Die Zweite Lautverschiebung SoSe 2018 PDF

Title Die Zweite Lautverschiebung SoSe 2018
Course Sprachgeschichte
Institution Universität Siegen
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Hausarbeit zum Seminar...


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Modul: Sprache Seminar: Sprachgeschichte Semester: Sommersemester 2018 Dozierende: Univ. –Prof. Dr. Petra M. Vogel

Die Zweite Lautverschiebung

Inhaltsverzeichnis 1.#EINLEITUNG 1.#EINLEITUNG##

1!

2.#WAS#IST#DEUTSCH 2.#WAS#IST#DEUTSCH##

1!

2.1 Indoeuropäisch

1!

2.2 Germanisch

3!

2.3 Deutsch

3!

3.#LAUTWANDELERSCHEI 3.#LAUTWANDELERSCHEINUNGEN#IM#DEUTSCHEN NUNGEN#IM#DEUTSCHEN NUNGEN#IM#DEUTSCHEN##

6!

3.1 Althochdeutsch

6!

3.2 Mittelhochdeutsch

7!

3.3 Frühneuhochdeutsch

8!

4.#DIE#LAUTVERSCHIEB 4.#DIE#LAUTVERSCHIEBUNG UNG UNG##

9!

4.1 Überblick

9!

4.2 Zwei Beschreibungsmodelle der Zweiten Lautverschiebung

11!

5 Zusammenfassung

14!

LITERATURVERZEICHNIS LITERATURVERZEICHNIS##

16!

1.#Einleitung# Phrasen wie „wegen dem schlechten Wetter“ oder „wegen des schlechten Wetters“ oder aber „aus kontrolliertem biologischen Anbau“ oder „aus kontrollierten biologischem Anbau“, die bei vielen Sprechern des Deutschen Unsicherheiten hervorrufen, sind ein Anzeichen dafür, dass das deutsche Sprachsystem sehr komplex ist und sich ständig im Wandel befindet. Sprachwandel ist dabei etwas Natürliches und keinesfalls mit Sprachverfall gleichzusetzen, denn ohne den Sprachwandel würde auch heute noch Altdeutsch gesprochen. Auch wenn oft behauptet wird, dass Sprache sich ändern würde, so sind es doch vielmehr die Sprecher, die sich verändern (vgl. Nübling 2006/2017: 13). Schwerpunkt

der

vorliegenden

wissenschaftlichen

Arbeit

ist

die

Zweite

Lautverschiebung. Um sie zugänglich zu machen, werde ich mich im ersten Abschnitt damit beschäftigen, was unter dem Begriff Deutsch überhaupt zu verstehen ist. Um einen leichteren Zugang zu erlangen, wird vorerst das Indoeuropäische sowie das Germanische betrachtet. Im darauffolgenden Abschnitt befasse ich mich mit den Lautwandelerscheinungen

im

Deutschen.

Hierzu

wird

chronologisch

vom

Althochdeutschen bis zum Frühneuhochdeutschen vorgegangen. Je Abschnitt werden jedoch nur die wichtigsten Lautwandelerscheinungen des Deutschen betrachtet. In Abschnitt 4 wird es neben einem Überblick über die Zweite Lautverschiebung auch einen

Einblick

in

zwei

bekannte

und

stark

voneinander

abweichende

Beschreibungsmodelle der Zweiten Lautverschiebung geben, bevor die Arbeit mit der Zusammenfassung abgerundet wird.

