Analyse der Hunnenrede Wilhemls II. PDF

Title Analyse der Hunnenrede Wilhemls II.
Author Clemens Witt
Course Die Weimarer Republik und ihre Kultur
Institution Technische Universität Dresden
Pages 4
File Size 93.7 KB
File Type PDF
Total Downloads 14
Total Views 126

Summary

Kurzgefasste Analyse der Hunnenrede Wilhelms II....


Description

Clemens Witt Mathes Grätz Tobias Weigelt

Quellenanalyse der Hunnenrede Wilhelms II.

22.02.2016

Quellenanalyse der Hunnenrede Wilhelms II. Die vorliegende Quelle ist die Hunnenrede Kaiser Wilhelms II., die er am 27. Juli 1900 in Bremerhaven bei der Verabschiedung des deutschen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes in China hielt. In den Zeilen 1 bis 4 spricht der Kaiser davon, dass Deutschland nun größere Aufgaben in überseeischen Gebieten übernehmen wird. Weiterhin spricht er über die Verpflichtung Deutschlands, deutschen Bürgern im Ausland zu helfen (Z.4-7). Er beklagt nun in den Zeilen 7 bis 14, dass die Chinesen in einer auf der Welt nicht angesehenen Weise die Völkerrechte missachtet haben – daher hält er den Aufstand für ein Verbrechen. Kaiser Wilhelm II. appelliert in den Zeilen 15 bis 19 nun an seine Truppen, dass sie die Fähigkeiten des preußischen Militärs beim Einsatz repräsentieren und allen Ländern ein Exempel ihrer Stärke darbieten. Er spricht weiterhin darüber, dass die Chinesen ein gut ausgerüsteter und grausamer Feind sind, der seine Gegner töten wird (Z.20-24). Er fordert in den Zeilen 24 bis 31 seine Truppen dazu auf, Deutschland in China einen Namen zu machen und die Landsleute so einschüchtern, wie es die Hunnen bereits früher getan hatten. In den Zeilen 32 bis 36 verabschiedet Kaiser Wilhelm II seine Truppen schlussendlich. Betrachtet man den weitläufigeren historischen Kontext der Zeit, lässt sich der sogenannte Boxeraufstand in China durchaus als Anlass der Rede beziffern. Darunter versteht man die von Herbst 1899 bis zum 7. September 1901 andauernde chinesische Bewegung gegen den US-amerikanischen-, europäischen- und japanischen Imperialismus. Der Begriff „Boxer“ ist hierbei eine ganz und gar westliche Bezeichnung, die sich auf die traditionelle Kampfkunstausbildung der ersten Boxer beruft, die sich wiederrum selbst „Verband für Gerechtigkeit und Harmonie“ nannten. Die Mitglieder der Boxerbewegung stammten zu großen Teilen aus der ländlichen Bevölkerung und sorgten bei den Kolonialmächten durch die Praxis skurriler Bräuche, wie zum Beispiel Unverwundbarkeitsrituale, von denen sie sich auch Schutz vor Feuerwaffen erhofften, für Verwunderung. Die Entstehung der Bewegung lässt sich im Wesentlichen auf Missstände im Land zurückführen, durch die sich ein großer Teil der Bevölkerung zum Aktionismus motivieren ließ. Der Imperialismus der westlichen Staaten bezeichnet hierbei den einflussreichsten Faktor, weshalb sich die Anhänger der Boxerbewegung später primär gegen ihn wandten. Der Einfluss der größeren europäischen Staaten, der USA und Japans auf China wurde durch die ab 1895 etablierte „Politik der ungleichen Verträge“ immer größer. Im Zuge dieser Forderungen wurden dem Staat insbesondere auf handelspolitischem Gebiet abgenötigt, die beispielsweise die Öffnung der Häfen und damit gleichzeitig die Sicherung des ausländischen Warenimports umfassten. In den weit mehr als 20 geschlossenen Verträgen zeichnet sich die Planung des westlichen Einflusses auf China deutlich ab; etwa zwang man China auch zur Öffnung für die christliche Mission. Bezeichnend hierbei ist, dass eine angemessene Gegenleistung der Vertragspartner nicht vorgesehen war. Ein weiterer Faktor war der andauernde Konflikt zwischen den Anhängern der Reformer und der Konservativen am chinesischen Kaiserhof. Seinen Höhepunkt fand dieser Konflikt in der Zerschlagung der so titulierten „Hundert-Tage-Reform“. Als der Einfluss der Fremdmächte immer stärker wuchs, erkannte der chinesische Kaiser Guangxu, dass nur eine grundsätzliche Reform der traditionellen konfuzianischen Strukturen des Landes einer dauerhaften Überlegenheit letzterer entgegenwirken konnte. Seine Bemühungen mündeten im Jahr 1898 in dem Vorhaben, das gesamte Land entsprechend seiner Vorstellung einer neuen, moderneren Sicht des Konfuzianismus zu reformieren. Da die weiterhin geplanten Reformmaßnahmen der Bürokratie im Land den Einflussbereich vieler Konservativer beschnitten hätten, erkannte die konservativ geprägte Tante des Kaisers, die Kaiserinwitwe 1 von 4

