderschulen überwiesen werden  Zensuren erhalten und im Laufe des 4. Schuljahres ausgelesen werden  nach wie vor oft der soziale Status der Eltern über den Bildungserfolg der Kinder (mit-)entscheidet. Schule im 21. Jahrhundert Schule ist zugleich Ort der Kontinuität (Bewahrung, Reproduktion) und Ort des Wandels (Veränderung, Transformation). Die Gleichzeitigkeit von Bewahrung und Veränderung macht es Schulen und ihren Akteuren bisweilen schwer, die gesellschaftlich in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Einige erhalten gebliebene schulische Rahmenbedingungen werden kontrovers diskutiert, z.B.  dass Kinder sitzen bleiben oder an Förderschulen überwiesen werden  Zensuren erhalten und im Laufe des 4. Schuljahres ausgelesen werden  nach wie vor oft der soziale Status der Eltern über den Bildungserfolg der Kinder (mit-)entscheidet. Der Prozess der Schulentwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Einige Neuerungen werden wir uns im Laufe dieser Vorlesung noch genauer ansehen, z.B.  die Ganztagsschule  die Flexible Schuleingangsstufe  die inklusive Schule...


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