Entwicklungspsychologie A Einheit 6 Jean Piaget PDF

Title Entwicklungspsychologie A Einheit 6 Jean Piaget
Author Kimberly Puck
Course Entwicklungspsychologie A
Institution Universität Klagenfurt
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Entwicklungspsychologie A Thema 6 : Jean Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung Biografie • • •

1896-1980 Studierter Biologe mit Interesse für Philosophie 1940 - 1971 Professor für „genetische und experimentelle Psychologie“ in Genf

Piagets Ausgangspunkt •

Piaget war fasziniert von den „Denkfehlern“ kleiner Kinder: sein Eindruck war, dass diese auf eine fundamental andere Denkweise schließen lassen

Beispiele: • •

„Die Wolken gehen sehr langsam, weil sie keine Füße und Beine haben: Sie machen sich lang wie die Würmer und die Raupen, daher gehen sie so langsam.“ (J., 4;6 Jahre) „Das sind kleine Steine, die Berge, die sehr groß geworden sind. Sie sind lange klein geblieben, dann sind sie sehr groß geworden, immer größer. Da war vielleicht einer der einen kleinen Stein hier hingeworfen hat, und der ist dann zum Salève geworden.“ (J., 4;3 Jahre)

Die Beispiele zeigen Das Kind hat bestimmte Konzepte (Vorstellungen), z.B. das Konzept der zielgerichteten Bewegung, das des Wachsens, das eines lebenden und denkenden Organismus – und es wendet diese auch auf Objekte an, für die sie eigentlich nicht gelten. Mit zunehmendem Alter erwirbt das Kind immer mehr und differenziertere Konzepte und nähert sich dadurch dem Verständnis der Realität an.

Grundidee der Theorie • • • •

Kinder entwickeln ihre Vorstellungen von der Welt in der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt Sie konstruieren immer neue Denkmodelle der Realität → Konstruktivismus Mit zunehmender Entwicklung passen diese Denkmodelle immer besser auf die realen Gegebenheiten Auch Erwachsene passen sich an neue Situationen auf diese Weise an

Begriff „Schema“



Ein Schema ist die typische Weise, wie jemand auf bestimmte Eigenschaften einer Situation reagiert

„Wir werden an den Handlungen das als Handlungsschema bezeichnen, was von einer Situation auf die andere übertragbar, generalisierbar oder differenzierbar ist, anders gesagt, was verschiedenen Wiederholungen oder Anwendungen der gleichen Handlung gemeinsam ist.“ (Piaget, 1967) •

Kinder entwickeln von klein auf Schemata und streben danach, sie optimal an die Realität anzupassen

Beispiele für Schemata „Greifschema“ Ein Baby greift zunächst nach allen Gegenständen auf die gleiche Art. Später lernt es durch Erfahrung, die Greiftechnik an bestimmte Eigenschaften des Objekts (Form, Konsistenz, Gewicht) anzupassen.

Sprachliche Schemata Kleinkinder haben zunächst zu allgemeine oder zu spezifische Begriffe (z.B. „Fisch“ für alle Wassertiere, „Wauwau“ nur für den eigenen Hund) – durch Interaktion mit Bezugspersonen werden die Begriffe differenziert oder generalisiert.

Streben nach Äquilibration Ziel des Kindes ist eine gute Passung (Gleichgewicht = aequilibrium) zwischen seinen Schemata und der Realität. Daher versucht es, seine Schemata so gut wie möglich an die Welt anzupassen (Äquilibration). In einer konkreten Situation versucht das Kind zunächst, seine vorhandenen Schemata anzuwenden (Assimilation). Wenn das wiederholt nicht gelingt, passt es seine Schemata an die neue Situation an oder entwickelt neue Schemata ( Akkommodation)

Assimilation und Akkommodation Assimilation → Das Kind wendet ein Schema auf eine neue Situation an. Beispiele • •

Ein Baby untersucht einen neuen Gegenstand, indem es alle seine Schemata darauf anwendet (Greifen, In-den-Mund-Stecken, Werfen, …) Ein Kleinkind nennt die Nachbarskatze „Hund“, weil sie ein Fell und vier Beine hat

Manchmal gelingt die Assimilation nicht: Flüssigkeit lässt sich nicht greifen, die Nachbarskatze macht die falschen Geräusche für einen Hund.

