Falllösungen Einheit 1 - 7 PDF

Title Falllösungen Einheit 1 - 7
Author Melanie Eisenkeil
Course Strafrecht
Institution Wirtschaftsuniversität Wien
Pages 53
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Summary

I. Grundlagen und GrundbegriffeNulla poena sine lege1. Bis zur Einführung des § 207a Abs. 3 StGB im Jahre 1994 hatte der 52-jährige P seinen pädophilen Neigungen gefrönt und über 30 CD-ROM mit harter Kinderpornographie gesammelt bzw. auf der Festplatte seines PCs gespeichert. Kann P dafür nach Einfü...


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Falllösungen zu

I. Grundlagen und Grundbegriffe Nulla poena sine lege 1.

Bis zur Einführung des § 207a Abs. 3 StGB im Jahre 1994 hatte der 52-jährige P seinen pädophilen Neigungen gefrönt und über 30 CD-ROM mit harter Kinderpornographie gesammelt bzw. auf der Festplatte seines PCs gespeichert. Kann P dafür nach Einführung des Tatbestandes bestraft werden?

Antwort: Ein Aspekt des nulla-poena-sine-lege Prinzips ist das Rückwirkungsverbot. Danach gilt, dass niemand für eine Tat unter Strafe gestellt werden darf, die im Zeitpunkt seiner Vornahme nicht unter einen strafrechtlichen Tatbestand fällt. Daher gilt, dass Strafen und vorbeugende Maßnahmen ohne eine ausdrückliche Gesetzesnorm nicht verhängt werden dürfen. Dies wird in § 1 (1) 1. Halbsatz StGB zum Ausdruck gebracht.

2.

Fall: Im Oktober 2015 tritt Martin seinem Kontrahenten während eines Streites in den Bauch. Völlig in Rage geraten, kommt es ihm nur darauf an, seinen Gegner zu verletzen. In Folge dessen bricht Martin ihm mehrere Rippen. Ein paar Jahre später wird er gefasst und angeklagt. Die Hauptverhandlung und Urteilsverkündung findet im Juni 2019 statt. a) § 87 Abs. 1 StGB lautet zum Tatzeitpunkt (Oktober 2015): „Wer einem anderen eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) absichtlich zufügt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“ b) Zum Urteilszeitpunkt (Juni 2019) statuiert § 87 Abs. 1 StGB hingegen: „Wer einem anderen eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) absichtlich zufügt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“ Welcher Strafrahmen ist anzuwenden?

Antwort: Das Rückwirkungsverbot betrifft auch den Strafrahmen als solchen. Im Zeitpunkt der Tatbegehung des Martin war die Freiheitsstrafe mit einem bis zu maximal 5 Jahren festgelegt worden. Dieser Strafrahmen ist auch für den Richter im Urteilszeitpunkt im Jahr 2019 maßgeblich, denn es darf nach dem Rückwirkungsverbot keine schwerere Strafe als die zur Tatzeit angedrohte Strafe ausgesprochen werden.

II. Strafrechtlicher Handlungsbegriff 1.

Nora fährt in der Dämmerung auf der Landstraße. Plötzlich läuft ihr ein Reh vor das Auto. Instinktiv verreißt sie das Steuer und kollidiert so mit dem Wagen des entgegenkommenden Jan, der leicht verletzt wird.

Antwort: Der Handlungsbegriff ist in diesem Fall erfüllt. Nora verreißt das Steuer. Dabei handelt es sich um ein menschliches, vom Willen beherrschbares Verhalten.

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Falllösungen zu Einheit 1 2.

Moritz wird während der Fahrt von einer Biene am Augenlied gestochen. Er zuckt vor Schmerz zusammen, verreißt das Lenkrad und kollidiert mit dem Wagen der entgegenkommenden Lena, die leicht verletzt wird.

Antwort: Der Handlungsbegriff ist in diesem Fall nicht erfüllt. Bei den Zuckungen durch den Schmerzreflex handelt es sich um echte Reflexbewegungen, auf die der Mensch keinen Einfluss hat.

