SCHRIFTLICHE NACHARBEITUNG, KURZE HAUSARBEIT zur Magersucht, Anorexia nervosa PDF

Title SCHRIFTLICHE NACHARBEITUNG, KURZE HAUSARBEIT zur Magersucht, Anorexia nervosa
Course Beobachten, Beraten, Fördern
Institution Universität Kassel
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Anorexia nervosa – Ein Überblick
Mehr als nur eine Frage des Gewichtes? - Die auslösenden Ursachen von Anorexia
nervosa...


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Gliederung 1. Einleitung – Vorspann...............................................................................................0 2. Anorexia nervosa – Ein Überblick ...........................................................................1 3. Mehr als nur eine Frage des Gewichtes? - Die auslösenden Ursachen von Anor-

exia nervosa...............................................................................................................2 3.1 Familiäre Faktoren................................................................................................. 2 3.1.1 Ungünstige Erziehungsmaßnahmen sowie Wert- und Normvorstellungen der Familien........................................................................2 3.1.2 Störungen der Eltern-Kind-Beziehung.........................................................3 3.1.3 Konflikte / Spannungen innerhalb der Familien............................................4 3.1.4 Rolle der Geschwister..............................................................................5

3.2 Utopische Erwartungen......................................................................................... 6 3.3 Schönheitsideale, Vorbilder und Medien im Hinblick auf das Rollenbild und -verständnis der Frau.................................................................. 7 4. Schlussbetrachtung mit Zusammenfassung der Ergebnisse .............................7 5. Literaturverzeichnis.................................................................................................. 8

1. Einleitung Anorexia nervosa, Magersucht, Pubertätsmagersucht, Anorexie, Anorexia mentalis: Alle diese Synonyme beschreiben lediglich eine der schwersten Erkrankungen psychischer Natur unserer Gesellschaft. Immer mehr vorwiegend junge Mädchen und Frauen zwischen 10 und 25 Jahren sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten der Krankheit verfallen, die die größte Mortalitätsrate von ganzen 6 bis 18 Prozent (Vgl Brunner & Resch 2004,S. 578) aufweist. Klassifikationssysteme wie die ICD-10 und DSM-IV reagieren wie folgt durch immer mehr Verbesserungen und Konkretisierungen ihrer Diagnosekriterien von populären Essstörungen, wozu unter anderem auch die Anorexia nervosa und Bulimia nervosa gehören, um eine gute Erkennbarkeit der Krankheit anhand klinischer Merkmale und eine sichere und zuverlässige Diagnosestellung zu gewährleisten (Vgl. http://www.eesom.com/go/2OQ0SNKN3LQTV70QBIRQ7K5U9GBYA6OD). Nicht zuletzt haben sich auch die Therapieformen an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen angepasst, um den noch sehr durchsichtigen, individuell vielfältigen und noch nicht konkret bestimmbaren Ursachen entgegenzuwirken. Und gerade hier scheint das Problem bei der Erkrankung zu bestehen. Es existieren zahlreiche Theorien wie beispielsweise die der Psychoanalyse, die das Augenmerk zentral auf die Störungen der Eltern-Kind-Beziehung durch übertriebene Fürsorge oder unbewusste Ablehnung des Kindes durch die Eltern richtet, die Hemmungen der Identitätsentwicklung bewirken können (Vgl. http://www.spektrum.de/ lexikon/ernaehrung/anorexia-nervosa/516). Des Weiteren werden auch Ursachen in der individuellen Erziehung und Familiensituation im Zusammenhang mit den dort vorfindbaren herrschenden Werten und Normen herangezogen. Dennoch kann keine Annahme eindeutig die Krankheit festlegen oder gar gefährdete Familien voraussagen, da so gut wie jeder von uns aufgrund einer Reihe wesentlicher durch Erziehung hervorgebrachter Charakterzüge wie Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper beziehungsweise mit dem Ich entstanden durch perfektionistisches Denken und Leistungsdruck, der eigenen individuellen Familienbiographie oder einfach durch abnormale Beschäftigung mit dem Körper, dem Essen oder einem Diätwunsch, der außer Kontrolle gerät, in die Krankheit fallen und gefährdet sein könnte. In dieser schriftlichen Ausarbeitung, die zur Nacharbeitung und Reflexion des Referatthemas „Weibliche Adoleszenz: Beispiel Essstörungen“ und speziell zu meinem Teilgebiet „Essstörungen am Beispiel der Magersucht, Anorexia nervosa“ dienen soll, werde ich noch einmal die wichtigsten Kernpunkte anhand von allgemeinen Standpunkten und Informationen aus meinem Referatsteil in einem kurzen Überblick darstellen und beschreiben. Die auslösenden Ursachen von Anorexia nervosa sollen den thematischen Schwerpunkt dieser Arbeit bilden, wobei auf die Verstrickung vielfältiger sogenannter Risikofaktoren hingewiesen werden soll und sie in diesem Rahmen so anschaulich und vielseitig wie möglich dargestellt werden sollen. Dabei werde ich mich nicht nur auf Verallgemeinerungen beschränken, sondern auch Beispiele von den im Referat erwähnten individuellen Krankheitsbiographien einbeziehen. Des Weiteren werde ich die Referatsteilaspekte meiner Kom-

