5. Frühe Neuzeit II PDF

Title 5. Frühe Neuzeit II
Course Neuere Rechtsgeschichte II
Institution Universität Bern
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5. FRÜHE NEUZEIT II (17./18. JH) Zeitlich parallel zu Frühe Neuzeit I, aber gegenlaufende Entwicklung  Auslöser dieser neuen Entwicklung: Die Aufklärung  Naturrechtswissenschaft, KodifikationenImmanuel Kant, Aufklärung, S. 59 Zustand, den er kritisiert: Unmündigkeit in der Art und Weise der Lebe...


Description

5. FRÜHE NEUZEIT II (17./18. JH)   

Zeitlich parallel zu Frühe Neuzeit I, aber gegenlaufende Entwicklung Auslöser dieser neuen Entwicklung: Die Aufklärung Naturrechtswissenschaft, Kodifikationen

Immanuel Kant, Aufklärung, S. 59  Zustand, den er kritisiert: Unmündigkeit in der Art und Weise der Lebensgestaltung o Unmündig ist jemand, der nicht selbstständig entscheidet, sondern sich die Entscheidungen von anderen abnehmen lässt  Das ist genau die Art und Weise der Lebensgestaltung, die im Teil Frühe Neuzeit I herausgearbeitet wurde (im Verhältnis Staat – Bürger) o Die Obrigkeit hat den Bürgern die Entscheidungen über ihre Lebensgestaltung abgenommen – genau das ist Kants Kritik  Bild des Gängelwagens: Hilfe, aufrecht zu gehen und laufen zu lernen o Gleichzeitig aber auch eine extreme Einschränkung, man kann sich nicht aus dem Rahmen hinaus bewegen. o Dieses Bild benutzt Kant auch um die obrigkeitliche Bevormundung zu beschreiben  Forderungen Kants: Er stellt sich gegen das Modell des Gängelwagens und fordert, dass die Menschen ihren eigenen Verstand benutzen sollen o Menschenbild: Der Mensch ist ein vernünftiges Wesen und kann denken  Er soll alles hinterfragen, auch die Anordnungen der Obrigkeit o Revolutionärer Aufruf dazu, die Obrigkeit abzuschütteln und selbstständig zu denken  Konsequenz: Neue Konzeption des Rechts, zwei Legitimationsgrundlagen: o Vernunftrecht: Das Recht soll vernünftig gestaltet werden (nach der Forderung Kants, sich seines Verstandes zu bedienen)  Das bedeutet andererseits, religiöse Motive für Rechtssetzungen abzulehnen! Der Verstand ist die einzige Legitimationsgrundlage.  Auch Traditionen und alte Rechtsgestaltungen als Legitimation wird abgelehnt o Naturrecht (= die Natur des Menschen soll ausschlaggeben sein für die Gestaltung der Rechtsordnung): Diese Ansicht ist nicht neu  Vgl. S. 14 unten: Sklaverei widerspricht dem Naturrecht – wie man aber sehen kann, war das Naturrecht noch nicht zentral. Man merkte zwar, dass es einen Widerspruch gab, jedoch wurde die Sklaverei trotzdem akzeptiert. Man zog keine Konsequenzen daraus.  Der Unterschied zum Naturrecht in der Frühen Neuzeit II: Die Natur des Menschen ist der alleinige und zentrale Massstab, der nicht relativiert werden kann o Zentrale Frage: Was ist die Natur des Menschen? Vgl. S. 60 Wolf

A. ABGRENZUNG PRIVATRECHT – ÖFFENTLICHES RECHT Exkurs: heutiges Recht  VRPG 74: Verwaltungsgerichte sind nur für öfentliches Recht zuständig  Die Abgrenzung ist also entscheidend für die Gerichtsbarkeit 1

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Privatrecht: Gleichgeordnete Rechtssubjekte stehen sich gegenüber Öfentliches Recht: Über- und untergeordnete Parteien Interessentheorie: Es ist entscheidend, ob eine Rechtsnorm hauptsächlich im öfentlichen Interesse erlassen wurde oder dem Schutz privater Anliegen dient

