Vorlesung italienische Literaturgeschichte PDF

Title Vorlesung italienische Literaturgeschichte
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Course Italienische Literaturgeschichte im Überblick - mit ausgewählten Theoriestücken
Institution Ludwig-Maximilians-Universität München
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Vorlesung: Italienische Literaturgeschichte im Überblick 1. Das Zeitalter der Kommunen und die Anfänge volkssprachlicher Literatur Das Zeitalter der Kommunen impliziert eine Epoche (Unterepoche)  Ein spezifischer Abschnitt des Mittelalters Einteilung des italienischen Mittelalters: -

Zeitalter der Völkerwanderung / Invasionen

-

‚Feudalzeitalter‘

-

Zeitalter der Kommunen

Aber was ist das Mittelalter? Epochen sind instrumentale Begriffe (die einem wissenschaftlichen Zweck dienen: Ordnung, Orientierung, Deskription) und müssen demnach hinterfragt werden. Bsw.: Mittelalter Bedeutung: ‚Zeit dazwischen‘ (media aetas). Ursprünglich tendenziöser Begriff: Humanisten (vgl. VL 3&4) werten damit die Kultur zwischen der Antike und der eigenen, von Rückgriff auf die Werte der Antike geprägten Zeit ab. Heutiger Gebrauch: a) populär: ‚finsteres Mittelalter‘, Ritterburgen, Hexenverfolgung (Achtung: eher Frühe Neuzeit!). Implizite Abwertung meist unreflektiert mittradiert/konserviert. b) Historisch informierte Begriffsverwendung: Langer, in sich komplexer und vielfältiger Geschichtsabschnitt nach dem Ende des antik- römischen Reiches. Abgrenzung zur Neuzeit umstritten. Zum Status literaturgeschichtlicher Erzählungen Literaturgeschichte: Erzählen = Erklären in der Zeit, z.B. durch Kausalität. 2 Zustände A und B folgen zu 2 Zeitpunkten t(a) und t(b) aufeinander. Verschiedene Möglichkeiten:

-

A löst B aus (Ursache/Kausal)

-

Schwache Version: A macht B wahrscheinlich

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A macht B möglich

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B war in A immer schon angelegt (Teleologie)

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B ist ein Versuch, die Problemlage A zu beheben (hermeneutische Fassung)

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B ‚antwortet’ auf einen Fragenkomplex in A (ebenfalls)

-

B folgt auf A nur zeitlich (akausal und ohne kommunikativen Bezug)

Problem: Erzählungen tendieren als Erzählungen zu Plausibilisierung und Sinnstiftung. Gefahr der ‚Hinzu-Erzählung’ kausaler und anderer Verbindungen Gefahr der Verformung geschichtlicher Abläufe durch Streben nach erzählerischer Wohlgeformtheit (Anfang / Mitte / Schluss, Haupthandlung / Nebenhandlung, Betonung von ‚Protagonisten’). Extremfall: Teleologie, Erzählen vom Ergebnis her. →Literaturgeschichtliche Erzählungen sind diesbezüglich zu hinterfragen und auf ihre Orientierungsleistung zu prüfen. Nützen sie etwas? Helfen sie uns, uns in der Geschichte zu orientieren?

Problematik ereignisgeschichtlicher Festlegungen: Wo endet das Mittelalter? Wo beginnt die Neuzeit? Momentan diskutierte Möglichkeiten: Beginn des Humanismus in Italien (Petrarca): Mitte des 14. Jhs. Ende des byzantinischen Reiches (Mitte des 15. Jhs.) Entdeckung Amerikas (Ende des 15. Jhs.) Erfindung des Buchdrucks (Mitte des 15. Jhs.) Reformation (Anfang des 16. Jhs.) Ende der florentinischen Stadtrepublik (Anfang 16. Jhs.) Erfindung der Zentralperspektive in der Malerei (15. Jh.)