Akkommodation → Das Kind passt seine Schemata an neue Anforderungen an. Beispiele • •

Das Baby erweitert sein Greifschema um die Möglichkeit des Schöpfens. Das Kleinkind modifiziert sein Hundeschema und erlernt ein neues Schema für Katzen

4 Stufen der kognitiven Entwicklung

Neben der Veränderung einzelner Schemata durch Akkommodation kommt es im Lauf der Kindheit einige Male zu größeren, globaleren Veränderungen der Art, in der die Realität in der Vorstellung des Kindes repräsentiert wird. Diese Veränderungen sind nach Piagets Auffassung qualitativ. Quantitative Veränderung: Veränderung einer (theoretisch) messbaren Größe auf einer gleich bleibenden Skala. Z.B. Veränderung der Reaktionsgeschwindigkeit, des Wortschatzes, des Intelligenzquotienten. Qualitative Veränderung: Nicht nur Steigerung (oder Absinken) bestimmter Leistungen, sondern grundlegende Umstrukturierung – die Leistung ist daher nicht vorher und nachher auf der gleichen Skala messbar. Z.B. Spracherwerb, Aggressionsausdruck.

*

Sensumotorische Stufe

0 – ca. 1;6 Jahre

Präoperatorische Stufe

ca. 1;6 – 7 Jahre

Stufe der konkreten Operationen

ca. 7 – 11 Jahre

Stufe der formalen Operationen

ab ca. 11 Jahre

* 1;6 = 1 Jahr 6 Monate

Die sensumotorische Stufe („Wurzeln des Denkens“) – 0 bis ca. 1 ½ Jahre Piaget war der Auffassung, dass Kinder im ersten Lebensjahr noch keine „inneren Vorstellungen“ haben: ihr Denken erfolgt direkt in der Auseinandersetzung mit Objekten (Input durch die Sensorik = Sinneswahrnehmungen, Output durch die Motorik = Bewegungen). Das Kind kann sich ein Objekt, das gerade nicht da ist, zunächst nicht vorstellen. •

Im Laufe der ersten eineinhalb Jahre kommt es zu einer zunehmenden „Verinnerlichung“: das Kind kann in der Vorstellung mit Dingen umgehen, die real nicht vorhanden sind

Drei „Meilensteine“ der sensumotorischen Entwicklung •

Objektpermanenz: Erkenntnis, dass ein Objekt auch dann weiter existiert, wenn man es nicht mehr sieht



Nachahmungsverhalten: Imitieren von Handlungen der Bezugspersonen



Symbolhandlungen: Symbolische Darstellung von Handlungen mit „Ersatzobjekten“

Objektpermanenz Piagets Experiment Dem Baby wird ein Gegenstand gezeigt und es darf damit hantieren. Dann wird der Gegenstand vor den Augen des Babys durch einen Sichtschutz verdeckt. Das Baby wirkt überrascht, verhält sich aber so, als habe sich das Objekt in Luft aufgelöst – d.h. es sucht nicht danach. Erst ab einem Alter von etwa 8 Monaten sucht das Baby nach dem Gegenstand. Dass das Baby nicht nach dem Gegenstand sucht, muss nicht bedeuten, dass es ihn vergessen hat.

Experiment von Renée Baillargeon (1987) 3 ½ und 4 ½ Monate alte Babys sahen zunächst nur einen Schirm, der sich langsam vor und zurück bewegte. Nach einiger Zeit interessierte sie dieser Schirm nicht mehr sehr (Habituation).

Nun wurde hinter dem Schirm ein Objekt aufgestellt (Schachtel oder Spielzeugfigur). Die Babys sahen eines von 2 Ereignissen: Mögliches Ereignis Während der Schirm sich nach oben bewegte, wurde das Objekt immer mehr verdeckt, bis er ganz unsichtbar war. ohne Objektpermanenz sollte das Baby das Objekt jetzt vergessen haben.

Als der Schirm an das (nicht mehr sichtbare) Objekt stieß, bewegte er sich nicht mehr weiter Unmögliches Ereignis Als das Objekt vom Schirm ganz verdeckt war, entfernte es der Versuchsleiter – der Schirm bewegte sich daher weiter bis zum Maximalwinkel von 180°.

Vorhersagen • •

Ein Baby, das keine Objektpermanenz hat, sollte das mögliche Ereignis interessanter finden, weil weil der Schirm plötzlich „ohne Grund“ stehen bleibt. Ein Baby, das Objektpermanenz hat, sollte das unmögliche Ereignis interessanter finden, weil da ein verstecktes Objekt verschwindet.

Ergebnis Die meisten Babys mit 4 ½ Monaten und manche (schnell habituierende) Babys mit 3 ½ Monaten betrachteten signifikant länger das unmögliche Ereignis. Sie hatten das Objekt also nicht vergessen, als es verschwand.