Carl V. Rotteck, Lehrbuch des Vernunftrechts und der Staatswissenschaften, S. 59  Bis hier gab es noch keine Unterscheidung zwischen Privatrecht und öfentlichen Recht (auch bei Frühe Neuzeit I noch nicht) o Frühe Neuzeit I: Die Obrigkeit erliess Regelungen fürs Gemeinwohl, die weit in die private Rechtssphäre des Einzelnen eindrangen. Die Obrigkeit überlegte sich hier nicht, ob sie sich in verschiedenen Rechtsordnungen bewegte oder nicht. o Mittelalter: Auch hier gab es noch kein Bewusstsein dafür, dass man diese Rechtsbereiche trennen sollte o Römische Antike S. 14, Digesten 1, 1, 1: Hier wurde zwischen Privatrecht und öfentlichem Recht unterschieden (Grundlage für die heutige Interessentheorie)  Es war aber eine rein theoretische Einordnung, man zog daraus keine praktischen Konsequenzen (anders als jetzt hier in der Aufklärung)  Hier wird nun inhaltlich unterschieden: o Prinzip des Privatrechts: Es beruht auf der Natur des einzelnen Menschen (die Freiheit und der Wille aller einzelnen) – es ruht auf eigener Basis und ist dem Staat nur zum Schutz oder zur Gewährleistung anvertraut.  Pflicht des Staates: Schutz und Gewährleistung von Eigentum  Erstmalig ist die Rede von voller Privatautonomie! Bisher waren es immer nur einzelne Freiheitsaspekte, die auch nur gewissen Personengruppen zukamen.  Einzig der Wille der Person entscheidet, der Staat darf nicht eingreifen – Gedanke der Inhaltsfreiheit  Der Wille der Gesamtheit ist hier irrelevant – Unterschied zum öfentlichen Recht  Vgl. Wolf S. 60 o Prinzip des öffentlichen Rechts: Es geht aus dem Staat hervor und beruht auf der Natur des staatsbürgerlichen Vertrags  Lehre vom Gesellschaftsvertrag: Klärt und legitimiert den Umfang der staatlichen Macht. Staatliche Gewalt ist nicht von Gott gegeben (vgl. S. 46 Bern frühe Neuzeit I), sondern sie muss kritisch hinterfragt und legitimiert werden.  Der Staat schränkt die Freiheit der Bürger ein; das muss legitimiert werden.  Naturzustand: Jeder Mensch ist frei und gleich, es gibt keinen Staat und keine Gesetze (also auch keine Einschränkungen in der Freiheit)  Nachteil: Jeder muss seine Rechte selbst verteidigen  Abschluss eines Vertrages: Es wird eine Obrigkeit eingesetzt, die Gebote und Verbote einrichtet und die Handlungsmöglichkeiten der Bürger einschränkt. Voraussetzung dafür: Die Bürger willigen ein, Teile ihrer Freiheit aufzugeben. Sie haben dafür den Vorteil, ein Leben in Ruhe und Sicherheit zu erhalten. 2

Gleichzeitig eine Legitimation für staatliche Gewalt (die Bürger haben ja eingewilligt in die Einschränkung ihrer Freiheit)  Rotteck meint, öfentliches Recht beruht im Gegensatz zum Privatrecht auch auf dem Willen der bürgerlichen Gesamtheit. Schranke? Rotteck meint, dass es Bereiche gibt, die für die staatliche Gewalt unantastbar ist. Dieser Kernbereich der freien Gestaltungsmöglichkeit wird in den Grundrechten gesichert (vgl. heute BV 36 – der Kerngehalt ist unantastbar) Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat – sie zeichnen einen Bereich, in den der Staat nicht eingreifen darf. Grenze der staatlichen Gewalt. Vgl. Déclaration S. 60: Der Kerngehalt ist unveräusserlich Verhältnis Grundrecht und Privatrecht: Es wird ein Bereich geschafen, in den der Staat nicht eingreifen darf. Das Privatrecht gibt die Regeln für den privaten Raum, in den der Staat nicht eingreifen darf. Er darf hier zwar Regeln aufstellen, aber er darf manche Grenzen nicht überschreiten. Er muss die naturrechtlichen Regeln (Freiheit und Gleichheit) beachten. Die Grundrechte und die naturrechtliche Lehre geben Vorgaben für die Ausgestaltung des Privatrechts – das Privatrecht hat sich am Prinzip der individuellen Freiheit zu orientieren 