militonin zur Identität aufgreifen und Verbindungen zur Anorexia nervosa herstellen.

2. Anorexia nervosa – Ein Überblick Der Begriff Anorexia nervosa, auch Anorexia mentalis, Anorexie, Magersucht und Pubertätsmagersucht genannt, umschreibt eine psychosomatische Erkrankung, welche sich vor allem durch einen selbstverursachten, deutlichen bis hin zu einem lebensgefährlichen Gewichtsverlust und darin implizierter fehlender altersgerechter Gewichtszunahme durch strikte Nahrungsverweigerung und einem gesundheitsgefährdenden veränderten Essverhalten äußert, um dem angestrebten Schlankheitsideal näherzukommen (Vgl. http://www.med.de/lexikon/ anorexia-nervosa.html). Dies hat eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Körpers mit seinen Zellen, Geweben und Organen zur Folge. Es können Störungen in Körperabläufen entstehen, welche eine breite Palette an körperlichen (und psychischen) Beschwerden nach sich zieht (Vgl. http://www.eesom.com/go/ 2OQ0SNKN3LQTV70QBIRQ7K5U9GBYA6OD). Unter den Betroffenen zählen sich vorwiegend junge Mädchen und Frauen zwischen 10 und 25 Jahren. Nur fünf Prozent der Männer erkranken an Anorexia nervosa. Wörtlich übersetzt meint der Begriff „Anorexia“ beziehungsweise „Anorexie“ die Appetitverminderung bis hin zum Appetitverlust, obwohl eher von Hungern statt von Appetit bei dieser Erkrankung zu sprechen wäre. Der Zusatz „nervosa“ weist auf die psychische Entstehung der Krankheit hin (Vgl. http://www.gesundheitsseiten24.de/menschliche-psyche/essstoerungen/ magersucht.html). Die Patientin nimmt sich unabhängig von ihrem Gewicht, ihrem Zustand und dessen implizierten Erscheinungsbild immer als zu dick wahr (Körperschema-Störung). Die Diagnosestellung der Krankheit erfolgt mit Gespräch, körperlicher Untersuchung und weiteren Untersuchungen entsprechend der Leitlinien der ICD-10 beziehungsweise der DSM-IV, die in den letzten Jahren zunehmende Verbesserungen und Verfeinerungen bezüglich des klinischen Bildes der Krankheit ausgebildet haben, um eine sichere und zuverlässige Diagnose gewährleisten zu können (Vgl. http://www.eesom.com/go/2OQ0SNKN3LQTV70QBIRQ7K5U9GBYA6OD). Eine ganze Auflistung dieser Merkmale würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, jedoch sollte gesagt werden, dass auch hier der BMI, der sogenannte Body-Mass-Index oder auch Quetelet-Index (nach seinem Entwickler Adolphe Quetelet benannt), ein aus Körpergröße und -gewicht berechneter Indexwert, der zur Bestimmung eines möglichen gesundheitlichen Risikos dient, einen wichtigen Punkt bei der Diagnose nach der ICD-10 darstellt. Die Symptome und Folgen der Krankheit reichen von Veränderungen beziehungsweise Verweigerung der Nahrungsaufnahme über Gewichtsverlust, Körperschema-Störung und Fehlwahrnehmung, Krankheitsverleugnung, Hyperaktivität in Verbindung stehend mit der Ausbildung von Zwängen, das Verfolgen extrem ausgebildeter Schlankheitsideale, soziale Isolation und Phobien, psychische Veränderungen wie depressive Verstimmungen bis hin zu körperlichen Veränderungen

wie Wahrnehmungs-, Konzentrations-, Schlaf-, Verdauungs-, Magenfunktions-, Menstruations- und Durchblutungsstörungen, Zahnschäden, Muskelschwäche und Verstopfungen (Vgl. Brunner & Resch 2004, S. 572; Vgl. http://www.hungrig-online.de/mitarbeiter/museum/ mo140799 /wuehrer.htm).

