Title | Päda 3 Expertise - Komplette Vorlesungsfolien aus dem Sommer- und Wintersemester in Form von komfortabel |
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Author | Elena Zizmann |
Course | Ausgewählte Fragestellungen der Pädagogischen Psychologie, Abt. Pädagogische Psychologie |
Institution | Universität Trier |
Pages | 6 |
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Komplette Vorlesungsfolien aus dem Sommer- und Wintersemester in Form von komfortabel lernbaren Tabellen.
Zusätzlich enthalten die Tabellen Vorlesungsmitschriften. Diese sind klar als solche erkennbar, da sie kursiv geschrieben sind....
Päda 3 Expertise 1. Was ist Expertise? 2. Wissen, Intelligenz und Alter als Determinanten von Expertise 3. Ericssons Expertisetheorie
1. Was ist Expertise ? Was ist ein Experte ? In Öffentlichkeit
Relativ willkürlich (dichotome Einteilung in Experten und Laien) Will Rogers: ein Mensch fünzig Meilen von zu Hause, mit einer Aktentasche (Statussymbol) Nils Bohr: „jemand, der – in begrenzten Feld – alle Fehler gemacht, die gemacht werden können.“
Was macht Experten besser, als Novizen ?
Wahrnehmung? Wissen? Lösungswege? Motorik? Ausführung? Geschwindigkeit? Alternative Lösungswege? Selbstbewusstsein? Werkzeuge? Selbstmonitoring? Eigene Grenzen? Hilfe finden?
Was könnte psychisch. Grundlagen sein ?
Höhere Begabung? Intelligenz? Körperbau? Wissen im Langzeitgedächtnis? Bessere Arbeitsgedächtniskapazität? Motivation, Ausdauer? Persönlichkeit? Eltern, soziales Umfeld?
Wie wurde Expertise erworben ?
Freude, intrinsische Motivation, Flow-Erleben? Kritische Lebensereignisse? Gelegenheit? Erfolgserlebnisse? Zeitinvestition? Ehrgeiz, Wettstreit? Übung? Lehrer, Coaches, Trainer? Familie und Freunde?
Experten (VS. Novizen)
Experten • Hohe Problemlösekompetenz • Relativ stabile Problemlösekompetenz Expertise geht normalerweise einher mit • Hoher Erfahrung • Erfolg in Prüfungen, Bildungsabschlüssen, Wettbewerben
Expertise
Expertise: die Kompetenz von Experten • z.B. Schachexpertise = hohe Schachkompetenz Expertise ist relativ • Kein absolutes Kriterium für Expertise • Z.B. 2.-Klässler als Novizen im Subtrahieren, 6.-Klässler als Experten
Reliabilität von Expertiseunterschieden
„Expertenleistung hochgradig reproduzierbar. Unterschied zwischen Experten- und Novizenleistungen zählt zu größten Unterschieden zwischen gesunden Erwachsenen, die überhaupt in Verhaltenswissenschaft findbar.” (Ericsson & Lehmann, 1996) Bsp: Hundertmeterlauf: Experte gewinnt normalerweise 100 von 100 DG
Stärken von Experten (psychologische Sicht)
Generierung guter Lösungen Schnell und präzise Detektion relevanter Merkmale und Muster Fokussierung auf Tiefenstruktur eines Problems Viel Zeit für qualitative Analyse Gutes Selbstmonitoring Opportunismus ( z.B. umdisponieren, wenn schief läuft) und Pragmatismus Niedrige kognitive Belastung, hohe Automatisierung Hohe Gedächtnisleistung durch gut organisiertes Wissen (Chunking) → AG genauso begrenzt, aber muss mir statt mehrerer Elemente nur ein organisierendes Element merken (z.B. Datum als bedeutungshaltige Sequenz)
Schwächen von Experten (psychologische Sicht)
Domänenspezifität (nicht wie Intelligenz → kann Kompetenz in anderem Bereich senken) Selbstüberschätzung Selektive Aufmerksamkeit Unbewusste Mustererkennung (implizit, tacit) Feuerwehrmann entscheidet, ohne Begründung Inflexibilität (Experte in ähnliche werden sehr schwer) Voreingenommenheit (ungewöhnliche Situationen) übersehen eher wenn unerwartetes passiert
Bsp. Fokus auf Tiefenstruktur
Problemsituation auf 9 Kärtchen bei 3 Kärtchen selber Gegenstand kaputt (Auto, Türklinke, Waschmaschine) orthogonal variiert: Lösung durch selbes physikalisches Gesetz E: sortierern nach Tiefenstruktur (durch selbes phys. Gesetz lösbar) N: sortieren nach Oberflächenstruktur (selber Gegenstand)
