Kleine Aster Interpretation PDF

Title Kleine Aster Interpretation
Course letteratura tedesca
Institution Liceo (Italia)
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Kleine Aster Interpretation Das Gedicht „Kleine Aster“ eröffnet Gottfried Benns ersten Gedichtband „Morgue und andere Gedichte“, der 1912 veröffentlicht wurde. Bereits der Titel „Morgue“, der aus dem Englischen oder Französischen stammt und übersetzt „Leichenschauhaus“ bedeutet, weist auf die provozierende Thematik des Todes und der Autopsie hin. Die sechs Gedichte des Gedichtbands sind schriftliche Zeugnisse der Erfahrungen, die Benn als Mediziner und Pathologe machte. Er schreibt sie an einem einzigen Abend nach einem Sektionskurz. Sie sind in einer nüchternen Sprache verfasst und enthalten realistische, grausame und erschreckende Bilder. Formaler Aufbau und Titel Das Gedicht ist durch einen experimentellen Umgang mit der Form gekennzeichnet. Stat eines traditionellen Gedichtschemas hat Benn vier prosaische Sätze formuliert, die sich über achtzehn Zeilen erstrecken. Die beiden letzten Sätze enden mit einem Ausrufezeichen. Auffallend ist die Brechung der Zeilen. Drei Zeilen weisen nur einen bzw. zwei Worte auf, die dadurch an exponierter Stelle stehen und das Augenmerk auf sich lenken. Auch die anderen Zeilen sind in ihrer Länge sehr unterschiedlich und ohne einen einheitlichen Rhythmus gestaltet. Das Gedicht weist nur zwei Reimpaare auf: Die Zeilen zwei und fünf und die Zeilen neun und elf. Mit der Aster, einer Herbstblume, leitet der Titel ein Naturmotiv ein. In diesem Fall wird sie in ihrer Größe als klein vorgestellt. Der Titel verspricht zunächst ein harmonisches, friedliches, vielleicht sogar etwas melancholisches Bild, da er auf den Herbst hinweist. Das „klein“ verniedlicht die Blume. So kommt die Assoziation zustande, dass der Titel beispielsweise die Bezeichnung einer Abbildung oder die Überschrift eines Gedichts sein könnte, das aus der Feder eines jungen Mädchens stammen könnte. Interpretation Gleich die erste Zeile widerspricht der Erwartungshaltung des Lesers, denn das Motiv wird nicht weiter verfolgt. Statdessen beginnt das Gedicht in seiner Thematik und Wortwahl auf äußerst schroffe Weise: Ein „ersoffener Bierfahrer“ wird als Subjekt des Gedichts präsentiert. Die Zeit des Gedichts ist das Präteritum, was das „wurde“ zum Ausdruck bringt, demnach der Vorgang also schon abgeschlossen ist. Bei einem Bierfahrer handelt es sich um eine Person, die eine Kutsche oder einen Wagen mit Bier fährt. Dieser ist „ersoffen“ und sein toter Körper wird auf einen Tisch gelegt. Das flapsige „ersoffen“ ist ein eher umgangssprachlicher Ausdruck für das Ertrinken. Gleichzeitig stellt es einen Bezug zu dem Wort „saufen“ her - ein herber Ausdruck für den hohen

Alkoholkonsum eines Menschen. Der ertrunkene Bierkutscher könnte demzufolge betrunken gewesen sein, weswegen er vielleicht einen Unfall verursachte.