Unbefriedigend, weil nicht geklärt ist, was die beiden durch diese Ereignisse angeblich getrennten Epochen genau unterscheidet. Eine Alternative wäre: Epochen aufgrund vorherrschender Denkweisen unterscheiden (Mentalitätsgeschichte).also nicht an Ereignissen sondern an Denkweise in jener Zeit

Grundinformationen: Italienisches Mittelalter (3 besonders auffällige Komponenten: die Dominanz des Christentum, Die überlieferung von teilen der Lat. Antike, Feudalismus)

Erste Komponente: Dominanz des Christentums a) diskursiv: Entscheidendes kulturelles Faktum. Nicht nur negative Begrenzung kultureller Möglichkeiten (etwa im Sinne von ‚Zensur‘), sondern vor allem fundierendes Sinnsystem, das kulturelle Spielräume allererst eröffnet.  Das fundierende Sinnsystem stellt das Christentum dar. Eine entscheidende Vorstellung des Christentums ist, dass der Mensch Geschöpf und Ebenbild Gottes ist. Jedoch ist er durch die Erbsünde diesem Urbild entfremdet worden. Die Lösung liegt im Mythos der Erlösung durch den Opfertod Christi am Kreuz. Dadurch entsteht ein neuer Bund zwischen Gott und Mensch auf der Grundlage nicht selbstsüchtiger Liebe (caritas). Das ist zu einem bestimmten Moment ein innovativer Gedanke. Aus diesem und anderen grundlegenden Motiven und Gedanken entwickeln sich hoch komplexe religiöse Diskurse bestehend aus verschiedenen Unterdiskursen. Zum einen der Schriftkommentar zur Bibel, Heiligenviten, allegorischer Sprach- und Wirklichkeitsdeutung, das sind Bücher die sozusagen anhand der Sprache die Wirklichkeit religiös deuten, (Etymologien, Bestiarien, Herbarien, Lapidarien) und systematischer theologischer Philosophie (Summae). b) institutionell: Kirche ist Auftraggeber für Kulturschaffende sowie (bis zur Gründung der Universitäten im Zeitalter der Kommunen) fast alleiniger Träger von Bildung. Kunst und Literatur wesentlich durch Kirche gefördert und durch christliche Bedeutungssysteme fundiert. Das Christentum bringt auch ein eigenes Geschichtsbild mit sich.

 Ablösung des zyklischen Geschichtsbildes der Antike durch lineares Geschichtsbild: 1: Zeitalter der Heilserwartung (Ereignisse des Alten Testaments, teils auch der Alten Geschichte, als Ankündigungen (Präfigurationen) des Heilsgeschehens. 2: Heilsgeschichte: Christus löst alle ‚Ankündigungen‘ ein. Erlösung der Menschheit. 3: Gegenwart: Erwartung des Endes der Zeiten und der Wiederkehr Christi.  Hält bis heute an Erfahrung der langen Dauer von Zeitabschnitt 3 führt teils zu Millenarismus, teils zu Erschütterung dieser Geschichtstheologie (neues Geschichtsbewusstsein, dass dann aus dieser Dreiteilung herausführt). Obwohl aber das Mittelalter eine lineare Zeitvorstellung hat gibt es in der Praxis noch immer starke zyklische Arten im Umgang mit der Zeit. Diese zeigen sich so: -

Tagesablauf: Gebetsstunden der Klöster (Vesper)

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Rhythmisierung der Woche: Sonntag (Messe)

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Kirchenjahr: Hochfeste Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Heiligenfeste, Fastenzeiten.

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Karneval: Zwischen Epiphanias (6.1.) und Aschermittwoch zeitlich begrenzte Aussetzung der Ordnung (Möglichkeit, sogar mit dem Heiligen Scherze zu treiben), Erniedrigung des Hohen, Erhöhung des Niedrigen.

