Title | 4. Einheit Klinische - Angststörungen |
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Author | Sarah Zöhrer |
Course | Klinische Psychologie |
Institution | Universität Graz |
Pages | 8 |
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Klinische Psychologie
4. Einheit
Angststörungen DSM-5: Kategorien Angststörungen
Separation Anxiety Disorder Selective Mutismus Specific Phobia Social Anxiety Disorder Panic Disorder Agoraphobia Generalized Anxiety Disorder Anxiety Disorder Due to Another Medical Condition
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Blau: Wird hier besprochen
Definition spezifische Phobien Phobien sind äußerst persistente und intensive Furchtreaktionen, die durch spezifische Situationen oder Objekte ausgelöst werden und von dem zwingenden Wunsch begleitet sind, diese Situation zu vermeiden. Die Intensität der Furchtreaktion erscheint dem außenstehenden Beobachter der realen Gefahr unangemessen oder bizarr. Gewöhnlich zeigt der Betroffene Einsicht in die Irrationalität* der Furcht-reaktion, vermag sie aber nicht willentlich unter Kontrolle zu halten. -
Klassische Definition (Marks, 1969; 1987; Jablensky, 1985; Hugdahl, 1989) Einsicht in Irrationalität kein Kriterium mehr in DSM-5, weil spezifische Phobien häufig im Kindesalter beginnen, wo diese kognitiven Fähigkeiten zur Reflektion eventuell noch nicht so gegeben o Meistens aber gegeben
Typische Tierphobien: Spinnen oder Schlangen
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Einteilung spezifischer Phobien in DSM-V 1. Tierphobien 2. BSV-Phobien (sind zu spezifizieren) –> BSV = Blut-/ Spritzen-/ Verletzungsphobien (Generell sehr heterogene Patientengruppe mit unterschiedlichen Symptomprofilen. Blutphobiker z.B. typische körperliche Reaktion: vasovagale Synkope! Zahnbehandlungs-Phobiker oder Phobiker vor anderen medizinischen Eingriffen haben das nicht) •
Angst vor Blut
•
Angst vor Injektionen/ Transfusionen
•
Angst vor medizinischer Behandlung
•
Angst vor Verletzung
3. Situative Phobien 4. Andere
Epidemiologie
12-Monatsprävalenz : 7-9%
Spezifische Phobien DIE häufigsten Störungen in Allgemeinbevölkerung
Verhältnis: Frauen - Männer: 2 : 1 o Über alle spezifischen Phobien o
variiert bezüglich Subtypus
o
z.B. Tiertypus primär bei Frauen
o
BSV-Typus bei beiden Geschlechtern
Kulturelle Unterschiede: Prävalenz geringer in Asien, (Afrika) vs. USA o Spinnenphobie z.B. häufiger in Europa als in Afrika
Beginn: in der Regel in der Kindheit o Wenn Patienten berichten, dass spezifische Phobien nicht in Kindheit beginnen, sondern später: hellhörig werden
Modell von Hamm (1999)
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Phobien: lose Verbindung (gestrichelte Linie) von beobachtbarem Vermeidungsverhalten und einer aus drei messbaren Reaktionssystemen erschlossenen Furchtreaktion Hinweis, dass 3 wichtige Ebenen oder Dimensionen der Betrachtung / Diagnostik von phobischen Reaktionen: drei Spitzen des Dreiecks. Motorisch expressives Verhalten: Flucht-Vermeidungs-Verhalten 3 Ebenen leiten zu Vermeidung hin Rote Blitze: Vermeidung muss nicht ganz direkt zu Furchtkomplex gekoppelt sein (kann z.B. auch zeitlich verzögert auftreten)
Modell der hierarchischen Organisation von Furchtreaktionen (Hamm, 1999) Evolutionsbiologisches Modell
Zunächst wird auf der Ebene basaler Motivationssysteme ein subkortikal repräsentiertes AversionsAbwehrsystem aktiviert. Nachgeschaltete kortikale Zentren regulieren dann die situationsgebundene Ausformung spezifischer Verhaltensprogramme (= entspricht spezifischen klinischen Bild der Phobie)
1. Flucht: erfordert kraftvolle und schnelle Bewegung; um den dafür nötigen Energiestoffwechsel der Muskulatur zu gewährleisten, werden bereits bei Antizipation von Gefahr vom Sympathikus die erforderlichen kardiovaskulären Veränderungen ausgelöst (z.B. Herzraten-, Blutdruck-Anstieg). 2. Immobilität, „Freezing“, Bewegungsstarre: Pupillenweitung, die Körpertemperatur fällt ab, die Pulsfrequenz fällt dramatisch ab. Mögliche biologisch-evolutionäre Funktion: a) viele Raubtiere nehmen eine Bewegung der Beute als Angriffsreiz wahr und beachten bewegungslose Tiere nicht; b) die Durchblutung der körperlichen Peripherie soll verringert werden, um die Gefahr eines zu starken Blutverlusts bei einer Verletzung zu reduzieren. 3. Aggressive Verhaltensweisen: charakteristische Drohgebärden, um den eigenen Körper größer erscheinen lassen: der Brustkorb wird mit Luft gefüllt, die Arme werden abgewinkelt; bei Primaten: langes und intensives Anstarren des Gegenübers mit heruntergezogenen Augenbrauen, zusammengepressten Lippen; evtl. Umschlagen in manifeste Aggression. 4. Beschwichtigung oder Unterordnung: v.a. bei Bedrohung durch eigene Artgenossen; Gesten, die Unterlegenheit signalisieren (Wölfe und Hunde); bei Menschen: Ausweichen des Blickkontakts, verlegenes Lächeln, leicht gebeugte Körperhaltung.
