Title | Arbeitsanalyse und Bewertung |
---|---|
Course | Arbeitspsychologie |
Institution | Technische Universität Chemnitz |
Pages | 11 |
File Size | 778.4 KB |
File Type | |
Total Downloads | 22 |
Total Views | 151 |
Zusammenfassung Arbeitspsychologie WS 19/20 (VL nach neuer SO)
5. Arbeitsanalyse und Bewertung...
•
Definition und Einordnung der psychologischen Arbeitsanalyse
•
Anwendungsbereiche und Ziele psychologischer Arbeitsanalysen
•
Theoretische Fundierung
•
Grundlegende methodische Zugänge der Arbeitsanalyse
•
Ausgewählte Verfahren der Arbeitsanalyse
•
Kriterien der Arbeitsbewertung
•
Durchführungsbedingungen und Ressourcen bei Arbeitsanalysen
•
Gütekriterien bei Arbeitsanalyseverfahren Fragestellung der Arbeitsanalyse
•
z.B. Wie kann die Belastung der Pflegekraft verringert werden?
•
Konzeption von Maßnahmen zur Verbesserung und Neugestaltung von Arbeitsaufgaben und -bedingungen erfordert sorgfältige Analyse der: o
Arbeitssituation
o
Arbeitsanforderungen
o
organisationalen Rahmenbedingungen
o
personalen Voraussetzungen
… Das macht die Arbeitsanalyse
Def.: Psychologische Arbeitsanalyse Gegenstand der psychologischen Arbeitsanalyse: •
die Analyse und Bewertung von Arbeitstätigkeiten und ihrer Bedingungen
•
sowie die Wirkungen der Arbeitsbedingungen und Anforderungen auf das Individuum
•
Dabei werden in systematischer Form Informationen über die Tätigkeit eines arbeitenden Individuums erfasst und beurteilt.
•
Arbeitsanalysen zählen ebenso wie Anforderungsanalysen, zu den Instrumentarien der Arbeitsdiagnostik
•
unterscheiden sich allerdings in Bezug auf Ihre Zielsetzungen und teilweise auch in den Analysegegenstnden.
•
Analyse und Beschreibung von Arbeitsaufgaben, -mitteln und -produkten sowie der Arbeitsumgebung steht im Vordergrund.
•
Ziel: Gestaltung und Optimierung von Arbeitsttigkeiten auf Grundlage der ermittelten Schwachstellen.
•
zentrale Ziel von Anforderungsanalysen: Leistungsvoraussetzungen und Merkmale von Personen fr bestimmte Positionen, Ttigkeitsgruppen oder Berufe zu identifizieren
Def.: Anforderungsanalyse = Bestimmung und Beschreibung der erfolgskritischen Personenmerkmale für eine bestimmte Stelle oder Laufbahn Anwendungsbereiche & Ziele psychologischer Arbeitsanalysen (+verfahren)
Theoretische Fundierung von Arbeitsanalyseverfahren Zweck von Theorien für die Arbeitsanalyse: 1. Auswahl von Merkmalen aus der Vielfalt von Arbeitsmerkmalen, die für die Beschreibung der Tätigkeit und der damit verbundenen Bedingungen wichtig sind 2. Formulierung psychologisch messbarer und interpretierbarer Kategorien … bedeutet, dass je nach Fragestellung als Analyseeinheit z. B. …die Arbeitsaufgabe, Ausführungs- und Umgebungsbedingungen, Arbeitsmittel oder …die sozialen Bedingungen im Vordergrund stehen.
