Title | 01 Mu L WS 16 17 Kapitel 1.1 Verfahren der Bedarfsermittlung |
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Course | Materialwirtschaft und Logistik |
Institution | Hochschule Osnabrück |
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Materialwirtschaft und Logistik...
Kapitel 1.1 Programmorientierte Verfahren der Bedarfsermittlung (Deterministische Verfahren)
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-13
Prof. Dr. Frank Balsliemke | Wintersemester 2016/2017
Programmorientierte Bedarfsermittlung Gliederung des Themas
• Grundlegende Überlegungen • Arten von Stücklisten • Der Erzeugnisbaum als mögliche Darstellung von Stücklisten • Bedarfsermittlung für unterschiedliche Produktionsstrukturen Das Gozinto-Verfahren Lineare Gleichungssysteme Matrizenrechnung
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-14
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Grundlegende Überlegungen Ausgangspunkt der programmorientierten Bedarfsermittlung ist der Primärbedarf. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass der Sekundär- und Tertiärbedarf der Materialien in einem festen Verhältnis zum Primärbedarf steht, und deshalb technisch-analytisch bestimmt werden kann. Deshalb basiert die programmorientierte Bedarfsermittlung auf Stücklisten, aus denen der Bedarf abgeleitet wird. Stücklisten sind grundsätzlich eine strukturierte, mengenorientierte Zusammenstellung der Materialien, die in die End- und Zwischenprodukte eingehen. Folgende Arten von Stücklisten werden dabei unterschieden: • Baukastenstücklisten • Mengenübersichtsstücklisten • Strukturstücklisten Vgl. zu den verschiedenen Arten von Stücklisten u.a. Corsten (2007), S. 428-430. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-15
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Baukastenstückliste Die Baukastenstückliste ist in erster Linie für die Produktion relevant. Sie ist eine einstufige Stückliste, d.h. sie enthält nur Rohstoffe, Einzelteile und Zwischenprodukte, die direkt in eine übergeordnete Baugruppe eingehen. Bei mehrstufiger Fertigungsstruktur zerfällt ein Erzeugnis also in mehrere einstufige Stücklisten. Der gesamte Aufbau eines Erzeugnisses lässt sich daher nur erkennen, wenn alle zugehörigen Baukastenstücklisten zusammengefügt werden. Beispiele:
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-16
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Mengenübersichtsstückliste Die Mengenübersichtsstückliste ist in erster Linie für den Einkauf von Bedeutung. Sie spezifiziert, wie viele Einheiten der verschiedenen Materialien direkt und indirekt insgesamt in eine Einheit der verschiedenen End- oder Zwischenproduktarten eingehen. Es spielt keine Rolle, auf welcher Stufe die Teile eingehen bzw. verarbeitet werden. Ein Beispiel:
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-17
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Strukturstückliste Die Strukturstückliste zeigt die hierarchische Struktur des Produktionsprozesses. Die Abfolge der verschiedenen Fertigungsstufen wird durch Einrücken in der Darstellung der Stückliste sichtbar gemacht. Gehen Teile auf verschiedenen Wegen ein, so sind sie entsprechend oft aufzuführen. Ein Beispiel:
1
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-18
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Gliederung des Themas
Grundlegende Überlegungen Arten von Stücklisten • Der Erzeugnisbaum als mögliche Darstellung von Stücklisten • Bedarfsermittlung für unterschiedliche Produktionsstrukturen Das Gozinto-Verfahren Lineare Gleichungssysteme Matrizenrechnung
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-19
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Eine graphische Umsetzung der Strukturstückliste – Der Erzeugnisbaum
Strukturstückliste
Erzeugnisbaum
1
Vgl. zum Erzeugnisbaum u.a. Corsten (2007), S. 426. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-20
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Gliederung des Themas
Grundlegende Überlegungen Arten von Stücklisten Der Erzeugnisbaum als mögliche Darstellung von Stücklisten • Bedarfsermittlung für unterschiedliche Produktionsstrukturen Das Gozinto-Verfahren Lineare Gleichungssysteme Matrizenrechnung
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-21
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Übergang zur Ermittlung der Bedarfe Auf welche Art aus den definierten Stücklisten der Bedarf abgeleitet werden kann, hängt wesentlich von der jeweiligen Produktionsstruktur ab. Die Produktionsstruktur beschreibt die Beziehungen der unterschiedlichen Rohstoffe, Einzelteile, Zwischenprodukte und Endprodukte zueinander. Mit Hilfe von gerichteten Graphen differenziert man folgende Strukturen: Einfache, lineare Produktionsstruktur