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Tierphobien Häufigste spezifische Phobie (v.a. vor krabbelnden und kriechenden Tieren: Spinnen, Schlangen, Würmern, Ratten oder Vögeln, Hunden etc. – evtl. durch menschliche Entwicklung -> war Gefahr) Epidemiologie: 10-13% aller befragten Frauen berichten über so intensive Furcht und ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber einzelnen Tierarten, dass man dies eindeutig als Phobie diagnostizieren würde. Störungsbeginn: bei 80% vor dem 10. Lebensjahr Nur wenige betroffene Personen suchen Therapie (i.d.R. kann der Kontakt mit den gefürchteten Tiere ohne große Beeinträchtigungen des Alltags gemieden werden); bei denen, die es tun: ein Anteil von Frauen von > 90%.
Blut-/ Verletzungs-/ Injektionsphobie Epidemiologie: 3-4% der Bevölkerung; Injektionsphobie: 76% Frauen, Blutphobie: 65% Frauen. Problem: u.U. Vermeidung notwendiger medizinischer Untersuchungen (z.B. Zahnarzt) Symptom- und Reaktionsprofil bei Konfrontation: völlig anders als bei Tierphobikern, nämlich: vasovogale Synkope; Ohnmacht Ca. 65% aller Blut- und Injektionsphobiker sind im Laufe ihres Lebens bei medizinischen Maßnahmen in Ohnmacht gefallen; (Vgl. Agoraphobiker: nur 1%)
Reaktion in 2 Phasen: 1. Phase: Anstieg von Blutdruck und Herzrate, Sympathikus dominiert in der Aktivierung des ANS 2. Phase: Intensive Furchtgefühle, Übelkeit, drastische Verringerung der Herzrate (Bradykardie), d.h. dramatischer Puls-Abfall und Blutdruckabfall bis hin zu völliger Asystolie (d.h. Ausfall der Systolen in der rhythmischen Herztätigkeit) und bis hin zur Ohnmacht (= Parasympathikus dominiert in der Aktivierung des ANS (= “Vagotonie“))
bei Konfrontation oder Sehen von Blut 2 Phasen: o 1. kurze Phase, Anstieg von Herzrate und Blutdruck o 2. Auch kurz (wenige Minuten): Dezeleration (HR und Blutdruck sinkt) Schutzreaktion des Körpers: Ohnmacht -> Körper geht in Waagrechte -> Gehirn wird wieder leichter Blut zugeführt In Waagerechte hört Ohnmacht der Patienten auch schnell wieder auf Kurzer Prozess, aus medizinischer Sicht nicht schädlich (außer dass man sich beim Fallen evtl. anhauen kann) Spezifisch für Blutphobiker!
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Erscheinungsformen: Blut- und Verletzungsphobie: zentral ist vor allem die Angst vor Blut und Verletzungen; sehr häufig kommt es bei Konfrontation zu einer Ohnmachtsreaktion; auf diese beziehen sich auch primär die Befürchtungen der Patienten. Spritzenphobie: zentral ist die Angst vor Injektionen; bei Konfrontation kommt es vor allem zu einer sympathischen Aktivierung; die Patienten befürchten vor allem den Schmerz. Zahnbehandlungsphobie: zentral ist die Angst vor der Zahnbehandlung; bei Konfrontation kommt es zu einer sympathischen Aktivierung; die Patienten befürchten Schmerz und Kontrollverlust.