2.#Was#ist#Deutsch## 2.1#Indoeuropäisch## Durch systematische Vergleiche verschiedener Sprachen entdeckte man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, dass fast alle Sprachen Europas sowie eine große Zahl von ausgestorbenen, aber auch existenten Sprachen in Vorderasien so viele 1

Übereinstimmungen im Grundwortschatz und in der Morphologie haben, dass ein Zufall ausgeschlossen werden kann. Immer mehr setzte sich die Vermutung durch, dass die jeweiligen Einzelsprachen auf einer gemeinsamen Ursprache basieren müssen (vgl. Ernst 2012: 40). Deutsch gehört, wie die meisten europäischen Sprachen, zu den indogermanischen bzw. indoeuropäischen Sprachen. Ausnahmen bilden das Finnische, Ungarische und Estnische. Die indogermanischen Sprachen werden in der vergleichenden Sprachwissenschaft als indoeuropäische Sprachen bezeichnet. Beide Bezeichnungen können auch heute noch synonym verwendet werden. Indoeuropäisch ist dabei die neuere Variante, indogermanisch die ältere Bezeichnung. Zurückzuführen ist die Bezeichnung indoeuropäisch auf Bopp. Ihm gelang es mit Hilfe des Vergleichs von Wortschatz und Flexion Gemeinsamkeiten herauszufiltern, die Ähnlichkeiten zwischen dem Altindischen (Sanskrit) und europäischen Sprachen aufzeigen (vgl. Wolff 1920/2009: 39). Kriterien wie die Ähnlichkeit zwischen Syntax und Wörtern, insbesondere des Basiswortschatzes, geben Ausschlag darüber, in welche Sprachfamilie eine Sprache eingeordnet werden kann (vgl. Wolff 1920/2009: 39f.). Als wahrscheinlich gilt es, dass die Gemeinsamkeiten der jeweiligen Sprachen daraus resultieren, dass sich ihr Ursprung in einer älteren Grundsprache findet. So zeigen die gleichen Wörter verschiedener Sprachen verblüffende Ähnlichkeiten. Aufgrund dieser Kriterien kann man die Grenzen des indoeuropäischen Sprachgebietes bestimmen, das im Westen von der germanischen Sprachgruppe (Isländisch) und im Osten von der Indischen Sprachfamilie (Hindi) begrenzt wird (vgl. Vogel 2012: 3f.). Besonders deutlich ist die Ur- oder Wurzelverwandtschaft bei häufig benutzten Wortgruppen wie z. B. Verwandtschaftsbezeichnungen, Namen für Körperteile, Pronomina und Zahlwörtern (vgl. Wolff 1920/2009: 39). Dennoch darf nicht unerwähnt bleiben, dass es sich bei der Annahme einer Ursprache um eine zweistufige Rekonstruktion handelt, denn nachdem die Sprache rekonstruiert wurde, wird darüber hinaus davon ausgegangen, dass sie tatsächlich von einem realen Volk gesprochen wurde. Fakt ist jedoch, dass weder eine indogermanische Sprache noch ein indogermanisches Volk durch Artefakte oder schriftliche Zeugnissen belegt werden können (vgl. Ernst 2012: 42).

2

Folglich sind die Begriffe „indogermanisch“ und „indoeuropäisch“ ausschließlich linguistische

Termini,

die

keiner

historisch

exakt

festlegbaren

politisch-

geographischen Sprachgemeinschaft entsprechen. Konsequenterweise resultiert daraus, dass alle Überlegungen bezüglich eines „Urvolks“ bzw. einer „Urheimat“ spekulativer Natur sind (vgl. Wolff 1920/2009: 39).

2.2#Germanisch# Der germanische Sprachzweig wird der indoeuropäischen Sprachfamilie zugeordnet. Als Germanen werden die Personengruppen bezeichnet, die sich ab ca. 1000 v. Chr. von Skandinavien kommend nach Süden verbreiteten und dabei andere Gruppen, wie z. B. die Kelten, verdrängten oder sich mit ihnen vermischten. Als Folge des Vermischens

mit

anderen

Gruppen

entstand

ihre

Sprache;

das

sog.

Gemeingermanische. Der Begriff Gemeingermanisch ist darauf zurückzuführen, dass sich die Germanen mit anderen indoeuropäischen Gruppen vermischten und somit eine Sprache entstand, die Einflüsse aller sich vermischenden Gruppen hatte. Der heutige üblichere Begriff Germanisch ist allerdings vollkommend ausreichend (vgl. Vogel 2012: 6f.). Ernst erläutert, dass sich das Germanische aufgrund von Abwanderungen weiter

unterteilte.