•
Funktionsorientierter Ansätze o
•
Informationstheoretische Ansätze o
•
Identifizierung und Analyse von „Stressoren“ (Aufgabenmerkmale und Bedingungen, die zu Beeinträchtigungen von Handlungen oder des psychischen und körperlichen Zustands führen)
Gesundheitsorientierte Ansätze o
•
Gestaltung von Arbeitstätigkeiten unter motivations- und leistungsanregenden und welche Entfaltungsmöglichkeiten sie eröffnen
Stresstheoretische Ansätze o
•
Fragen der psychischen Regulation von Handlungen und Auswirkungen unterschiedlicher Anforderungen auf das Beanspruchungserleben, die Qualität des Arbeitshandelns und die qualifikatorische Entwicklung der Beschäftigten
Motivationspsychologische Ansätze o
•
Identifikation konkreter kognitiver Anforderungen in Bezug auf Informationsaufnahme, -verarbeitung und -abgabe bei bestimmten Arbeitsaufgaben
Handlungstheoretische Ansätze o
•
Rationalisierung und Standardisierung von Arbeitsabläufen
Erfassung von Ressourcen (Faktoren und Bedingungen, die dazu beitragen, dass Menschen trotz hoher Belastung nicht krank werden bzw. gesund bleiben)
Tätigkeitstheoretische Ansätze o
ganzheitliche Betrachtung der Arbeitstätigkeit durch die Erfassung unterschiedlicher Erfahrungsebenen von Tätigkeiten (Sinnlichkeit, Kognition und Sinn) sowie strukturellen und prozessualen Aspekte der Tätigkeit
Grundlegende methodische Zugänge der Arbeitsanalyse am häufigsten: •
Befragungs- + Beobachtungsmethoden
seltener: •
physikalische und physiologische Messmethoden
•
Laborforschung
•
Simulationen
Befragungsmethoden vs. Beobachtungsmethoden: Gegenüberstellung von Beobachtungs- und Befragungsmethoden
Physikalische Messmethoden
Physiologische Messmethoden
•
Schallpegelmesser
•
Belichtungsmesser
•
HRV-Monitor
•
Luftfeuchtigkeitsmesser
•
Hautleitfähigkeitsmesser
Elektrische Indikatoren
Beispiel: Soziometer •
•
Mikrofone o
Sprachdauer/-frequenz/-lautstärke
o
Keine Aufzeichnung des gesprochenen Wortes
Accelerometer (Beschleunigungssensor) o
•
Bluetooth o
•
Body movement activity & posture activity Nähe zu anderen Soziometern
Infrarotsensoren o
Erfassung von
Direkter Kontakt zu anderen Soziometern …
Bewegung, Stillstand, Sozialen Netzwerken Laborforschung und Simulationen
Exkurs: Ziel: Zusammenhänge zwischen Bedingungen der Arbeit und technischen Systemen einerseits und die Auswirkungen auf den Menschen andererseits untersuchen. Dabei werden meist nur Ausschnitte der Arbeitssituation simuliert, bzw. experimentell verändert.
Beispiele: •
Auswirkungen von technischen Arbeitsbedingungen (z. B. Display, Software, Bedienteile) auf den Arbeitenden (z. B. physiolog. Reaktionen, Fehlerhäufigkeit)
•
Experimente zu psychischer Beanspruchung und Ermüdung
•
Experimente zum Zusammenhang zwischen Pausenverhalten und Leistungen
•
Fahrsimulationen zu den Auswirkungen bestimmter Fahrzeugapparaturen (z. B. Warnleuchten) auf Fahrverhalten
Unterscheidung - Bedingungs- und personenbezogenen Arbeitsanalysen
Verfahren zur Ermittlung von Regulationserfordernissen (VERA; Volpert, Oesterreich, Gablenz-Kolakovic, Krogoll & Resch, 1983) = Bedingungsbezogenes Verfahren zur Erfassung der mit einer Arbeitsaufgabe verbundenen Anforderungen an das Denken, Planen und Entscheiden •
basiert auf „Fünf-Ebenen-Modell“ der Handlungsregulation (Oesterreich, 1981) von einfach (sensumotorische Regulation) bis komplex (Erschließung neuer Handlungsbereiche), jeweils unterteilt in „normal“ und restriktiv (R)
•
Erfassung des Ausmaßes von Planungs- und Denkprozessen in der Produktion bzw. im Büro (für beides untersch. Versionen von VERA)
•
Ableitung von Gestaltungsmaßnahmen zur Erhöhung der Anforderungen um die Arbeitsmotivation zu verbessern und um Qualifikationen und Arbeitserfahrungen effektiver zu nutzen
Ziele:
Ergebnis: •
Bestimmung der Stufe und Ableitung von Verbesserungsvorschlägen
Kurz-Definitionen der VERA-Stufen zur Analyse von Produktionstätigkeiten Ebene 5: Erschließung neuer Handlungsbereiche Stufe 5
Neu einzuführende, ineinandergreifende Arbeitsprozesse, ihre Koordination und materiellen Bedingungen sind zu planen.
Stufe 5R
Wie Stufe 5. Die neuen Arbeitsprozesse sind Ergänzungen zu bestehenden Arbeitsprozessen, welche möglichst wenig verändert werden sollen.
Ebene 4: Koordination mehrerer Handlungsbereiche Stufe 4
Mehrere Teilzielplanungen (im Sinne der Stufe 3) von sich gegenseitig bedingenden Teilen des Arbeitsprozesses sind miteinander zu koordinieren.
Stufe 4R
Zwar ist nur eine Teilzielplanung erforderlich, hierbei sind jedoch Bedingungen für andere (nicht selbst zu leistende) Teilzielplanungen zu beachten.