Clemens Witt Mathes Grätz Tobias Weigelt

Quellenanalyse der Hunnenrede Wilhelms II.

22.02.2016

Cixi, bald die Notwendigkeit der Verhinderung dieser Vorhaben. In der Folge warb sie bei vielen konservativen Prinzen und Mandarinen (Zivilbeamte der Staatsverwaltung) der höchsten Ränge um Unterstützung und ließ ihren Neffen im Neuen Sommerpalast internieren, um zu verkünden, dass er schwerkrank sei. Durch den Erfolg dieser Intrige gelang es ihr sich in der Folge selbst als Regentin im Staat zu etablieren und die angestrebten Reformen rückgängig zu machen. Ein weiterer, besonders für die Anfangsphase der Boxerbewegung relevanter Aspekt ist die Eskalation der Differenzen zwischen Christen und Nichtchristen in China. Zwar bot sich hierbei schon seit langem ein gewisses Konfliktpotenzial, doch als sich die Christen weigerten Steuern zu zahlen, die ihrer Meinung nach vorwiegend für religiöse Zwecke verwendet würden, steigerten sich die Zerwürfnisse immens. Auch die Niederlage in den beiden Opiumkriegen zwischen 1839 und 1860 gegen Großbritannien, respektive Großbritannien und Frankreich schürten den Hass gegenüber dem Christentum und damit auch den westlichen Staaten maßgeblich weiter. In anderer Grund, der besonders die unteren Volksschichten betraf, war die allgemeine Hungersnot Ende der 1890er Jahre, die durch eine Reihe von Naturkatastrophen entstanden war und speziell im Norden Chinas eine Krisenstimmung im Volk auslöste. Anfang des Jahres 1900 wandten sich die Boxer massiv gegen die Gesandtschaften der westlichen Mächte. Da sowohl die europäischen Staaten, aber auch Japan und die USA begriffen, dass die Boxerbewegung in ihrer Radikalisierung die Pläne des kolonialen Ausbaus gefährden könnte, wandten sie sich am 27. Januar an die chinesische Regierung und forderten sie auf, die von ihnen etablierten Einrichtungen im Land vor den Aufständischen zu schützen. Der Versuch der Unterdrückung bzw. Eindämmung der Bewegung dauerte an und mündete schließlich in einem Verbot, das am 15. April herausgegeben wurde. Da sich jedoch die kaiserlichen Truppen in den Städten Peking und Tientsin mit den Boxern verbündeten, konnte das Verbot nicht durchgesetzt werden. Im Mai desselben Jahres erreichten die Aufständischen die Gebiete rund um die Hauptstadt Peking und begannen dort gewaltsame Aktionen, die sich vor allem gegen Ausländer, aber auch gegen die an die Ostküste Chinas führenden Bahnlinien richteten. Anhand dieser materiellen Beschädigungen lässt sich ein weiterer Aspekt in der Philosophie bzw. Zielstellung der Boxer erklären; In ihrem Fanatismus gegen die Westmächte lehnten sie gleichzeitig alle technischen Errungenschaften ab, die maßgeblich durch die einflussnehmenden Staaten in China etabliert wurden und demonstrierten ihren Unmut durch allerhand Beschädigungen. Die Aufstände wurden insgesamt sehr blutig geführt – beispielsweise existieren Zahlen, nach denen allein am 18. Mai 73 Menschen durch die Hände der Aufständischen ermordet worden seien. Als die Gesandten der westlichen Staaten in Peking von dem Fanatismus der Aufständischen hörten, begriffen sie den Ernst ihrer Lage und orderten zu ihrem Schutz 350 zusätzliche Soldaten nach Peking. Anfang Juni verschärften die Boxer ihre Attacken gegen chinesische Christen und Einrichtungen ausländischer Gesandter und verlagerten ihre Aktionen immer weiter in Richtung Peking. Während sich die knapp 500 Ausländer gemeinsam mit den ca. 450 Soldaten und über 3000 Christen im Gesandtschaftsviertel Pekings und der Xishiku-Kirche verschanzten, sollte ihnen ein über 2000 Mann starker Expeditionskorps unter britischer Leitung zur Hilfe kommen, der jedoch angesichts der Aufständischen nach etwa einer Woche umkehren musste. Die Gesandten hatten keinerlei Kommunikationsmöglichkeit nach außen, da die Boxer ihren Idealen folgten und auch die Telegraphenleitung zu den ausländischen Stützpunkten an der Ostküste kappten. Die chinesische Regierung verfasste am 19. Juni ein Ultimatum, das alle westlichen Gesandten anwies, das Land innerhalb eines Tages zu verlassen. Als sich der deutsche 2 von 4