Vasovagale Synkope – kurze Ohnmacht Herzraten- und Blutdruckveränderungen im Rahmen einer vasovagalen Synkope bei Patienten mit BSV-Phobie. Die Synkope wurde durch den sogenannten Kipptisch-Test hervorgerufen, bei dem der Kopf der Patienten für 10 Minuten leicht nach oben gekippt wurde.
Bei beiden im Endeffekt Ohnmacht, nur verschiedene Mechanismen: o 1.: kontinuierliche Abnahme des Blutdrucks und dann eben Ohnmacht o 2.: tatsächlich Asystole (Aussetzen des Herzrate) und dadurch Reduktion der Herzrate und eben Ohnmacht Die Schlussfolgerung, dass eine Ohnmacht im Zusammenhang mit Blutabnahmen einen Indikator für das Vorliegen einer BSV-Phobie darstellt, ist nicht zulässig. Vasovagale Synkopen sind ein nicht seltenes Phänomen unter Blutspendern (berichtete Prävalenz 1% - 15%; einzelne Symptome wie z.B. Schwindel, Übelkeit bei 40%), besonders im Rahmen der ersten Blutabnahme (Ditto et al., 2009). BSV-PhobikerInnen neigen neben einer blutassoziierten Ohnmacht häufig auch zu einer lagebedingten Ohnmacht (orthostatische Intoleranz)
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Soziale Phobie / soziale Angststörung Definition MARKS und GELDER (1966): Soziale Phobie ist die Furcht vor dem Essen, Trinken, Zittern, Rotwerden, Rede-halten, Schreiben oder sich übergeben in Anwesenheit von anderen Menschen, mit den entscheidenden Merkmalen der Furcht, beobachtet zu werden, lächerlich zu wirken und kritisch bewertet zu werden. Kriterien nach DSM-5
Angst in einer (am häufigsten öffentliches Sprechen) oder mehreren sozialen Situationen
Betroffene fürchten, dass ihre Angstsymptome von anderen negativ bewertet werden
resultierende Vermeidung
Symptomdauer: mind. 6 Monate
Spezifiziere: Ist die Angst auf öffentliches Sprechen / öffentliche Auftritte (z.B. Musizieren, Tanzen) beschränkt?
12-Monatsprävalenz: 7% (relativ häufig!)
Klinische Manifestation (Median) 13 Jahre (gibt auch early onset in Kindheit, meistens aber Pubertät)
Reaktionsbesonderheiten
Überschätzung der Wahrscheinlichkeit negativer Ereignisse, Unterschätzung positiver Ereignisse in Situation
negativer Ausgang: internale Attribution; positiver Ausgang: externale Attribution (depressions-unabhängig).
Störende intrusive Bilder (mögliche Katastrophen, Zerrbilder der eigenen Person)
verstärkte physiologische Erregung (Schwitzen, Zittern, Erröten)
versuchen Personen zu verstecken und zu kompensieren (Kompensations- & Sicherheitsverhalten), führt aber zum Teil dazu, dass Symptome noch schlimmer z.B. bei Vorträgen etwas besonders festhalten, damit Zittern nicht auffällt. Aber manchmal wird Situation gerade erst dadurch seltsam
kognitive Verzerrung bezüglich der Erregungs-wahrnehmung durch andere
Modell Clark & Wells (1996)
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Erwerb von Phobien
Bei sehr vielen auslösende Situationen (schlimmes Erlebnis mit Spinnen z.B.) Beobachtungslernen: z.B. andere Phobiker in Familie oder Infos aus Medien Kritische Phasen für Entwicklung von Ängsten
Modell sagt: Phobien sind nicht überwundene Ängste in Entwicklung. Ängste sind… • an die perzeptionelle/ kognitive Entwicklung gekoppelt • Reaktionen auf evolutionär-biologisch relevante Bedrohungen • (normalerweise) vorübergehend! • können durch soziales Lernen gefestigt und selektiv (phobisch) werden
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Functional Neuroimaging of Anxiety: A Meta-Analysis of Emotional Processing in PTSD, Social Anxiety Disorder, and Specific Phobia (Etkin et al., 2007 in AJP) 1.Patients with any of the three disorders consistently showed greater activity than controls in the amygdala and insula, structures linked to negative emotional responses/ defense responses during A) Symptom provocation (exposure to disorder-relevant stimuli) B) Fear conditioning 2.PTSD patients showed additional hypoactivation in cognitive control regions of the prefrontal cortex (z.B. anteriores Cingulum)
Hyperaktivierung: Amygdala und Insula - für Dekodierung von salienten Reizen zuständig und auch für interozeptive Verarbeitung (Innenwahrnehmung) Hypoaktivierung: Kognitive Kontrollarealen, die für Angstregulation zuständig sein könnten....