3.

Emil schläft hinter dem Lenkrad ein und weicht deswegen einem entgegenkommenden Fahrzeug nicht aus, wodurch dessen Fahrer Raphael schwer verletzt wird.

Antwort: Der Handlungsbegriff ist in diesem Fall nicht erfüllt, da ein schlafender Mensch kein von seinem Willen beherrschbares Verhalten setzen kann. Aber es ist daran zu denken, an einen früheren Zeitpunkt der Tathandlung anzuknüpfen: Vor Antritt der Autofahrt. Möglicherweise hätte Emil in diesem Zeitpunkt schon bewusst sein müssen, dass mangelnder Schlaf und zunehmende Müdigkeit keine optimalen Voraussetzungen für das Lenken eines Kfz sind. Zu denken ist an eine Übernahmsfahrlässigkeit.

4.

Jakob wird von der Bühne in die Menschenmasse gestoßen und verletzt eine Person.

Antwort: Es handelt sich um einen Fall von vis absoluta, weil die Person einer willensausschließenden Gewalt unterlegen ist. Der strafrechtliche Handlungsbegriff ist nicht erfüllt, denn Jakob ist physisch nicht in der Lage, Widerstand zu leisten. Er wird von der Menschenmasse gestoßen, was eine passive Bewegung darstellt, die nicht von seinem eigenen Willen beherrscht werden kann.

5.

Unter Androhung einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung soll Jakob von der Bühne auf eine bestimmte Person springen.

Antwort: Es handelt sich um einen Fall von vis compulsiva. Die Androhung, daher der ausgeübte Zwang auf Jakob kann zwar den Willen von diesem nicht gänzlich ausschließen, aber dennoch kann sein Wille gebeugt werden, indem er dem Befehl Folge leistet und auf eine bestimmte Person springt. Der Handlungsbegriff ist erfüllt.

6.

Sebastian schüttet Felix nach einem Streit sein Getränk ins Gesicht. Felix gibt Sebastian unmittelbar danach „reflexartig“ eine Ohrfeige.

Antwort: Automatisierte und impulsive Handlungen sind keine vom Handlungsbegriff auszuschließenden Reflexe.

7.

Nerv getroffen! Senkrecht wie eine Rakete schießt K vor Schmerz aus dem Behandlungsstuhl und kracht gegen das Kinn des über ihn gebeugten Zahnarztes. „Ich glaub, mich knutscht ein Elch“, stöhnt der Zahnarzt und greift sich an den gebrochenen Unterkiefer.

Antwort: Bei dem Schmerzreflex handelt es sich um eine reflexartige Bewegung, auf die K keinen von seinem Willen beherrschbaren Einfluss hatte.

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Falllösungen zu Einheit 1 8.

Rauferei im Dorfwirtshaus. Ein deutscher Urlauber betritt nichts ahnend die Gaststube und fliegt durch die Glastür sofort wieder hinaus. Würden Sie den Urlauber wegen Sachbeschädigung (§ 125 StGB) bestrafen?

Antwort: Es liegt ein Fall von vis absoluta vor, denn der deutsche Urlauber unterliegt einer willensausschließenden Gewalt. Diese besteht darin, dass diejenigen, die sich im Gasthaus bereits raufen, den deutschen Urlauber im Zuge der Handgreiflichkeiten gegen die Glastür fliegen lassen.

III. Objektiver und Subjektiver Tatbestand Objektiver Tatbestand – Subsumtion 1.

A gibt Gift in eine Weinflasche und legt sie in das Weinregal. Er hofft, dass B die Weinflasche eines Tages trinken und am Gift sterben wird. Drei Monate später trinkt B tatsächlich den Wein und stirbt binnen weniger Stunden an dem Gift. Mord (§ 75 StGB)?