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B. KONZEPTION DES PRIVATRECHTS  



Noch immer galt das Gemeinwohl als Legitimation für Rechtsetzungen Dazu kam aber auch der Gedanke der Freiheit und Gleichheit als grundlegende Prinzipien o Grundsatz der Verfügungsfreiheit, allerdings gab es auch Einschränkungen, die aber besonders legitimiert werden sollten Das Gemeinwohl diente nicht mehr als Legitimation für jeden staatlichen Eingrif; zusätzlich wurden auch die Freiheitsrechte der Bürger geschützt

I. GESTALTUNGSFÄHIGE PERSONEN 1. RECHTSWISSENSCHAFT Christian Wolff, Grundsätze des Natur- und Völkerrechts, S. 60  Naturrecht ist eine Studienrichtung an der Universität – es ist also nicht mehr so, dass nur das römische Recht gelehrt wurde  Alle Regeln werden aus der Natur des Menschen abgeleitet = jede Regel lässt sich auf die Natur des Menschen zurückzuführen und ist so zu legitimieren o Systematische Vorgehensweise: Alles kann aus diesen Prinzipien abgeleitet werden, nahezu mathematische Methode  Zwei Prinzipien, die die Natur des Menschen bestimmen: Gleichheit und Freiheit o Gleichheit: Alle Menschen haben gleiche Rechte (gleiche Rechtsfähigkeit) – die bisherige Rechtsgestaltung (Unfreie, Frauen und Kinder, die beschränkt rechtsfähig waren) wird also klar abgelehnt! Völlig neuer Gedanke.  Das bedeutet, dass auch in der Privatrechtswissenschaft keine Abstufungen nach Geschlecht oder Stand gemacht werden sollen o Freiheit: Der eigene Wille der Personen ist entscheidend. Der Wille ist die Basis für den Abschluss von Rechtsgeschäften und darf nicht 3



durch andere (Obrigkeit) eingeschränkt werden – Gedanke der Privatautonomie. Völlig neuer Gedanke.  Definition von Freiheit: Unabhängigkeit vom Willen eines anderen Das sind revolutionäre Gedanken, die die bisherige Rechtsordnung klar ablehnen.

2. VERFASSUNGEN    

Die revolutionären Gedanken fanden auch in Verfassungen ihren Ausdruck Grundrechte sind also eine Umsetzung der Gedanken der Freiheit und Gleichheit Dem Staat sollten so Grenzen gesetzt und die Bürger vor staatlichen Übergrifen geschützt werden Grundrechte gehören zwar zum öfentlichen Recht, sie machen aber auch inhaltliche Vorgaben für das Privatrecht

Déclaration des droits de l’homme, S. 60  Art. 1: Freiheit und Gleichheit  Art. 2: Natürliche Menschenrechte, die unveräusserlich sind (Kerngehalt) o Neue Art von Rechtsquelle: Grundrechte, Menschenrechte o Garantie des Eigentums als Institut o Freiheit: Verfügungsfreiheit o Kerngehalt darf nicht angetastet werden; Schutz vor staatlichen Eingrifen  Darstellung: o Symbol zerbrochene Kette: Gleichheit o Sonne: Aufklärung Verfassung der helvetischen Republik, S. 60  Im Teil Frühe Neuzeit I wird die Freiheit der Bürger durch die Anordnungen der Obrigkeit stark eingeschränkt. Es gibt nun aber auch Regelungen, die mit den Gedanken der Naturrechtswissenschaft in Zusammenhang stehen – Zeit der helvetischen Republik.  Zusammenhang mit der Französischen Revolution – Frankreich suchte sich Verbündete, sie besetzten die Eidgenossenschaft. Gründung der helvetischen Republik. Die Gründung basiert auf dieser Verfassung (nach französischem Vorbild).  Art. 5 Unveräusserliche Freiheit: Gesellschaftsvertrag o Bürger geben dem Staat die Macht, ihre Freiheit einzuschränken – allerdings ist der Kerngehalt der Freiheit die Grenze.  Grenze der eigenen Freiheit ist die Freiheit von Dritten und das Gemeinwohl o Einschränkungen der Grundrechte sind also nicht ausgeschlossen – abgesehen vom Kerngehalt sind sie zulässig. o Legitimationen für staatliche Eingrife in die Freiheit:  Einschränkungen, um die Freiheit von Dritten zu gewährleisten  Einschränkungen können notwendig sein, um das Gemeinwohl zu sichern (alte Gedanken, das Gemeinwohl kam vor allem im Teil frühe Neuzeit I vor)  Es gab also noch alte Gedanken: Moralisierender Nachsatz, Verbot von Luxus und Ausgelassenheit  Diese Einschränkungen werden aber nicht mehr unbeschränkt erlaubt  Art. 8: Gleichheit 4