Aber kommen wir mal um Inhalt. Das lyrische Ich sieht zu, wie ein Fernfahrer auf den Seziertisch gelegt wird und entdeckt, dass ihm eine Blume zwischen die Zähne geklemmt wurde. Als sie Richtung Gehirn rutscht, legt er sie behutsam in den Brustkorb, bevor dieser zugenäht wird. „Ruhe sanft, kleine Aster!“ lauten die letzten beiden Verse. Und so wenig die Form zum Expressionismus passte, so gut passt der Inhalt. Der Tod, das Verstorbene, der Leichnam und seine Sektion wird beschrieben, ein typisches Motiv, die Entmenschlichung, der Blume wird im Gedenken der Vorzug gegeben. Die Aster, die dunkelhelllila (welche Wortschöpfung) ist und liebevoll zischen die Zähne geklemmt wurde, steht eindeutig im Mitelpunkt. Der Mensch bleibt völlig unbekannt, nur ein Fernfahrer, der halt ertrunken ist, tatsächlich ist rein quantitativ über seine Organe mehr berichtet als über ihn als Menschen, die Aster wird sogar als „du“ angesprochen, was dem Menschen verwehrt bleibt. Solche Gedichte sind typisch für den Expressionismus, das hier geschriebene ist unter dem Eindruck der Industrialisierung, des massiven Elends in den Städten und der völligen Entmenschlichung unter den dortigen Arbeitsbedingungen verfasst. Warum eine Aster? Ich weiß es nicht sicher, aber ich könnte mir einen Rückbezug auf das romantische Motiv der blauen Blume vorstellen, die ja für Sehnsucht und Flucht steht und ich habe bei expressionistischen Gedichten häufiger mal das Gefühl, dass die Todessehnsucht, die häufig in ihnen steckt, eher in Richtung einer Natursehnsucht geht, der Tod also als Metapher für den Rückzug in die Natur. Etwas krude und vage Annahme, aber ich finde, das klingt, unter dem Eindruck von zwei Jahren in einer noch recht grünen Großstadt durchaus plausibel. Waldspaziergänge haben einfach im Gegensatz zu der Wahl zwischen Industriegebiet oder überfülltem Stadtpark ihren Reiz. Insgesamt ist das Gedicht mal wieder relativ verstörend. Ich habe bei expressionistischen Gedichten immer so eine gewisse ‚professionelle Distanz‘ und lasse die Gedichte nicht mehr an mich heran, aber für Neulinge in diesem Gebiet – ich erinnere mich an meine Oberstufenzeit und die erste Stunde Expressionismus – mag das ziemlich beklemmend sein. Kein Wohlfühlgedicht, aber dafür umso interessanter – ich habe ja kaum einen einzigen Aspekt behandelt.

Schöne Jugend Interpretation Titel, Form und Metrik Gottfried Benns Gedicht „Schöne Jugend“ erschien 1912 in seinem ersten Gedichtband „Morgue und andere Gedichte“. Morgue bedeutet im Französischen und Englischen Leichenschauhaus. Zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gedichtbands arbeitete Benn bereits als Arzt in verschiedenen Krankenhäusern und thematisierte in seinem lyrischen Schaffen den Tod.

Der Titel des Gedichts „Schöne Jugend“ vermitelt auf den ersten Blick eine positive und sogar unbeschwerte Grundstimmung. Der Leser könnte vermuten, dass das Poem von den herrlichen und sorgenfreien Jugendjahren handelt, aber der kontrastierende Inhalt zeichnet ganze andere kummervolle Bilder, die Benns medizinische Erfahrungen widerspiegeln. Das Gedicht besteht aus zwölf Versen, die von unterschiedlicher Länge sind. Die Verse wirken wie prosaische Sätze, die teilweise mit einer Zeile enden, teilweise aber auch über bis zu drei Zeilen fortgeführt werden. Trotzdem sind die einzelnen Verse teilweise metrisch strukturiert: In Vers zwei durch einen vierhebigen Trochäus und in den Versen sechs, zehn, elf und zwölf durch den vierhebigen Jambus. Die Verse fünf und acht sind gereimt, die übrigen Verse nicht. Metrisch auffallend ist der letzte Vers, der mit dem „Ach“ beginnt. Interpretation Das Gedicht beginnt mit dem Fund eines toten Mädchens. Offensichtlich hat die Wasserleiche „lange im Schilf“ am Ufer gelegen. Die Handlung ist in der Vergangenheit passiert und wird im Präteritum erzählt. In der zweiten Zeile wird der Mund des Mädchens, der am Beginn des Gedichts erwähnt wird, als „so angeknabbert“ beschrieben. Der Verweis auf ihren angebissenen Mund löst Ekel aus und lässt die meisten Leser sicher sogleich zurückschrecken. Was beschrieben wird, ist der natürliche Prozess der Verwesung einer Leiche, an der wahrscheinlich irgendwelche Tiere geknabbert haben. Das Verb „knabbern“ wirkt in diesem Zusammenhang brutal, denn eigentlich knabbert man an Gebäck oder anderen Lebensmiteln. Die drite Zeile eröffnet einen neuen Sachverhalt. Mit dem „man“ wird ein unpersönliches Subjekt ins Zentrum des Geschehens gerückt. Es wird berichtet, wie die Brust des Mädchens „aufgebrochen“ wurde und der Blick auf die Speiseröhre frei wurde, die „so löchrig“ war. Jetzt gewinnt der Leser vermutlich die Vorstellung, dass ein Gerichtsmediziner die Leiche obduziert. Nicht nur die Beschreibung des Hergangs hier in der Mite der Natur, auch die Wortwahl sind schockierend: Das Wort „aufbrechen“ erinnert an den Vorgang eines Jägers, der das erlegte Wild 'zerlegt'. Das Gedicht „Schöne Jugend“ handelt vordergründig von der Obduktion einer im Schilf gefundenen Mädchenleiche, hintergründig beschreibt es die Degradierung des Mädchens zum Nährboden für ein Nest von parasitär lebenden Raten. Daher ist das Gedicht auch in zwei Abschniten zu sehen. Zunächst geht es um den Fund des Mädchens und die Sezierung ihres Körpers in der Abfolge von oben nach unten, wobei zunächst ihr Mund, ihre Brust und Speiseröhre und schließlich ihr Zwerchfell sowie Leber und Niere betrachtet werden. Beim Betrachten des Zwerchfells wird bereits das Ratennest gefunden, welches im Folgenden detailreich und geradezu liebevoll beschrieben wird. Formell ist jedoch kein Unterschied zwischen den beiden Gedichteilen zu erkennen, da man

