Zusammenfassung zu Heydorn und Humboldts Bildungstheorie PDF

Title Zusammenfassung zu Heydorn und Humboldts Bildungstheorie
Course Erziehungs- und Bildungstheorien
Institution Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Dozentin: Eva Borst...


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Zusammenfassung zu Eva Borst (Theorie der Bildung)

Kritische Bildungstheorie : Heinz-Joachim Heydorn  











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Einer der profiliertesten Bildungstheoretiker des 20. Jahrhunderts Untersuchte traditionelle Bildungstheorien auf ihren Gehalt an Befreiungspotenzial und stellte Bildung in den Kontext ihrer politischen Wirkkraft (Bildung kann sich nicht ohne Reflexion auf gesellschaftliche Bedingungen vollziehen) Analysierte die abendländische Bildungsgeschichte von der Antike bis heute unter geschichtsphilosophischen Gesichtspunkten und die Dialektik zwischen Individuum und Gesellschaft und machte Widersprüche sichtbar -> konnte so die aus Bildung resultierenden Widerstände gegen gesellschaftliche Zumutungen historisch ausleuchten und den Umschlag von Bildung in Herrschaft herausarbeiten Hauptwerk von 1970 : Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft -> Bildung wird im Zuge ihrer Institutionalisierung allmählich in den Dienst ökonomischer und staatlicher Interessen genommen (Verlust des emanzipatorischen Charakters) Heydorn : Bildung verkommt nach und nach zu einem Privileg der bürgerlichen Klasse und entfaltet eine herrschaftsstabilisierende Wirkung -> Bildung büßt ihre ursprüngliche Bedeutung als Befreiung aus autoritären Strukturen und wird eingezogen in die Machtkonstellationen eines sich etablierenden Bürgertums, das sich als gesellschaftliche Führungsschicht verstand Heydorn unterzieht den Bildungsbegriff einer Revision. Sein Verdienst ist es, dem immanenten Zusammenhang von Bildung und Herrschaft auf den Grund gegangen zu sein, ohne jedoch die Hoffnung auf eine humane Gesellschaft aufzugeben Individuum kann sich erst durch die Reflexion auf die gesellschaftlichen Zwänge zu seiner Menschlichkeit freisetzen -> Notwendigkeit der Bildung (schafft ein Bewusstsein über die gesellschaftlichen Zwänge) Rekurs auf Humboldt : Über „die Vergegenwärtigung der konkreten Zwänge kann Freiheit erst wirksam werden“ Zentraler Ausgangspunkt seiner bildungstheoretischen Überlegungen : Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten von Humanität im Spätkapitalismus Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen steht der Mensch, der nach seinen historischen Konstitutionsbedingungen fragt Voraussetzung von Bildung : ein Wissen über das Leiden der Menschheit an sich selbst in den Zwängen der gesellschaftlichen Formierung Bildung :



















1. Ein Bewusstsein für die noch nicht realisierten Möglichkeiten einer kollektiven Humanität, in der das Individuum als ein Wesen eigenen Rechts auftritt, ausgestattet mit der Freiheit zur Entwicklung seiner intellektuellen, kreativen und sinnlichen Potenziale 2. Ein Wissen über die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen, die eine solche umfassende Humanität verhindern  „Bildung versteht sich als Wissen des Menschen um seine Universalität“ Universalität : Totalität des Menschen im Sinne der sich wechselseitig bedingenden Dimensionen von Intellektualität, Kreativität und Sinnlichkeit, die im Spätkapitalismus nur noch in ihrer Fragmentierung, nicht aber in ihrer Einheit wahrgenommen werden und zur Entfaltung kommen können Heydorn : die potenzielle Möglichkeit einer humanen Gesellschaft soll im kulturellen Gedächtnis aufgehoben werden, um als Motor der Veränderung zu fungieren In der Erkenntnis von Unfreiheit ist immer schon ein Bewusstsein für Freiheit mitgesetzt. Humanität ist daher im Begriff der Bildung stets schon aufgehoben, wenn auch noch nicht realisiert Modell eines Menschen ‚der zumindest den Gedanken an eine bessere Welt, in dem der Mensch sich seines Menschseins als Gattung sowie als Individuum reflexiv vergegenwärtigen kann, wachhält‘ -> Gegenentwurf zu der Irrationalität der Gesellschaft Gedanken über mögliche Bildungsperspektiven, die der Fragmentierung des Menschen entkommen aus geschichtsphilosophischer Perspektive -> Entwerfung einer kritischen Bildungstheorie aus dem Winkel politischer Voraussetzungen Wesentliches Strukturmerkmal seiner Theorie : Bewertung des geschichtlichen Prozesses aus der Perspektive heutiger Erziehungs- und Bildungsprobleme im Lichte des Widerspruchs von Herrschaft und Bildung (geht von einem Bildungsbegriff aus, dem der Widerspruch schon innewohnt -> Bildung als Reproduktion einer hochausdifferenzierten Gesellschaft mit ihren technologisch weit fortgeschrittenen Möglichkeiten unabdingbar, erzeugt aber Entfremdung) Die funktionalisierte und institutionalisierte Bildung läuft Gefahr, für Machtund Herrschaftsinteressen missbraucht zu werden -> Bildung steht im krassen Widerspruch zu dem Anspruch, was sie sein sollte Heydorn hat seinen Bildungsbegriff im Anschluss auf die Aufklärung entwickelt, ohne allerdings deren Idealismus mit seiner tendenziellen Gesellschaftsferne zu übernehmen

