Title | NEO-PI-R - Zusammenfassung Testtheorie und Testpraxis - Standardisierte Verfahren |
---|---|
Course | Testtheorie und Testpraxis - Standardisierte Verfahren |
Institution | Technische Universität Chemnitz |
Pages | 9 |
File Size | 689.1 KB |
File Type | |
Total Downloads | 19 |
Total Views | 147 |
NEO-PI-R - Zusammenfassung Testtheorie und Testpraxis - Standardisierte Verfahren....
NEO-PI-R - Neo-Persönlichkeitsinventar nach Costa und McCrae Rezidivierte Fassung von F. Ostendorf u. A. Angleiter (2004)
erfasst 12 Persönlichkeits-Skalen Testkonstruktion basiert auf keiner Persönlichkeitstheorie
1. Theorie des Verfahrens Theoretischer Hintergrund 5-Faktoren-Modell der Persönlichkeit NEO-PI-R = Operationalisierung des 5-Faktoren Modells FFM ▫ Persönlichkeitseigenschaften lassen sich mittels Selbst- o. Fremdbeurteilung in 5 weitgehend unabhängige Dimensionen einordnen ▫ "Väter des FFM": Tupes u. Christal (1961) → haben erstmals 5 Faktoren nachweisen können ▫ basiert auf befunden des lexikalischen Ansatzes 5-Faktoren-Modell der Persönlichkeit ▫ Lexikalischer Ansatz: Goldberg, 1983: bedeutende, interessante & nützliche Aspekte menschl. Persönlichkeit sind in der Sprache kodiert Analyse von Wörterbüchern nach personenbeschreibenden Begriffen faktorenanalystisch auf untereinander nicht korrelierte Dimensionen reduziert Identifikation einer klaren 5-Faktoren-Struktur → Big Five (Goldberg) O Offenheit für Erfahrungen C Gewissenhaftigkeit E Extraversion A Verträglichkeit N Neurotizismus 2. Testkonstruktion Forschungsstrategie: Top-Down-Verfahren → A) möglichst breite Bereiche interindiv. Diff. identifizieren → B) jeden Bereich gesondert analysieren, um Facetten zu bestimmen Zentral: rationale und faktorenanalytische Strategien ▫ Auswahl der Konstrukte, die erfasst werden sollen ▫ Generierung von Items ▫ Beantwortung dieser Itemsets durch große Stichpr. ▫ Itemfaktorenanalyse ▫ Itemselektion aufgrund der Ladungshöhe angemessene Ausbalancierung von pos. u. neg. verschlüsselten Items Übersetzung der amerikanischen Version ins Deutsche unabhängige Übersetzung der Items → alle Übersetzungsvorschläge diskutiert/modifiziert; Ergebnis: eine 1. deutsche Übersetzung → Rückübersetzung dieser 1. Version durch 2-sprachigen Psychologen → amerikanische Autoren: Kontrolle der Rückübersetzung auf Übereinstimmung mit Originalversion (→ mangelnde semantische Äquivalenz bei 7 Items, → 2-maliges Durchlaufen des Prozesses) → Genehmigung u. Autorisation von Costa u. McCrae
3. Testaufbau 1. Neurotizismus (N) beschreibt Unterschiede zw. emot. Robustheit & emot. Empfindsameit Wie stark werden pos. & neg. Emotionen erlebt? Personen mit hoher Ausprägung: sensibel, empfindsam, erleben unter Stress häufiger beunruhigende Gefühle Personen mit niedriger Ausprägung: sicher, entspannt, unempfindlich, widerstandsfähig, auch unter Stress kaum aus der Ruhe zu bringen
2. Extraversion (E) beinhaltet Häufigkeit & Intensität zwischenmenschl. Interaktion Bedürfnis nach Stimulation Fähigkeit zum "Erleben von Freude" Personen mit hoher Ausprägung: gesellig, gesprächig, freundlich, unternehmungsfreudig, aktiv, selbstbewusst, dominant, mögen Gesellschaft anderer Personen niedriger Ausprägung: Introversion: eher das Fehlen von Extraversion, zurückhaltend, ernst, nicht träge, aber bedachtsam, ziehe es vor allein o. mit wenigen Freunden zu sein
3. Verträglichkeit (A) umschreibt Einstellungen & gewohnheitsmäßige Verhaltensweisen in soz. Beziehungen Personen mit hoher Ausprägung: mitfühlend, gutmütig; bemüht, anderen zu helfen; bemüht, Konflikte zu vermeiden; pathologische Extremform: "Abhängige Persönlichkeit"