im gesamten Gedicht weder ein Reimschema noch ein regelmäßiges Metrum feststellen kann, was zum Teil daran liegt, dass das Gedicht fast ausschließlich aus Enjambements besteht. Diese beginnen bereits in den ersten drei Zeilen, welche einen Satz bilden und zunächst den Fund des Mädchens deutlich machen (Z.1 „im Schilf“). Bis zur fünften Zeile liegt der Fokus noch deutlich bei dem Mädchen und ihre Verstümmelungen an Mund und Speiseröhre werden beinahe mitleidsvoll beschrieben, was vor allem durch die Anapher ähnliche Verwendung des Partikels „so“ (vlg. Z.3 „so angeknabbert“ und Z.4f „so löchrig“) geschieht. Jedoch wirkt das Mädchen durch die zum Teil schon sehr in das Dingliche abgleitende Wortwahl bereits recht unmenschlich. „Als man die Brust aufbrach“ (Z.4) klingt eher wie das Hantieren mit einem Gegenstand, der in der Mite gewaltsam aufgetrennt wird, als die vorsichtige Obduktion eines jungen Mädchens. Ebenso die Adjektive „angeknabbert“ (Z.3) und „löchrig“ (Z.5) wirken brachial und deuten bereits die Degradierung des Mädchens zum Nährboden an. Diese Degradierung wird auch durch die Verwendung der Subjekte bewusst, welche sich stets auf einzelne Körperteile (Z.1 „Der Mund“) der Leiche oder auf die untersuchenden Mediziner, welche jedoch auch nicht näher beschrieben werden (Z.4 und Z.7 „man“), beziehen. Die entgültige Verdinglichung des Mädchens vollzieht sich in Zeile sechs, als „in einer Laube unter dem Zwerchfell“ das Ratennest gefunden wird. Eine Laube, welche normalerweise einen beschaulichen mit Bäumen umwachsenen Platz im Garten beschreibt, befindet sich hier im Körper der Leiche und dient somit als heimeliger Wohnort für eine Gruppe von Raten, was bereits an ein Paradoxon erinnert. Eine Veränderung der Verwendung der Subjekte vollzieht sich ab Zeile acht, wo mit „ein kleines Schwesterchen“ zum ersten Mal eine Rate mit einem Diminutiv und außerdem zum Subjekt aufgewertet, beschrieben wird. Durch die erstmalige Endigung des Satzes innerhalb der Zeile gewinnt dem Inhalt zusätzlich an Bedeutung. Es wird hier von einer toten Rate gesprochen, welche durch diese Gemeinsamkeit mit dem gestorbenen Mädchen vermenschlicht wirkt. Auffallend ist außerdem, dass das Mädchen vorher nie als „tot“ betitelt wurde, das lyrische Ich beschrieb lediglich die Körperteile des Mädchens als ob sie Partien eines wertlosen Gegenstandes wären. Die Rate jedoch wird als „Schwesterchen“ bezeichnet und ihr Tod wird regelrecht betrauert. Das nächste Enjambement zieht sich von Zeile neun bis elf und beschreibt die parasitäre Lebensweise der Raten, welche sich am Leichnam der Gestorbenen bereichern. Die Personifikation „und haten hier eine schöne Jugend verlebt“ (Z.10f) wirkt im Bezug auf die Überschrift sarkastisch, da mit „schöne Jugend“ nicht das verstorbene Mädchen, sondern das durch den Tod des Mädchens angenehme Aufwachsen der Raten gemeint ist. Genau so geht es auch in der folgenden Zeile weiter, wo mit der Anapher „schön und schnell“ der Tod der Raten durch den Fund des Mädchens beschrieben wird. Durch die Wiederholung des Adjektivs „schön“ in zwei sehr verschiedenen Zusammenhängen wie dem Aufwachsen und dem Tod, und den recht sarkastischen Anklang, werden die Raten wieder etwas mehr auf eine Stufe mit dem Mädchen gestellt. In Zeile elf wird die „Retung“ des Mädchens beschrieben, und ihre Finder, welche erneut unerkannt bleiben („man“) bilden das Subjekt, der Fokus also kurz wieder auf den Menschen liegt. Allerdings erfährt das Mädchen durch diese Unbestimmtheit der mit ihr im Zusammenhang stehenden Personen eine erneute Abwertung, da diese Personen dadurch eine Distanz zu ihr erlangen. Der mitleidige Ton mit