Antwort: Die objektiven Tatbestandsmerkmale nach § 75 StGB lauten wie folgt: „Wer einen anderen tötet“. A als natürliche Person kann Täter dieses Delikts sein. Tatsubjekt kann B als natürliche Person sein, die getötet wird. Als Tathandlung kommt grundsätzlich jede Handlung in Betracht, die für den Eintritt des Todes kausal ist. Mit dem Befüllen der Weinflasche mit Gift setzt er eine Tathandlung, die einen anderen töten kann. Trotz des zeitlichen Auseinanderfallens zwischen dem Setzen der Tathandlung und dem Erfolgseintritt liegt Kausalität vor. Die Tathandlung des A ist demnach kausal für den Tot des B.

2.

C und D geraten in Streit. C holt mit der Faust aus und schlägt dem D ins Gesicht. Dieser hat ein blaues Auge. Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB)?

Antwort: Die Tatbestandselemente des § 83 Abs. 1 StGB lauten wie folgt: „Körperverletzung begeht, wer einen anderen (Menschen) vorsätzlich (Eventualvorsatz genügt) am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt.“ Bei dem blauen Auge handelt es sich um einen nicht ganz unerheblichen Eingriff in die körperliche Integrität. Der Faustschlag ist eine Handlung, die zu dieser Körperverletzung führt.

3.

Z hat aus dem linken Vorderreifen des dem H gehörenden Wagens die Luft abgelassen, um jenen zu ärgern. Erfüllt dieser Sachverhalt die abstrakten gesetzlichen Merkmale der Sachbeschädigung (§ 125 StGB)?

Antwort: Die Tathandlung der Sachbeschädigung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Bei diesem Delikt handelt es sich auch um ein alternatives Mischdelikt, weshalb alle im Gesetz genannten Tatmodalitäten rechtlich gleichwertig sind. Das Zerstechen des Autoreifens stellt eine Beschädigungshandlung dar, denn die stoffliche Unversehrtheit des Autoreifens wird beeinträchtigt, sodass die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit herabgesetzt wird. H kann durch den zerstochenen Reifen sein Auto nicht mehr zum Fahren benutzen. Maßgeblich ist, dass eine wesentliche Minderung der Brauchbarkeit des Autoreifens eintritt. Auch muss in Bezug auf die vermögensschädigende Beeinträchtigung eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werde. Der Schaden am Autoreifen kann nur mit einem nennenswerten Aufwand rückgängig gemacht werden.

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Falllösungen zu Einheit 1 4.

Der Spaziergänger S hebt auf der Kärntner Straße einen goldenen Armreif auf und behält ihn. Diebstahl (§ 127 StGB)?

Antwort: Tatobjekt des Diebstahls kann nur eine fremde, bewegliche Sache von nicht ganz unerheblichem Tauschwert sein. Eine Sache ist fremd, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht. In diesem Fall kann zweifelsfrei bejaht werden, dass S nicht Eigentümer des goldenen Armreifs ist. Allerdings handelt es sich um eine herrenlose Sache, denn S findet den Armreif auf der Straße liegend. Herrenlose oder derelinquierte Sachen sind keine tauglichen Tatobjekte des Diebstahls.

IV. Kausalität

1.

Bei strömendem Regen übersieht A eine Stopptafel und zwingt dadurch den bevorrangten B zu einer Vollbremsung, die diesem dank ABS auch gelingt, nicht aber dem nachfolgenden Motorradfahrer C. Er prallt gegen den Wagen des B und ist sofort tot. War das verkehrswidrige Verhalten des A kausal für den Tod des C?