Qualitative Analyse
Romanautoren: erst Handlung und Spannungsbogen konstruiert, vor erstem Satz
2. Wissen, Intelligenz und Alter als Determinanten von Expertise Grundfragen Was ist wichtiger für Expertise: Wissen oder Intelligenz? Expertise: stabile Personeneigenschaft oder jedem immer zugänglich? Angeboren oder erworben? Lernvoraussetzung oder Lerngeschichte? Schachexpertise und IQ Grabner, Stern, Neubauer
-ELO: Wertungszahl für Schachspieler : 2000 -2200 = starke Sieler -Ab 2200: Experten -Punktewolke → Intelligenz keine gute Determinante für Schacherfolg (wenig Varianzaufklärung) -weder verbaler, numerischer, noch figuraler IQ (obwohl figuraler IQ komplexes räuml. Vorstellungsvermögen misst) -Gibt Schachexperten mit weit unterduchschnittl. IQ von 80 -Für Expertiseerwerb hoher IQ nicht zwingend nötig Intelligenz VS. Wissen Weinert & Helmke
Intelligenz VS. Wissen Schneider, Bjorklund,.. Quasiexperiment (1996)
Korrelation Matheleistung Klasse zwei und Klasse vier recht hoch (.57) Korrelation Intelligenz Klasse 2 und Matheleistung Klasse 4 vorhanden (.26) -Partialkorrelation bereinigt um Intelligenz in Klasse2: Zshg. sinkt kaum -Partialkorrelation bereinigt um Vorwissen : fast kein Zusammenhang mehr → (Vor-)Wissen wichtigere Komponente für Expertiseerwerb, als Intelligenz
Design • Quasi-Experiment • Prätest (Wissen über Fußball), Lernphase (Fussballtext), Posttest Zwei orthogonale unabhängige Variablen (Prätest) • Hohes vs. niedriges Vorwissen über Fussball • Hohe vs. niedrige verbale Intelligenz Abhängige Variable (Posttest) • Erinnerte Fakten aus Fussballtext
Ergebnis (Fußballgeschichte ignorieren): Sortieraufgabe -Experten mit niedrigerem IQ mehr gelernt, als Novizen mit hohem IQ -hohe AG-Kapazität bringt bei niedrigem Vorwissen wenig: kann ohne Vorwissen weniger Schlussfolgerungen ziehen - bei selbem Expertiseniveau: kann bei höherem IQ mehr indirekte Schlüsse ziehen (hier Folie ausgelassen , die nicht prüfungsrelevant) Intelligenz und Wissen: Renkl & Stern (1994)
Intelligenz und Wissen sind teilweise konfundiert Beispiel: r = .5 → geteilte Varianz = 100% * r^2 = 25% Gemeinsame Varianz von Intelligenz und Wissen sagt substanziellen Varianzanteil der Leistung vorher -Leute mit hoher Int. oft auch viel Wissen erworben und umgekehrt → korreliert -reine Intelligenz klärt kaum Lösungsate auf, reines Wissen auch schwachen Einfluss -gemeinsame Varianz W *I (korreliert) klärt Leistungsvarianzanteil auf: Int. hilft nur, wenn Wissen für Schlussfolgerungen vorhanden Wissen allein hilft nur, wenn in der Lage Schlussfolgerungen zu ziehen. Zusammenfassung Wissen und Intelligenz
Vorwissen vs. Alter Schneider, Körkel & Weinert (1989)
Expertise ohne Intelligenz möglich und führt zu guten (Schul-)Leistungen Intelligenz ohne Expertise (Wissen, Übung) führt nicht automatisch zu guten (Schul-)Leistungen Expertise und Intelligenz überlappen (Intelligenz & spätere Expertise korrelieren ca. .50) → letzte Sitzung: Einfluss der Schule auf die Intelligenzentwicklung Expertise (Vorwissen) sagt weitere Leistungsentwicklung genauso gut ,oder besser vorher als Intelligenz
Stichprobe: 9-, 11-, 13-Jährige (Klassen 3, 5, 7) Design • Quasi-Experiment • Prätest, Lernphase (Fussballtext), Posttest Unabhängige Variable (Prätest) • Hohes vs. niedriges Vorwissen über Fussball Abhängige Variable (Posttest) • Erinnerte Fakten aus Fussballtext
Experten aus 3. Klasse mit mehr Infos entnommen, als Laien aus 7. Klasse Erfahrung und Vorwissen, nicht Alter, determinieren Expertise Kinder mit viel Erfahrung besser als Erwachsene mit wenig Erfahrung Prozess des Expertise-Erwerbs gleich für Kinder und Erwachsene Aus Sicht d. Expertise-Forschung: Alter irrelevant (Ausnahmen: sehr jung, sehr alt) Trotzdem: Gibt Zusammenhang mit Alter