3. Mehr als nur eine Frage des Gewichtes? - Die auslösenden Ursachen von Anorexia nervosa Obwohl die Krankheitsursachen nicht generalisiert werden können aufgrund vielfältiger Familiensituationen und individueller Familienkonstellationen sowie der Individualität jedes einzelnen Betroffenen konnten Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten Gemeinsamkeiten bei den Patienten und Patientinnen feststellen. Diese Gemeinsamkeiten gelten als so genannte Risikofaktoren und es bedarf eine besondere Aufmerksamkeit im Hinblick auf diese Faktoren. Im Folgenden werden die einflussreichsten Risikofaktoren genannt, beschrieben, erklärt und erläutert. Viele der Risikofaktoren sind nicht eindeutig voneinander zu trennen. Der Übergang ist fließend, weshalb ich auch auf andere Faktoren in einem Faktor verweisen werde, sollten diese sich als erwähnenswert im Zusammenhang erweisen.

3.1

Familiäre Faktoren

Häufig wird versucht, die Krankheit mit Hilfe der Familiensituation und der darin herrschenden Atmosphäre sowie Norm- und Wertvorstellungen zu erklären. Demnach sollen Konflikte in der Familie, unausgesprochene, aber deutlich spürbare Spannungen, der Erfolg der Geschwister, Störungen der Eltern-Kind-Beziehung und ungünstige Erziehungsmaßnahmen dazu beitragen, dass Betroffene

der

Magersucht

verfallen

(Vgl.

http://www.hungrig-online.de/mitarbeiter

/museum/mo140799/wuehrer.htm).

3.1.1 Ungünstige Erziehungsmaßnahmen sowie Wert- und Normvorstellungen der Familien Bei den Familien mit Betroffenen konnte man einige gemeinsame Merkmale bei der Familiensituation sowie den Wert- und Normvorstellungen der Eltern festhalten. Durch ungünstige Erziehungsmaßnahmen wurden den jungen Mädchen schon früh die Wichtigkeit von Ordnung, Disziplin und Korrektheit, Vollkommenheit und Perfektionismus anerzogen. Die Eltern sind stolz, wenn die Tochter höflich und umgänglich ist und ihre wahren Emotionen in den Hintergrund rückt. Wenn sie dies nicht ist, wird sie abgelehnt. Dies bewirkt auf lange Zeit hin betrachtet, ein hohes Ausmaß an unausgelebter und unbefriedigter Aggression und ein „liebes-Mädel“-Image, da kein Trotz gezeigt werden darf, ohne dass sich die Eltern in ihrem Denken um die konventionellen gesellschaftlichen Normen und den Einhalt dieser verletzt fühlen. Begünstigen tut dies außerdem auch noch eine Er-

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ziehung, die sich vor allem an Leistung orientiert, was zu einer mangelnden Festigung des Ichs und zusätzlich zu einer Bildung übermäßigen Perfektionismus' führt. Hinzu kommt, dass Emotionalität und der Austausch von Zärtlichkeit oft teilweise oder komplett abgelehnt wird, wodurch ein unbefriedigendes Verhältnis, gar eine Störung der Eltern-Kind-Beziehung entsteht, da diese nicht ausgelebt werden darf und geradezu unerwünscht ist. Eltern wünschen eben nur das bloße „Funktionieren“ der Kinder nach den Werten und Normen der Gesellschaft und legen den meisten Wert auf die Leistung. Menschliche Werte ihres Kindes und Individualität findet nur unzureichend Beachtung, was zu einem Mangel an Selbstwert, Selbstbewusstsein und zu keinem Vertrauen in die eigenen Stärken und menschlichen Werte führt. Die Tochter nimmt sich nicht als autonom wahr und erkennt ihren eigenen Wert nur in ihrer erbrachten Leistung. Das Hungern gibt ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu können beziehungsweise zu sein, und gilt als Leistung. Es stärkt ihr Selbstbewusstsein. Ihr Selbstwertgefühl wird über den makellosen, dünnen Körper, der den Männern gefällt, definiert. Einen Schnittpunkt zu einer weiteren Ursache und zwar zum Rollenbild und -verständnis der Frau stellt das Erleben der zumeist völlig überlasteten Mutter in der Doppelaufgabe von Familie und Beruf über die Kindheit hinweg dar und hinterlässt gerade mit dem Eintritt in die Pubertät erste Zweifel, die nun auch auf sich selbst als heranwachsende Frau bezogen werden. Oft hat ein Verzicht auf die eigene Karriere zugunsten der Familie stattgefunden sowie eine anschließende starke Bindung an die Kinder. In der Pubertät nimmt die Patientin durch Perspektivenwechsel dieses Schicksal wahr und identifiziert sich mit ihm mit dem Wissen des Rollenverständnisses der Frau in der Gesellschaft (Frauen kümmern sich um die Kinder, Männer sind die Ernährer und dürfen Karriere machen) im Hinterkopf. Oft wurde auch noch herausgefunden, dass dieses Verständnis intensiviert wurde durch das Einfordern dieses Verhaltens von der Mutter durch den Vater. Damit gerät die Patientin in einen schwer lösbaren Zwiespalt aufgrund des Geschlechts. Ein Denken, nicht zu wollen, dass die Zukunft von vornherein schon durch das Geschlecht vorbestimmt ist, führt zunächst zu einer Stresssituation aufgrund der Ahnungslosigkeit zu handeln bis zu einer Ablehnung des eigenen weiblichen Körpers. Durch den Abmagerungsprozess wird der Körper unweiblich und es erfolgt eine Unterdrückung der weiblichen Figurproportionen. Vielleicht trifft man hierbei genau die Ursache für das Unterdrücken jedes Triebwunsches und der Abwehrung der genitalen Entwicklungsphase, wie man dies bei Magersüchtigen exemplarisch vorgefunden hat (Vgl. http://www.hungrig-online.de/mitarbeiter/museum/mo140799/wuehrer.htm).

