§2 Mittäterschaft - Zusammenfassung Jura PDF

Title §2 Mittäterschaft - Zusammenfassung Jura
Author Christina Gugel
Course Jura
Institution Universität Augsburg
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Summary

Strafrecht AT Grundkurs 1 , 1. Semester Uni Augsburg Prof. Dr. Kaspar...


Description

StGB AT GK I – Prof. Dr. Kaspar – § 2 Mittäterschaft

I.

Mittäterschaft - Grundlagen, §25 Abs.2 StGB

Mittäterschaft setzt gem. §25 Abs.2 StGB voraus, dass „ mehrere eine Straftat gemeinschaftlich“ begehen und zwar durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken. Die wichtigste Bedeutung dieser Norm ist die Funktion als Zurechnungsnorm, die sich ausschließlich auf die objektiven Merkmale eines Tatbestands bezieht. Folge: wechselseitige Zurechnung der Beiträge der anderen Mittäter gem. §25 Abs.2 StGB. z.B.: A und B beschließen, C zu überfallen. Während A den C mit einer Pistole bedroht, nimmt B dem C die Brieftasche ab.

Funktion als Zurechnungsnorm – Relevanz Bei Fällen, in denen der Täter die TB-Merkmale einer Verbotsnorm nicht selbst (vollständig) verwirklicht, eine entsprechende Handlung aber durch eine weitere Person aufgrund eines gemeinsamen Tatplans (Vorsatztat) vorgenommen wird. Diese Ausführungshandlung wird (beim Vorliegen der Voraussetzungen für Mittäterschaft) dem anderen dann wie eine eigene zugerechnet und zur Grundlage einer Bestrafung gemacht.

II.

Voraussetzungen (nach der Rspr.) o

mittäterschaftlich handelt, wer den eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint

o

Beteiligter hat enges Verhältnis zur Tat (ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen)

o

Hoher Grad am eigenen Interesse am Taterfolg

o

Umfang der Tatbeteiligung

o

Tatherrschaft bzw. wenigstens der Wille zur Tatherrschaft  Wertende Gesamtbetrachtung anhand von subjekt. und objekt. Faktoren!

III.

Voraussetzungen (nach der Tatherrschaftslehre)

Die Mittäterschaft setzt sich aus zwei Elementen zusammen:

1. Gemeinsamer Tatentschluss / Tatplan Gegenseitiges Wissen und gegenseitiger Wille, mit einem anderen eine bestimmte Tat arbeitsteilig zu begehen. Dieses Kriterium ist zwar eine subjektive Komponente (Wille), dennoch muss sie bereits im objektiven Tatbestand geprüft werden, da sie Voraussetzung der Zurechnung von objektiven TB-Merkmalen ist.

Voraussetzungen:

1

StGB AT GK I – Prof. Dr. Kaspar – § 2 Mittäterschaft o

Irgendwie geartetes Übereinkommen der Beteiligten im Rahmen eines (auch nonverbalen) Kommunikationsvorgangs 

Beim Fehlen dieser Abrede mangelt es am „gemeinschaftlichen“ Handeln, es ist auf bloße Nebentäterschaft abzustellen (keine wechselseitige Zurechnung von Tatbeiträgen möglich)

o

Nicht erforderlich, dass beide Täter an der Erstellung des Tatplans beteiligt sind

o

Kenntnis der Beteiligten voneinander sowie Willensübereinstimmung in Bezug auf den Tatplan

2. Täterschaftsbegründende gemeinsame Tatausführung Jeder Mittäter muss seinen eigenen Tatbeitrag leisten, der sich als erheblicher Beitrag im arbeitsteiligen Gesamtplan darstellt und dem Handelnden dadurch funktionelle Tatherrschaft verleiht. Funktionelle Tatherrschaft = Tatbeiträge im Sinne eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens komplettieren sich gegenseitig.

WICHTIG: Hier muss Abgrenzung zur Teilnahme (Beihilfe §27, Anstiftung §26) nach den bereits erwähnten Theorien erfolgen!

Voraussetzungen:

IV.

o

Vorliegen einer funktionellen Tatherrschaft

o

Beteiligungshandlung im Ausführungsstadium (enges Verständnis der Tatherrschaft, Rspr.) (strittig!) oder zumindest im Vorbereitungsstadium (weiteres Verständnis der Tatherrschaft, h.M.) 

Nach h.M. genügen gewichtige Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium



„Plus“ der Beteiligung im Vorfeld kompensiert das „Minus“ im Ausführungsstadium



Auch derjenige, der nicht bei der Tat dabei ist, kann also Tatherrschaft haben



Abgrenzung zu typischen Beihilfehandlungen ist hier schwer

Sonderprobleme der Mittäterschaft 1) Sukzessive Mittäterschaft

Der gemeinsame Tatplan kann auch noch während einer laufenden Tatausführung zustandekommen. Problem: Auch nach Vollendung (aber vor Beendigung) oder bei abgeschlossenen Teilakten nachträgliche Zurechnung möglich? Bsp: A hat C, den er überfall will, bereits niedergeschlagen. Erst jetzt kommt B hinzu und beteiligt sich in Absprache mit A an der Entwendung der Sachen des C.