Personen mit niedriger Ausprägung: unsentimental, skeptisch, eher egozentrisch, wetteifernd; Tendenz, Ärger direkt zu zeigen; pathologische Extremform: "Narzisstische Persönlichkeit"
4. Gewissenhaftigkeit (C) erfasst indiv. Unterschiede hinsichtlich der Planung, Organisation & Ausführung von Aufgaben Pers. mit hoher Ausprägung: gewissenhaft, systematisch, hohe Ansprüche, zielstrebig, entschlossen, willensstark, Negativbsp.: Arbeitssucht, zwanghafte Ordentilchkeit Pers. mit niedriger Ausprägung: unbeschwert, Pläne werden nicht gemacht; stecken sich auch Ziele, doch verfolgen diese mit geringerem Engagement als Pers. mit hoher Merkmalsausprägung
5. Offenheit für Erfahrungen (O) erfasst das Interesse an (& das Ausmaß der Beschäftigung mit) neuen Erfahren, Eindrücken u. Erlebnissen Pers. mit hoher Ausprägung: neuen Erfahrungen ggü. sehr aufgeschlossen, experimentierfreudig, breites Spektrum an Interessen, lebhafte Phantasie Pers. mit niedriger Ausprägung: sehen Dinge realistisch u. sachlich, nüchtern; eher festgelegt in der Art, wie sie etw. unternehmen ≠ Intoleranz, autoritäre Verhaltensweisen
Außerdem ▫ Erfassung sozio-demographischer Variablen ▫ Form F mit integriertem Antwortmodus: noch 6 Fragen zur beurteilten Pers. z.B.: Verwandschaftsverhältnis ▫ 3 Items zur Validitätskontrolle a. Ich habe mich bemüht, alle Fragen ehrlich u. zutreffend zu beantworten b. Haben Sie alle Fragen beantwortet? c. Haben Sie Ihre Antworten an den richtigen Stellen angekreuzt?
4. Anwendungsbereiche Selbstberichte: meist genutzte Informationsquelle zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen Fremdbeurteilung: für manche Anwendungsbereiche vorrangig (z.B. bei Behinderungen) Bereiche ▫ Beratung, klin. Psychologie u. Psychiatrie ▫ Verhaltens- u. Gesundheitsmedizin ▫ Berufsberatung, Arbeits-, Betriebs- u. Organisationspsychologie ▫ Pädagogisch-psychologische Forschung 5. Voraussetzungen an getestete Person ab 16 Jahren einsetzbar (Empfehlung) sprachliche Voraussetzung → kaum Voraussetzungen 6. Testmaterialien
→ Preis: ca.. 268,00€ auch als computerbasierte Version Übersetzungen des amerikanischen NEOPI-R mittlerweile in 30 Sprachen
7. Durchführung Einzeltest sowie Gruppentest Testleiter sollte versuchen eine möglichst pos. Einstellung des bzw. der Probanden zur Testsituation herzustellen Instruktionen: im Innenteil der Fragebogenformen Empfehlung diese bei der Gruppentestung vorzulesen Rückfragen der Testpersonen → Bezug der Items auf ihr Verhalten u. Erleben Bearbeitungszeit: i.d.R. 30-40 Min.
vor Abgabe: Probanden beten, ihr Antworten auf Vollständigkeit überprüfen
8. Auswertung fehlende Antworten: ▫ Prüfung, ob alle Items beantwortet wurden ▫ keine Testauswertung unter 25 u. mehr nicht beantworteten Items (max. 10%) ▫ Verzicht einer Interpretation eines Hauptskalenwertes: Fehlen von 7 o. mehr gültigen Antworten der 48 Items einer Hauptskala ▫ Verzicht der Interpretation eines Facettenwertes: bei 3 oder mehr fehlenden Antworten der 8 Items pro Facette ▫ bei nicht Erreichen der Grenzwerte: a) Korrektur von Zahlenwerten b) Ersatz fehlender Antworten auf einzelnen Items Ausschlusskriterien ▫ Item A Frage nach ehrlicher u. zutreffender Beantwortung zu 99% von freiwilligen Teilnehmern mit Zustimmung gekennzeichnet ablehnende Antwort führt normalerweise zu einem ungültigen Protokoll (Costa & McCrae, 1992a) ▫ Item B Frage nach Beantwortung aller Fragen Teilnehmer soll Antworten überprüfen u. ggf. ergänzen Verneinung führt nicht zwangsweise zum Protokollausschluss (s.a. max., zulässige Zahl fehlender Antworten) ▫ Item C Frage, ob Kreuz an richtiger Stelle gesetzt wurde Ablehnung sollte zum Ausschluss des Protokolls führen ▫ Akquieszenz (Zustimmungstendenz) Zustimmung bei mehr als 152 Items der Form S bzw. mehr als 154 der Form