3.1.2 Störungen der Eltern-Kind-Beziehung Entscheidend ist des Weiteren eine unausgeglichene Beziehung zwischen Eltern und Kind. Ein wesentlicher Faktor nimmt hierbei die Überfürsorglichkeit (meist der Mütter) gegenüber dem Kind ein, wobei bei dieser der Pol der Eltern zu dominieren scheint, was zur Unausgeglichenheit und somit zur Störung der Beziehung führt. Das Kind wird nicht selten durch die Überfürsorglichkeit be-

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vormundet und kann keine oder nur selten Autonomie erfahren, da dies meist von den Eltern übernommen wird und somit das Kind dem Willen der Eltern ausgeliefert ist. Hinzu kommt noch, dass diese Familien wie in 3.1.1 schon beschrieben, sehr auf konventionelle gesellschaftliche Normen und den Einhalt dieser setzen. Trotzseiten und Widerspruch von Seiten der Tochter wird nicht gutgeheißen und strikt abgelehnt. Die Tochter hat demnach keine Chance, sich in welchem Zusammenhang auch immer zu bekennen, dass sie das Ein oder Andere nicht gutheißt ohne in Gefahr zu laufen, Ablehnung und aus Kindessicht demnach Liebesentzug zu befürchten. Das Ablehnen von Emotionalität in der Familie bewirkt außerdem, dass das Kind diese tiefe Angst des Liebesentzugs und den Wunsch nach Autonomieerfahren gerade in der Pubertät nicht den Eltern emotional ausdrücken darf. Im Gegenteil wird sogar noch die langsam zunehmende Verzweiflung bearbeitet und gegen sich selbst mit der unausgelebten Aggression im Zusammenhang gebracht. Die Konsequenzen solch einer Überfürsorglichkeit lässt sich in wenigen Sätzen erklären. Das Kind konnte sich selbst wenig behaupten, was heißt, dass es sich in der Welt bisher nicht bewähren konnte. Demnach kann es dann schwierige Situationen als auch Stress nur zum Teil bis gar nicht entsprechend bewältigen. Der Wunsch nach Kontrolle besteht jedoch, was dazu führt, dass über das eigentliche zu bewältigende Problem hinweggesehen wird und an einer anderen Tätigkeit versucht wird, diese Kontrolle herzustellen, um dadurch zu einem Gefühl von Sicherheit zu gelangen. Dies geschieht bei der Magersucht durch das Festhalten am Körper, denn der eigene Körper scheint für die Magersüchtigen etwas zu sein, was nur ihnen gehört und worüber kein anderer Mensch Kontrolle zu haben scheint. Ein zentraler Punkt bei der Entstehung von Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung stellt das Festhalten am gesellschaftlichen Frauenbild vor allem praktiziert durch den Vater dar. Dadurch sieht sich die Tochter in einem Zwiespalt von Verwirklichung von diesem und von dem eigentlichen Wunsch nach Emanzipation. Kritisch wird das Verhältnis dann, wenn sich die Eltern strikt für einen der zwei Pole entscheiden, was nicht im Interesse der Tochter zu sehen ist. Genauer werden die Ausmaßen dieses Problem im weiterführenden Punkt 3.1.3 „Konflikte / Spannungen innerhalb der Familien“ beschrieben. Zentral ist hier nur, dass dies auch eine Störung der Eltern-Kind-Beziehung herbeiführen kann aufgrund von Unverständnis und den Verlust von Vertrauen (Vgl. http://www.hungrig-online.de/mitarbeiter/museum/mo140799/wuehrer.htm).