Das heißt: Mit etwa 4 Monaten haben Babys sowohl Objektpermanenz als auch ein bemerkenswertes „physikalisches Wissen“ – obwohl sie noch wenig direkte Erfahrung mit dem Hantieren mit Gegenständen haben! Warum Babys erst wesentlich später beginnen, aktiv nach verschwundenen Gegenständen zu suchen, ist nicht klar (Baillargeon vermutet, dass es ein Problem der Koordination der Abfolge von mehreren Handlungsschritten sein könnte). Mit etwa 10 Monaten wird das Verschwinden und Wiederkommen generell ein wichtiges Thema („Kuckuck-Spiele“ etc.).

Nachahmungsverhalten Piaget interessierte sich vor allem für „verzögerte Nachahmung“ = Imitation von Handlungen, die das Kind gerade nicht sieht.



Laut Piaget kann eine Handlung – vor allem mit Verzögerung – nur nachgeahmt werden, wenn sie innerlich repräsentiert ist: Das Kind kann nur Handlungen nachahmen, für die es ein Schema im Gedächtnis hat.



Dann müsste diese Aufgabe aber für ein Neugeborenes unlösbar sein.



Es muss also eine angeborene Fähigkeit geben, den Ausdruck anderer nachzuempfinden („Spiegelneuronen“).



Piagets Annahme stimmt für gezieltes Imitationsspiel, das mit ca. 1 - 1½ Jahren beginnt. Imitieren bzw. Sich-Einfühlen scheint aber auch auf andere Art möglich zu sein

Symbolhandlungen •

Mit etwa einem Jahr beginnen Kinder, Handlungen symbolisch darzustellen und Objekte symbolisch zu verwenden.



Beispielweise spielt das Kind Schlafen, indem es den Kopf auf einen Polster legt und kurz die Augen schließt, oder es füttert seine Puppe.



Zentral ist dabei: Das Kind weiß genau, dass es „nur spielt“: es versteht also, dass es einen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Vorstellung gibt

Die präoperatorische Stufe („Anschauliches Denken“) – ca. 1 ½ bis 7 Jahre In der präoperatorischen Stufe steht zunächst (bis etwa zum 3. Geburtstag) der Spracherwerb im Vordergrund. Dieser interessierte Piaget weniger; er sah Spracherwerb nur als Folge der allgemeinen kognitiven Entwicklung. In der Sprachentwicklung zeigt sich auch der Übergang zur Verwendung von Symbolen: Die ersten Wörter von Kindern (mit ca. einem Jahr) bezeichnen immer Dinge, die sie gerade sehen. Erst später kann das Kind auch von „abwesenden“ Dingen sprechen.

Anschauliches Denken Besonders interessant fand Piaget die Phase von etwa 3 bis 7 Jahren, in der Kinder bereits sprechen können, aber in ihrem Denken noch große Unterschiede zu älteren Kindern und Erwachsenen zeigen. Das Denken des Kindes in dieser Phase beruht stark auf Intuition und orientiert sich an äußerlichen Eigenschaften von Objekten, Logik spielt noch keine starke Rolle.

Beispiele • • •

Animistische und finalistische Naturerklärungen Zentrierung auf einen Aspekt Egozentrismus

Animistische und finalistische Naturerklärungen Animismus: Auch unbelebte Objekte werden als denkend und fühlend betrachtet. „Der Wind ist böse, er will uns Angst machen, deshalb bläst er so stark.“ Finalismus: Naturgegebenheiten werden aus einem Zweck erklärt. „Die Steine gibt es, damit wir Häuser bauen können, die Bäume hat jemand gemacht, damit die Menschen im Sommer Schatten haben.“

Zentrierung des Denkens Das Kind hat Schwierigkeiten, mehrere Aspekte einer Aufgabe gleichzeitig zu berücksichtigen, es (kon)zentriert sich auf einen Aspekt und vernachlässigt die anderen.

Beispiel: Piagets Umfüllaufgaben Ablauf der Umfüllaufgaben aus Sicht des Kindes: • •

Die Versuchsleiterin zeigt ihm zwei Gläser mit gleich viel Saft und fragt: „Ist in beiden gleich viel Saft, oder sind sie verschieden?“ Die Versuchsleiterin gießt ein Glas um und stellt wieder die gleiche Frage.

Was wird sie aus Sicht des Kindes vermutlich hören wollen? Derartige Probleme mit Suggestivfragen wurden an einigen von Piagets Experimenten kritisiert. Ab einem Alter von etwa 7 Jahren sind Kinder generell weniger anfällig für Suggestivfragen (womit Piaget letztlich wiederum Recht hat).