o Erbliche Gewalt, Ränge etc. werden abgelehnt o Abstufungen führen zu Unterdrückung und Hochmut Art. 48: Eigentlich kein Grundrecht – es geht hier ums Zivilrecht o Die kantonalen Gesetze sollen weiterhin gelten (Berner Gerichtssatzung 1761) o Aufruf zu einer neuen Rechtsgestaltung des Zivilrechts – die Rechtsordnung soll in allen Kantonen einheitlich gelten. Es sollte hier also erstmals eine einheitliche Rechtssetzung für die gesamte Schweiz geben.  Dazu kam es aber nicht, die helvetische Republik löste sich wieder auf o Die Vorstellung von Kodifikationen kam auf

3. KODIFIKATIONEN 



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Systematisches Gesetzbuch, das einen Rechtsbereich vollständig regelt o Allgemeine, abstrakte Bestimmungen, die systematisch geordnet sind Neue Rechtsgestaltung, gab es bis jetzt noch nie – bis jetzt wurden nur einzelne Themen angesprochen o Corpus Iuris Civilis sollte zwar eine umfassende Regelung darstellen, jedoch war es keine systematische Sammlung von abstrakten Rechtssetzungen, sondern nur die Lösung von Einzelfällen und eine Gliederung nach Rechtsquellen (keine systematische Gliederung nach Thema) Vgl. Systematik bei Wolf, S. 60 In Preussen, Frankreich und Österreich kam es dann auch tatsächlich zum Abschluss von Kodifikationen des Zivilrechts (die sogenannten Naturrechtskodifikationen – sie entsprechen aber natürlich nicht zu 100% der Umsetzung von naturrechtlichen Lehren, es gab überall noch immer alte Gedanken, die nicht zur Naturrechtswissenschaft passen) o Es gibt immer theoretische Forderungen der Naturrechtswissenschaft. Man muss sich dann die Frage stellen, wie die Umsetzung stattfindet.

Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten (ALR), S. 61  Diese Kodifikation soll allgemein verständlich sein, die Untertanen sollen ihre Rechte und Pflichten erkennen können und nach ihrem Verstand handeln o Deutsch, damit die Leute es verstehen o Einfach formuliert und mit Beispielen versehen (dadurch wird es sehr umfangreich)  Friedrich der Grosse gab den Anlass dazu – er war Vertreter der aufgeklärten Monarchie und war also wohlvertraut mit den Gedanken der Aufklärung und des Naturrechts  Einleitung §82: Es gibt Stände – jeder Stand hat besondere Rechte o Der Gesetzgeber geht also nicht von einer Gleichheit aller Personen aus (keine gleiche Rechtsfähigkeit für alle) – Forderung der Naturrechtswissenschaft hier nicht erfüllt  Einleitung §83: Natürliche Freiheit aller Menschen (Anspielung auf Naturrechtswissenschaft) o Gedanke der Gleichheit darf hier aber nicht hineininterpretiert werden (vgl. §82)  1. Titel §1: Nicht alle Personen haben gleiche Rechte; die Rechtsstellung hängt ab von der Stellung in der Gesellschaft 5