Sein argumentativer Ausgangspunkt : Kritik der politischen Ökonomie von Marx -> konnte so die ursprüngliche Idee der Bildung bewahren, ihr aber eine materialistische Basis verleihen und so auf ungleiche materielle und soziale

Lebensverhältnisse und Ausgansbedingungen aufmerksam machen -> Bildung ist demnach nicht nur die Bildung des Geiste, sondern auch die Befähigung zur kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Konstitutionsbedingungen im Sozialisations- und Erziehungsprozess umgehen, um im Sinne einer auch für die ganze Menschheit aussichtsreichen Humanität handlungsfähig zu werden 

Betrachtet das Individuum sowohl in der durch die Gesellschaft mitgegebenen Entwicklungsmöglichkeiten als auch in seiner inneren Zerrissenheit ausgelösten gesellschaftlichen Widersprüche -> Verbindung der Bildungstheorie mit einer Gesellschaftstheorie (Bildungstheorie fällt die Aufgabe zu, über ihre Bedingungen nachzudenken und das Individuum in die Lage zu versetzen, gesellschaftliche Zumutungen zurückzuweisen)



Der humanitäre Charakter von Bildung ist historisch gewachsen und war sowohl in seiner idealistischen wie auch in seiner materialistischen Variante gegeben



Heydorn nimmt in seiner Bildungstheorie die durch Humboldt vertretene Idee der bürgerlichen Befreiung positiv auf, weil sie einstmals die Aussicht auf Befreiung der ganzen Menschheit repräsentiert hatte -> er bezieht sich auf die spätkapitalistische Gesellschaft seiner Zeit, in der Widersprüche ein Leiden erzeugen, dem durch Bildung Einhalt geboten werden kann



Erfolgt hängt vom Erkennen und kritischem Bewusstmachen der Herrschaftsund Machtkonstellationen ab (Herrschenden sind bemüht, Widersprüche zu nivellieren und Machtansprüche unsichtbar zu machen



Bildung ist ‚Aufklärung als anhebendes Wissen des Menschen um sich selbst‘ -> dieses Wissen umfasst ein Bewusstsein über die historischen und aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen als Voraussetzung für Befreiung überhaupt



Ein Instrument der Herrschaft : institutionalisierte Bildung, die im politökonomischen Interesse kontrolliert wird und auf Anpassung aus ist (Partielle Paralyse des Reflexionsvermögens) -> Spannungsfeld von gesellschaftlich erwünschter Reflexionsfähigkeit im Horizont ihrer Verwertbarkeit und einer universellen Reflexionsfähigkeit, die für ein nicht funktionales und zweckgebundenes Denken steht (hier sind Heydorns Überlegungen angesiedelt

Heydorns Auffassung von Bildung und Politik o Bildung = Distanz und Reflexion und ein kritisch-analytisches, freiheitliches Verhältnis zur Welt -> „Befreiung des Menschen über das Bewusstsein“