Einfache, nicht-lineare Produktionsstruktur (konvergierend)
Einfache, nicht-lineare Produktionsstruktur (divergierend)
Komplexe Produktionsstruktur
Quelle: Günther, Tempelmeier (2007), S. 183-185. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-22
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Gozinto-Verfahren bzw. Gozintograph Bei einfachen (linearen und nicht-linearen) Produktionsstrukturen kann die Ermittlung des Materialbedarfs mit Hilfe eines Gozintographen erfolgen. Ein Gozintograph gibt die Erzeugnisstruktur der Stücklisten graphisch wieder. Allgemein versteht man unter einem Graph eine Menge von Knoten und eine Menge von Kanten, wobei eindeutig festgelegt ist, welche Knoten durch Kanten verbunden sind. Ein Gozintograph ist ein gerichteter Graph, die Kanten sind also Pfeile. Die Knoten stellen die Materialien, Zwischenprodukte und Erzeugnisse dar, wobei anders als beim Erzeugnisbaum jedes Material nur durch jeweils einen Knoten dargestellt ist. Die gerichteten Kanten bzw. die Pfeile sind mit Mengenangaben gewichtet, die kenntlich machen, in welchen Mengen ein untergeordnetes Materialteil in einem übergeordneten enthalten ist. Der Begriff Gozinto leitet sich aus dem englischen Ausdruck „The part that goes into“ ab (Scherzhaft: Ein italienischer Mathematiker Zepartzat Gozinto). Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-23
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Die Bildung eines Gozintographen Ein Gozintograph muss topologisch sortiert und nummeriert werden. Das bedeutet: Die Knoten werden in der Weise nummeriert, dass jeder Knoten (also jede Material- oder Zwischenproduktart) stets eine kleinere Ziffer aufweist als einer seiner unmittelbaren Nachfolger (also die Zwischen- und Endproduktarten, in die die anderen Materialien eingehen). Anschließend können die Bedarfsmengen in der Reihenfolge abnehmender Nummerierung berechnet werden. Beispiel: 2 3
3 1
4
1 5
2
2
5
xi: Bedarf von Produktart i x5 = 200 (Primärbedarf) x4 = 150 (Primärbedarf) x3 = 100 (Primärbedarf) x3 = 100 + 2·x4 + x5 = 600 x2 = 2·x5 = 400 x1 = 3·x3 + 5·x2 = 3.800
Vgl. zum Gozintographen u.a. Corsten (2007), S. 427f. u. Günther, Tempelmeier (2007), S. 184-187. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-24
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Beispiel zu Gozintograph und Stücklisten (1/3) bes.
Eigene Darstellung nach Kummer u.a. (2013), S. 133. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-25
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Beispiel zu Gozintograph und Stücklisten (2/3)
Die Strukturstückliste des Getriebes.
Eigene Darstellung nach Kummer u.a. (2013), S. 134. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-26
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Beispiel zu Gozintograph und Stücklisten (3/3) Baukastenstücklisten des Getriebes.
Eigene Darstellung nach Kummer u.a. (2013), S. 135. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-27
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Gliederung des Themas
Grundlegende Überlegungen Arten von Stücklisten Der Erzeugnisbaum als mögliche Darstellung von Stücklisten Bedarfsermittlung für unterschiedliche Produktionsstrukturen Das Gozinto-Verfahren Lineare Gleichungssysteme Matrizenrechnung
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-28
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Produktionsstrukturen
Komplexe Produktionsstruktur
Einfache, lineare Produktionsstruktur
Anwendung der Gozinto-Methode ist möglich Einfache, nicht-lineare Produktionsstruktur (konvergierend)
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-29
Einfache, nicht-lineare Produktionsstruktur (divergierend)
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Algebraische Ermittlung von Materialbedarfen • Das graphische Gozinto-Verfahren wird mit wachsender Anzahl der zu betrachtenden Material- und Erzeugnisarten zunehmend unübersichtlich und fehleranfällig. • Für komplexe Produktionsstrukturen ist es gar nicht anwendbar. • Deshalb ist es in der Regel erforderlich, das Planungsproblem „Materialbedarfe“ algebraisch zu lösen. • Im Folgenden soll dies für einfache und komplexe Produktionsstrukturen anhand eines allgemeinen Modells zur Ermittlung des quantitativen Materialbedarfs dargestellt werden.