 Grundform mittelalterlicher Komik: karnevalistische Lizenz (zeitlich begrenzt, daher Bestätigung der Ordnung)

Zweite Komponente: Zum Erben der Lateinischen Antike, soweit es mit dem Christentum kompatibel ist Latein bleibt als Schriftsprache erhalten. Dominierende Wissenschaftssprache des gesamten Mittelalters. Lateinische Literatur und Philosophie wird tradiert, soweit sie sich durch Umdeutung in das christliche Sinnsystem integrieren lässt (z.B. allegorische Deutung von Vergils Aeneis). Was nicht passt, wird entweder abgedrängt oder nur als grammatischer Übungstext verwendet. Reorganisation des antiken Wissens zu einer Propädeutik der Theologie: Septem artes liberales -> sieben freie Künste (3+4: Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik; Quadrivium: Arithmetik, Musik, Geometrie, Astronomie). Man teilt einen Teil des antiken Wissens in 7 Fächer ein, die nur dazu dienen auf das Studium der Theologie vorzubereiten.

Dritte Komponente: ‚Feudale‘ Gesellschaftsstruktur der germanischen Eroberervölker (Langobarden, Franken etc.) Hierarchische Herrschaftsform: -

ganz oben: König / Kaiser und Adel: Dienst- und Fürsorgeverhältnisse (Lehen gegen Waffengefolgschaft), geprägt von Krieg als Dauerzustand.

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Bauernschaft: oft unfrei. Erwirtschaftet die Nahrungsgrundlage.

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Klerus: Intellektuelle, die entweder dem Regularklerus (Orden) oder dem ‚Weltklerus‘ (Pfarrer, Diakone) angehören (auch ‚niedere Weihen‘: Lektoren, Akolythen). Sie sind die Träger der Schriftkultur.

Schriftkultur des Mittelalters: Lateinische Schrift: Medium der lateinischen Sprache. Idee, auch andere Sprachen damit aufzuzeichnen (und Gedanke, was im täglichen Leben gesprochen wird, sei im gleichen Sinne eine Sprache wie das Lateinische) kommt erst nachträglich hinzu.

Träger der Schriftkultur sind die clerici. Nicht nur Bauern, sondern auch Adel sind zunächst Analphabeten! Schrift ist teuer. Teure Materialien: Pergament (Eselshaut).  Teure Herstellung von Büchern und Dokumenten (Abschreiben von Hand, Illumination).  Bücher sind kostbar und gering an Zahl!

Geschichte und Großgeographie des italienischen Mittelalters Zeitalter der Völkerwanderung / Invasionen->Feudalzeitalter->Zeitalter der Kommunen Diese Abfolge verläuft in den 3 großen Regionen Italiens unterschiedlich und ist nicht synchron: -

Völkerwanderung / Invasionen (4. – 8. Jh.) Norden: Langobarden und Franken. Süden: Oströmisches Reich (Byzanz), Araber, später Normannen, Staufer, Anjou, Aragon. Mitte, von Rom ausgehend: schrittweise Etablierung des Kirchenstaats, legitimiert durch ‚Konstantinische Schenkung‘ (Dokument, das die Territorialmacht der Päpste legitimieren soll; im 15. Jh. von dem Humanisten Lorenzo Valla als Fälschung entlarvt).

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Feudalzeitalter (8. – 12. Jh.): Verstetigung der Herrschaftsformen der Invasoren. Ausdifferenzierung von 3 Großregionen: Süden (Neapel, Süditalien, Sizilien, Sardinien): Feudalreiche wechselnder Eroberer (Byzantiner, Araber, Normannen, Staufer, Anjou, Aragon).

 Insofern prägen Züge der Völkerwanderungszeit (Invasionen) die Geschichte des Südens bis in die Neuzeit hinein. Das ‚Zeitalter der Kommunen‘ findet hier kaum statt (Ausnahme: Amalfi). Mitte: Kirchenstaat (‚Patrimonium Petri‘: Latium, Teile der Marken und Umbriens).  Päpste als weltliche Herrscher. Nördlich des Kirchenstaats: Größtenteils Länder, die seit der Kaiserkrönung Karls des Großen (800) zumindest theoretisch dem Kaiser lehnspflichtig sind (‚Reichsitalien‘), teils auch dem Papst (z.B. Ferrara). Konflikte:  Kaiser versuchen immer wieder, die Hoheit über ‚Reichsitalien‘ auch tatsächlich militärisch durchzusetzen.  Konflikt zwischen Kaiser und Papst.