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(Voraussetzung : Loslösung von der unmittelbaren Wirklichkeit und danach reflexive Zurückbeziehung auf diese Welt) Mensch als ein Individuum, das sich seiner inneren Zerrissenheit bewusst ist, jedoch auch weiß, dass in dieser Zerrissenheit ein Hinweis auf seine Totalität und Zweckfreiheit in menschlicher Würde aufgehoben ist Heydorn situiert den Menschen einerseits jenseits aller Gesellschaftlichkeit als ein Individuum, das als Subjekt eigenen Rechts zu gelten hat, andererseits ist er aber auch den gesellschaftlichen Formierungsprozessen ausgesetzt Bildung ist „das Gedächtnis des heilen Menschen inmitten der Paradoxie“ -> dem Begriff der Bildung wohnt ein Gedächtnis inne, der an den Menschen als ganze Person erinnert Heydorn verweist (wie auch Humboldt) auf die griechische Antike als diejenige Epoche, die mit dem Versuch beginnt, durch rationale Erkenntnis und auf der Grundlage eines säkularisierten Wissens den Menschen sowohl aus seiner mythischen Verhaftung als auch aus seiner Abhängigkeit von der Natur zu befreien -> Anstoß eines Zivilisationsprozesses, der das Schicksal und den Zufall zu bannen versucht und die Gestaltung der Geschichte in die Hände der Menschen legt „Mit dem Erkennen überschreitet der Mensch die Grenzen der gesetzten Verfügung, er überschreitet sie real, indem er diese Verfügung aufzuheben sucht“ In dem Moment, in dem der Mensch sich als ein reflexives Wesen wahrnimmt und gewahr wird, dass er verantwortlicher Gestalter seiner Lebensbedingungen ist, beginnt er zu begreifen, dass er in der Lage ist, politisch zu handeln Antike : der Mensch als freier Bürger der Polis vereint alles in sich (Intellektualität, Sinnlichkeit und Kreativität) -> nach Heydorn das Ideal, was verwirklicht werden müsste : „Mit dem griechischen Geist zu leben, heißt mit der Antizipation des Menschen zu leben“ Aber mit der Entdeckung der menschlichen Vernunft ist der Anfang für eine Rationalität gesetzt, die der Entfremdung von der Natur im Prozess ihrer geschichtlichen Ausfaltung vorantreibt und mehr und mehr zu einer gesellschaftlichen und technologischen Ausdifferenzierung führt -> je komplexer sich die Strukturen im geschichtlichen Prozess ausdifferenzieren, umso größer werden die Widersprüche (Vernunft erzeugt dauerhaft ihren Widerspruch selbst) Nach Heydorn ist dieser dialektische Prozess unaufhebbar (Vernunft und Geschichte sind unausweichlich miteinander verbunden), da der Mensch eine Doppelnatur besitzt (=vernünftiges und geschichtliches Wesen)

Heydorns Auffassung von Arbeit 

Heydorn greift die antike Tradition der Erkenntnisgewinnung, die in Muße vollzogen wird (geistige Tätigkeit=praktische Tätigkeit) auf -> in der Muße ist



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der Mensch ganz bei sich, die Muße ist die Vollendung der menschlichen Praxis und repräsentiert die Einheit von Glück und Tätigkeit Diese Art der Muße war aber unter den Bedingungen der spätkapitalistischen Gesellschaft schwer zu realisieren. Daher bezieht sich Heydorn auf den Arbeitsbegriff bei Marx, der im Zusammenhang mit der Klassengesellschaft von entfremdeter Arbeit spricht Fragmentierung des Proletariats durch Funktionalisierung und Verlust der schöpferischen Selbsterfahrung Humane Vernunft befähigt, im Gegensatz zu der rein funktionalistischen Vernunft, den Menschen dazu, eine menschliche Gesellschaft zu schaffen (Anerkennung des Menschen als selbstbestimmtes Wesen, das seine Selbstbestimmung analog zur gesellschaftlichen Freiheit gewinnt) Der antike Begriff der Arbeit wird bei Heydorn zur Voraussetzung und zum Ziel eines selbstbestimmten Lebens -> Mensch, der um seine Totalität weiß, soll humanitäre Bedingungen in der Gesellschaft schaffen „Der Weg der Emanzipation durch Arbeit soll schließlich zur Besitznahme des menschlichen Eigentums durch den Menschen führen, zum gleichen humanistischen Ziel“ Die Wiederherstellung der Menschlichkeit ist nur unter der Prämisse einer Vernunft möglich, die gepaart ist mit Produktionsverhältnissen, die es zulassen, dass der schöpferische im Unterschied zum nur funktionalen Menschen zum Vorschein kommt