Clemens Witt Mathes Grätz Tobias Weigelt

Quellenanalyse der Hunnenrede Wilhelms II.

22.02.2016

Diplomat Clemens von Ketteler tags darauf auf dem Weg zum Außenministerium befand, um mit den Leitern dieses Amtes persönlich über das Ultimatum zu sprechen, wurde er auf offener Straße von einem chinesischen Soldaten erschossen, der später angab, auf Befehl von Regierungsseite aus gehandelt zu haben. Die Ermordung Clemens von Kettelers veranlasste Wilhelm II. schließlich dazu, eine Initiative aller Kolonialmächte zu errichten, mit dem Ziel, die Aufstände niederzuschlagen. Logischerweise lag die höchste Priorität auf der Befreiung des seit nunmehr zwei Monaten von Aufständischen belagerten Gesandtenviertels. Man konstituierte eilig eine sogenannte internationale „Not-Truppe“, bestehend aus mehr als 20000 im pazifischen Raum stationierten Soldaten der Nationen Deutschland, Großbritannien, USA, Japan, Frankreich, Italien und Österreich. Schließlich konnte das Gesandtenviertel in Peking im August 1900 befreit werden. Trotzdem das Primärziel nun erreicht war, setzte man unmittelbar danach auf eine immense Aufstockung des Truppenkontingents, um den Boxeraufstand endgültig niederzuschlagen. Am 27. Juli verabschiedete Wilhelm II. in seiner Hunnenrede die deutschen Verbände unter der Leitung Alfred Graf von Waldersees, dem in China die Führung des mit 60000 bis 90000 Mann starken Heeres übertragen wurde. Da das deutsche Reich durch den Tod des Gesandten Clemens von Kettelers am stärksten gedemütigt wurde, stellte das Land mit 20000 Soldaten bei weitem den größten Teil des Truppenkontingents. In China hatten mittlerweile eigene Verbände mit der weiteren Bekämpfung der Aufständischen begonnen, sodass sich der größte Teil des alliierten Heeres der Durchführung sogenannter Strafexpeditionen widmen konnte. Auf den Zügen der internationalen Truppen wurden zahlreiche Boxer hingerichtet, viele Dörfer geplündert und zu großen Teilen niedergebrannt. Dieser Akt der Genugtuung fand erst am 07. September 1901 im Frieden von Peking sein Ende. Mit der Unterzeichnung des sogenannten Boxerprotokolls verpflichtete sich China zu Kriegsentschädigungen in hohem Maße; beispielsweise zur Zahlung von Reparationszahlungen in Höhe von 1,4 Milliarden Goldmark bis 1940, zur Bestrafung der Aufständischen, die im Nachhinein viele Todesurteile mit sich zog, zum Verbot der Waffeneinführung, aber auch dazu, ein Denkmal für den deutschen Gesandten Clemens von Ketteler zu errichten. Die Hunnenrede hatte international eine gewichtige Wirkung und erregte allgemein großes Aufsehen vor allem im negativen Sinne. Zum einen ist zu sagen, dass Kaiser Wilhelm II. in seiner Rede eindeutig zur Verletzung der Völkerrechte aufrief. Zu beweisen ist dies mit dem Zitat „Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht“. Er ruft hier klar dazu auf, chinesische Gefangene hinzurichten. Das deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. bricht in dieser Aussage eindeutig mit allen Mächten, die das Völkerrechtsabkommen unterzeichneten. Im Verlauf des Boxeraufstandes oder besser gesagt des Krieges kommt es jedoch auch zu mehreren Verstößen gegen das Völkerrecht, die nicht allein auf deutscher Seite, sondern auch von den anderen alliierten Mächten begangen wurden. Dieses Vorgehen könnte man theoretisch damit begründen, dass China zum damaligen Zeitpunkt die Völkerrechtskonvention noch nicht unterzeichnet hatte. Das Eingreifen der Alliierten ist wohl mit der Diskriminierung der Christen und der Demütigung der Deutschen durch die Ermordung ihres Gesandten Clemens von Kettelers zu begründen. Natürlich ist dies für die Alliierten eine Art Chance, im nicht kolonisierten Raum China zusätzlichen Einfluss zu gewinnen. Der deutsche Kaiser setzte zu dieser Zeit auf den Sozialimperialismus, was bedeutet, dass er außenpolitische Aktionen startete, um vom Elend im eigenen Land abzulenken. Belegen kann man dies daran, dass das Eingreifen der deutschen Truppen im Boxerkonflikt der erste Auslandseinsatz des Heeres unter Wilhelm II. ist. 3 von 4

Clemens Witt Mathes Grätz Tobias Weigelt

Quellenanalyse der Hunnenrede Wilhelms II.

22.02.2016

Der Vergleich des deutschen Volkes mit den Hunnen von Seite Wilhelms II. ist sehr weit hergeholt. Rein geographisch kann man die Hunnen sogar eher mit den Chinesen zu assoziieren; außerdem sind die Hunnen eigentlich kein Volk, mit dem man sich vergleichen sollte – zumindest in dem Kontext nicht. Es ist insgesamt sehr kontraproduktiv, sich mit diesem Volk in Bezug auf die Verbreitung der westlichen Kultur zu identifizieren, da die Hunnen wohl oder übel kein „zivilisiertes" Volk waren. Anhand dieses Vergleichs kann man außerdem auf eine Radikalisierung der Außenpolitik seitens Wilhelms II. schließen, die sich nicht mehr nur auf Kolonien, sondern auch auf den Ausbau der deutschen Vormachtstellung in Europa bezieht. Des Weiteren ist zu erkennen, dass der Fauxpas der Gleichsetzung des deutschen Volkes mit den Hunnen dem deutschen Kaiser vor allem im ersten Weltkrieg anhaftet; „Beat back the Hun" wird zur alliierten Kriegspropaganda. Hier wird den Deutschen dank Wilhelm II. das Feindbild der Hunnen förmlich direkt auf die Stirn gemalt. Aus den bisher in den Köpfen der Menschen zivilisierten Deutschen werden nun jene barbarischen Hunnen, die die europäische Kultur bedrohen. Abschließend ist zu sagen, dass der deutsche Bürger in dieser Rede seinem Kaiser zum Opfer fiel, der in seinem Hochmut das deutsche Volk erniedrigte – lediglich um den Atilla spielen zu können.

4 von 4...


Similar Free PDFs