3. Ericssons Expertisetheorie Ericsson & Crutcher (1990)
Expertise = mindestens 10 Jahre Deliberate Practice (besondere Übungsform) Mehr als 10.000 Stunden Übung „Langstreckenlauf“ → Konsistenz Expertise bereichsspezifisch (kann nicht glzt. In versch. Bereichen Experte sein) Aber: Lernmechanismen ähnlich für Gedächtnis, Sport, Musik, … Erfahrung und Motivation wichtiger als Begabung Prinzipiell: jeder Mensch kann Experte in beliebiger Domäne weden (ähnliche zugrundeliegende Mechanismen)
Berufserfahrung & Expertise Metaanalyse Quinones,Ford & Teachout 44 Studien, N = 25.911 (1995) Zeit im Beruf - Leistung: r = .27 Menge der Erfahrung im Beruf - Leistung: r = .43 (Deliberate Practice (wirklich üben) entscheidend: nur Zeit auf Arbeit verbringen nicht !) Auf organisatorischer Ebene (Firma): r = .16 Spezifische Aufgabenerfahrung: r = .41 Übung: Akkumulation Übung: Akkumulation Ericsson, Krampe & TeschRömer (1993)
Retrospektiver Fragebogen: wie viel in welchem Alter geübt (Geige) -erst: üben nur etwas mehr, aber sumiert sich ! → immer größere Unterschiede in akkumulierter Übung → Abstand kann irgendwann fast nicht mehr aufgeholt werden und: je länger dabei und je besser, desto größer Tendenz zu üben
Ähnliche Lernverläufe für unterschiedliche Kompetenzen
unterschiedl. Expertisefelder: keine großen qualitativen & quantitativen Unterschiede zeitliche Dynamiken und Mechanismen bei Expertiseerwerb sehr ähnlich Indirekter Einfluss des Alters
kein kausaler Zusammenhang, aber: Ältere mehr Übung akkummuliert → Scheinkorrelation zw. Alter und Kompetenz Unterschied zw. alt und jung größer bei Experten → bei wenig Übung zeigt sich Effekt fast nicht Warum ist Übung so wichtig ?
Arbeitsgedächtnis als Flaschenhals
-können fast unbegrenzt Dinge aus Umwelt lernen Gut organisiertes Wissen im LZG wichtigste Grundlage von Expertise Wissen kann nur durch Arbeitsgedächtnis (AG) in LZG Kapazität LZG nahezu unbegrenzt Kapazität AG: < 10 Elemente AG als enger „Flaschenhals“ zwischen Welt und LZG → Aufbau von Wissensstrukturen im LZG kostet viel Zeit : BOTTLENECK (Input Stück für Stück aufnehmen) - AG evolutionär begrenzt, um nicht in Info zu ertrinken - wichtig, dass Wissen in LZG gut strukturiert, sodass gut zugänglich (geht nicht, wenn alles glzt. In LZG aufgenommen) -Elaborieren und strukturieren (harte Arbeit) für Expertise notwendig
Auf Art der Übung kommt es an Ericsson, Krampe, Tesch-Römer (1993)
„Deliberate Practice“, „Bewusstes Üben“, „intelligentes Üben“ Auf Lernzuwächse hin konzipiert Schwierigkeit kontinuierlich an Lernstand angepasst Viele intensive Übungsgelegenheiten Kontinuierliche Selbst- und Fremdbeobachtung Differenziertes Feedback Trainer, Coach, Lehrer, Meister notwendig Soziales Umfeld, Motivation und Emotion
Implikationen für Lernumgebungen
Intelligenz alleine reicht nicht Effektive Lernzeit wichtig und notwendig Üben reicht nicht, auf richtige Übung (deliberate practice) kommt es an Motivation kein Selbstzweck, soll deliberate practice steigern → Mot. bringt nur was, wenn es deliberate practice fördert Selbststeuerung und Input von aussen wichtig gibt keine Abkürzung zum Aufbau komplexer Wissensstrukturen (=Expertise)
Expertise: Fragen Was sind die kognitiven Grundlagen von Expertise? Welche Faktoren tragen indirekt zum Erwerb von Expertise bei? Welche Rolle spielt Übung beim Expertiseerwerb? Was besagt Ericssons Expertise-Theorie? Zusammenfassung Expertise: Wissen notwendige und hinreichende Voraussetzung von Expertise Intelligenz, Motivation, soziales Umfeld hilfreich, können aber bei Fehlen kompensiert werden Aufbau von Wissensstrukturen in LZG Expertiseerwerb als „Langstreckenrennen“ Mindestens 10 Jahre / 10.000 Stunden Übung Deliberate practice...