Anderes Beispiel für Zentrierung: Moralisches Urteilen Erzählen Sie einem 3-4jährigen Kind folgende zwei „Fallbeispiele“: 1. Hans möchte seiner Mutter beim Geschirrspülen helfen. Er stolpert und zerbricht 10 Tassen. 2. Paul ärgert sich, weil er seiner Mutter nicht helfen will. Er wirft eine Tasse auf den Boden, und sie zerbricht. → Welches Kind war schlimmer?

Häufige Antwort 3-4jähriger Kinder •

„Hans ist schlimmer, weil er 10 Tassen kaputtgemacht hat und Paul nur eine.“



aber: stark erziehungsstilabhängig!

Zentrierung Piaget meinte: Die Antworten der drei- bis fünfjährigen Kinder zeigen, dass ihr Denken au einen Aspekt (Höhe des Flüssigkeitsspiegels oder Breite des Glases; Ausmaß des Schadens) zentriert ist und sie nicht die gleichzeitige Veränderung des zweiten Aspekts (das 2. Glas ist höher, aber auch schmäler; Paul hat den Schaden mit Absicht angerichtet) berücksichtigen können. Kurze methodologische Zwischenfrage: Könnte es sein, dass das 3-5jährige Kind nicht deshalb „zentriert“ antwortet, weil es zentriert denkt, sondern dass es etwas mit dem Versuchsablauf zu tun hat?

Egozentrismus Egozentrismus bedeutet nicht, dass das Kind nur an sich selbst denkt (wie der Begriff „Egozentrismus“ alltagssprachlich gebraucht wird) oder dass es sich absichtlich nicht in andere hineinversetzen will. Nach Piaget kann ein präoperatorisches Kind seinen Denkfehler deshalb nicht erkennen, weil es keine Vorstellung von unterschiedlichen Perspektiven hat: Aus Sicht des Kindes ist die Welt nichts anderes als das, was es wahrnimmt. Kinder auf der präoperatorischen Stufe gehen laut Piaget davon aus, dass ihre subjektive Sicht eines Sachverhalts die einzig mögliche, objektiv richtige Sicht ist.

Beispiel: Piagets Drei-Berge-Versuch



Dreidimensionales Modell mit drei deutlich unterscheid-baren Bergen; Kärtchen mit verschiedenen Ansichten der drei Berge.



Das Kind sitzt zunächst in Position 1.



Frage an das Kind: „Was siehst du?“



Das Kind wählt korrekt die Karte mit seiner eigenen Ansicht.



Eine Puppe wird an Position 2 gesetzt.



Frage an das Kind: „Und was sieht die Puppe?“

Was wird ein drei- bis vierjähriges Kind antworten? •

Das Kind wählt wieder seine eigene Ansicht



Nun wird das Kind an Position 2 gesetzt.



„Was siehst du jetzt?“



Das Kind wählt korrekt die Ansicht von Pos. 2 aus.



Die Puppe wird an Position 1 gesetzt (wo das Kind vorher war).



Frage an das Kind: „Was sieht die Puppe jetzt?“

Was wird ein drei- bis vierjähriges Kind antworten? •

Das Kind wählt wieder die Karte mit seiner eigenen aktuellen Ansicht (Pos. 2).

Das heißt, •

Kinder können sich zu Beginn der präoperatorischen Stufe nicht vorstellen, dass man von einer anderen Perspektive aus nicht das Gleiche sieht wie sie.



Im weiteren Verlauf der präoperatorischen Stufe erkennen sie zunächst, dass die Berge von einer anderen Position aus anders aussehen müssen – das richtige Kärtchen auszuwählen gelingt erst wesentlich später.

Wenn das so stimmt, dann könnten Kinder erst etwa mit 5 Jahren Verstecken spielen. Studien zeigen auch, dass Kinder bei einer ähnlichen Aufgabe schon wesentlich früher in der Lage sind, eine Räuber-Puppe so zu verstecken, dass eine Polizisten-Puppe sie nicht sehen kann.

Spricht das gegen Piaget? Piagets Aufgabe ist absichtlich relativ weit von typischen Erlebnissen kleiner Kinder entfernt: dadurch wollte er untersuchen, ob das Wissen des Kindes über Perspektiven abstrakt genug ist, um es auch auf eine neuartige Aufgabenstellung anwenden zu können.

Theory of Mind: Ein Forschungsprogramm zur Perspektivenübernahme kleiner Kinder Heinz Wimmer und Josef Perner (Universität Salzburg) untersuchten 1983, ab welchem Alter Kinder verstehen, dass eine Person etwas wissen kann, was eine andere nicht weiß. „Theory of Mind“ (schwer zu übersetzen; in etwa „Theorie des Bewusstseins“) ist die Fähigkeit, eigene und fremde psychische Zustände (Wissen, Gedanken, Emotionen etc.) gedanklich zu repräsentieren.