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7. Titel §91: Es gibt Untertanen, über die andere herrschaftliche Rechte ausüben 7. Titel §147: «Zu einem Gut geschlagen» = Personen gehören zu einem Gut dazu, sie dürfen es nicht verlassen. Es wird zwar ihre Freiheit betont, die bezieht sich aber auf andere Bereiche. Sie dürfen das Gut nicht verlassen und keine andere Arbeit ausüben. o Sie dürfen aber für sich Rechtsgeschäfte abschliessen, also ≠ Sklaven in der Antike 9. Titel §37/51: Einige Grundstücke dürfen nur von Adligen gekauft werden. o Bürgerliche brauchen dafür eine Erlaubnis o Die Möglichkeit, bestimmte Rechte zu haben, wird also abhängig gemacht von der Stellung in der Gesellschaft. Fazit: Die Umsetzung der naturrechtswissenschaftlichen Forderungen nach Freiheit und Gleichheit bzw. nach gleicher Rechtsfähigkeit (Gestaltungsfähigkeit aller Personen) werden in Preussen nicht umgesetzt. Es gibt noch immer Abstufungen der Rechtsfähigkeit und der Rechte nach Ständen. Die Regelungen passen eher zur Frühen Neuzeit I.

Code civil, S. 61  Zeit Napoleons  Art. 8: Jeder Franzose ist rechtsfähig – Gedanke der Rechtsgleichheit; die gleiche Rechtsfähigkeit ist aber nur für Franzosen gemeint  Art. 11: Ausländer haben eine andere Rechtsposition als Franzosen. Seine Rechtsfähigkeit wird von seinem Herkunftsland abhängig gemacht.  Fazit: Es gibt hier also auch keine gleiche Gestaltungsfähigkeit für alle, es gibt Abstufungen nach Nationalität. Der Ansatz für die naturrechtswissenschaftlichen Forderungen ist aber da und zumindest alle Franzosen werden gleich behandelt. Österreichisches Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), S. 61  Monarchie  §16: Jeder Mensch hat die gleiche Rechtsposition, ohne Einschränkungen. Auch Sklaverei ist verboten. Die gleiche Rechtsfähigkeit ist eine Forderung der Vernunft. Naturrechtliche Ideen. o «Angeborene Rechte» = vgl. französische Verfassung S. 60. Diese Rechte hat jeder Mensch von Natur aus, sie werden ihm nicht vom Staat verliehen und können nicht entzogen werden. Auch eine naturrechtliche Idee. o Das Gesetz stellt eine Forderung auf, die moderner ist als die Realität: In Wirklichkeit wurde die Gestaltungsfähigkeit auch hier nach Ständen abgestuft. o Um das Gesetz mit der Realität in Einklang zu bringen: §18  §18 Einschränkung der gleichen Rechtsposition für alle: Gesetze können bestimmte Voraussetzungen für den Erwerb von einzelnen Rechten vorsehen. o Österreich hatte auch Stände, es gab hier Abstufungen und Sonderrechte o Es gab noch keine Grundrechte und damit keine Abwehrrechte gegen den Staat  Auch wenn die Gedanken von Freiheit und Gleichheit dem Zivilrecht zugrunde gelegt werden, gibt es keine Gewährleistung für diese Prinzipien in der Praxis, da es keine Grundrechte gibt, die das schützen würden  Fazit: Die österreichische Kodifikation ist also auf den ersten Blick die einzige, die die theoretischen Ideen der Naturrechtswissenschaftler in 6

Bezug auf gestaltungsfähige Personen umsetzt und Unfreiheit ablehnt. Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen in der Realität, es gab eine ständische Sozialordnung und der Erwerb von Rechten stand unter einem Gesetzesvorbehalt. II. EHE/FAMILIE Eheschliessungsfreiheit? 1. RECHTSWISSENSCHAFT Wolff, Grundsätze des Natur- und Völkerrechts, S. 62  