Antwort: Das Handeln des A kann nicht weggedacht werden, ohne dass auch der Erfolg entfällt. Hätte A die Stopptafel nicht übersehen, hätte er B nicht zu einer Vollbremsung gezwungen und C wäre nicht auf dessen Auto aufgefahren. Nach der csqn-Formel ergeben sich keine Probleme. Auf Ebene der normativen Zurechnung ist an den Schutzzweck der Norm zu denken, die den Eintritt genau derartiger Fälle zu verhindern soll. § 52 Ziffer 24 StVO sieht für die Stopptafel folgendes vor: „Das Zeichen ist vor allem vor solchen Kreuzungen anzubringen, die besonders gefährlich sind und an denen die Lenker von Fahrzeugen die Verkehrslage in der Regel nur dann richtig beurteilen können, wenn sie anhalten.“ Der Tod des C ist dem A objektiv zuzurechnen, denn die Stopptafel will den Eintritt genau solcher Fälle, die sich aus der spezifischen Gefahr im Verkehr ergeben, verhindern. Zudem ist auch die Judikatur bzw. Lehre zu Folgeunfällen im Straßenverkehr zu berücksichtigen. Dem Erstverursacher wird ein konnexes Folgegeschehen prinzipiell zugerechnet. Ausgenommen sind allein atypische, geradezu ganz außergewöhnliche Folgen.

2.

A prügelt auf B ein, um diesen zu töten. Nach einer Weile lässt er B liegen, weil er meint, dieser sei schon tot. In Wirklichkeit ist B nur bewusstlos und nicht lebensgefährlich verletzt. B stirbt jedoch später im Krankenhaus, weil ihm dort von der Krankenschwester – die seine Exfrau ist – eine Giftspritze gesetzt wird.

Antwort: Zu fragen ist hier, ob A kausal für den Tod des B war. Nach der csqn-Formel ist das Verhalten des A für den Tod des B kausal, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Tod in seiner konkreten Gestalt auch entfiele. In diesem Fall ist A kausal für den Tod des B. Wäre B durch die Schläge des A nicht ins Krankenhaus gekommen, hätte B’s Exfrau diesen nicht vergiften können und wäre auch nicht gestorben.

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Falllösungen zu Einheit 1 3.

A will den Stalljungen B töten, da er mit seiner Frau ein Verhältnis hat. Während eines Gewitters schickt er den Stalljungen auf das Feld, wo er während der Arbeit vom Blitz getroffen werden soll.

Antwort: Kernproblem in diesem Fall ist der Risikozusammenhang, daher ob B eigenverantwortlich handelt, indem er bei Gewitter auf das Feld geht, und sich damit selbst in Gefahr bringt. Die bloße Veranlassung, Förderung oder Ermöglichung fremder Selbstgefährdung kann die objektive Zurechnung des Erfolgs, sogar des Todes, ausschließen.

4.

Der schuldengeplagte C will unbedingt an das Geld seines Erbonkels D kommen. Da ihm kein besserer Plan einfällt, schenkt er dem D ein Flugticket, in der Hoffnung, dass das Flugzeug abstürzen wird. Es kommt, wie es kommen musste und D verunglückt tatsächlich bei einer Bruchlandung.

Antwort: In diesem Fall mangelt es am Adäquanzzusammenhang. Atypische, gänzlich außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegende, Kausalverläufe schließen die objektive Zurechnung des Verhaltens zu dem eingetretenen Erfolg aus. C ist zwar nach der csqn-Formel kausal für den Tod des D durch den Flugzeugabsturz, da er diesem die Flugtickets geschenkt hat. Der tatsächliche Eintritt des Flugzeugabsturzes und D’s Tod ist jedoch nicht normativ zurechenbar.

5.

Der arabische Botschafter Ali Ben Hamid (H) wird kurz vor Betreten der Linienmaschine nach Beirut von Special Agent Dave Baily (B) durch einen Kopfschuss getötet. Zehn Minuten später explodiert das Flugzeug beim Start. Keine Überlebenden! Kommt es bei der Frage nach der Kausalität des Tuns des B auch auf die Explosion der Maschine an?

Antwort: Es handelt sich um einen Fall der überholenden Kausalität. Wenn man sich den Kopfschuss wegdenkt, wäre H trotzdem getötet worden. Es haftet nur derjenige, der den Schaden real verursacht hat. In diesem Fall ist B also für den Tod des H haftbar.

6.