F vorsichtige Interpretation der Testwerte ▫ Neinsagetendenz Zustimmung zu mind. 63 Items (Form S) bzw. 58 Items der Form F, ansonsten kritische Beurteilung der Testwerte ▫ Zufälliges Beantworten unsorgfältiges o. zufälliges Beantworten der Items Reduktion durch In-Aussicht-Stellung einer Rückmeldung über Ergebnisse Itembeantwortungsmuster der Originalform zeigt, dass 6 Items völlig unzutreffend, 9 unzutreffend, 10 zutreffend, 9 sehr zutreffend (aufeinanderfolgend) ein ungültiges Testprofil hervorbringen Auswertung der Fragebogenformen: ▫ bei der Handauswertung ist zu beachten, dass... die mit R bezeichneten Items umgepolt werden Testantworten von -2, -1, 0, +1, +2 in die folgenden Werte umzuwandeln sind: -2 = 0, -1 =1, 0 =2, +1 = 3, +2 = 4 bzw. -2 = 4, -1 = 3, 0 =2, +1 = 1, +2 = 0 (bei Item mit R-Vermerk) ▫ bei Nutzung der Antwortblätter mit Durchschreibform: erstes Blatt wird auf das 2. durchgepaust kodiert mit einem Zahlenwert von 0-4 je nach Polung Ermittlung der Skalenrohwerte: ▫ angekreuzten Antworten mit dem zutreffenden Zahlenwert gewichten (nach Itemschlüssel) u. aufsummieren
Abfolge der Items: zunächst die Items der ersten Facetten eines Persönlichkeitsbereich, dann die Items der zweiten Facette etc. ▫ Summenwerte für die Facetten bilden u. in die rechte Spalte des Auswertungsblattes eintragen ▫ Rohpunktwerte für die jeweiligen Hauptskalen: Summierung der jeweils 6 für einen Persönlichkeitsbereich vorliegenden Facetten d.h. N1+N2+N3+N4+N5+N6=N, E1+E2+E3+E4+E5+E6=E etc. Profilwerte: ▫ Skalenrohwerte (Hauptskalen u. Facetten) in einem geeigneten Profilbogen eintragen (evtl. mit Linie verbinden) ▫ Namen des Probanden o. Kennziffer u. das Datum der Testung auf dem Profilbogen notieren ▫ in den Spalten am Rand des Profilbogens: T-Werte bzw. die Stanine- u. Prozentrangwerte des Probanden ablesbar ▫ außerdem ersichtlich: erzielten Werte der Testperson bezogen auf die Vergleichsgruppe → sehr niedrig, niedrig, durchschnittlich, hoch o. sehr hoch ▫
9. Interpretation Skalen des NEO-PI-R erfassen Persönlichkeitsmerkmale meisten Probanden zeigen Werte nahe dem Durchschnitt einzelne Skalen als kontinuierliche Dimensionen im Profilbogen grobe Unterscheidung von 5 Ebenen 1. T=34 u. geringer: sehr niedrig (ca. 7% der Bevölkerung) 2. T=35-44: niedrig (ca. 24% der Bevölkerung) 3. T=45-55: durchschnittlich (ca. 38% der Bevölkerung) 4. T=56-65: hoch (ca. 24% der Bevölkerung) 5. T=66 und höher: sehr hoch (ca. 7% der Bevölkerung) →Nicht als Trennwerte zu interpretieren, ab denen man sagen könnte, Pers. hätte diese Eigenschaften o. nicht
Ergebnisrückmeldung (je nach Bedarf): kurzes Informationsblatt u. ausführliche Broschüre informieren Testperson in verständlicher Form über erzielten Werte in dem NEO-PI-R-Skalen wichtig: ▫ Skalenwerte: stellen keine fehlerfreien Messungen ▫ → Diagnostische Entscheidung möglichst nie allein auf der Grundlage von NEO-PI-R Ergebnissen getroffen werden! ▫ nach Möglichkeit Ergänzungen durch weitere valide Informationen → im Zusammenhang aller diagnostisch relevanter Informationen interpretieren 10. Handhabbarkeit Testperson: ▫ forder viel Konzentration a) hohe Anzahl der Items beim Eintragen → leichtes Verrutschen in den Zeilen Testleiter: ▫ einfach & gut standardisiert → Instruktion im Antwortbogen vorhanden ▫ Umgang bei Nachfragen im Manual Auswertung: ▫ einfach mit Hilfe der Form des separaten Antwortbogens ▫ zeitlich aufwendig: manuelle Addition der Skalenrohwerte ▫ hohe Konzentration Interpretation: ▫ durch Eintrag in Protokollbogen Ausprägungen der Facetten u. Hauptskalen übersichtlich ▫ einfaches Ablesen der T-Werte, die zur Interpretation der Persönlichkeitsmerkmale notwendig sind ▫ kurzes Informationsblatt