Daraus

entstand

Nordgermanisch,

Westgermanisch

und

Ostgermanisch. Neben dem Deutschen entsprangen u. a Niederländisch, Friesisch und Englisch aus dem Westgermanischen (vgl. Ernst 2012: 60). Wolff weist darauf hin, dass die ersten germanischen Sprachen bereits im zweiten Jahrtausend v. Chr. damit beginnen sich aus der indoeuropäischen Ursprache herauszulösen. Aufgrund früher schriftlicher Zeugnisse, u. a. in Form von Runeninschriften aus dem sog. „Helm von Negau“, konnte belegt werden, dass sich der Prozess des Herauslösens der germanischen Sprachen aus dem Indoeuropäischen bis in die erste Jhe. nach Beginn unserer Zeitrechnung zog (vgl. Wolff 1920/2009: 42).

2.3#Deutsch## Die Frage danach, wann sich das Deutsche aus dem Gemeingermanischen herausgegliedert hat, kann aufgrund von umstrittener Datierung nur unzureichend 3

beantwortet werden (vgl. Ernst 2012: 79). Aus diesem Grund wird im weiteren Verlauf des Abschnitts nicht weiter auf die Geburtsstunde des Deutschen eingegangen, sondern auf die Dialekte bzw. regionale Sprachvariationen und die sich laut Vogel seit dem 16. Jh. entwickelnde Verkehrssprache (vgl. Vogel 2012: 7). Die Benrather Linie ist eine Isoglosse, die von West nach Ost über Düsseldorf, Kassel, Wittenberg und Frankfurt an der Oder verläuft (vgl. Ernst 2012: 94). Sie trennt das Niederdeutsche, das die Gebiete nördlich der Benrather Linie umfasst, vom Hochdeutschen, das die Gebiete südlich der Benrather Linie umfasst (vgl. Ernst 2012: 78). Die zeitlichen Einteilungen des Niederdeutschen und Hochdeutschen weichen minimal voneinander ab. Während davon ausgegangen wird, dass Altniederdeutsch von etwa 800 n. Chr. bis 1100 n. Chr. gesprochen wurde, wurde im hochdeutschen Gebiet Althochdeutsch bereits 750 n. Chr. gesprochen und schon 1050 n. Chr. vom Mittelhochdeutschen

abgelöst.

Im

Niederdeutschen

hingegen

wurde

Mittelniederdeutsch von 1100 n. Chr. bis 1600 n. Chr. gesprochen und ab 1600 n. Chr. vom Neuniederdeutschen abgelöst. Bevor im Hochdeutschen das Neuhochdeutsche ab 1650 n. Chr. begann, sprachen die Menschen Frühneuhochdeutsch, das in die Zeit zwischen 1350 n. Chr. und 1650 n. Chr. fällt (vgl. Vogel 2012: 7f.). Die hochdeutschen Dialekte werden in Oberdeutsch und Mitteldeutsch unterteilt. Oberdeutsche Dialekte sind u. a. Bairisch und Alemannisch, die im Süden des deutschen Sprachgebiets beheimatet sind. Zu den mitteldeutschen Dialekten gehören u. a das Rheinfränkische und Mittelfränkische, die in der Mitte des deutschen Sprachgebiets zu finden sind (vgl. Ernst 2012:76). Vogel (2012:9) beobachtet, dass die zu althochdeutscher Zeit in den Stammesdialekten verfassten Schriftstücke einen fränkischen Schwerpunkt haben. Diese Tatsache sei auf die damalige politische Verwaltung durch das fränkische Reich zurückzuführen. Spricht man vom fränkischen Reich, so handelt es sich um den Stamm der Franken und nicht, wie angenommen werden könnte, die Region der Franken in Nordbayern; Der Stamm der Franken und die Region Franken haben lediglich den Namen gemeinsam (vgl. Vogel 2012: 9).

