Title | Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung |
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Author | Katharina Wetzel |
Course | Grundlagen des Unterrichts und der Schulpädagogik M2.1 |
Institution | Universität Koblenz-Landau |
Pages | 14 |
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Zusammenfassung aus der Unterrichtseinheit "erfolgreiches Lernen"...
Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
Funktionen der Aufmerksamkeit und des Arbeitsgedächtnisses Vorwissen bei Lernprozessen Lerns trategien und Metakognition Motivation (Willensbildung und Emotion)
Lernen allgegenwärtig und mehr oder weniger bewusst Wie bzw. unter welchen Bedingungen erfolgreich?
Allgemeinpsychologie: Aussagen über generelle Phänomene im Denken und Handeln
des Menschen Differenzielle Psychologie: Aussagen über die Ausmaße und Ursachen von
Unterschieden zwischen Menschen Betrachtungsweise von Lernen welche Voraussetzungen bzw. Umstände führen zu unterschiedlichem
individuellen Lernverhalten und –Erfolg? Bisher vorgestellte Lerntheorien zum Lernen: nur allgemeinpsychologisch!
Modell der guten Informationsverarbeitung (GIV) Das GIV-Modell der guten Informationsverarbeitung (Presley et al., 1989) Voraussetzung: planvolles und selbstgesteuertes Lernverhalten Basiert auf Befunden aus kognitiver und motivationaler Forschung 4 Bereiche individueller Lernvoraussetzungen: 1. Aufmerksamkeits- und Arbeitsgedächtnisleistungen 2. Vorwissen 3. Lernstrategien 4. Motivation/Selbstkonzept
Das Modell der guten Informationsverarbeitung Lernende...
•planen ihr Lernverhalten •nutzen effiziente Lernstrategien •wissen, wie, wann und warum die Strategien einzusetzen sind •sind motiviert, diese Strategien einzusetzen •nutzen Lernstrategien zunehmend automatisch •überwachen ihre Lern- und Leistungsfortschritte •reflektieren ihr Lernverhalten •haben ein Kurzzeitgedächtnis mit hoher Kapazität •haben reichhaltiges Weltwissen •vertrauen ihren Lernfähigkeiten
•sind überzeugt, sich verbessern zu können und streben dies an stellen sich immer wieder neuen Anforderungen
… aber! intraindividuelle Varianzen der Qualität guten Lernens im GIV-Modell, die nicht erklärt werden können! Erweiterung des Modells durch Aspekte der
Willensbildung und Emotionen
Modell der individuellen Voraussetzungen erfolgreichen Lernens (INVO-Modell) Kernbereiche (Hasselhorn & Gold, 2006) a) Aufmerksamkeits- und Arbeitsgedächtnisfunktionen
b) Vorwissen c) Lernstrategien und Metakognition d) Motivation und Selbstkonzept e) Willensbildung (Volition) und lernbegleitende Emotionen
INVO-Modell (Hasselhorn & Gold, 2006)
Lernprozesse im INVO-Modell unterliegen teils starken Entwicklungsveränderungen können Störungen und Verzögerungen der Lernmöglichkeiten aufweisen
Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis Absichtliche Lernen: sensorische Register (SR) halten Informationen für Millisekunden fest Funktional intaktes SR als Voraussetzung des Lernens Nur die mit Aufmerksamkeit (AU) bedachten Informationen gelangen ins Kurzzeitgedächtnis (KZG) bzw. Arbeitsgedächtnis (AG) Ständig Gefahr des Informationsverlust durch begrenzte Speicherkapazität Informationsverarbeitung von Steuerung und Qualität der AU bzw. des AG abhängig
inter- und intraindividuelle Unterschiede!
Selektive Aufmerksamkeit (Drei-Speicher-Modell)
Flaschenhalseffekt unterschiedliche Filter für Reizmerkmale (bottom-up) und Ziele/Vorwissen (topdown): Funktionsweise wird (Bedürfnisse, Ziele, Vorwissen, ...)
Top-down:
von
inneren
Faktoren
beeinflusst
Beispiel: Das Auto, das ich gerade kaufte, fällt mir jetzt ständig auf. Bottom-up: Funktionsweise wird von den Informationsmerkmalen selbst
beeinflusst
Beispiel: Lärm, Leuchten, grelle Farben, scharfes Chili, … ziehen meine Aufmerksamkeit auf sich.