Auf eigene Faust hat Negidius dem Gaius Julius Caesar frühmorgens Gift in den Malventee geträufelt. Bevor dieses seine tödliche Wirkung entfalten kann, erdolcht Brutus den Imperator an der Säule des Pompeius. War das Tun des Negidius kausal für Caesars Tod? War die Tat des Brutus kausal für Caesars Tod?

Antwort: Es handelt sich um einen Fall der überholenden Kausalität. Die später vorgenommene Tat des Brutus holt die früher vorgenommene Handlung des Negidius ein und führt unabhängig von jener zum Erfolg, nämlich dem Tod des Caesars. Das frühere Tun des Negidius, indem er Gift in den Malventee des Caesars einschenkt, wird für dessen Tod nicht mehr wirksam und daher nicht kausal.

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Falllösungen zu Einheit 1

V. Vorsatz 1.

Lukas geht an einem Fahrzeug vorbei. Er streift dabei mit dem Schlüsselbund, der ihm aus der Hose steht, das Fahrzeug und fügt dem Auto einen Kratzer zu.

Antwort: Es liegt kein Vorsatz vor, sondern (unbewusste) Fahrlässigkeit. Lukas erkennt nicht, dass sein Verhalten für das geschützte Rechtsgut fremdes Vermögen sozial-inadäquat gefährlich ist und die Verwirklichung einer Sachbeschädigung des Autos herbeiführen kann. Es liegt keine Strafbarkeit des Lukas vor, denn für die Bestrafung nach dem Delikt der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) muss zumindest Eventualvorsatz nach § 5 (1) StGB gegeben sein.

2.

Lukas hat den Schlüssel in der Hand und zerkratzt den Lack von Daniels Auto, da er Daniel nicht ausstehen kann.

Antwort: Es liegt Absichtlichkeit nach § 5 (2) StGB vor, denn Lukas kommt es geradezu darauf an das Auto seines Freundes Daniel zu zerkratzen, weil er diesen nicht leiden kann.

3.

Lukas hat seine Hände voll bepackt mit Einkaufstüten. Um in sein Haus zu gelangen, muss er an Autos vorbei. Er merkt, dass ihm sein Schlüsselbund aus der Hose steht. Er denkt sich zwar, dass die Autos einen Schaden davontragen werden, aber meint, diese seien selbst schuld, wenn sie sich ihm in den Weg stellen.

Antwort: Es liegt Eventualvorsatz nach § 5 (1) StGB vor. Lukas hält es zwar ernstlich für möglich, dass die Autos einen Schaden davontragen könnten, wenn er mit dem aus seiner Hosentasche stehenden Schlüsselbund nahe an diesen vorbeigeht, findet sich jedoch damit ab und setzt keine gegenteilige Handlung, die den Schadenseintritt verhindern könnte.

4.

Lukas hat seine Hände voll bepackt mit Einkaufstüten. Um in sein Haus zu gelangen, muss er an Autos vorbei. Er merkt, dass ihm sein Schlüsselbund aus der Hose steht. Er denkt sich zwar, dass die Autos einen Schaden nehmen könnten, aber vertraut auf seine Geschicklichkeit und darauf, dass er sich ohne Schaden durchschlängeln kann.

Antwort: In diesem Fall liegt eine bewusste Fahrlässigkeit vor, denn Lukas erkennt zwar, dass sein Verhalten sozial inadäquat gefährlich ist, nimmt diese Gefährlichkeit aber nicht ernst. Lukas glaubt, es werde schon nicht zu einer Rechtsgutbeeinträchtigung kommen. Eine fahrlässige Sachbeschädigung ist nach § 125 StGB nicht strafbar. Fahrlässigkeitsdelikte müssen als solche vom Gesetzgeber ausdrücklich bezeichnet werden, ansonsten entfällt die Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit.

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Falllösungen zu Einheit 1 5.