Ebene 3: Teilzielplanung Stufe 3
Es kann vorab nur eine grob bestimmte Abfolge von Teiltätigkeiten geplant werden. Jede Tätigkeit erfordert eine eigene Planung (im Sinne der Stufe 2). Nach Abschluss einer Teiltätigkeit muss erneut das weitere Vorgehen durchgedacht werden.
Stufe 3R
Vorab liegt eine Abfolge von Teiltätigkeiten fest. Jede Teiltätigkeit erfordert eine eigene Planung.
Ebene 2: Handlungsplanung Stufe 2
Die Abfolge der Arbeitsschritte muss vorab geplant werden, die Planung reicht jedoch bis hin zum Arbeitsergebnis.
Stufe 2R
Die Abfolge der Arbeitsschritte ist festgelegt. Sie ist jedoch immer wieder so unterschiedlich, dass sie vorab gedanklich vergegenwärtigt werden muss.
Ebene 1: Sensomotorische Regulation Stufe 1
Für den Entwurf der zu regulierenden Abfolge von Arbeitsbewegungen bedarf es keiner bewussten Planung, obwohl mitunter ein anderes Werkzeug verwendet werden muss.
Stufe 1R
Für den Entwurf der zu regulierenden Abfolge von Arbeitsbewegungen bedarf es keiner bewussten Planung. Es werden stets die gleichen Werkzeuge verwendet.
Instrument zur stressbezogenen Tätigkeitsanalyse (ISTA) = Bedingungsbezogenes Verfahren zur Ermittlung von stressrelevanten Arbeitsmerkmalen und Belastungsschwerpunkten bei Büro- und Produktionstätigkeiten •
gibt es sowohl als Fragebogen und als Ratingverfahren für Arbeitsanalytiker
•
Ermittlung von Arbeitsbedingungen, die zu Wohlbefinden und Stress führen
•
basiert auf der Handlungsregulationstheorie und auf der Stresstheorie
•
erfasst: o
Qualität der Aufgaben (Variabilität, Komplexität, Kommunikation)
o
Hindernisse (Zeitdruck, Unterbrechungen, unklares Feedback)
o
Soziale Bedingungen (Konflikte, soziale Unterstützung)
ISTA-Skalen und -Indizes sowie Beispielitems und Einstufungsskalen.
Job Diagnostic Survey (JDS) → Verfahren zur Analyse des Motivationspotenzials in der Arbeit = Personenbezogenes Arbeitsanalyseverfahren nach dem Job Characteristics Model (Hackman & Oldham, 1976) Ziele: •
•
Identifikation von… o
Motivations- und leistungssteigernden (Tätigkeits-)Merkmalen
o
Veränderungsbedarf
Bewertung von o
•
Arbeitsgestaltungsmaßnahmen
spezifiziert 5 Charakteristika/Anforderungsmerkmale der Arbeit zur Motivationsförderung, Leistungsförderung, und Entfaltung: 1. Anforderungsvielfalt 2. Aufgabengeschlossenheit 3. Bedeutsamkeit der Aufgabe 4. Autonomie im Sinne von Freiheitsgraden für selbständige Zielsetzungen und Entscheidungen über die Aufgabeninhalte 5. Rückmeldung über die Tätigkeitsergebnisse
Kriterien der Arbeitsbewertung - Kriterien humaner Arbeitsgestaltung (Hacker & Richter, 1980): •
Ausführbarkeit
•
Schädigungslosigkeit (Gesundheitsschäden)
•
Beeinträchtigungsfreiheit (kurz- oder längerfristige Beeinträchtigungen von Gesundheit und Wohlbefinden)
•
Persönlichkeitsförderlichkeit o
Arbeitsgestaltung soll bei längerfristiger Ausübung der Tätigkeit lern- und persönlichkeitsförderlich wirken
o
Arbeit soll ausreichenden Spielraum für Lernen / Weiterentwicklung enthalten
o
Arbeit soll ausreichenden Spielraum zur Bedürfnisbefriedigung (Wohlbefinden und Zufriedenheit) enthalten
o
Überprüfung: Sind Lernaktivitäten zur Tätigkeitsausübung erforderlich? Welchen Zeitanteil nehmen selbstständige Verrichtungen ein?