Zwei-Prozess-Theorie (Neisser, 1967) Diskriminierungsprozess: Relevanz bewusster und unbewusster Informationsverarbeitung •
Bewusst: Prozess der Zuweisung: Zuteilung der AU-Kapazität auf Information (Fokussierung)
•
Unbewusst: Beispiel „Cocktailparty-Phänomen“ (Cherry, 1953)
Was bedeutet dies für den Schulunterricht?
•
•
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten von SuS sind u.a. auf Probleme der Diskrimination und der Fokussierung von Aufmerksamkeit zurückzuführen (z.B. ADS bzw. ADHS)
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Unterschiede in der fokussierten AU lassen sich über Unterschiede in der AGKapazität erklären (Bleckley et al., 2003)
Effizienz zur Unterscheidung relevanter und irrelevanter Informationen maßgeblich vom Vorwissen abhängig (Laie vs. Experte; Bransford e al., 2000
Arbeitsgedächtnis •
AG-Kapazität auf 7 +/- 2 Informationseinheiten (Miller, 1956)
•
Strategien und Kontrollprozesse, die den Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis erleichtern (Atkinson & Shiffrin, 1968)
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Mehrere Informationen kurzzeitig bewusst zu halten und in Beziehung zu setzen (Hasselhorn & Schumann-Hengsteler, 2001)
•
Mehrere Informationen kurzfristig aufzunehmen (speichern /abrufen) und gleichzeitig weiter zu verarbeiten (transformieren) ( (Roden et al., 2014) Gedächtnisspanne: Anzahl von Items, die nach einer Darbietung korrekt wiedergegeben werden kann
•
Gedächtnisspanne hängt von der Geschwindigkeit (Identifikation und Nachsprechen) ab (Dempster, 1981). strukturale und prozessuale Kapazitätsaspekte
•
Transformieren von Informationen (komplexe Anforderungen) Beispiel: Rückwärtsspanne: 2-5-7-9 9-7-5-2
•
Unterschiedliche theoretiche Modelle des AG einspeicher Modelle (Case, 1995; Cowan, 2005) mehrspeicher Modelle (Baddeley & Hitch, 1974
Mehrspeichermodell des AG nach Baddeley
Visuell-räumliches AG (VRAG) Visuelle Informationsverarbeitung: linkshemisphärisch (Temporallappen)
Räumliche Informationsverarbeitung: rechtshemisphärisch (parietalen Cortex)
Visuell-räumliches AG (visuell-räumlicher Notizblock) Visuelle und räumliche Informationsverarbeitung voneinander unabhängig (Logie, 1995) Schädigungen der linken Hirnhälfte (Farah, 1984)
Beeinträchtigung der visuellen Gedächtnisspanne
Schädigungen der rechten Hirnhälfte (Morton & Morton, 1995)
Beeinträchtigung der räumlichen Gedächtnisspanne
Unterscheidung in zwei Komponenten des VRAG: Visual Cache (visueller Speicher) Inner Scribe (räumliche Bewegungssequenz)
Matrixspanne (Musterrekonstruktionsaufgabe) Aufgabe um die Arbeitspanne des visuellen Gedächtnisses zu überprüfen
Stimulus
Mask
Request
Corsi-Block-Test (räumliche Sequenz) Aufgabe um die Arbeitspanne räumlichen Gedächtnisses zu überprüfen
Stimulus3
Stimulus1
Stimulus2
Request
Expected Reaktion
Phonologisches AG Sprachliche und akustische Sprachverarbeitung PLAG besteht aus zwei Komponenten: Phonetischer Speicher (phonological store): sprachliche/klangliche Signale für
1-2 Sek. Subvokaler Kontrollprozess (subvocal rehearsal): inneres Wiederholen zur
Informationserhaltung Subvokaler Kontrollprozess
Wortlängeneffekt als Beleg für das „innere sprechen“ (Baddeley, 1975)
bessere Gedächtnisleistungen bei Sequenzen von kurzsilbigen im langsilbigen Wörtern
Vergleich zu
Akustischer Ähnlichkeitseffekt (Gathercole & Baddeley, 1993)
bei ähnlich klingenden Wörtern fällt die Gedächtnisleistung (Schmaus, Maus, Haus, raus etc.)