Humboldts Bildungsgedanke (S.75 Im Verhältnis der Geschlechter erblickte Humboldt das grundlegende Prinzip der sich wechselseitig beeinflussenden und das Naturgeschehen aufrechterhaltenden Kräfte (repräsentiert die Ursprungssituation jeder Kultur)  Das Geschlechterverhältnis als ein Muster für die Entfaltung der Kräfte  Geschlechtsakt bildet das Fundament für die schöpferische Kulturleistung des Menschen (der kreatürliche Akt der Zeugung findet sein Analogon im geistigen Schöpfertum der Bildung. Natur und Kultur sind eng miteinander verwoben)  ‚in der Beziehung der Geschlechter ist für Humboldt der Raum abgesteckt, in dem sich der Mensch in seiner Ganzheit, und das heißt als Repräsentant der Menschheit, verwirklichen kann‘ -> Beziehung stellt die Ordnung dar, die alle menschlichen Kräfte einbezieht (eröffnet die Chance zur Realisierung der Idee der Menschlichkeit inmitten einer auf Funktionalisierung angelegten Gesellschaft und der auf Spezialisierung angewiesenen Kultur)  Verschiedenheit der Geschlechter nimmt einen systematischen Ort in Denken Humboldts ein)  Menschheit ihrer Idee nach bilde erst in der komplementären Ergänzung der beiden Geschlechter zueinander ein Ganzes

 Geschlechter bilden erst in der Polarität ihren eigentlichen Charakter  Folgt dem Geschlechterdiskurs seiner Zeit: spricht dem Männlichen mehr zeugende, selbsttätige und aufklärende Wirkung zu und dem Weiblichen mehr empfangende, verharrende und empfinde Kräfte und bringt diese in Verbindung mit Verhaltensdispositionen  Mädchen und Frauen bilden aufgrund ihrer natürlichen Bestimmung zur Mutterschaft einen eigentümlichen Charakter (‚Abstraction ihrer Individualität widerspricht‘)  Frau ist bildungsfähig (‚Frauen sind zwar anders aber gleichwertig‘) -> zwar werden Frauen nun nicht mehr als inferiore Wesen dargestellt, kulturanthropologisch wird ihnen aber ein Platz zugewiesen, der funktional für die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung der bürgerlichen Gesellschaft ist  Konsequenz dieser bildungstheoretischen Perspektive : das staatliche Schulsystem richtet sich nur an Knaben. Außerdem hatte die Dichotomisierung der Geschlechter Folgen in der sozialen, rechtlichen und politischen Praxis, denn Frauen galten rechtlich als unmündig

Ästhetik und Sprache 

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Bedeutsamkeit der Ästhetik liegt in der Vorstellung, dass der Mensch allseits gebildet werden müsse. Nicht nur müssen sich seine intellektuellen Kräfte am Widerstand der äußeren Umwelt entwickeln, sondern auch das Empfindungsvermögen und die Einbildungskraft bedürfen zu ihrer Verfeinerung eines äußeren Anlasses (Verweis auf entelechisches Modell) Kunst ist notwendig, um das freie Spiel der Kräfte im Menschen anzuregen bzw. in Gang zu halten Bildende Wirkung gehört zum Wesen der Kunst -> sie hat Anteil an der Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit des Individuums wie auch an der moralischen Vervollkommnung des Menschengeschlechts (Künstler selbst muss über einen moralischen Charakter verfügen) -> ästhetische Bildung durch die Kunst (sie weckt Empfindungen und das Kunstobjekt ruft die Einbildungskraft hervor, nur sie vermag es, die sinnliche Form des Gegenstand darzustellen) Einseitigkeit der Kräfte ist zu vermeiden Der Kunst kommt die Aufgabe zu ‚durch die Art seines sinnlichen Erscheinens den Verstand als Verstand selbst zu reizen, damit sich dieser in das Spiel mit der Einbildungskraft begeben kann -> macht die Bestimmung des Schönen als ‚Form des Verstandes in der Erscheinung‘ einfacher  Fähigkeit, Schönes überhaupt erfassen zu können, ist Resultat einer umfassenden Bildung, die sich nicht nur auf die geistigen und intellektuellen Möglichkeiten beschränkt, sondern auch das unbegreiflich-sinnliche in ihren Horizont aufnimmt Mensch erhofft sich durch das Mehr an Neuem, dass sich die Grenzen der Menschheit erweitern können : ‚In der Unabschließbarkeit des menschlichen Geistes eröffnen sich neue Möglichkeiten der Ausdifferenzierung der Welt...


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