Nach der Rspr. Ist grundsätzlich bis zur Beendigung der Tat noch Mittäterschaft möglich, aber keine Zurechnung bereits vollständig abgeschlossener Tatbeiträge.

2

StGB AT GK I – Prof. Dr. Kaspar – § 2 Mittäterschaft Nach der h.L. ist ab Eintritt der Vollendung keine (sukzessive) Mittäterschaft mehr möglich.

2) Mittäterexzess Unter dem Exzess eines Mittäters versteht man Tathandlungen, die nicht Bestandteil des gemeinsamen Tatplans sind und daher auch den anderen Mittätern nicht zugerechnet werden können. Bsp.: A, B und C beschließen, den D durch Schläge zu verprügeln. C, der von den anderen völlig unbemerkt ein Messer mit sich führt, sticht plötzlich zu. D verstirbt.

Ein solcher Mittäterexzess (Ausschluss der wechselseitigen Zurechnung) ist nur dann zu bejahen, wenn es sich um eine (heimliche) wesentliche Abweichung von dem vereinbarten Tatplan handelt. Handlungen, mit denen nach den Umständen zu rechnen war, sind unbeachtlich. Eine Zurechnung ist aber möglich, wenn der andere die Abweichung vom Tatplan (ggf. auch nur konkludent) vorab billigt (z.B. kurzes Zunicken).

3) Error in persona vel objecto Eine für den Handelnden selbst nach allgemeinen Maßstäben irrelevante Tatobjektsverletzung ist auch für die Mittäter unbeachtlich (Gleichwertigkeit der Objekte, z.B. „falsches“ Objekt ist auch ein Mensch). Das gilt auch in dem Sonderfall, in dem durch die Handlung aus Versehen einer der Mittäter selbst getroffen wird. Es wurde von vornherein ausgemacht, dass das Töten eines Verfolgers in Ordnung ist (keine Spezifizierung, wer Verfolger sein muss, also auch Mittäter mit eingeschlossen).

4) Fahrlässige Mittäterschaft Nach der h.M. ist eine fahrlässige Mittäterschaft abzulehnen. Es bleibt bei der bloßen Möglichkeit von Nebentäterschaft. Bsp.: Steinewerferfall / Rolling Stones – Fall

Argumente: -

Kausalität ist hier nicht nachweisbar (wer hat den tödlichen Stein geworfen?)

-

Tatplan setzt Vorsatz voraus, der hier nicht gegeben ist

-

Fehlen von gemeinschaftlichem Handeln

-

Aber: Vermeidung von Strafbarkeitslücken

3

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V.

Aufbauhinweise (Klausur)

Die Mittäterschaft ist grds. vor der Teilnahme zu prüfen.

Zwei Aufbauvarianten sind denkbar: 1. Gemeinsame Prüfung: Mittäter leisten vergleichbare Tatbeiträge Als Zurechnungsnorm wird §25 Abs.2 StGB nicht relevant, aber die Vorschrift sollte zitiert werden. Bsp.: A, B und C prügeln gemeinsam auf D ein.



Strafbarkeit von A, B und C gem. §§223, 25 Abs.2 StGB

2. Getrennte Prüfung: Unterschiedliches Gewicht der Tatbeiträge Bsp.: A führt nach genauen Vorgaben seines Bandenchefs B einen Mordauftrag aus.

Die Prüfung beginnt mit dem „Tatnächsten“, also dem A. -

Wenn dieser den Tatbestand voll verwirklicht hat, muss man nicht auf die Zurechnung nach §25 Abs.2 StGB eingehen

-

Wenn keiner den TB voll erfüllt, dann ist mit dem Täter zu beginnen, der das erste TB-Merkmal verwirklicht hat, dann Prüfung, ob Zurechnung sonstiger TB-Merkmale über §25 Abs.2 StGB Bsp: A droht mit Pistole, B entwendet die Brieftasche des C.

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Sonderformen der Mittäterschaft I.

Isolierte Mittäterschaft

Strafmündiger und Strafunmündiger begehen zusammen eine Straftat. Fraglich ist aber, ob hier die Tat wechselseitig zugerechnet werden kann. Abgrenzung zur mittelbaren Täterschaft: 

Willensherrschaft liegt beim Überlegenen



Es liegt KEIN gemeinsamer Tatplan vor; auch KEINE gemeinsame Tatausführung  Diese Form der Mittäterschaft wird abgelehnt (Grund: es müsste für beide Täter eine strafbare Handlung sein)

II.

Alternative Mittäterschaft

Bsp.: A, B und C warten auf unterschiedlichen Positionen auf D, um ihn zu erschießen. D kommt bei C vorbei, somit erschießt C den D.

 Jeder der drei Personen wäre bereit gewesen, den D zu erschießen. Somit tragen aus ex ante Perspektive alle zur Risikoerhöhung bei.  Es kommt nicht darauf an, wie weit entfernt die Mittäter ihre Tatbeiträge leisten

III.

Additive Mittäterschaft

Bsp.: A, B und C schießen gleichzeitig auf D. D stirbt.

Es kann nicht festgestellt werden, wer den tödlichen Schuss abgegeben hat.  Ein Schuss muss kausal gewesen sein  Alle Personen tragen zur Gefahrsteigerung bei  Alle leisten einen wesentlichen Tatbeitrag  Unwichtig, ob alle kausal sind

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