4

Die folgenden Ausführungen, die einen kleinen Einblick in das Althochdeutsche, das Mittelhochdeutsche, das Frühneuhochdeutsch und das Neuhochdeutsche geben, beruhen auf Vogel (2012: 10). Ziel dieser Ausführungen ist es, die Entwicklung der deutschen Sprache in aller Knappheit darzulegen, um ein grobes Verständnis und eine Vorstellung der Entwicklung der deutschen Sprache über Jahrhunderte hinweg zu geben. Vogel erklärt, dass sich im Althochdeutschen, also von 750 n. Chr. bis 1050 n. Chr., die althochdeutschen Dialekte von allen anderen germanischen Sprachen und Dialekten differenzierten. Ursache hierfür ist, dass die Hochdeutsche bzw. Zweite Lautverschiebung bereits vor Eintritt des Althochdeutschen durchgeführt ist. Außerdem zeigt sie auf, dass zur mittelhochdeutschen Zeit, also zwischen 1050 n. Chr. und 1350 n. Chr., eine erste überregionale Sprachform der an oberdeutschen Dialekten ausgerichteten Dichtersprache belegt werden konnte (vgl. ebd.) Anhand der Lexik sei ersichtlich, dass diese Dichtersprache ihren Ursprung in der französischen höfischen Ritterkultur hat. Wörter wie Palast mhd. palas(t), das seinen Ursprung im altfranzösischen Wort palais hat belegen dies (vgl. Vogel 2012: 10). Die frühneuhochdeutsche Zeit (1350 n. Chr. bis 1650 n. Chr.) ist vor allem durch ein vermehrtes Schrifttum im Bereich Verwaltung, Recht und Handel gekennzeichnet. Die sich daraus entwickelnden verschiedene regionale Schreiblandschaften führten zu einer auf ostmitteldeutschen Mundarten basierenden, großräumigeren Schriftsprache. Daraus resultierte hinwieder eine große Varianz im Bereich der Grammatik und Schreibung. (vgl. Vogel 2012: 10). Während 1650 n. Chr. bis 1950 n. Chr., also während der Zeitperiode der neuhochdeutschen Zeit, gilt, dass die Schriftsprache auf Basis der ostmitteldeutschen Mundarten Akzeptanz als überregionale Verkehrssprache findet. In Zuge dessen kristallisieren sich Regeln in den Bereichen Rechtschreibung, Syntax und Morphologie heraus (vgl. Vogel 2012:10). Vogel zeigt darüber hinaus anhand der Wörter Parlament, Sport, Stress und Smoking, dass immer häufiger Wörter aus dem Englischen entlehnt werden. Diese Entwicklung kann ab dem 18. Jh. beobachtet werden. Außerdem entwickelte sich erstmals die sog. Umgangssprache, die eine gesprochene Variante der oben beschriebenen Schriftsprache war. Die Umgangssprache tritt zu den alten Dialekten in Konkurrenz, die eine eigene Form annehmen und parallel zur Standardvarietät gesprochen werden. Diese Existenzform wird teilweise auch 5

verschriftet. Folglich verfolgt die Sprachgeschichtsforschung seitdem die Entwicklung der Dialekte sowie gleichermaßen die Entwicklung des Standarddeutschen (vgl. Vogel 2012: 10).

3.#Lautwandelerscheinungen#im#Deutschen# 3.1#Althochdeutsch# Von 750 n. Chr. bis 1050 n. Chr. sprachen die Menschen in deutschsprachigen Regionen Althochdeutsch (vgl. Nübling 2006/2017: 18). Zu den wichtigsten Lautwandelerscheinungen, die ganz am Beginn dieser Sprachepoche stehen und damit das