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Das ‚Zeitalter der Kommunen‘ (das Zeitalter womit die italienische Literatur beginnt) Schon vor dem Jahr 1000: Etablierung von Städten als ‚Seerepubliken‘ (Amalfi, Genua, Pisa, Venedig), Seehandel. Begriff il comune: (städtisches) Gemeinwesen, Gemeinde, „freie“ Stadt. Im 12. und 13. Jahrhundert starker Ausbau von Handelsstädten, die sich immer mehr von feudaler und kaiserlicher Macht lösen. Florenz als Finanzstadt (Florentiner Goldmünze: internationale Währung, Entwicklung des Bankwesens). Organisation und Kultur der Kommunen: Übernahme und Adaptation feudaler Strukturen. Stadtadel. Keine Demokratie Dennoch: Ausdifferenzierung spezialisierter Körperschaften (Gilden, Räte, Gremien). Kultur des Aushandelns und Diskutierens.

 Prädemokratische Gemeinschaftlichkeit Unternehmertum des Einzelnen. Wirtschaftliche Rationalitätsform, Kultur der praktischen ‚Schlauheit.‘

Distanz zu übergreifenden Autoritäten (Kaiser) Die Kommunen besitzen Internationale Handelskontakte und einen weiten Horizont  Aufhebung des kirchlichen Bildungsmonopols: Die ersten italienischen Universitäten Erste europäische Universität : Bologna, gegründet 1088

 Theologie bleibt wichtigstes Fach

Sitzung 2: Inferno -

Der erste Teil der göttlichen Komödie

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1+33 Gesänge (1 = Prooemium -> eine Art Vorrede)

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‚ contrappasso ‘ hat sich in einem Wald verirrt, der allegorisch (sinnbildlich) für Sünde und Irrtum steht. Ein direkter Aufstieg zu göttlicher Erkenntnis ist wegen der Schwäche des irdischen Menschen ‚Dante’ nicht möglich.

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Aber Gott gewährt ihm durch die Interzession von Dantes Jugendliebe Beatrice eine Erkenntnisreise durch Hölle, Fegefeuer und Paradies, aus der er gereinigt, gestärkt und mit Erkenntnis ausgestattet zurückkehren wird.

 Thema des Inferno: das Böse erkennen, um selbst gerettet zu werden -

Dantes Führer: Schatten des antiken Dichters Vergil (vgl. Unterweltsreise in der Aeneis), irdische Rationalität.

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Der Beginn ist allegorisch im Sinne der mittelalterlichen Dichtung: Jedes fiktionale Element (Wald, wilde Tiere etc.) muss auf einen höheren Sinn interpretiert werden (Sünde, Begierden etc.). Aber ab Gesang 2 entfernt sich Dante von diesem Allegorietyp und versucht nun, den ‚vierfachen Schriftsinn‘ (einen theologischen Allegorietyp) im Sinne der Bibelexegese (eigentl. Für Bibellektüre) nachzuahmen (sensus historicus – s. figuralis – s. moralis – s. anagogicus).

 Es ist umstritten, wie weit dies funktioniert. Implikat des vierfachen Schemas: sensus historicus (wörtlicher Sinn) bezieht sich auf wirkliches Ereignis (dies wird von Dante behauptet oder zumindest simuliert). In jedem Fall: → Viele Begegnungen mit historischen Figuren im Jenseits, die wiederum für allgemeine Wahrheiten stehen, könnte man als historischen Sinn verstehen.