dem bereits in Zeile acht von den Raten gesprochen wurde wird in der letzten Zeile mit der Interjektion „Ach“ und dem Ausrufezeichen am Ende des Satzes auf den Höhepunkt gebracht und ist durch Stilmitel und Wortwahl so übertrieben gestaltet, dass es beinahe ironisch wirkt. Das lyrische Ich ist erfüllt von Mitleid für die Raten, welche aus ihrem Nest vertrieben wurden und vor Verzweiflung „quietsch[..]en“. Durch die Wiederholung des Adjektivs „klein“ (Z.8 und Z.14) wird außerdem erneut die Hilflosigkeit der Raten in den Vordergrund gerückt.

Insgesamt kann man von einer verkehrten Welt sprechen. Das Mädchen wird zu keinem Zeitpunkt näher identifiziert oder der genaue Todeshergang und dessen Ursachen erläutert, was die eigentlichen Anliegen einer Obduktion sind. Trauer über ihren Tod wird nicht einmal in Erwägung gezogen und sie wird zum Objekt degradiert, das gerade noch nützlich genug ist, um als Nährboden für ein Nest von Raten zu dienen. Die Raten erfahren auch dadurch eine enorme Aufwertung, dass ein Anblick, der normalerweise Ekel und Schrecken hervorrufen würde, hier als geradezu lieblich und anrührend empfunden wird. Allenfalls durch einige sarkastische Andeutungen in Zeilen elf und zwölf werden die Raten wieder ein wenig abgewertet, bis sie schließlich wieder ins Wasser geworfen werden. Die Degradierung des Menschen zum Objekt und die Aufwertung und Personifizierung der Dingwelt, bzw. hier der Tierwelt, sind typisch für den Expressionismus. Auch das in den Vordergrund stellen des Hässlichen und Unästhetischen bzw. die Erschaffung einer Ästhetik des Hässlichen werden in dieser Epoche häufig verwandt. Damit wird eine Abkehr von einer realistischen Darstellung des Todes erreicht, welcher hier beim Menschen auf die gegensandsähnliche Leiche reduziert wird und beim Tier die Aufmerksamkeit und das Mitleid erlangt, welche man normalerweise beim Todesfall eines Menschen erwarten würde. Somit wird eine neue Realität geschaffen, was das Anliegen vieler expressionistischer Künstler ist. Sie wollen den konventionellen und seit Jahrhunderten durch Religion und Gesellschaft festgefahrenen Ansichten und Regeln widersprechen und sich ihre eigene Realität schaffen, um so den Weg in eine bessere Zukunft zu finden. Durch Nichtbeachtung grammatikalischer Regeln, was auch in „Schöne Jugend“ kenntlich wird, sowie Satzabbrüche, einen fragmentarischen Schreibstil und einen provokanten Ton in der Sprache erreichen sie auch die Abkehr von klassischen Gedichts- , Roman- und Dramenformen. Besonders die Wasserleichenpoesie fasziniert Künstler dieser Epoche aufgrund einer intensiven Beschäftigung mit Tod, Verwesung und vor allem der Ich-Dissoziation, mit der sich viele expressionistische Künstler identifizieren konnten, da sie sich als verloren und allein im System der feindlichen Gesellschaft ansahen....


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