Übersicht III Kausalität und objektive Zurechnung PDF

Title Übersicht III Kausalität und objektive Zurechnung
Course Strafrecht I
Institution Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Summary

AG Strafrecht WS Kausal ist jede Handlung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele der Fallgruppe Mittelbare Verursachung Eine Handlung verursacht eine zweite Handlung, die dann wiederum den Erfolg unmittelbar Behandlung A verabr...


Description

Übersicht III

AG Strafrecht AT/1 - WS 2015/2016

Kausalität

Kausal ist jede Handlung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (Conditio-sine-qua-non-Formel).

Sonderfälle der Kausalität Fallgruppe Mittelbare Verursachung

Eine Handlung verursacht eine zweite Handlung, die dann wiederum den Erfolg unmittelbar herbeiführt.

Beispielsfälle

Behandlung

- A verabreicht dem C ein tödlich wirkendes Gift. Um C einen qualvollen Gifttod zu ersparen, erschießt B ihn.

Beide Handlungen sind notwendige Bedingungen und damit ursächlich für den Eintritt des Erfolges.

- A hat den C mit Hammerschlägen schwer verletzt. Um eine Selbsttötung vorzutäuschen, hängt B die vermeintliche Leiche auf. C stirbt erst dadurch. Kumulative Verursachung

Zwei Handlungen führen den Erfolg nur aufgrund ihres Zusammentreffens herbei.

-A und B vergiften unabhängig voneinander ein Getränk des C. Die beiden Giftmengen ergeben erst zusammen eine tödliche Dosis. C stirbt an dem Genuss des Getränkes.

Beide Handlungen sind notwendige Bedingungen und damit ursächlich für den Eintritt des Erfolges.

Alternative Verursachung

Von zwei Handlungen hätte jede den Erfolg in seiner konkreten Gestalt (zum selben Zeitpunkt, auf dieselbe Art und Weise) auch ohne die andere herbeigeführt.

-A und B vergiften unabhängig voneinander ein Getränk des C mit einer jeweils vollen tödlichen Dosis. C stirbt an dem Genuss des Getränkes.

Die h.M. postuliert eine Zusatzregel zur Conditio-sine-qua-nonFormel und nimmt an, dass auch ohne gemeinschaftliches Handeln beide Handlungen für den Erfolg ursächlich sind, da sie nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele.

Dagegen bedarf es nach einer anderen Auffassung keiner Korrektur der Conditio-sine-qua-nonFormel, da der tatbestandliche Erfolg in seiner konkreten Gestalt der Tod des C durch die doppelte Giftdosis ist. Für diesen konkreten Erfolg sind sowohl A als auch B kausal geworden. Nach einer wiederum anderen Auffassung1 keine der beiden Handlungen für sich genommen eine notwendige Bedingung für den Eintritt des Erfolges, so dass beide nur bei gemeinschaftlichem Handeln für den Erfolg ursächlich sind. Hypothetische Verursachung durch eine Reserveursache

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Frister, AT6, S. 112 f. Frister, AT6, S. 118 ff.

Eine Handlung führt einen Erfolg herbei, der aufgrund eines natürlichen Kausalverlaufs oder einer anderen tatsächlich vorgenommenen Handlung ebenfalls eingetreten wäre.

- A erschießt den C. Dieser wäre andernfalls zeitgleich bei einem Bergrutsch ums Leben gekommen. - B verabreicht dem C ein langsam wirkendes Gift. Bevor dieses seine tödliche Wirkung entfalten kann, schießt A auf den C. Der Schuss führt zum Erbrechen des Giftes. C stirbt zu einem Zeitpunkt an der Schussverletzung, zu dem er ohne den Schuss bereits an dem Gift verstorben gewesen wäre.

Die h.M. nimmt an, dass Reserveursachen bei der Anwendung der Conditio-sine-qua-nonFormel nicht hinzuzudenken sind und kommt so zu dem Ergebnis, dass die Handlung für den Erfolg ursächlich ist (zum Teil wird dieses Ergebnis aber bei der objektiven Zurechnung wieder korrigiert). Nach einer anderen Auffassung2 ist das Hinzudenken von natürlichen Kausalverläufen zulässig. Daher

ist die Handlung des A ist hier jeweils keine notwendige Bedingung für den Eintritt des Erfolgs und deshalb für diesen nicht ursächlich. Hypothetische Verursachung durch eine Reservehandlung

Eine Handlung führt einen Erfolg herbei, der aufgrund einer durch sie verhinderten anderen Handlung ebenfalls eingetreten wäre.