u. ausführliche Broschüre informieren Testperson (bei Bedarf) über die erzielten Werte ▫ → nur von Personen mit psychodiagnostischer Ausbildung 11. Besonderheiten des Tests Marktführer beruht auf dem 5-Faktoren-Modell mittlerweile Übersetzung in 30 Sprachen 12. Normierung: Stanine-,T- u. Prozentrangnormen für Gesamtgruppe u. für Subgruppen auf Testbögen für Skala O Normtabellen im Anhang des Testmanuals, unterschieden in Geschlecht (m/w), 2 Altersgruppen (16-29 J., ab 30 J.) u. 2 Bildungsgraden (ohne/mit (Fach-) Hochschulreife), da = signifikant mit Schulbildung korreliert MW u. SD für Gesamtstichpr., sekundäre Quotenstichprobe u. klinische Stichprobe Form S: ▫ Gesamtstichprobe N = 12.885, darunter nicht-klinische Stichproben mit N = 12.552 u klinische N=333 ▫ bereinigte Stichprobengrößen nicht-klinische N=11724, klinische N=279 durch Ausschlusskriterien u. Validitätskontrollen (Fragen A,B, C) ▫ zusammengesetzt aus Teilstichproben von über 50 Studien
▫
Ziehung einer sekundären Quotenstichprobe, die annähernd repräsentativ hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildungsstand war (N=871)
Form F ▫ N=1627, nach Bereinigung N=1547 ▫ alters- u. geschlechtsspezif. Normgruppen Erhebungszeitraum ▫ erstreckte sich über mehrere Jahre ▫ Erhebung der Normstichgruppen in über 50 Einzelstudien über mehrere Jahre ▫ → MW: Jahr 1999
13. Objektivität Durchführungs- u. Auswertungsobjektivität gegeben durch Integrierten Antwortbogen, standardisierte Instruktion u. Auswertung durch Auswertungs- u. Profilbögen Interpretationsobjektivität vorhanden durch Normwerte u. deren Bedeutung durch ausführliche Beschreibung der Skalen 14. Reliabiltät Alpha-Koeffizienten nach Cronbach (1951) Form S ▫ für verschiedene Alters- u. Geschlechtsgruppen der nichtklinischen u. klinischen Stichproben Form F ▫ Retest-Koeffizienten nach einem Monat bis 2 Jahren für deutsche Stichpr. bei Hauptskalen .82-.91 (mittel - hoch) u. Facetten .48-.91 (niedrig hoch) ▫ längerfristig (5 Jahre) Hauptskalen .74-.78 (niedrig), Facetten .53 - .78 (niedrig)
15. Validität Ausführliche Statistiken für alle Items verfügbar (MW, SD, Schiefe, Exzesse, Trennschärfe) Konstruktvalidität ▫ in einer Teilstichpr. N=750 Übereinstimmung zw. Selbst- u. Fremdbeurteilung gemessen (2 Beurteiler je Proband) ▫ BiLSAT-Studie, Bielefeld Longitudinal Study of Adult Twins (1995 bzw. 2000) ▫ Korrelationskoeffizienten von .47 (Verträglichkeit, mittel) bis .61 (Extraversion, hoch) ▫ gemittelt beträgt Übereinstimmung in Hauptskalen .54 (mittel) u. Facetten .47 (mittel) konvergente u. diskriminante Validität durch Multitrait-Multimethod-Analyse ▫ 179 6-stufige, bipolare Ratingsskalen "bipolar adjective rating scales" (BARS179) ▫ durch Hauptkomponentenanalyse entstanden Faktoren, die sich im Sinne der Big-FiveFaktoren gut interpretieren ließen ▫ Cornbach-Alpha-Koeffizienten des NEO-PI-R u. der BARS179 zeigen nach Auswertungskriterien nach Campbell & Fiske eine gute konvergente u. diskriminante Valdität ▫ Konvergenz der Form S u. F. des NEO-PI-R von .55-.64 (mittel bis hoch) ▫ verschiedene weitere Faktorenanalysen mit anderen Fragebögen zeigen sinnvolle Zuordnung zu den Hauptskalen des NEO-PI-R z.B. Freiburger Persönlichkeitsinventar, Gießen-Test, Leistungsmotivationsinventar, uvm. 16. Unverfälschbarkeit Verfälschbarkeit eingeschränkt durch Validitätskontrolle (Items A, B, C) keine Aussage zu sozial erwünschten Antwortverhalten Hinweise zum Erkennen von Verfälschungen aber keine expliziten Anweisungen zur Vermeidung im Testmanual enthalten 17. Zusammenfassung/Ausblick international weit verbreitetes Verfahren zur Bestimmung der Big-FivePersönlichkeitsfaktoren einsetzbar ab 16 Jahren breites Anwendungsfeld...