Der, mit seinem Auto flüchtende, Bankräuber sieht eine alte Frau langsam die Straße überqueren und seine Fluchtroute versperren. Obwohl er es im höchsten Maße bedauert, überfährt er die alte Frau, weil ihm die Polizei schon dicht im Nacken sitzt.

Antwort: Es liegt Eventualvorsatz nach § 5 (1) StGB vor. Der Bankräuber bedauert es zwar, dass er die alte Frau überfahren wird, tut dies aber trotzdem. Er hält es ernstlich für möglich und findet sich damit ab. Dass es dem Täter leidtut, ist vollkommen egal. Es ist unerheblich, ob dem Täter der Eintritt des Erfolges höchst unangenehm ist bzw. es ihm widerstrebt, diesen herbeizuführen.

6.

Palermo, Via Regina Margherita, 11.30 Uhr. Der Richter Falcone (F) und der Carabiniere Riccardo (R) betreten arglos das Haus, in dem eine Bombe versteckt ist. „Schade um Riccardo“, denkt sich der Mafioso (M), „wir waren mal Spielkameraden“. Da tritt unerwartet ein kleines Mädchen vor das Haus. M zögert einen Augenblick, murmelt dann aber „Non importa“ und zündet den Sprengsatz. F, R und das kleine Mädchen finden bei dem Anschlag den Tod.

Wie gestaltet sich der Stärkegrad des Tötungsvorsatzes des M jeweils? Jedenfalls liegt Eventualvorsatz nach § 5 (1) StGB vor, hinsichtlich des Richters F ist sogar von Absichtlichkeit auszugehen. Es geht ihm genau darum, den Richter zu töten, zumindest den Tod des Mädchens nimmt er dafür in Kauf.

7.

Im Cup der Landesmeister verlor Dundee United im Hanappi-Stadion überraschend 1:2 gegen Rapid. Nach dem Spiel zog der 16-jährige Buster McMurdo mit anderen erbosten Dundee-Fans randalierend durch Hütteldorf und schlug mit einer Fahrradkette wahllos auf Passanten ein. Dabei traf er P am Kopf. Im AKH stellte sich heraus, dass P durch den Schlag eine schwere Gehirnerschütterung iSd § 84 Abs. 1 Fall 3 (= „an sich schwere Verletzung“) erlitten hatte.

Hat sich Buster McMurdo wegen Absichtlicher schwerer Körperverletzung strafbar gemacht? Antwort a): Absichtlichkeit nach § 5 (2) StGB liegt vor. Ein anderer Mensch wird durch sein Handeln schwer am Körper verletzt und es kommt dem Täter gerade darauf an.

Zeitpunkt des Vorsatzes 1.

Jonas zieht mit Anna zusammen. Dabei stößt Jonas versehentlich die teure Vase von Anna von ihrem Sockel. Die Vase geht zu Bruch. Im Nachhinein ist Jonas froh darüber, da ihm die Vase schon immer ein Dorn im Auge war.

Antwort: Grundsätzlich muss der Vorsatz nach dem Gleichzeitigkeitsprinzip im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen. Es ist unerheblich, dass Jonas nach dem Bruch der Vase froh über diesen Vorfall ist. Im Zeitpunkt des Herunterfallens der Vase lag kein Vorsatz bei ihm vor. 2.

Jonas will die oben genannte Vase am Sonntag, wenn Anna nicht zu Hause ist, zerschlagen, da ihm die Vase ein Dorn im Auge ist. Beim Rangieren der Möbel fällt die Vase aber am Samstag bereits um und zerbricht. 7

Falllösungen zu Einheit 1 Antwort: Im Tatzeitpunkt liegt kein Vorsatz vor, denn Jonas wollte die Vase erst später, am Sonntag zerstören. Ein nach Abschluss der Tat gefasster Vorsatz (dolus subsequens) entspricht nicht der Vorsatzdefinition.

Mangelnder Vorsatz - Tatbildirrtum 1.

Der zerstreute Professor nimmt von der Garderobe des Literatencafés, in dem er gelegentlich eine Partie Schach zu spielen und meist zu verlier...


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