A ist politischer Fanatiker und hat sich mit Benzin übergossen, um sich aus Protest öffentlich zu verbrennen. B nimmt ihm das Streichholz aus der Hand und entzündet das Benzin. A trägt schwere Verletzungen davon.

Nicht vollzogene Handlungen sind bei der Anwendung der Conditio-sine-qua-nonFormel nicht hinzuzudenken, so dass die Handlung für den Erfolg ursächlich ist (anders ist dies allenfalls dann, wenn eine Rechtspflicht zur Vornahme der Reservehandlung besteht).

Objektive Zurechnung (als Eingrenzung der Kausalität) Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg dann, wenn der Täter 1. eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich 2. im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat. Kausalität einschränken durch normative Kriterien = Funktion der objektiven Zurechnung - Rechtlich missbilligte Gefahr -

Hat sich im Erfolg die vom Täter gesetzte Gefahr realisiert? Prüfung 1. Hat der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen?  Hat der Täter eine neue Gefahr geschaffen?  Ist die vom Täter geschaffene Gefahr rechtlich missbilligt oder grundsätzlich erlaubt? Es muss eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegen: - Entweder durch Verletzung einer gesetzlichen Sorgfaltsnorm (z.B. StVO). - Ansonsten ist zu fragen: War die Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung objektiv vorhersehbar? War die Schaffung der Gefahr objektiv vermeidbar? Allgemein gilt, dass der Täter sich so zu verhalten hat, wie es ein besonnener und gewissenhafter Angehöriger des betreffenden Verkehrskreises in seiner Si- tuation getan hätte (Interessenabwägung).

2. Hat sich die vom Täter geschaffene Gefahr im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert?  Hat sich im Erfolg das vom Täter gesetzte Ausgangsrisiko realisiert oder eine andere Gefahr?  Ist der Erfolg noch als Werk des Täters oder als Werk des Zufalls bzw. des Opfers oder eines Dritten einzustufen?  Liegt der Erfolgseintritt noch im Verantwortungsbereich des Täters? Insbesondere: Ist die Gefahrschaffung gerade deshalb verboten, um solche Erfolge wie den eingetretenen zu verhindern (Schutzzweckzusammenhang)?

Fallgruppen der objektiven Zurechnung3 Fehlen einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung Fallgruppe

Beispiel

Risikoverringerung

A lenkt einen Pistolenschuss des B auf den Kopf des C so ab, dass die Kugel nur dessen Schulter trifft.

Sozialadäquates Verhalten

A geht trotz Kenntnis der Ansteckungsgefahr mit Schnupfen zu einer Party und steckt andere an.

Schadenseintritt liegt außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögens

A schickt seinen Erbonkel B während eines Gewitters auf einen Spaziergang. Dieser wird, wie von A erhofft, vom Blitz erschlagen.

Keine Realisierung der rechtlich missbilligten Gefahr im Erfolg Es fehlt der Zurechnungszusammenhang, weil sich im Erfolg ein anderes als das vom Täter geschaffene Risiko realisiert Fallgruppe

Beispiel

Atypischer Kausalverlauf

A verletzt B durch einen Messerstich. B stirbt durch einen Genickbruch, da er von der Trage fällt, als einer der herbeigerufenen Sanitäter einen Herzinfarkt erleidet.

Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos

A schießt mit Tötungsvorsatz auf B. Dieser stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus bei einem Verkehrsunfall des Krankenwagens der in keinem Zusammenhang mit den besonderen Befugnissen einer Rettungsfahrt steht.

Eigenverantwortliches (vorsätzliches) Dazwischentreten eines Dritten

A hat den C mit Tötungsvorsatz schwer verletzt. Im Krankenhaus nutzt ein Verwandter V die Gelegenheit, den hilflosen C mit einem Gift zu töten. Drogendealer A verkauft dem Süchtigen B Heroin. B stirbt an einer Überdosis.

Eigenverantwortliche Selbstgefährdung

3

Hinweis: Schaffung einer rechtlich relevanten Gefahr und Realisierung derselben im tatbestandsmäßigen Erfolg sind aufgrund ihrer engen Verknüpfung nur schwer voneinander abgrenzbar. Diese beiden Aspekte überschneiden sich daher oftmals. Dies gilt es bei der hier vorgenommenen Zuordnung zu den einzelnen Fallgruppen zu berücksichtigen. Darüber hinaus können die gewählten Beispiele häufig mehreren Fallgruppen zugeordnet werden.

Fehlender Pflichtwidrigkeitszusammenhang

A fährt mit seinem Pkw mit erhöhter Geschwindigkeit durch eine geschlossene Ortschaft. Der angetrunkene B taumelt vor das Fahrzeug und kommt zu Tode. A hätte auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit nicht rechtzeitig bremsen können....


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