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-30
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Ausgangsbeispiel zur algebraischen Bedarfsermittlung P1 2
3
BA1
2
ET2
BA2
3
ET3
1 2
ET4
4
4
ET1
Wie hoch sind die Sekundärbedarfe aller Werkstoffe für xP1 = 100 (Primärbedarf)? Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-31
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Modell zur Bedarfsermittlung: Mathematische Darstellung xi/xn
Gesamtbedarf der Material-, Zwischen- oder Endproduktart i (bzw. n), 1 ≤ i ≤ N (bzw. 1 ≤ n ≤ N), [ME]/[PZE]
xi0
Gegebener Primärbedarf einer Material-, Zwischen- oder Endproduktart i, [ME]/[PZE]
xin
Zu ermittelnder Sekundärbedarf einer Material-, Zwischen- oder Endproduktart i, der zur Herstellung des Gesamtbedarfs einer Zwischen- oder Endproduktart n benötigt wird, [ME]/[PZE]
ain
Verbrauchskoeffizient: Pro PE von Produktart n werden ain PE von Produktart i benötigt, [-] => Dabei gilt: aii = 0 für alle i ∈ {1,…,N} N
N
x x x x a x i
i0
i0
in
n 1
n
x a x x i
in
in
n
n 1
n
i0
; i 11N
n1
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-32
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Modell zur Bedarfsermittlung: Mathematische Darstellung n
x a x x i
in
n
i0
; i 11N
n 1
Damit lässt sich zur Ermittlung der Gesamtbedarfe (Primär- plus Sekundärbedarfe) aller N Güterarten das folgende Gleichungssystem formulieren:
x 1 a11 x 1 a 12 x 2 a 1N x N x 10 x 2 a 21 x1 a22 x 2 a 2Nx N x 20 x 3 a 31 x1 a 32 x 2 a 3N x N x 30 xN aN1 x1 aN2 x2 aNN xN xN0 Dieses Gleichungssystem lässt sich wiederum in Matrizenform darstellen. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-33
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Modell zur Bedarfsermittlung: Matrizenform Das Gleichungssystem auf der vorhergehenden Folie lässt sich in einer Matrizenschreibweise darstellen, wenn die zugehörigen Vektoren und Matrizen wie folgt definiert werden:
a11 a 21 a N1
a12 a1N a 22 a 2N A aN2 aNN
Direktbedarfsmatrix
x1 x2 x xN Gesamtbedarfsvektor
x 10 x 20 x0 x N0 Primärbedarfsvektor
Man erhält dann, mit E als Einheitsmatrix:
x A x x0 Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-34
(E A) x x0
x (E A)-1 x 0 Prof. Dr. Frank Balsliemke | Wintersemester 2016/2017
Programmorientierte Bedarfsermittlung Interpretation der verschiedenen Matrizen (1/2) Die Zeilen und Spalten der Technologiematrix (E - A) bzw. der Verflechtungsmatrix (E - A)-1 lassen sich folgendermaßen als Stücklisten interpretieren: (1) Eine Spalte der Matrix (E - A) gibt an, wie viele Einheiten der verschiedenen Rohstoff-, Einzelteile- und Zwischenproduktarten direkt in eine Einheit eines bestimmten Zwischen- oder Endprodukts eingehen. Man bezeichnet sie auch als analytische Baukastenstückliste. (2) Eine Zeile der Matrix (E - A) gibt an, wie viele Einheiten einer bestimmten Rohstoff-, Einzelteile- oder Zwischenproduktart direkt in eine Einheit der verschiedenen Zwischen- oder Endproduktarten eingehen. Man bezeichnet sie auch als synthetische Baukastenstückliste oder Teileverwendungsnachweis. Letzterer Begriff impliziert, dass eine Zeile der Matrix (E - A) angibt, für welche Zwischen- oder Endproduktart eine bestimmte Rohstoff-, Einzelteileoder Zwischenproduktart verwendet wird. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-35
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Programmorientierte Bedarfsermittlung Interpretation der verschiedenen Matrizen (2/2) Die Zeilen und Spalten der Technologiematrix (E - A) bzw. der Verflechtungsmatrix (E - A)-1 lassen sich folgendermaßen als Stücklisten interpretieren: (3) Eine Spalte der Matrix (E - A)-1 gibt an, wie viele Einheiten der verschiedenen Rohstoff-, Einzelteile- oder Zwischenproduktarten direkt und indirekt in eine Einheit einer bestimmten End- oder Zwischenproduktart eingehen. Man bezeichnet sie auch als analytische Mengenübersichtsstückliste. (Woher kommen die Einheiten direkt und indirekt?) (4) Eine Zeile der Matrix (E - A)-1 gibt an, wie viele Einheiten einer bestimmten Rohstoff-, Einzelteile- oder Zwischenproduktart direkt und indirekt in eine Einheit der verschiedenen Zwischen- oder Endproduktarten eingehen. Man bezeichnet sie auch als synthetische Mengenübersichtsstückliste. (Wohin gehen die Einheiten direkt und indirekt?) Vgl. zu Folie 29 bis 35 u.a. Corsten (2007), S. 439-441 u. Günther, Tempelmeier (2007), S. 187-190. Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-36
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Literaturhinweise Mögliche Quellen zu den programmorientierten Verfahren Corsten (2007), S. 423-445. Günther, Tempelmeier (2007), S. 182-195. Tysiak (2000), S. 60-74. Wöhe (2013), S. 323-326.
Materialwirtschaft und Logistik | Folie 1-37
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