Sünden und Strafen

Die Hölle ist strukturiert durch eine Ordnung der Sünden und Strafen, sie ist ein dunkler Trichter, der Zugleich das Theater dieser Ordnung ist: von oben (leichtere Sünden) nach unten (schwerere Sünden). Diese Ordnung ist in sich brüchig (Kombination mehrerer Modelle, vor allem Nikomachische Ethik des Aristoteles) und beruht hauptsächlich auf säkularer Rationalität (ohne die Offenbarung der Religion):  Unvollständigkeit weltlichen Wissens! ! Sonderstellung der tugendhaften Heiden (nobile castello im Limbus, wo auch Vergl wohnt) Das System der Sünden und Strafen wird mit Contrappasso bezeichnet: Strafe nimmt auf die Sünde Bezug, oft Analogie (die Unzüchtigen, die sich von ihren Lüsten treiben ließen, werden auch im jenseits vom Höllenwind umhergetrieben: Paolo & Francesca, c.5; Luzifer, der die Wärme der Liebe Gottes ablehnte, im ewigen Eis: c.34). ‚Erstarrung‘ in der Selbstdeformation der Sünde am Ende des Lebens (in die Hölle kommt, wer nicht bereut). Darstellungen des Höllentrichters: -

Künstlerisch nach Sandro Botticelli:

Die Sünden und Strafen werden also nach unten hin immer schwerer: Im Prinzip geht die Schwere der Sünde und Strafe von der Unbeherrschtheit -> am wenigsten „schlimme“ Form (Unkeuschheit, Völlerei) über die Häretiker und dann die allgemein gefasste Gewalt (gegen andere, gegen sich selbst, gegen Gott und die Natur (darunter fallen Wucherer, da sie nicht arbeiten, und ‚Sodomiten‘) zu den schlimmeren Sünden des Intellekts (Täuschung, falscher Rat) und schließlich zum Verrat (an Fremden und an Nahestehenden, die Vertrauen hatten).

Luzifer ist das supreme Beispiel des Verrats. Dantes Luzifer ist quasi gefangen im Erdmittelpunkt, wohin er gestürzt ist; er wirkt passiv. Seine drei Mäuler kauen auf den großen Verrätern der Heilsgeschichte: Brutus und Cassius (Verräter an Caesar, der für die heilsgeschichtliche Bedeutung des Römischen Reiches steht und für Dante wichtig ist) und Judas (Verrat an Jesus). Berühmte Sünder: Paolo und Francesca (Unzucht), Ciacco (Völlerei), Farinata degli Uberti (Häresie), Pier delle Vigne (Selbstmord), Odysseus (falscher Rat), Graf Ugolino (Verrat).

Die edlen Heiden im Inferno Die tugendhaften Heiden bekommen von Dante eine Sonderstellung, das gilt natürlich besonders für Vergil, da er der Führer durch die Unterwelt ist.  Vergil ist eine positive Gestalt, aber er ist kein Christ (obwohl ihm zugeschrieben wird, in einer Ekloge das Kommen des Messias angekündigt zu haben), denn er hat vor Christi Heilstat gelebt und diese auch nicht (wie die gläubigen Patriarchen des Alten Testaments) ersehnt.  Er und viele andere edle und hochgesinnte Heiden (Homer, Aristoteles etc.) müssen also theologisch gesehen im Inferno bleiben, denn außerhalb der Gemeinschaft Christi ist kein Heil. Dies hat Dante sehr beschäftigt (er geht an mehreren Stellen des Textes darauf ein). -> Er gibt ihnen einen besonders schönen Aufenthaltsort  Ihr Aufenthaltsort, das „nobile castello“ in der Vorhölle, ist jedoch ein einigermaßen angenehmer: Es gibt etwas Licht, man leidet keine Qualen. Die Großen der Antike disputieren dort miteinander freundlich, aber sie wissen, dass ihnen etwas fehlt, das sie nicht nennen können:  Darin zeigt sich wieder Unvollständigkeit des rein weltlichen antiken Wissens.

Nel mezzo del cammin di nostra vita mi ritrovai per una selva oscura, ché la diritta via era smarrita. Ahi quanto a dir qual era è cosa dura esta selva selvaggia e aspra e forte che nel pensier rinova la paura! Tant'è amara che poco è più morte; ma per trattar del ben ch'i' vi trovai, dirò de l'altre cose ch'i' v'ho scorte.