„Aufgaben zum falschen Glauben“ (False Belief Task) nach Wimmer & Perner

Klassische Aufgabe („Sally and Anne“) Dem Kind wird mit Puppen eine Geschichte vorgespielt, in der eine Figur etwas weiß, was eine andere nicht weiß. Die unwissende Puppe hat also eine falsche Überzeugung. Das Kind soll sagen, wie die Geschichte weitergeht – aus der Antwort ist erkennbar, ob das Kind versteht, dass man auch aufgrund einer falschen Überzeugung handeln kann. Ablauf der Geschichte Anne und Sally (Puppen) legen den Würfel in die Schachtel. Dann geht Anne hinaus. Sally legt den Würfel in den Korb.

Wo wird Anne den Würfel suchen? Dreijährige Kinder antworten meistens, dass Anne den Würfel im Korb sucht, wo Sally ihn hingelegt hat: Sie verstehen noch nicht, dass Anne nicht wissen kann, wo Sally den Würfel hingelegt hat. Mit 4 Jahren antworten die meisten Kinder, dass Anne den Würfel in der Schachtel suchen wird, wo sie ihn zurückgelassen hatte. Mit etwa 4 Jahren wird den Kindern also bewusst, dass andere Menschen nicht automatisch das gleiche Wissen haben wie sie selbst.

„Smarties-Aufgabe“ Verstecken Sie einen Bleistift in einer leeren Smarties-Röhre. Zeigen Sie dem Kind die Röhre und fragen Sie, was da wohl drin ist. Das Kind antwortet vermutlich: „Smarties“. Lassen Sie das Kind die Röhre öffnen. Es wird den Bleistift entdecken. Fragen Sie das Kind jetzt: „Als ich Dir die Röhre gezeigt habe, was hast du da geglaubt, was drin ist?“ Was wird ein dreijähriges Kind antworten? Das dreijährige Kind wird sagen, es habe immer schon gewusst, dass ein Bleistift in der Röhre ist. Erst mit 4 Jahren kann das Kind verstehen, dass es früher etwas nicht wusste, was es jetzt weiß. Die Theory of Mind bezieht sich also auch auf sein eigenes Wissen.

„Vorläuferfähigkeiten“ der ToM entwickeln sich früher •

Empathie (eher intuitives Verständnis für die Gefühle anderer) und ein gewisses Bewusstsein der Wahrnehmung anderer schon im 1. und 2. Lebensjahr (siehe z.B. Versteckenspielen, Rückversicherungsverhal-ten, Zeigen/geteilte Aufmerksamkeit!),



Verständnis für Wünsche und Absichten anderer mit ca. 2-3 Jahren.

Autistische Kinder entwickeln keine ToM; sie zeigen auch die Vorläuferfähigkeiten



nicht. Kinder mit leichten Autismusformen wie Asperger-Syndrom können Aufgaben zum Falschen Glauben aber oft durch logisches Denken lösen

Die Stufe der konkreten Operationen – ca. 7 bis 11 Jahre Mit etwa 7 Jahren erfolgt eine deutliche Dezentrierung und Flexibilisierung des kindlichen Denkens. Beispiele •

Umfüllaufgaben: „Es ist ja nichts weggenommen oder dazugetan worden.“



Drei-Berge-Versuch: Das Kind weiß, dass die Berge aus anderen Positionen anders aussehen.

Innerhalb der Stufe der konkreten Operationen beherrscht das Kind mit zunehmendem Alter immer schwierigere logische Operationen. Zum Beispiel •

Mengenkonstanz (Umfüllaufgaben) mit 7 Jahren,



Gewichtskonstanz (Knetmasse umformen) mit 9-10 Jahren,



Volumenskonstanz (Knetmasse umformen) mit 11 Jahren

ABER „Immer eng mit der konkreten Tätigkeit verbunden, geben die Kinder dieser eine logische Struktur, was aber noch nicht die Fähigkeit einschließt, einen logischen Schluss unabhängig von der Tätigkeit zu entwickeln.“ → Das Denken ist noch stark anschauungsgebunden, das Kind kann noch nicht abstrakt in logischen Begriffen denken (z.B. unter Annahme von in Wirklichkeit falschen Voraussetzungen)

Die Stufe der formalen Operationen – ab ca. 11 Jahren Das Kind kann nun Theorien entwickeln, di...


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