geringer aus
Messung des phonologischen Speichers (Kunstwörter nachsprechen) „fradorluke“
Startsignal (Ton) t(s)
“fradorluke“
Request (Ton)
Stimulus 1 4,0
1,5
Expected reaktion 5,5
Phonologisches AG Zwei-Komponentenmodell des PLAG empirisch gut belegt Ausdifferenzierung des Phonologischen AG von Baddeley (Hasselhorn et al., 2000): Phonologischer Speicher: Unterscheidung zwischen Größe und Verarbeitungspräzision Subvokaler Kontrollprozess: Geschwindigkeit des Prozesses (Artikulations/Sprechrate) und Automatisierungsgrad der Aktivierung Automatisierungsgrad der Aktivierung kann den Wortlängeneffekt erklären (nicht bei Kinder im Vorschulalter und lernbehinderte Grundschulkinder)
Phonetischer Speicher
Verarbeitungspräzision
Automatisierung Aktivierung
Rehearsal
Zweikomponentenmodell des phonologischen AG nach Hasselhorn et al., 2000)
Zentrale Exekutive (ZE)
4 zentrale Funktionen der ZE nach Baddeley (1996): 1. Koordinationskapazität (Gleichzeitige Bearbeitung zweier Anforderungen) 2. Flexibilität beim Wechsel von Abrufstrategien (mehrere Verarbeitungs- und Speicherleistungen gleichzeitig koordinieren) 3. Selektive Fokussierung (Fokussierung relevanter, Ausblendung irrelevanter Informationen) 4. Selektive Aktivierung von Wissensinhalten (Verknüpfung mit Langzeitgedächtnis)
Beispiel Kopfrechnen: 25 x 12 a) Aufgabe visualisieren (schriftliches Rechnen im Kopf) visuell-räumlicher Notizblock b) Aufgabe verbalisieren (inneres Wiederholen der Aufgabe und der einzelnen Rechenschritte, z.B. 25 x 10 + 2 x 25) Phonologische Schleife ZE kommen unabhängig von der gewählten Arbeitsweise die Aufgaben... zur Speicherung und Selektion von Informationen, zum Abruf von Vorwissen aus dem Langzeitgedächtnis, Festhalten von Zwischenergebnissen, und zur Aufrechterhaltung des eingeschlagenen Lösungswegs, zu.
Messung der ZE (Counting Span) Stimulus1
Stimulus2
Stimulus3
„5,7,5“ Request
Expected reaction
Messung der ZE (Komplexe Spanne)
Stimulus 1 Expected reaction:
Reaktion
„No“
Stimulus 2
Reaktion
„Yes“
Stimulus 3
Reaktion
„No “
Reaktion
“Football, Candy, Candle“
Zentrale-Exekutive (ZE) Aktuelle Forschungslage der ZE unbefriedigend ZE als ein Kontroll-/Fokussierungs-/Abrufsystem vs. Vielzahl
unzusammenhängender, hochspezialisierter Mechanismen (Towse & HoustonPrice, 2001) Geringe Zusammenhänge zwischen den Gedächtnisspannenmaßen des AG und
Maßen den Aufmerksamkeitsfunktionen (Miyake et al., 2000) Wohl aber bei Maßen der allgemeinen Intelligenz (Oberauer et al., 2003) Faktoranalytische Absicherung der basalen Funktionen (Inhibition, Set Shifting,
Updating) durch Miyake et al. (2000)
Fazit Informationsverarbeitung von Steuerung und Qualität der AU bzw. des AG abhängig Erfolgreiches Lernen als Folge intelligenter Informationsverarbeitung ZE leistet hierzu einen wichtigen Beitrag Erfolgreiches Lernen benötigt eine intelligente Nutzung/Steuerung beider Hilfssysteme des AG (Phonologischen Schleife und Visuell-räumlicher Notizbock) Überwachung und Kontrolle der Inhalte und Kapazitäten Anpassung und Steuerung der Verarbeitungsprozesse AG als Supervisions- und Kontrollzentrum der Aufmerksamkeit...