Althochdeutsche

vom

Germanischen

abgrenzbar

machen,

gelten

im

Althochdeutschen der Primärumlaut sowie die Zweite bzw. Hochdeutsche Lautverschiebung. Bei dem Primärumlaut, der auch i-Umlaut genannt wird, wird aus dem westgermanischen ein althochdeutsches , steht es vor einem oder . Das führt beispielsweise beim voralthochdeutschen Substantiv *slagi (Pl.), das im Gegenwartsdeutschen als ‚Schläge‘ bekannt ist, zu dem althochdeutschen Wort slegiz (vgl. Ernst 2012: 88). Vogel fasst diesen Vorgang zusammen, indem sie erklärt, dass es sich bei dem Primärumlaut um eine Hebung und Palatalisierung handelt (vgl. Vogel 2012: 30). Nübling erklärt, dass sich bei dem Nach-vorne Verschieben der Zungenspitze (in Richtung des harten Gaumens) die palatalen Vokale /i/ und /e/ entstehen (Nübling 2006/2017: 39). Durch die Palatalisierung wird die Zungenspitze bei den umgelauteten Vokalen, also vom kurzen und betonten /a/ zu einem /e/ nach vorne gerichtet (Nübling 2006/2017: 40; Vogel 2012: 30). Die Zweite oder Hochdeutsche Lautverschiebung gilt als markanteste Veränderung im Althochdeutschen (vgl. Schmidt 2013: 69). Die hochdeutsche Lautverschiebung ist besonders im Süden, also im Oberdeutschen, stärker verbreitet, wohingegen sie im Norden gar nicht und im Mitteldeutschen weniger stark ausgeprägt ist (vgl. Vogel 2012: 24f.). Durch sie kommt es zu Veränderungen im Konsonantismus, welche zur Folge haben, dass das Deutsche bzw. seine „hochdeutschen“ Dialekte aus den germanischen Sprachen ausgegliedert werden, dennoch gehören sie weiterhin zu den 6

germanischen Sprachen (vgl. Wolff 1920/2009: 59). In Abschnitt 4 wird sich weiterführend mit der Thematik der Zweiten Lautverschiebung auseinandergesetzt werden.

3.2#Mittelhochdeutsch# Die wichtigste Veränderung von Althochdeutsch zu Mittelhochdeutsch ist die Nebenund Endsilbenabschwächung, die bedeutet, dass alle althochdeutschen Vokale der Neben- und Endsilben zu e abgeschwächt werden. So wird z. B aus dem althochdeutschen Wort salbōn das mittelhochdeutsche Wort salben (vgl. Ernst 2012: 117f.). Etwa 1050 n. Chr. konnte die Entwicklung der Neben- und Endsilbenabschwächung auch in der Schrift beobachtet werden. Folglich wird 1050 n. Chr. auch allgemein als Beginn des Mittelhochdeutschen angesehen (vgl. Ernst 2012: 117f.). Eine weitere wichtige Lautwandelerscheinung im Mittelhochdeutschen ist die Auslautverhärtung.

Sie

bringt

einen

spezifischen

Fortisierungsprozess

der

stimmhaften Obstruenten (b, d, g und v) mit sich. Diese stimmhaften Obstruenten werden fortisiert, was bedeutet, dass sie stimmlos („hart“) werden. Das heißt, dass aus b, d, g und v p, t, k ( geschrieben) und f werden. Demnach sind ausschließlich Plosive und Frikative betroffen (vgl. Vogel 2012: 37). Eine letzte wichtige Lautwandelerscheinung im Mittelhochdeutschen, auf die nun eingegangen werden soll, ist der Sekundärumlaut. Wie der Primärumlaut ist auch der Sekundärumlaut ein i-Umlaut. Wie beim Primärumlaut handelt es sich beim Sekundärumlaut ebenfalls um eine assimilatorisch bedingte Palatalisierung und Hebung eines betonten und kurzen a in Richtung i, nur dass dieses Mal die althochdeutsche Umlautverhinderungen nicht in Kraft treten. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Hebung und Palatalisierung nicht so stark ausgeprägt sind wie beim Primärumlaut. Bei dem Primärumlaut wurde jetzt auch umgeleitet, wenn der althochdeutsch i- Laut nicht in der direkt folgenden Silbe, sondern in einer späteren zu finden ist. Ein Beispiel hierzu ist das althochdeutsche Wort faterlīh, das im Mittelhochdeutschen zu veterlich wird (vgl. Vogel 2012: 35).