Am Anfang des Infernos sieht man gleich das Versmaß:  Terzinen: Elfsilbige Verse, die nach einem Verkettungsschema gereimt sind: aba-bcb-cdc = Erfindung Dantes  Allegorischer Beginn im Sinne der allegoria dei poeti (im weiteren Verlauf wird mehr der sensus historicus im Sinne der allegoria dei teologi betont):  ‚Sündenwald‘ als allegorisches Modell.(allegorisch für die Verirrung in der Sünde)  Das Ich setzt sich exemplarisch für Menschheit („nostra vita“, nicht „mia vita“). Die seelische Gefährdung der Sünde kann nur durch die von Vergil geführte Katabasis (Abstieg) abgewendet werden. Darin findet der Wanderer aber „ben“ (Gutes): Offenbarung und Rettung.

Purgatorio Nach der Begegnung mit Luzifer im Erdmittelpunkt durchsteigen Dante und Vergil Südhälfte der Erdmasse (enger Gang / die Erde ist für Dante eine Kugel). Sie kommen genau gegenüber von Jerusalem auf einer Insel im Ozean heraus: Purgatorium: Ist kein ‚Fegefeuer‘, sondern ein Berg/Inselberg (nur an einer Stelle gibt es ein Feuer).  Diejenigen, die vor dem Tod noch umgekehrt sind / bereut haben (nicht in Sünde erstarrt sind), können sich hier in einer Zeitspanne zwischen Lebenszeit und Ewigkeit von der Sünde reinigen.

 Auf jeder Terrasse am Berghang wird eine der 7 Todsünden gebüßt, von unten (schwere Sünde: superbia (Hochmut)) nach oben (leichtere Sünde: luxuria(Unzucht)); theologisch begründete Sündenordnung (auf Grundlage der caritas).  Die Bußübungen sind eher ‚Gegenmittel‘ als Abbildungen der Sünden. Wie im Inferno gibt es auch hier Begegnungen mit historischen und mythischen Figuren und Gespräche aus denen Dante lernt. Ganz oben auf dem Gipfel des Berges: Irdisches Paradies, aus dem einst Adam und Eva vertrieben wurden. Hier muss Vergil (Heide) Dante verlassen.  Neue Führerin: Beatrice, die Jugendliebe Dantes, welche im Paradies wohnt. Auf der Spitze des Purgatoriumsbergs: Irdisches Paradies.  Unbewohnt (Adam und Eva sind inzwischen im himmlischen Paradies).->  Wächterin: Matelda, Sinnbild des ungefallenen Menschen.  Dort geschieht ein göttliches Schauspiel: Beatrice tritt im Rahmen einer symbolischen Prozession auf, durch die Dante der vergangene und teils künftige Verlauf der Heilsgeschichte offenbart wird: Dante sieht -

die Patriarchen des Alten Testaments

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Eine Art symbolische Darstellung der Erlösung durch Christus

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Die ‚Kirche‘ als Gemeinschaft der Erlösten vs. Kirche als Organisation (Dante kritisiert an dieser und vielen anderen Stellen die Kirche als Organisation)

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Krise der zeitgenössischen Kirche (Päpste in Avignon, Einfluss der frz. Könige) diese werden interpretiert als apokalyptische Symptome

Dante tut dann im irdischen Paradis Buße dafür, sich nach Beatrices Tod von der Liebe zu ihr abgewendet und Wissen außerhalb der Liebe gesucht zu haben; Beatrice nimmt ihn in die Gemeinschaft der caritas wieder auf. Beatrice erteilt ihm den Auftrag, das Geschaute den Menschen zu künden.

Wichtige Begegnungen mit Verstorbenen im Purgatorium:

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Cato, der Wächter des Purgatoriums (einer der wenigen Heiden, die nicht im Inferno sind)

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Tal der Fürsten (wo die Frage nach der Aufgabe der Mächtigen in der Welt gestellt wird): Manfred von Sizilien.

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Dichter: Statius (über den behauptet wird, dass er, auch durch die Fingerzeige Vergils, der jedoch selbst seine eigene Prophetie de...


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