3.1.3 Konflikte / Spannungen innerhalb der Familien Neben den ganzen bereits genannten Aspekten können auch Belastungen durch Spannungen in der Familie entstehen. Eine seltene körperliche als auch emotionale Präsenz des Vaters und sein Festhalten an sehr traditionellen Rollenbildern (Mutter als Bewahrerin, Erzieherin, Versorgerin) als auch sein Wunsch der impliziten Aufrechterhaltung dieser Frauenrolle kann für die Tochter eine besonders schwierige Phase darstellen, wenn die Mutter sich danach richtet und dieser Forderung nachkommt. Nun steht auch die Tochter in dem Konflikt, sich nach den Wünschen des Vaters zu

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richten und sich ebenfalls an diesen Rollenklischees zu orientieren, um diese letztlich zu übernehmen. Auf der anderen Seite tauchen jedoch emanzipatorische Muster und Wünsche auf, die den Rollenklischees widersprechen und diese in Frage stellen. Das Geraten in diesen Zwiespalt, das Finden und Verwirklichen des für sich richtigen Weges im Zusammenhang stehend mit der Identitätsentwicklung stellt einen schwierigen pubertären Prozess dar, der noch zusätzliche Überforderung und Verwirrung mit sich bringen kann, sollten die Eltern ihren erwünschten Weg für das Kind schon festgelegt haben (Vgl. http://www.hungrig-online.de/mitarbeiter/museum/mo 140799/wuehrer.htm). Weitere belastende Spannungen können durch eine unbefriedigende Ehe der Eltern entstehen, wenn unausgesprochene Trennungswünsche unter den Eltern und Angst vor Verlust und Trennung aufgrund einer anstehenden möglichen Scheidung bei den Kindern im Alltag mitschwingen. Das Gefühl für die Krise der Eltern verantwortlich und schuldig zu sein, führt zu einer beschwichtigenden Haltung, die einen Schutz für die Ehe der

Eltern darzustellen versucht (Vgl.

http://www.vivid.at/_pdf/456d49977a39d.pdf). Bei beiden Beispielen dient die Magersucht dazu, Kontrolle zurückzuerlangen und unkontrollierbare Prozesse sowie angstmachende Lebensbereiche auszugrenzen. Ebenfalls kann auch der Ablösungsprozess vom Elternhaus und die damitverbundenen Anforderungen, das eigene Leben bewältigen zu müssen als auch ein Umzug zu Stress und somit zum Risikofaktor bei der Entwicklung einer Magersucht durch Ausblenden solcher Ereignisse führen.

3.1.4 Rolle der Geschwister Geschwister sind für junge Mädchen und Frauen wesentliche Bezugspersonen und zumeist auch Vorbilder. Hierbei nehmen Schwestern eine bedeutendere Rolle ein als Brüder, die als unscheinbar für die Magersüchtigen betrachtet werden. Ältere, erfolgreiche und karrierebewusste Schwestern haben Vorbildfunktion und rufen Bewunderung hervor. Bei der Analyse des Problems muss hierbei wieder auf die in der Familie geltenden Normen zurückgegriffen werden. Gerade der Perfektionismus, der Vollkommenswunsch und das Definieren über Leistung macht es Betroffenen sehr schwer, neben diesen familiären Vorbild Zufriedenheit und Akzeptanz gegenüber sich selbst zu zeigen. Das Wissen, dass Geschwister Erfolg haben, löst eine Unzufriedenheit vor der eigenen erbrachten Leistung aus. Es findet eine Schwächung des Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls statt. In einigen Interviews wie dem von Julia wird die Auswirkung einer solchen Unzufriedenheit auf die eigene Leistung konkret beschrieben: „Ich habe mich immer vor dem Essen gewogen, und erst dann konnte ich was essen. Wenn ich einmal 100 Minuten am Tag geradelt bin, dann muß ich das jeden Tag machen, sonst habe ich das Gefühl, versagt zu haben, meine Leistung nicht gebracht zu haben. Ich brauchte einfach diesen Leistungsbeweis, das Gefühl, es mir verdient zu haben.“ (Vgl. http://www.magersucht-online.de/index.php/berichte-betroffener/11-ein-interview-mit-julia-ueber-ih-

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re-magersucht). Das bloße Definieren über Leistung, das Ausklammern des eigenen Wertes als Mensch bestätigt die Existenz der anerzogenen Wertvorstellungen der Eltern. Keine ...


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