7

3.3#Frühneuhochdeutsch# Frühneuhochdeutsch wurde von ca. 1350 n. Chr. bis ungefähr 1650 n. Chr. gesprochen (vgl. Vogel 2012: 9). Im Gegensatz zum Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen vollzieht sich im Frühneuhochdeutschen kein kompakter Lautwandel, der als sprachinternes Kriterium der Abgrenzung dienen könnte (vgl. Wolff 1920/2009: 112). Dennoch traten einige wichtige Lautveränderungen im Frühneuhochdeutschen auf. Zu ihnen

zählen

sowohl

die

Vokaldehnung

und

-kürzung

als

auch

die

Monophthongierung und die Diphthongierung (vgl. Vogel 2012: 39). Die Monophthongierung und Diphthongierung sind dem Vokalismus zuzuordnen und breiten sich vom gesprochenen Oberdeutschen bis in den ostmitteldeutschen Raum aus (vgl. Wolff 1920/2009: 112). Vom Südosten des deutschen Sprachgebiets breitet sich ab dem 12. Jh. die Diphthongierung aus und erreicht im 16. Jh. das Mitteldeutsche. So kommt es allerdings auch dazu, dass der Südwesten sowie auch das Niederdeutsche ausgelassen werden (vgl. Vogel 2012: 41). Diphthongierung ist der Prozess, bei dem lange mittelhochdeutsche

Monophthonge,

genauer

die

Vokale

/i:,

u:,

y:/,

zu

frühneuhochdeutschen Vokalverbindungen (Diphthongen) /ai, au, ɔy/ werden. So wird beispielweise aus dem mittelhochdeutschen Satz mîn hûs hât miuse der frühneuhochdeutsche Satz mein haus hat mäuse (vgl. Vogel 2012: 41). Die Monophthongierung verbreitete sich vor allem im Ostmitteldeutschen und bezieht sich auf die Diphthonge /iə, uɔ, yə/, aus denen aufgrund der Monophthongierung die Langmonophthonge /i:, u:, y:/ werden. So wird aus dem mittelhochdeutschen Merksatz liebe guote brüeder der frühneuhochdeutsche Satz liebe gute brüder (vgl. Vogel 2012: 43ff.). Auch

die

Vokaldehnung

und

–kürzung

gehören

zu

wichtigen

Lautwandelerscheinungen im Frühneuhochdeutschen. Im Nordwesten des deutschen Sprachgebiets beginnt die Vokaldehnung in der frühmittelhochdeutschen Zeit. Es besteht Grund zur Annahme, dass sie im Niederfränkischen schon in althochdeutscher Zeit begann. Dennoch lässt sich nicht explizit bestätigen, ob diese Änderungen bereits vor Beginn des Frühneuhochdeutschen zu weiten Teilen abgeschlossen sind. Ausschlaggebend für diese Unsicherheit ist, dass die Schreibung nicht sofort Veränderungen in der Aussprache widerspiegelt (vgl. Schmidt 2013: 365f.). 8

Die Vokaldehnung findet insbesondere in offenen Tonsilben, also Silben, die auf einem Vokal enden, statt. Der betonte kurze Vokal wird gedehnt – lang gesprochen -, was jedoch nicht immer graphisch markiert werden kann (vgl. Vogel 2012: 39f.). So wird z. B. aus dem mhd. Wort sâgen das fnhd. Wort sāgen (vgl. Wolff 1920/2009: 112). Obwohl die Vokaldehnung meist offene betonte Silben erfasst, kann es durchaus vorkommen, dass auch geschlossene Einsilber gedehnt werden. Ein Beispiel hierfür ist das mhd. Wort /dem/, das zum fnhd. Wort /dem/, allerdings mit langem e ausgesprochen, wird (vgl. Vogel 2012: 39f.). Die Vokalkürzung tritt vor allem im Ostmitt...


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