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§836: o §856: o o

Definition Gesellschaft (vgl. OR 530 Wirtschaftsrecht, sehr ähnlich). Vertrag mit gemeinsamem Ziel/Zweck. Die Ehe wird als Gesellschaft im juristischen Sinn gesehen Vertrag zwischen Mann und Frau Gemeinsames Ziel (Gesellschaftszweck): Erzeugung und Erziehung von Kindern o D.h. umgekehrt: Personen, die keine Kinder zeugen können, können auch keine Ehe eingehen. Sie können den Gesellschaftszweck nicht gemeinsam verfolgen. §863: Die Ehe wird als rein juristisches Element angesehen und wird streng juristisch konstruiert (Regeln der einfachen Gesellschaft) – es ist ein Vertrag in der Gestalt eines reinen Rechtsaktes. o Früher waren immer gesellschaftliche und religiöse Aspekte dabei o Voraussetzung ist allein der Konsens der Vertragspartner, für etwas anderes bleibt bei einem solchen Rechtsgeschäft kein Platz (keine Einwilligung der Eltern o.Ä. – Unterschied zu früher Neuzeit I) §870 Konsequenz aus der Ehe als Gesellschaftsvertrag: Alle beteiligten Gesellschafter sind in juristischer Hinsicht gleichgestellt – Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe. o Wollfs Vorstellung: Alle Regelungen können aus der Natur des Menschen abgeleitet werden und haben einen Zusammenhang; er verweist immer wieder. o Diese Vorstellung über die Gleichstellung von Mann und Frau steht im Widerspruch zur Realität (Realität: Mann ist Oberhaupt der Familie) o Am Ende kommt er aber wieder zu dem Ergebnis, das auch der Realität entspricht: Die Frau ist dem Mann Untertan.  Dafür konstruiert er wieder einen neuen (stillschweigenden!) Vertrag, in dem die Frau sich dem Mann freiwillig unterwirft. Damit steht es auch mit dem Gedanken der Freiheit in Einklang.  Der Vertrag muss nicht ausdrücklich abgeschlossen werden o Fazit: Wolf argumentiert rein naturrechtlich und juristisch. Gedanken von Religion und Sitte werden nicht beachtet. o Es ist die gleiche Konstruktion, die auch benutzt wird, um die staatliche Macht zu legitimieren (Lehre vom Gesellschaftsvertrag). Es gibt hier bei der Ehe aber noch keinen unveräusserlichen Kerngehalt. Für die Frau gibt es noch keinen Kernbereich an Freiheiten, auf den nicht verzichtet werden kann. Völlige Aufgabe ist also zulässig. §871 Trennung: Ein Vertrag kann grundsätzlich aufgehoben werden, wenn beide Parteien sich darüber einig sind. Im Naturzustand (vor dem Gesellschaftsvertrag) konnte eine Ehe auch jederzeit aufgehoben werden. Nun, in einer staatlich organisierten Gesellschaft, gibt es eine Grenze, die

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aus dem Zweck der Ehe hergeleitet wird: Nur wenn der Gesellschaftszweck erreicht ist, kann der Vertrag aufgehoben werden (Kinder sind erzogen oder gestorben). o Wieder eine streng juristische Argumentation, Religion spielt keine Rolle. o Die Gestaltung der Ehe unterscheidet sich also deutlich von früheren Zeiten. Fazit: Die Ehe ist eine rein juristische Konstruktion, in der Religion oder Sitten keine Rollen spielen – trotzdem eingeschränkt durch vorgeschriebenen Zweck. Grundsatz der Eheschliessungsfreiheit – parallel zum Gesellschaftsvertrag ist nur der Konsens Voraussetzung für einen gültigen Abschluss (& die Fähigkeit, Kinder zu zeugen) Die Frau ist dem Mann Untertan (sie hat eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten), da es einen stillschweigenden Vertrag zwischen Mann und Frau gibt

Rechtsstellung der Kinder:  



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§871: Die Erziehung der Kinder ist Gesellschaftszweck und Pflicht der Eheleute (§855) §886: Die Kinder dürfen nicht umgebracht oder verkauft werden o S. 36 Zif. 357 Schwabenspiegel: Hier durften Kinder vom Vater...


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