Vorgehen bei Arbeitsanalysen 1. Festlegung der Untersuchungsziele – z.B. „Was ist der Grund fr den hohen Krankenstand?“ 2. Auswahl und Anpassung der Instrumente – z.B. Kombination aus ISTA und JDS 3. Durchführung einer psychologischen Aufgaben- und Tätigkeitsanalyse – z.B. Beobachtung und Mitarbeiterbefragung mit anschließendem Bericht 4. Datenauswertung – z.B. Bericht, Maßnahmenableitung, Wirkungskontrolle durch Wdh. der AA 5. Evaluation Gütekriterien bei Arbeitsanalyseverfahren – Objektivität und Reliabilität: •
Doppelanalysen: o
Analyse durch verschiedene Untersucher, die gleichzeitig eine Arbeitstätigkeit beobachten
o
unabhängige Doppelanalyse: ▪
verschiedene Untersucher analysieren gleichzeitig eine Arbeitstätigkeit, die von verschiedenen Personen ausgeführt wird
Robustheit geg. Einsatz versch. Untersucher und Beschäftigter mit derselben Tätigkeit
o
abhängige Doppelanalyse: ▪
verschiedene Untersucher analysieren gleichzeitig eine Arbeitstätigkeit, die von einer Person ausgeführt wird
Robustheit geg. Einsatz versch. Untersucher, aber: keine Aussage über Robustheit geg. versch. Arbeitsaufträge + Beschäftigte
•
Wiederholungsanalyse o
Analyse erfolgt durch einen oder mehrere Untersucher, die nacheinander eine Arbeitstätigkeit von nur einer Person beobachten
o
unabhängige Wiederholungsanalysen ▪
verschiedene/ein Untersucher analysieren wiederholt (nacheinander) eine Arbeitstätigkeit, die von einer Person ausgeführt wird
Robustheit geg. Einsatz verschiedener Untersucher, aber: keine Aussage über Robustheit geg. Versch. Arbeitsaufträge und Beschäftigte
o
abhängige Wiederholungsanalyse ▪
Ein Untersucher analysiert wiederholt (nacheinander) eine Arbeitstätigkeit, die von einer Person ausgeführt wird
keine Aussage über Robustheit gegenüber versch. Untersuchern, Arbeitsaufträge und Beschäftigte
Gütekriterien bei Arbeitsanalyseverfahren – Validität •
Inhaltsvalidierung o
•
Konstruktvalidierung o
•
Ausmaß, mit dem ein Instrument die Merkmale einer Arbeitstätigkeit, auf die es sich bezieht, auch erfasst (durch Expertenbeurteilung. Z.B. bei Stress) Ausmaß mit dem ein Instrument das zugrunde liegende Konstrukt konzeptionell plausibel abbildet (durch Korrelationen mit anderen Verfahren, die gleiches oder ähnliches messen)
Kriteriumsvalidierung o
Ausmaß mit dem ein die durch ein Instrument erfassten Arbeitsmerkmale mit Indikatoren für die Auswirkung dieser Merkmale (Außenkriterium) zusammenhängen oder diese vorhersagen
Studien zu Einflussfaktoren der Güte von Arbeitsanalyseverfahren Voskuijl und Sliedregt (2002) •
bessere Übereinstimmung von Arbeitsanalytikern (Interrater-Reliabilität) o
bei erfahrenen Anwendern
o
bei verhaltensnahen Skalen
Dierdorff und Wilson (2003) •
bessere Reliabilität von Arbeitsanalysen o
bei spezifischen Informationen
o
bei erfahrenen Beobachtern
o
bei Interviews und Beobachtungen (statt Selbstauskünften)
DuVernet, Dierdorff und Wilson (2015) •
Fokussierung der Arbeitsanalysen auf Aufgaben erhöht die Reliabilität
•
Struktur der Anforderungen kann aber nicht deutlich abgeleitet werden
Zusammenfassung •
Eine psychologischen Arbeitsanalyse erfasst und beurteilt in systematischer Form Informationen über die Tätigkeit eines arbeitenden Individuums, die Arbeitsbedingungen und deren Wirkungen
•
Arbeitsanalysen verfolgen unterschiedliche Ziele o
können dazu dienen, den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erhalten,
o
die Arbeitsgestaltung und -organisation im Unternehmen zu optimieren,
o
personale Fördermaßnahmen oder Eignungsanforderungen zu bestimmen
•
Zur Durchführung der Arbeitsanalyse existieren eine Vielzahl von Instrumenten, je nach Zielsetzung und Anwendungskontext
•
Den Analyseverfahren liegen verschiedene theoretische Fundierungen und unterschiedliche methodische Zugänge zugrunde
•
Zur Bewertung von Arbeitstätigkeiten werden Kriterien der humanen Arbeitsgestaltung herangezogen
•
Der Prozess einer Arbeitsanalyse umfasst verschiedene Phasen
•
Arbeitsanalytische Verfahren sind als diagnostische Instrumente auch in Bezug auf die Erfüllung testtheoretischer Gütekriterien zu überprüfen...